Claudio Casula / 26.10.2021 / 14:00 / Foto: Imago / 155 / Seite ausdrucken

Kimmich und die Medien: Übles Foulspiel

Während sich Bayern-Trainer Julian Nagelsmann (doppelt geimpft) positiv getestet in Quarantäne befindet, fällt die Presse über seinen gesunden, aber ungeimpften Spieler Joshua Kimmich her.

In einem Verhör durch einen Sky-Reporter sagte der Bayern-Kicker und Nationalspieler Kimmich kürzlich, er sei bislang nicht gegen Corona geimpft. Ruhig und sachlich beschied er dem Inquisitor Patrick Wasserziehr, er sei kein Impfgegner, habe aber persönlich noch ein paar Bedenken, „was fehlende Langzeitstudien angeht“. Er lasse sich jedoch alle zwei, drei Tage testen.

Jetzt steht das Land, in dem es keine Impfpflicht gibt, kopf. Die Süddeutsche Zeitung meint, als Botschaft sei die Kimmich-Äußerung „fatal“, der stern nennt seine Aussagen „verheerend“, Alena Buyx vom Deutschen Ethikrat behauptet, Kimmich sei einer „Falschinformation aufgesessen“, der Focus schimpft ihn „unsolidarisch und unwissend“. Die Münchner Abendzeitung versteigt sich zu der Behauptung, Kimmich habe „Corona-Schwurblern ein Gesicht gegeben“ und ARD-Urgestein Ulrich Deppendorf fordert bei Twitter, der FC Bayern solle Kimmich nicht mehr aufstellen.

Der allgemeinen Entrüstung setzte nun vorerst Hanni Hüsch in einem Tagesthemen-Kommentar die Krone auf.

Die ersten 30 der 107 Sekunden ihres Kommentars zählt Hanni Hüsch Kimmichs Meriten auf, vom Einser-Abi über die selbst und clever ausgehandelten Verträge bis zum sozialen Engagement. Dann dreht sich der Wind: „Und jetzt das!“ Joshua Kimmich sei ungeimpft, klar könne er das sein, es gebe schließlich keine Impfpflicht, und wir wissen alle, was nun folgt: „Aber: muss ich das verstehen? Nein, muss ich nicht. Was für ein Eigentor!“ Gerade jetzt sei so ein Statement ganz schlecht, steigende Fallzahlen, zu wenig Impfungen und so weiter. Drei Dinge muss Hanni Hüsch dazu sagen:

„Der AfD hat er den Ball genau vors Tor gelegt."

Erstens solle sich Kimmich Rat bei Karl Lauterbach (!) holen, der ihm gerne erkläre, warum ihn die „Langzeitfolgen“ nicht sorgen müssen. (Dabei hatte Kimmich, völlig zu Recht, von fehlenden Langzeitstudien gesprochen.) Zweitens seien zahlende Fans auf den Tribünen „pottesauer“, dass sie nur geimpft oder genesen ins Stadion kommen – als habe ausgerechnet Kimmich die „2G-Regel“ verfügt. Drittens aber, und das sei entscheidend, müsse er als Vorzeige-Profi „die Gefahren auf dem Spielfeld erkennen“: „Der AfD hat er den Ball genau vors Tor gelegt. Alice Weidel hat dankbar verwandelt.“

Nanu, was hat die AfD-Frau denn gesagt? „Dass Herr Kimmich nun laufend genötigt wird, sich für seine persönliche Entscheidung zu rechtfertigen, ist übergriffig und offenbart eine bedenkliche Ausbreitung von konformistischem Bevormundungs-Denken.“ Für Hanni Hüsch ist das wohl der berüchtigte Beifall von der falschen Seite, von dem man sich unbedingt distanzieren muss.

Nach dieser Logik soll sich Joshua Kimmich, ein kerngesunder 26-jähriger Hochleistungssportler, unbedingt mit einem neuartigen, nur bedingt zugelassenen Impfstoff spritzen lassen, gegen ein Virus, das er, erwischte es ihn überhaupt, mit einer Wahrscheinlichkeit von über 99,9 Prozent nicht oder kaum bemerken würde – nur damit er nicht ausgerechnet von Alice Weidel in Schutz genommen wird. Man kann nur hoffen, dass der sehr reflektierte Fußballprofi auf diese perverse Logik pfeift und weiterhin das tut und lässt, was er für richtig hält. Sicher ist das nicht. Der „Gegenwind“ wird immer eisiger.

