Es handelt sich wohl um ein Phänomen unserer Zeit, wenn immer mehr Eltern ihre Kinder nicht als von ihnen unabhängige, eigenständige Persönlichkeiten betrachten, sondern am liebsten mit ihnen verschmelzen würden, um diesen eine 24-Stunden-Betreuung „zugute“ kommen zu lassen. Nichts soll mehr dem Zufall oder dem Schicksal überlassen bleiben. Jeder Moment im Leben der Kinder wird möglichst bewacht und überwacht. Und wenn das nicht geht, bleibt ja der ständige Kontakt über das Handy. So lässt sich dann auch Berufstätigkeit vereinbaren. Wenn Kinder jedoch nie das Gefühl entwickeln dürfen, wirklich auf sich gestellt zu sein, immer mit der Absicherung eines Fallnetzes unterwegs zu sein, bleiben ihnen für ihre Entwicklung wichtige Erfahrungen vorenthalten. Dann lernen sie weder mit realer Gefahr noch mit vielen anderen Dingen umzugehen, die das Leben für sie bereit hält. Man kann Kinder nicht vor allen negativen Erfahrungen bewahren und das ist auch nicht notwendig und nicht Aufgabe der Eltern. Kinder müssen dringend lernen, Schwierigkeiten zu bewältigen. Nur so wächst Selbstbewusstsein. Nicht durch politisch korrekte Lebensweisheiten, die man ihnen ununterbrochen mit auf den Weg gibt. Kinder dürfen sich auch mal wehtun, dürfen sich langweilen, dürfen sich mit Anderen messen, ohne dabei pädagogisch betreut zu werden. Das Zuviel an Pädagogik ist gefährlich, weil es möglicherweise die Lebenstüchtigkeit unserer Kinder untergräbt.
Lieber Herr Wegner, Sie sprechen mir so sehr aus der Seele!!!! Ich habe selbst einen Sohn und kann viele der gesammelten Beobachtungen nur bestätigen. Und ein männliches Kind leidet unter diesen Zuständen, bis sich regelrechte “Ticks” und Übersprungshandlungen ausbilden (Nägelkauen ist noch das Geringste…). Teile der heutigen “Erziehung” von Jungs sind eine Mischung aus “nicht artgerechter Haltung” bis “Misshandlung” durch das konsequente Ignorieren elementarster Bedürfnisse. Eltern werden in die Schule gerufen, um ihren Sohn abzuholen, wenn beim - wohlgemerkt freundschaftlichen!!! - Raufen mal ein Knie aus Versehen an schmerzhaftester Stelle landet, weil Sohnemann mangels Übung manachmal etwas ungelenk ist und nebenbei noch gar nicht kapiert hat, wie stark er dennoch schon ist. Inhalt eines solchen Anrufs: “Holen Sie ihn sofort ab, denn Unterricht ist jetzt so nicht mehr möglich!” Beknackt!!! Man kann ja froh sein, wenn für sowas nicht gleich Amok-Alarm ausgelöst wird. Toleranter ist man allerdings, wenn Schüler die Ess- oder Kleidungsgewohnheiten von Mitschülern aus religiösen Motiven handfest kritisieren. Das ist natürlich gaaanz was Anderes… aber ich schweife ab! Mut macht das Interview mit Frau Steiner…. Und bis auf dem gesunden Boden solcher Erkenntnisse wieder etwas Vernünftiges wächst, helfe ich meinem Sohn damit, dass ICH mit ihm raufe! Er liebt es seinen alten Vater immer wieder herauszufordern…. auch wenn es weh tut!!!
Zeitgeist ; Angst vor Allem , oder vor Nichts . Nachdem moderne Medizin Pest, Cholera und Pocken überwunden, da suchen Gurus nach dem neuen Leid. Und wo gesucht wird, da wird auch gefunden; Narzißmus, Weltangst propagiert man heut . Dort, wo man glaubt ein Kümmerchen allein zu haben, verdichtet man`s als Gruppenmasochist und lässt die ganze Welt sich daran laben; “Medienerfolg ” dem Exibitionist. Ja es macht Lust vor vielem Angst zu zeugen, vor was im einzelnen ? das sagt man nicht genau um sich dem Gruppenfimmel so bequem zu beugen und zu verkaufen “Psycho-Nabelschau “ Wird Kopfschmerz, Alter, Impotenz, schon immer etwas ganz normales, vom Unglücksucherteam in`s Rampenlicht gebracht. Nur wer da vorbehaltlos mitmacht, den bestrahlt es, die Tagesarbeit….wird von den Anderen gemacht !
Gesunder Menschenverstand. ...
...toller Artikel! Ich kann dem aus eigener Erfahrung voll und ganz zustimmen und möchte einen Aspekt hinzufügen. Viele Lehrer beziehen ihre Persönlichkeit aus ihrem Beruf und bringen mangels lebensweltlicher Erfahrungen kaum Sozialkompetenz mit - übrigens auch viele Quereinsteiger, die ja offensichtlich in ihrem Fach (für das sie mitunter sogar ein Doktortitel tragen) keine Anstellung bekommen. Der Lehrerberuf ermöglicht es ihnen Allmachtsphantasien auszuleben - so sind sie gewohnt, stets im Mittelpunkt zu stehen, Debatten zu lenken und letztlich Richtung und Ergebnis zu bestimmen. Ihnen ist nicht klar, dass sie nur über eine institutionelle Macht verfügen und haben es nicht gelernt durch Diskussion auf Augenhöhe Kompromisse zu finden . Meine Erfahrung ist, dass solche Menschen auch außerhalb des Unterrichtsgeschehens diese Rolle nicht verlassen können und im Umgang mit “erwachsenen” Menschen glauben, diese belehren und maßregeln zu können, typisch ist eine Distanzlosigkeit, die sich u.a. durch Einmischen in belauschte Gespräche zeigt. Wer derart geprägt durch die Welt geht, der glaubt tatsächlich alle Konflikte lassen sich durch sein “Machtwort” beenden - dies muss dem Betrachter natürlich naiv erscheinen.
Vielleicht könnte eine/r im BT den Antrag einbringen, den Bundesadler durch einen Bundesdodo zu ersetzen. Schließlich ist der Adler doch eher kriegerischer Provenienz während der Dodo doch alle Eigenschaften des modernen Bürgers aufweist; bis zum fatalen Ende.
Ja, das ist Zeitgeist. Was ich von einer befreundeten Schulleiterin zu hören bekomme, lässt mir die Haare zu Berge stehen !! Treffer, Herr Wegner !
Danke für diese gute Analyse, Herr Wegener. Es trifft genau den Punkt, den ich schon lange sehe: die Ausblendung von Realität aus Mangel an Konfrontation mit derselben von Kindesbeinen an. Wer sich nie im Winter beim heimlaufen vom entlegenen Weiher die Füße steifgefroren hat, geht mangels dieser unangenehmen Erfahrung mit Turnschuhen auf den beschneiten Brocken. Wer sich mit einem Thema nicht näher befasst bevor er sich ins Abenteuer stürzt kann natürlich nicht wissen, dass auf hohen Bergen oben ein anderes Klima herrschen kann als man es unten vorgefunden hat. Emojis statt Noten ist übrigens die passende Analogie zur neuen Entscheidungs- und Debattenkultur: Emotionen statt Fakten entscheiden über Bewertung, Maßnahmen und die Argumentation. Verstärkt wird das Ganze noch mit der unreflektierten Rechthaberei der kritikfrei und zum unkritischen hin Erzogenen.
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