Thomas Rietzschel / 21.11.2020 / 14:00 / Foto: Joel Ormsby / 132 / Seite ausdrucken

Meister der Blamage

Der Deutsche Bundestag buckelt vor der Regierung. Bis tief in die Lager der etablierten Opposition kuschen die Abgeordneten, Claqueure und Duckmäuser. Was dem Parlament fehlt, ist eine politische Kraft, die sich nicht einschüchtern lässt. Ein Part, von dem die AfD zwar meint, sie könne ihn für sich beanspruchen, der aber mehr verlangt – mehr politischen Verstand und Charakter, als die Partei in ihren Reihen versammelt. 

Gäste ins Hohe Haus einzuladen, die sich nicht entblöden, Parlamentarier persönlich, geradezu körperlich, zu bedrängen, ist nicht genug. Welche strafrechtlichen Folgen der Vorfall vom vergangenen Mittwoch nach sich ziehen wird, bleibt abzuwarten. Feststeht bereits, es ist der AfD wieder einmal gelungen, sich kraftvoll zu blamieren. Welche Leere muss in den Köpfen derer gähnen, die sich einbilden, mit solchen Mätzchen etwas ausrichten zu können. 

Die hohe Kunst der Provokation

Gewiss gehört die Provokation zum politischen Geschäft. Nur braucht es dazu Geister, die sich in der hohen Kunst der Provokation auskennen. Wer als Tiger abspringen will, sollte sich sicher sein, nicht als Bettvorleger zu landen, als Fußabtreter für seine Gegner. Sie dürften jetzt vor Schadenfreude in die Luft springen: wieder eine Gelegenheit, sich moralisch aufzublasen.

Dass sie selbst, Grüne wie Linke, nicht die sauberste Weste haben, auch schon mal „Aktivisten“ einschleusten, die im Plenarsaal für Randale sorgten, entschuldigt nichts. Wenn die einen aus der Rolle fallen, berechtigt das die anderen noch lange nicht, sich ebenfalls daneben zu benehmen. 

Halbwegs gescheiten Volksvertretern sollte das einleuchten. Nicht so den MdBs der AfD. Da möchte man unterdessen annehmen, es gäbe ein parteiinternes Gremium, das alle paar Wochen überlegt, welche Dummheit man noch begehen könnte. Alberner Kinderkram, nichts sonst kommt dabei heraus. Verspielt wird das Vertrauen derer, die sich eine schlagkräftige Opposition wünschen, keine Gurkentruppe, in der es Einigen Spaß macht, Räuber und Gendarm zu spielen. Welch ein Schmierentheater in welch einem Parlament! Die veralberten Bürger hätten etwas Besseres verdient.

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Leserpost

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Bernhard Freiling / 21.11.2020

Es ist Ihnen aber schon aufgefallen, daß die AfD nur dann zur Kenntnis genommen wird, wenn sie “mit Dummheiten” den Zorn des Mainstreams erregt? Die seriöse parlamentarische Arbeit der AfD (durch die sich diese zu mindestens 95% definiert) findet, in der Berichterstattung der Medien und damit auch im Bewußtsein der Wähler, nicht statt. Alles, aber auch restlos alles, was als berichtenswert übrig bleibt, sind die 5% aller Dinge, die gegen die AfD verwendet werden können. Ihr Beitrag ist der beste Beweis hierfür.

RMPetersen / 21.11.2020

Dieser Vorgang hat mich in der Ansicht bestärkt, dass auch die AfD Ziel der von den DDR-Organen so meisterhaft betriebenen Zersetzungsmaßnahmen ist. Die Aufregung über den “Reichstagssturm 2.0” ist genauso wie über Nr. 1.0 (- Treppe) zwar lachhaft, und die Empörung in den Medien und bei den Altparteien ist - angesichts der früheren Grünen-Aktionen im “Hohen Haus” - heuchlerisch, aber die Aktion von Frau Sommer war für die Opposition schädlich.

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