Es gibt ja bei etlichen Meinungsbildnern und Journalisten gewisse Berührungsängste mit Achgut.com. Wer plagt sich schon gerne mit Quälgeistern herum, die einem ausgerechnet dann den Spiegel vorhalten, wenn man zu lange geschlafen hat.
Solange die Berührungsängste auf einer soliden Abneigung gründen und nicht durch die Befürchtung genährt werden, in die falsche Ecke gestellt zu werden, ist das auch völlig in Ordnung. In etlichen Fällen dürfte der Wunsch nach Distanz auch auf Gegenseitigkeit beruhen. Es passiert uns durchaus öfters, dass wir uns für so manchen Kollegen fremdschämen. So ist das Leben. Aber dennoch kreuzen sich natürlich die Wege im journalistischen Gewerk oft ohne jede Rücksicht auf Zu- oder Abneigung.
Wie oft hat man sich als in die Jahre gekommener Journalist schon auf die Arbeit eines eher ungeliebten Kollegen beziehen müssen. Aber so ist das in diesem Handwerk nun einmal, die Arbeit anderer wird übernommen und fortgeschrieben – nicht nur abgeschrieben, wie böswilliges Publikum gern unterstellt. Und um nicht in den Verdacht zu geraten, sich mit fremden Federn schmücken zu wollen, nennt man natürlich – anders als Frau Dr. Giffey – auch seine jeweiligen Quellen.
Das fällt zuweilen schwer, wenn man auch aus Quellen schöpfen muss, denen man die Reverenz eigentlich nicht erweisen möchte. Im Falle von Achgut.com haben Kollegen deshalb manchmal lieber etwas Zeit bei der Übernahme einer Geschichte verstreichen lassen, damit es nicht so auffällt, aus welcher Quelle man sein Wissen speist respektive die Basis für eine eigene Story geliefert bekam.
Wir richten für diese Fälle demnächst einen Beichtstuhl ein
Wir sind da nicht nachtragend, freuen uns aber darüber, wenn die Medienwerktätigen gegenseitig einen professionellen Umgang miteinander pflegen. So, wie jüngst beispielsweise die Kollegen des MDR-Landesfunkhauses Sachsen in ihrem Magazin „Sachsenspiegel“.
Am letzten Freitag ging es in einem Beitrag des Magazins um ein Schreiben des Präsidenten des Leipziger Amtsgerichts an seine Richter und Mitarbeiter. Der wollte mit seinen Zeilen die Impfbereitschaft steigern und drohte Impfverweigerern deshalb mit etlichen Benachteiligungen. Achgut.com hatte zuerst darüber berichtet, darauf hatte der MDR-Kollege verwiesen und der Amtsgerichtspräsident bekam Gelegenheit zu erklären, dass er mit seinem Schreiben gar nicht habe sagen wollen, was die anderen verstanden haben, jedenfalls nicht so ganz. Aber sehen Sie selbst.
Soweit, so normal. Heutzutage freut man sich ja – insbesondere nach Monaten des Ausnahmezustands – an Normalität. Aber einen so ganz normalen Umgang mit Achgut.com als Quelle mochte der Autor des Stücks dann doch nicht pflegen. Es sei ihm vergeben, wir richten für diese Fälle demnächst einen Beichtstuhl ein.
Gerade wer für einen öffentlich-rechtlichen Sender arbeitet, gerät ja manchmal in eine Zwickmühle. Wir in unserem glücklichen Refugium des alten westlichen Verständnisses von Journalismus, dem das Hinterfragen und Kritisieren von Autoritäten noch wichtiger sind, als deren Rechtfertigung, haben gut reden. Wir müssen nicht ständig entscheiden, wo wir uns im Spannungsfeld zwischen „Haltung zeigen“ und Fakten positionieren. Wir haben auch kein „ARD-Framing-Manual“ zu beachten. Das geht uns alles komplett am Kopierer vorbei.
Jedenfalls mochte der MDR-Kollege die Quellenangabe Achgut.com nicht ohne einordnendes Framing liefern. In dem Beitrag hieß es, dass Achgut.com den „Querdenkern“ zugerechnet werden kann. Wobei in diesem Zusammenhang mit „Querdenkern“ natürlich die schillernd vielfältig zusammengewürfelten Gruppen gemeint waren, die viele der Proteste gegen die Corona-Politik organisieren.
Liebe MDR-Kollegen! Wir müssen hier mal was klarstellen. Ungeachtet dessen, was unsere Redakteure und Autoren von diesen „Querdenkern“ halten (das ist recht vielfältig): Nach unserem Verständnis sollte sich ein freies Medium keiner politischen Gruppierung zugehörig fühlen. Vielleicht gibt es in Eurem Landesfunkhaus noch Kollegen, die sich an den einstigen ARD-Frontmann Hanns-Joachim Friedrichs erinnern können. Dessen Motto, wonach sich ein guter Journalist nicht gemein machen solle mit irgendeiner Sache, auch nicht mit einer guten Sache, halten viele von uns weiterhin für richtig. Ihr wolltet sicher auch zeigen, dass ihr keine „Querdenker“ seid, aber uns als solche etikettieren. Sollen wir Euch im Gegenzug das Label „Längsdenker“ verleihen?
Dann, liebe Längsdenker, akzeptiert bitte auch folgenden Fakt, bevor Ihr uns irgendwo hinzurechnet: Achgut.com gibt es schon seit 2004 und somit seit einer Zeit, als man sich noch in nahezu jeder deutschen Redaktion danach sehnte, als Querdenker wahrgenommen zu werden. Mit dem Strom zu schwimmen, war seinerzeit alles andere als eine journalistische Tugend. Und ständiges Längsdenken kann nicht nur langweilen, sondern auch ungesund sein: Die nächste Stufe ist nämlich das Paralleldenken.
Aber – um hier keine unversöhnlichen und unkollegialen Misstöne stehen zu lassen – wenn Euch so eine Zuschreibung bei der Quellenangabe hilft, sind wir auch nicht böse. Das ist immer noch besser, als die Quelle gar nicht zu nennen. Und richtig geschrieben habt Ihr unseren Namen auch.