Wir erleben die Wiederkehr der altägyptischen Gesellschaft in absurder Gestalt: Die neuen Pharaonen berechnen Inzidenzien, die die Priesterkaste in Form eines Journalistenmobs an die neuen Sklaven ventiliert zum Zwecke der totalen Verhaltenskontrolle an jedem Ort zu jeder Zeit. Auf die Frage „welche Bedingungen müssten erfolgt sein, damit der Ausnahmezustand ende“, erhält der Fragende von Politikern, die sich gerade zur Wiederwahl stellen, keine oder eine pampige Antwort.
Im alles entscheidenden Unterschied zu den drei vorangegangenen Deutschen Zusammenbrüchen der Zeitgeschichte, stehen nach diesem, seit 9/15 laufenden Vierten, keine Sieger aus dem gleichen Kulturraum bereit, zu übernehmen. - - - Was nach dem Kollaps des Systems auf die drolligen Stofftierchen zukommt, könnten wir wissen. Da wir es aber vorziehen, vor lauter Bäumen (also dem ewigst gleichen Erzählen von Anekdoten) den Wald (das Gesamtbild) nicht sehen zu wollen, können wir die Botschaft an der Wand weder lesen noch verstehen > Daniel las die Worte “mene mene tekel u-parsin”. Mene: Gezählt, Gott hat gezählt die Tage deiner Königsherrschaft und sie beendet. Tekel: Gewogen, du wurdest gewogen und für zu leicht befunden. Peres U-parsin: Zerteilt wird dein Königreich und den Persern und Medern übergeben. - - - Unsere ‘Meder und Perser’ sind der Islam fürs Unten und die strategischen Partner Alphabet und CCP von Oben. Das heißt, die Auflösung unserer bürgerlichen Staatenwelt, damit sich nie wieder ein freies und demokratisches Bürgertum dort entwickeln kann. Zumindest nicht mehr in diesem Jahrtausend. - - - Aber keine Sorge. Wer den Wald nicht sehen will, muss ja nur, wenn es soweit ist, einfach die 110 wählen.
Wir Deutsche haben nie ein konkretes Bild von uns selbst entwickelt. So suchen wir in multiplen Rollen nach unsere Identität. Vielleicht verstärkt durch die gegensätzlichen Einflüsse der Besatzungsmächte USA und Russland, die sich nach der Wiedervereinigung vermischt haben. Ähnlich den Symptomen einer Psychose, mit dem Unterschied, dass sich keine Persönlichkeit sondern ein Gesellschaft spaltet.
Vierzig Jahre im Schriftstellergeschäft und immer schön Verantwortung übernommen. Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken, dass die Essenzen des ostdeutschen Gewissens immer aus denen herausschauen, die vor Ultimo schon abgehauen sind. Verantwortung ist ja eigentlich ein verharmlosender Begriff, denn er suggeriert, mit Worten eine Spannung abzubauen, Schuld, Konflikte oder deren Endmoränen aufzuräumen, was meistens Aktion und Arbeit erfordert, manchmal auch Gefühle, die man eventuell nicht hat. Den Schriftsteller als Beruf oder Berufung idealisiert, fällt das ein Stück weit zusammen. Aber wer kein Schriftsteller ist, so wie ich, für den ist das weit auseinander. Ich bin in der Pubertät stecken geblieben, habe in der Ausbildung versagt, die SED-Mitgliedschaft, was mich vielleicht gerettet hätte, hatte ich abgelehnt. Ich habe immer nur funktioniert, ich tat, was man von mir verlangte. Ich war zu feige, unter Hausbesetzern zu wohnen oder in einer Band mitzuspielen, und wäre nie auf die Idee gekommen, auf eine Demo zu gehen. DDR-Bürgerrechtler waren mir sympathisch aber unheimlich. Sogar der Biermann hat mich nur ein Arschloch genannt. Ich war nach der Wende zu blöd, in irgend einen öffentlichen Dienst-Mechanismus einzusteigen, in eine karriereförderliche Partei oder Kirche einzutreten oder bei erfolgreicheren Freunden, um Fürsprache zu bitten. Ich bin in meinem eigenen Chaos und Klein-Klein steckengeblieben und in meinem zur Ruine verkommenen Haus doch in relativer Armut verhältnismäßig alt geworden. Und ich lehne nachhaltig jede Verantwortung dafür ab. Nein, am System lag es nicht. Das Versagen ist nicht dadurch gebessert, dass man Verantwortung dafür heuchelt. Ein verlorenes Spiel ist ein verlorenes Spiel, ist ein verlorenes Spiel.
“Wie soll jemand Verantwortung übernehmen, der das für sich selbst nicht kann?” Dies wird an jungen Eltern deutlich, die ihre Kleinstkinder unbeobachtet und ungesichert auf dem Gehweg laufen lassen. Ich hatte meinen Sohn immer auf der straßenabgewandten Seite des Gehweges, weil ich automatisch Verantwortung übernahm und die straßenzugewandte Seite des Gehweges einnahm. Gestern rief eine Mutter ihrem Kind zu an der Ampel zu halten, weil diese rot sei. Der Junge sah aber zuerst die große Fahrbahnampel der Fahrzeuge, die zeigte grün und er trottete singend auf die Straße. Er hatte Glück, dass der Autofahrer bei Grün anhielt und die Mutter erschreckt von dem Verhalten ihres Kindes losrannte, um ihn einzuholen und ihm eine Predigt hielt. Erst jetzt begriff der Junge, dass die Mutter eine andere Ampel meinte, nämlich die kleinere Fußgängerampel.
Merkel will die Cancel Culture, sonst hätte sie sich zumindest >ein< mal dagegen ausgesprochen. Wo das hinführt weiß jeder.
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