Claude Cueni, Gastautor / 27.03.2022 / 14:00 / Foto: Wing-Chi Poon / 9 / Seite ausdrucken

Licht aus!

„Wo der Herr nicht die Stadt behütet, dort wacht der Wächter umsonst“, heißt es in Psalm 127. Doch da der Herr keine Securitas-Dienste verrichtet, wurde in den rasch anwachsenden Städten des 18. Jahrhunderts ein neuer Beruf geboren: der Nachtwächter.

Er sorgte für Law and Order und sagte sogar die Stunden an, was Schlafende bestimmt brennend interessiert hat.

Die Zeitanzeige diente vor allem dem Nachweis, dass er seinem Beruf nachkam. Eine frühe Version der Stechuhr. Mit Hellebarde, Schlüsselbund, Laterne und Horn schritt er die Gassen ab, überprüfte die Stadttore und erfüllte auch polizeidienstliche Aufgaben. Trotzdem entsprach sein Ansehen in etwa dem des Henkers. Man war auf ihn angewiesen, aber man mochte ihn nicht.

Mit dem weiteren Anwachsen der Städte wurde der nächtliche Allrounder allmählich durch Feuerwehren und Polizeidienste ersetzt, und nach der Elektrifizierung der Städte war er nur noch Geschichte. Es wurde Licht.

Heute möchten Lichtskeptiker diese Errungenschaft am liebsten rückabwickeln, doch aus gutem Grund gab es bereits in der Antike Straßenbeleuchtungen. Öllampen in Mauernischen boten Lichtpunkte, die Spätheimkehrern die Orientierung erleichterten. Vermögende konnten sich zwar einen Sklaven leisten, der ihnen mit einer Fackel voranging, aber in der Regel blieben die Menschen nach Einbruch der Nacht zu Hause. Auch aus Sicherheitsgründen.

Das leuchtete auch dem Sonnenkönig Louis XIV. (1638–1715) ein. Ab 1667 wurden die Straßen von Paris mit Öllampen beleuchtet. In einer Zeit, in der man den Nachttopf noch aus dem Fenster kippte, war es hilfreich, wenn man sah, wohin man trat. Es ging dem König aber nicht um die Verhinderung von Schenkelhalsbrüchen, sondern um das Verscheuchen von kriminellem Gesindel.

Die Zeit der Aufklärung war in doppeltem Sinn die Zeit der Lichter (siècle des lumières). Nicht alle mochten sie. In Winterthur stritten Anfang des 19. Jahrhunderts Konservative gegen Modernisten, weil künstliches Licht angeblich einen Eingriff in die göttliche Ordnung darstellt. Heute fordern einige ein staatliches Verbot von nächtlicher „Lichtverschmutzung“ im Stadtgebiet. Gilt für Mieter in Hochhäusern demnächst Lichterlöschen ab Mitternacht?

 

Claude Cueni (66) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK, wo dieser Beitrag zuerst erschien. Zuletzt erschienen bei Nagel & Kimche die Romane „Genesis – Pandemie aus dem Eis“ und „Hotel California“.

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R. Reger / 27.03.2022

Zukünftig werden wir, was unsere Sicherheit angeht, von dem Beamtentum abweichen. Das Beamtentum muss zwar die schmutzige Arbeit der jeweiligen Regierung umsetzen, aber was öffentliche Sicherheit angeht, kriegen die ja nicht mal den Autofahrer dazu, beim Abbiegen zu blinken. Der/die/das Beamte ist jetzt schon weder mental noch physisch für die Durchsetzung öffentlicher Sicherheit geeignet. Ich sehe daher die Zunkunft tatsächlich wie im Beitrag angedeutet, bei den privaten Sicherheitsunternehmen. Kleine Nachschulung, evt. ein Offizieller dabei, wie jetzt schon beim Flughafen, und ab geht’s an den Bürger. Sie hatten ja auch hier vor kurzem diesen französischen Endzeit Film vorgestellt, wo die Polizei sich Hilfskräfte je nach Bedarf im MMU Gym abgeholt hatte, und dann zur Demo loszog. Das wird auch bei uns kommen. 100 Pro.

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