Foto: Imago

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Leserpost

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Michael Hufnagel / 26.10.2021

Gilt für dieses und andere aktuelle gesellschaftliche Reizthemen bei uns wie auch in den USA: Irgendwann werden die woken Linksgrünen den Bogen überspannen. Dann wird das Pendel in die andere Richtung ausschlagen. War immer so und wird wieder so kommen. In diesem Sinne: Let’s go, Brandon!

Stanley Milgram / 26.10.2021

Ich glaube, dass wir es nicht mit einer einzigen richtigen Zahl in Bezug auf Impfungen, Positive, Erkrankte, Hospitalisierte oder Impfnebenwirkungen zutun haben. Wie groß die Abweichungen wirklich sind, weiß auch keiner. Wer den Ausgang einer Wahl schätzt statt auszählt, was soll man denjenigen noch glauben???

Margreet Krikowski / 26.10.2021

Hanni Hüsch hätte auch Sara Wagenknecht oder Oskar Lafontaine zitieren können. Aber das passt ihr und der ARD nicht ins Konzept. 10 ihrer 35 Minuten widmete Caren Miosga Joshua Kimmich. Somit spart sich die Redaktion natürlich die Mühe, über weit wichtigere Themen zu berichten (Wirtschaft, Energie, Migration, Rente um nur ein paar zu nennen - also schlafen wir ruhig weiter.)

Torsten Hopp / 26.10.2021

Diese moralisierenden Möchtegernimpfspinner sind zum Brechen. Wenigsten steht hier das Führungspersonal, wie Hoeneß, zu seinem Personal. Noch jedenfalls.

Martin Schmitt / 26.10.2021

Der Junge tut mir leid, sie werden jetzt so lange auf ihn “einprügeln”  bis er sich impfen lässt - oder aber er ist stark genug dem Druck zu widerstehen. Ich sage jetzt immer zu den Impffanatikern in meinem Umfeld wenn sie mich verbal angehen oder sich lustig machen über mich:  “Mein (Corona-)Schicksal liegt in der Hand Gottes, deines in den Händen von Karl Lauterbach und dem Bankkaufmann” - Reaktion: verdutztes Gesicht.

Chr. Kühn / 26.10.2021

Kimmich ist ein kluger Kopf. Weidel ist eine, ähm, kluge Köpfin. Hanni Hüsch ist…wie heißt das mit den zwei Metern aufgeweichter Feldweg?

M. Emig / 26.10.2021

Gutes Beispiel für GFT. Große Teile unserer Gesellschaft, der tonangebenden Medienlandschaft und Politik leidet scheinbar unter GFT: Geringe Frustrationstoleranz Sie halten es einfach nicht mehr aus, wenn jemand anders denkt, anders entscheidet. In der Folge können sie nur noch wild um sich schlagen und auf den oder die anderen bildlich gesprochen (manche leider auch real) einschlagen. Sie erwarten, dass die Welt sich nach ihrem Gedankenmodell richtet. Das ist ein harter Prozess für alle, bis die Erkenntnis gereift ist, dass es die Realität nicht interessiert, was sich ein GFT-Betroffener so vorstellt. Sieht man analog auch bei der Klimapolitik in Deutschland in sehr ausgeprägtem Ausmaß. Und vielen anderen Ecken ...

Thomas Hechinger / 26.10.2021

Die Argumente des Herrn Kimmich sind genau meine, warum ich mich bisher nicht habe impfen lassen. Nur bin ich ein unbedeutender Bürger dieses Staates und kann nicht so gut Pässe und Tore schießen wie er. Deshalb hoffe ich so sehr auf ihn, daß er nicht umfällt. Ich könnte es zwar verstehen, denn diesen Druck auszuhalten, verlangt fast übermenschlichen Willen. Aber ich würde es sehr bedauern. Es ist nämlich wichtig, daß Prominente, ob sie nun Jan Josef Liefers oder Joshua Kimmich heißen, ein Zeichen gegen die totalitäre Coronoia setzen. Wenn Herr Kimmich standhält, wird er mein persönlicher Held. Vom Heldentum auf dem Platz verstehe ich als Fußballignorant nichts. Und was lese ich: Herr Kimmich hat Einserabitur? Wie steht es denn mit seinen Widersachern? Hat der Herr von Sky auch Einserabitur? Oder der Tagesthemen-Mensch? Könnte es nicht sein, daß Herr Kimmich mit seiner abwägenden Haltung und seiner überlegenen Denkart einfach ein wenig klüger als seine Häscher ist?

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