Meeresspiegel? Auf Mayotte gibt es dringendere Probleme

Noch ist Mayotte eine wunderschöne, zur EU gehörenden Insel mit faszinierender Natur; auf jeden Fall ein Geheimtipp für eine Reise. Nur, wenn man die Einwanderung nicht in den Griff bekommt, wird sich das mit Sicherheit ändern. 

In meinem weiteren Bekanntenkreis bekam ich jedes Mal fragende Gesichter, wenn ich erwähnte, dass wir Urlaub auf Mayotte machen würden. Drum, einleitend, ein kurzer Hintergrundbericht:

Mayotte ist eine eher kleine „französische“ Insel(gruppe), gelegen in der Straße von Mosambik (zwischen Mosambik und Madagaskar). Mayotte ist nicht nur Teil von Frankreich (101. Departement), sondern seit 2014 sogar vollwertiger Teil der EU und auch des Schengenraums (das heißt, der 10-stündige Flug von Paris ist formell ein Inlandsflug, und ein Personalausweis reicht zur Reise aus). Die Währung ist der Euro und es gilt auch EU Roaming.

Französisch wurde die Insel 1841, was auch zu einer Abschaffung der Sklaverei führte (zuvor wurde Mayotte vom benachbarten Madagaskar für die Sklavenjagd intensiv „genutzt“). 1974 entschieden sich dann die Bewohner von Mayotte (jedenfalls 64 Prozent), Teil von Frankreich bleiben zu wollen (im Gegensatz zu den restlichen Inseln der Komoren, die unabhängig wurden). Bestätigt wurde dies 2009, als 95 Prozent der Mayotter dafür stimmten, ein vollwertiges Departement Frankreichs zu werden.

Die Ablehnung der Unabhängigkeit war wohl die richtige Entscheidung. In den ersten drei Jahrzehnten ihrer Unabhängigkeit haben die Komoren 20 Putsche und Sezessionsbestrebungen durchgemacht. Gleichzeitig erreichte Mayotte ein 10-mal höheres Bruttonationalprodukt als die Komoren (eines der ärmsten Länder der Welt). Sicher haben französische Subventionen und europäisches Geld wesentlich dazu beigetragen. Vielleicht aber auch die Tatsache, dass in der mayottischen Gesellschaft (ungewöhnlicherweise, „trotz“ Islam) Frauen, traditionell die Besitzer der Häuser, „eher“ das Sagen haben.

Soweit zum Hintergrund. Was hat uns jetzt dazu bewogen, dieses eher ungewöhnliche Urlaubsziel aufzusuchen?

Entstehung der letzten großen „Klimakatastrophe“ zu verdanken

An erster Stelle (den Coronazeiten geschuldet) stand die Zugehörigkeit zur EU (damit keine Reisewarnung des schwedischen Außenministeriums; meine Familie und ich leben in Schweden); weiterhin lockten die intakte Natur (über Wasser mit zutraulichen Makis/Lemuren, Flughunden, riesigen Baobabs und tropischen Paradiesstränden; unter Wasser mit einer der größten Lagunen der Welt, intakten Korallenriffen, Schildkröten, Buckelwalbabies, Haien etc.). Es gab also gute Gründe, im Coronasommer Nr. 2, 2021, ein paar Wochen auf Mayotte zu verbringen und den Kindern etwas von der Welt zu zeigen. Es wurde dann abenteuerlicher als erhofft (unter anderem zwei positive Covidtests erhalten auf einem schäbigen Hinterhof), aber das ist eine andere Geschichte; zurück zum „Aufhänger“ der Geschichte: „Klimakatastrophe“ und Migrationskrise.

Das wunderschöne und intakte Außenriff (ca. 5 bis 15 Kilometer entfernt von der heutigen Küstenlinie) hat seine Entstehung der letzten großen „Klimakatastrophe“ zu „verdanken“, nämlich dem Ende der letzten Eiszeit. Vor grob 10–12.000 Jahren ging die letzte Eiszeit zu Ende. Bei Temperaturen, die vermutlich höher lagen als heutige Temperaturen, schmolz die mehrere Kilometer dicke Eisdecke über unter anderem „Schweden“ innerhalb kurzer Zeit (geologisch gesehen). Dies führte zu einem recht raschen (1–2,5 Meter pro Jahrhundert) globalen Meeresspiegelanstieg von insgesamt >120 Metern. Das jetzige Außenriff von Mayotte markiert also die damalige Küstenlinie einer wesentlich größeren Insel. Da die Steinkorallen schnell genug dem rasch steigenden Meeresspiegel nachwachsen konnten, bilden sie noch heute die damalige Küstenline nach.

