Ende letzter Woche verkündete das norwegische „Folkhelseinstittutet“, dass ab sofort auch Kindern zwischen 12 und 15 eine Impfung angeboten wird. Damit war es mal wieder so weit; Schweden wurde zum einsamen Abweichler im Norden, zum einzigen Außenseiter – man könnte sagen, zum Querdenker unter den nordischen (Island, Norwegen, Dänemark, Schweden, Finnland) Ländern; Schweden ist damit das einzige der oben genannten Länder, das gesunden Kindern zwischen 12 und 15 Jahren keine Impfung anbietet.
Persönlich finde ich die schwedische Begründung (keine Impfung anzubieten, abgesehen von Kindern mit Risikofaktoren) logisch, nachvollziehbar und richtig, denn es steht das Wohl der Kinder und eine Riskoabwägung im Fokus.
Zitat von Karin Tegmark Wisell (stellvertretende Staatsepidemiologin der schwedischen Volksgesundheitsbehörde (FHM): „Unsere ethische Plattform sagt, dass wir zum Nutzen eines Individuums impfen und nicht für die Gesellschaft; weiterhin haben wir bisher keine Daten gesehen, die dafür sprechen, dass der Nutzen der Kinderimpfung die Risiken übersteigt.“ (Vår etiska plattform säger att vi vaccinerar för individens och inte för samhällets skull och än så länge har vi inte sett några data som talar för att nyttan är större än riskerna med vaccinet för barnen).
Im Prinzip sehen die verantwortlichen Ärzte der Nachbarländer das (Risiken-/Nutzen-Abwägung) wohl ähnlich, wie z.B. aus einem Interview mit der finnischen Oberärztin Hanna Nohynek (Finnlands Institut für Gesundheit und Wohlfahrt) hervorgeht. Warum kommen sie dann zu einem anderen Ergebnis als die schwedischen Verantwortlichen? Weil, wie Frau Nohynek „zugibt“, Finnland folgenden „Nutzen“ mit eingerechnet hat. Zitat: „Ich kann Schwedens Beschluss nachvollziehen, denn nur wenige Kinder erkranken ernst. … Kinder können, wenn sie geimpft sind, Freunde und Familie treffen, ohne Angst vor Ansteckung“.
Ein fast normales und fast angstfreies Schuljahr 2020/21
Es ist also in erster Linie nicht die Krankheit, gegen die hier geimpft werden soll, sondern es soll geimpft werden, damit die Kinder keine Angst haben müssen. Persönlich fände ich es sinnvoller, wenn man den (gesunden) Kindern sagen würde (vielleicht eine kleine PR-Kampagne), dass Corona für sie nicht gefährlich ist. Das wäre dann aber für Lockdownländer wie Finnland (und noch in wesentlich größerem Maße für z.B. Deutschland) ein Eingeständnis, dass Schulschließungen sowie Maskenempfehlungen oder sogar Maskenzwang für Schulkinder „unnötig“ waren (zumindest, was die Gesundheit der Kinder angeht). Ehe man so etwas zugibt, impft man lieber die verängstigten Kinder.
In Schweden gibt es diesen Mechanismus nicht, zumindest nicht für Kinder bis zur 9. Klasse, die ohne Masken, ohne Schulschließungen, ohne Stoßlüften, ohne „Ausdünnung“ ein fast normales und fast angstfreies Schuljahr 2020/21 erleben durften.
Ich habe es schon in früheren Artikeln geschrieben. Ich bin froh und dankbar, in diesen Zeiten in Schweden leben zu dürfen. Ein Fels in der Brandung der Coronahysterie: der Dominostein, der sich weigert, sich von den anderen mitreißen zu lassen – was nicht heißen soll, das hier alles perfekt ist.
Dr. Sebastian Bauer ist promovierter Chemiker, lebt seit 1999 in Schweden und hat 20 Jahre in der pharmazeutischen Entwicklung gearbeitet.