Dunja Hayali tut es, Anne Will auch und Annalena Baerbock sowieso: Gendern, Gendern, Gerndern. Wer heute nicht gendert, gilt irgendwie als „retro“, „out“ oder ,noch abstruser, „rechts“. Zumindest in bestimmten pseudosensiblen und pseudoprogressiven Kreisen. Daher greifen vor allem „Gesinnungsbewusste“ mit Drang zur politischen Statementsetzung, übereifrig und liebedienerisch, zu den Gender-Sternen. Als selbsternannte Engel des „Gender-Gott*“ wollen sie ihre Mitmenschen in die Höhen des Gender-Himmels hieven. Ob diese es wollen oder nicht – die „bemitleidenswerten Nicht-Erwählten“ können schließlich nichts für ihre Blindheit.
Vor diesem Hintergrund ist es immer wieder eine Freude „Gender-Teufelchen“ zu begegnen. So wie Max Haberich. Mit seinem feuilletonistischen Essay „Gendern? Nein, danke!“ lehnt er sich, mit Biss und Humor, gekonnt gegen das anschwellende Gender-Regime auf. Hart, aber genau, spricht er aus, was viele sich nicht trauen zu sagen. An Universitäten und in Redaktionen, in Verlagen und in Theater- und Opernhäuser.
So bringt Haberich es bereits im Vorwort auf den Punkt: „Wir haben sogar eine gewaltige Neurose. Es ist die Besessenheit mit unseren Genitalien“. Diese Obsession sei das Übel unserer Zeit. Gerade die „Genderillas“ beherrschten diese wie wahre Meister, wie „schlecht erzogene Hunde, die ihre Nase jedem Fremden zur Begrüßung in den Schritt rammen“. Haberich hätte es feiner formulieren können, hat er aber nicht. Gut so.
Mit eben dieser Grundannahme manövriert sich Haberich durch die wahnsinnige Welt der „Genderillas“, deren Ursprünge er in der postmodernen Theorie Michel Foucaults und Jacques Derridas sieht. Dabei widmet er sich auch Judith Butlers Positionen, wobei auch die „Grande Dame der Geschlechtsdekonstruktion“, wie ich sie nennen möchte, selbst Gegenstand seiner Überlegungen wird: „Woher Butlers Hass als eine prominente Homosexuelle auf die heterosexuelle Mehrheit rührt, wäre eine lohnende psychologische Fallstudie, die möglicherweise traumatische Erlebnisse aus der Zeit ihrer Pubertät ans Licht fördern würde – für die sie nun Rache einzufordern scheint“. In der Tat wäre das ein interessanter Fall für den Psychoanalytiker. Nicht nur für den.
Die Universität als „politisches Schulungslager“
Zwischen diesen und weiteren kritischen und scharfzüngigen Streifzügen durch die Gender-Ideologie benennt Haberich überdies gesellschaftskritische Ansichten: die gesellschaftliche Abwertung individueller Leistung und das Versagen der intellektuellen Kaste. Auch der Umgang der Geschlechter findet Eingang in seine Überlegungen, sogar Beziehungstipps gibt er: „[...] ein junger Mann sollte lieber seinem gesunden Instinkt vertrauen als einem feministischen Dating-Ratgeber, wenn er sich jemals fortpflanzen will“. Als „genderunsensible“ Vertreterin des weiblichen Geschlechtes kann ich nur sagen: Dieser Tipp ist goldwert, verehrte „Herren der Schöpfung“!
Doch zurück zum Inhalt: Noch spannender wird es, wenn Haberich konkrete Konsequenzen des Gender-Irrsinns aufzeigt und die Universität als „politisches Schulungslager“, mit all seinen Gender-Fallen, in seinen Fokus rückt. Ein Gespräch mit einem Geisteswissenschaftler der Universität Wien und einer hiesigen Studentin über ihre Leidensgeschichte unter dem Gender-Regime runden den Universitätsrundgang ab.
Zum Abschluss seines Essays widmet sich Haberich der Frage, weswegen der Gebrauch von Gendersprache nicht überlebensfähig sei. Einerseits besitze die deutsche Sprache ein Differenzierungsvermögen, das etwa im Englischen fehle. Andererseits sei Gendersprache schlicht und einfach nicht alltagstauglich.
Zufluchtsort für Liebhaber der Vernunft
Kurzum: Haberich schafft es, ein ernsthaftes Thema auf eine heitere und amüsante Weise zu „verarbeiten“. Das alles garniert er mit viel Herzblut. Man liest: Da ist einer betroffen, nein getroffen. Trotz alledem behält Haberich einen kühlen Kopf und bleibt auf dem Boden der Tatsachen. Deswegen ist „Gendern? Nein, danke!“ als ein stürmisches Plädoyer eines leidenschaftlichen Demokraten und überzeugten Liebhabers der Vernunft zu begreifen.
Wer dementsprechend einen Zufluchtsort sucht, fern ab von himmelhochjauchzenden Winkellinguisten und betreuten Sprechangeboten, macht mit dem Essay absolut nichts falsch. Für sensible „Gender-Engel“ gilt daher: Lesen auf eigene Gefahr! Doch wer es wagt, der gewinnt: nämlich den weltlichen Boden der Wirklichkeit unter den Füßen.
Haberich, Max (2022). „Gender? Nein, danke!“ Zu erwerben hier.