Müssen die Mayotter jetzt Angst haben, dass sich die Geschichte wiederholt? Dass sie in relativ kurzer Zeit größere Landflächen verlieren? Nicht, wenn man dem IPCC-Bericht von 2018 Glauben schenkt.

Bis zum Jahr 2100 wird (nach dem bei Journalisten „beliebten“ „Worst-Case“-Szenario) davon ausgegangen, dass der Meeresspiegel global 20 bis 80 Zentimeter ansteigt. Deutlich weniger bei den Szenarien, denen der IPCC eine höhere Wahrscheinlichkeit beimisst. Also, keine akute Klimakatastrophe (in Hinsicht auf Meereserhöhung) in Sicht.

Wie sieht es mit dem zweiten „Problembereich“, der Migration aus?

Mayotte und Migration

Mayotte ist ein Leuchtturm des materiellen Reichtums in der Straße von Mosambik. Wenn man aus Europa hinfliegt, bekommt man nicht unbedingt diesen Eindruck, aber verglichen mit den bitterarmen Nachbarländern (Madagaskar, Komoren, Mosambik, Tansania) sind die Mayotter sehr reich (BNP 10-mal höher pro Person als für die Komoren). Dazu noch der EU-Glorienschein, und das Ganze stellte einen unglaublich starken Pull-Faktor dar, der zahlreiche Menschen die gefährliche Reise mit Schleppern in sogenannten Kwassa-Kwassa-Booten (wir haben selber während unseres Aufenthaltes solche Schlepperboote gesehen,) nach Mayotte antreten lässt. Sowohl von Madagaskar als auch von den Komoren, aber sogar vom weit entfernten Tansania, wie mir ein Einheimischer im Gespräch erzählte.

Diese Zuwanderung führt zu einem dramatischen Bevölkerungszuwachs (zum Beispiel geschätzt ein Zuwachs von 44.000 zwischen 2012 und 2017). Aktuell schätzt man, dass mehr als 300.000 Menschen auf Mayotte leben, davon mehr als die Hälfte illegale Einwanderer; das heißt, die Mayotter sind inzwischen eine Minderheit auf ihrer „eigenen“ Insel. Wenn sich das linear fortsetzt, würde die Insel im Jahr 2100 mehr als eine Million Einwohner haben (allein durch Einwanderung, Geburten nicht eingerechnet). Wenn sich die Einwanderung beschleunigt (was angesichts der Prognosen für die umgebenden Länder zu erwarten ist), könnten dann einige Millionen Menschen auf Mayotte leben (oder vielleicht sollte man lieber sagen, „sich gegenseitig auf die Füße treten“). Dies würde zu einer Bevölkerungsdichte (aktuell circa 800 Einwohner pro Quadratkilometer) von 2.700–5.400 Einwohner/qkm (entspricht absolut 1 oder 2 Millonen Einwohner) führen. Noch nicht ganz Hongkong, aber schon dicht dran.

Noch ist Mayotte eine wunderschöne Insel mit faszinierender und (zumindest im Meer) ziemlich intakter Natur; auf jeden Fall ein Geheimtipp für eine Reise.

Wenn man die Einwanderung nicht in den Griff bekommt, wird sich das mit Sicherheit ändern. Schon jetzt ist Kriminalität ein schnell wachsendes Problem (wir wurden zahlreiche Male vor häufigen Überfällen an einsamen Plätzen gewarnt, sowohl vom Hotel als auch von patrouillierenden Gendarmen).

Aktuell stellt sich die Frage, ob der Bevölkerungs-Kipppunkt früher oder später erreicht sein wird; hinauszögern könnte man dies, indem man die Armutsmigranten als Klimaflüchtlinge nach Europa schickt. Nur, eine nachhaltige Lösung wäre dies nicht. Einem ansteigenden Meeresspiegel können die Mayotter der nächsten Generationen hingegen wohl (im Vergleich) einigermaßen entspannt entgegensehen.

Foto: Axelspace Corporation CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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J.P. Neumann / 31.08.2021

Madagaskar sowie der grösste Teil Ostafrikas wird gerade vollständig abgefackelt.  Brandrodung durch Bevölkerungsexplosion ist der Grund. Die Leute sind tatsächlich Flüchtlinge, sie können nicht zurück, hinter ihnen liegt keine Heimat mehr, sondern nur verbrannte Erde. Sie flüchten vor der Hölle, die sie selbst geschaffen haben.  Darüber quatscht kein Klimaforscher und erst recht kein Politiker.  (Bilder siehe “nasa global fire map”).

J.G.R. Benthien / 31.08.2021

Danke für den Bericht von einer Insel, die ich noch nicht kannte. Rund 40 x 20 Kilometer klein und noch ein Paradies! Nebenbei bemerkt: wenn sich jeder dort mit 10 m² Lebensfläche zufriedengibt, passen rund 40 Mio Menschen darauf.  (Das war jetzt Sarkasmus)

giesemann gerhard / 31.08.2021

Immer das gleiche - sie könnten alle im Paradies leben, wenn, ja wenn sie nicht zu viele wären. Dieser Planet ist ein Paradies, versaut von seinen schlimmsten Bewohnern - wie blöd ist das denn.

U. Unger / 31.08.2021

Der Bevölkerungskippunkt wird schneller erreicht sein! Dank Ihrer Werbung werden zusätzlich 50 Naturschützer aufbrechen, um Flora und Fauna zu schützen. Die Folge kennt jeder: Totales Betretungsverbot für mindestens 60 % der Insel. Nebenbei überwachen die Ranger, daß am Badestrand keine Currywurst verkauft wird, sowie die Mülltrennung.

Rainer Hanisch / 31.08.2021

Ich kann mich erinnern, dass ein Prof. Grzimek vor Jahrzehnten vor einer Überbevölkerung warnte. Damals gab es etwa 3 Mrd. Erdbewohner! Und immer noch schreien viele nach mehr Geburten, vor allem in Deutschland! Seit Jahren besteht akute Wohnungsnot, nehmen Umweltschäden nicht mehr behebbare Schäden an - aber immer noch getreu dem Grundsatz: Wachset und mehret euch! Deshalb nervt mich der ganze Klimahype nur und die Grünen und ihre “Klima-Aktivisten” können mich mal… Und fleißig “fordern” die Guten, noch mehr den Bevölkerungsüberschuss diverser Länder zu alimentieren und “Asyl” zu gewähren. Leider muss ich solchen Schwachsinn wie die “erneuerbaren” Energien, die “Verkehrswende”, die CO2-Steuer und und und notgedrungen mittragen. Wäre es freiwillig: keinen Cent gäbe ich dafür aus!

Marc Jenal / 31.08.2021

Europa hat zwischen 1700 und 2000 seine Bevölkerung versechsfacht und dabei die halbe Welt mit Migration und Kriegen “beglückt”. Im Verhältnis zum heute stattfindenden Wachstum in Teilen Afrikas/Asiens in kürzester Zeit (jede Generation eine Verdoppelung bis Verdreifachung) war dies allerdings noch sehr langsam. Eine Zeit lang werden die funktionierenden Gesellschaften wohl über Sozialwerke, Arbeitsstellen usw. die enorme Anzahl an prekärer, ungebildeter und archaisch sozialisierter Zuwanderung schlucken können, parallel dazu entstehen zunehmend gated communities für alle, die sich das leisten können. Irgendwann werden auch diese “Inseln” für die Mehrheit nicht mehr haltbar sein. Falls wir das alles nicht wollen, dann müssen wir an der Quelle eingreifen: Es geht NICHT ohne weltweite Geburtenkontrolle. Entweder wir schaffen das mit positiven Anreizen oder anders. Falls wir das nicht schaffen wollen (weiterhin tabuisieren, verharmlosen oder ausblenden), kennen wir alle die Konsequenzen für unsere Kinder oder Enkel oder deren Nachkommen und die Umwelt sowieso. Sind wir realistisch und ehrlich genug? Das Klima wird dann tatsächlich das kleinste Problem sein für die Mehrheit der Menschen und das ist wohl momentan den wenigsten bewusst, jedenfalls wenn man die Prioritätensetzung so mancher Medien beobachtet. Schade. Danke für den Artikel.

Manni Meier / 31.08.2021

“....hinauszögern könnte man dies, indem man die Armutsmigranten als Klimaflüchtlinge nach Europa schickt. ” Tolle Idee Herr Bauer, gratuliere.

Bernhard Maxara / 31.08.2021

Wer macht endlich auf internationaler Bühne klar, daß es misanthropischer Zynismus ist, menschliches Leben in die Chancenlosigkeit hinein zu gebären!

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