„Dem König gerät’s“, rief man am 4. Juli 1866 allseits in Berlin und den preußischen Provinzen aus. Am Tag zuvor war nahe der böhmischen Stadt Königgrätz die bis dahin größte Schlacht der preußischen Geschichte geschlagen – und gewonnen – worden.
Diese Schlacht zementierte den Ruf Preußens als militärische Vormacht in Europa im 19. Jahrhundert und deklassierte das Habsburgerreich zur Mittelmacht. Und drängte Österreich aus Deutschland hinaus. Seitdem gibt es zwei Deutschlands: eines mit Schnitzel „Wiener Art“ und eines mit Wiener Schnitzel.
Seit der Neuordnung durch den Wiener Kongress herrschte noch immer im in Königreiche und Herzogtümer aufgesplitteten Deutschland eine latente Rivalität zwischen Preußen und Österreich, wer die bestimmende Vormacht in Deutschland sein sollte. Diese Rivalität zwischen der alternden Großmacht einerseits und der wachsenden Großmacht andererseits wurde zwar kurzfristig beim Griff Dänemarks nach Schleswig-Holstein beigelegt (bei der Schlacht an den Düppeler Schanzen am 18. April 1864 wurden die Dänen auf Dauer niedergezwungen), insgesamt blieb die Lage zwischen beiden Mächten aber angespannt. Bei der Neuordnung der Besitzverhältnisse im Norden wurde beschlossen, dass Preußen und Österreich die Herzogtümer Schleswig und Holstein gemeinsam verwalten sollten. Da dies beiden auf Dauer zu kompliziert war, bekamen die Preußen in der Konvention von Gasteig Schleswig und die Österreicher Holstein zur Verwaltung übergeben. Die Preußen wollten Holstein letztlich annektieren, die Österreicher und der Deutsche Bund wollten lieber ein vereinigtes Herzogtum Schleswig-Holstein in den Deutschen Bund integrieren.
Diesmal aber waren lange diplomatische Diskussionen Bismarcks Sache nicht, und als im Juni 1866 die Preußen in Holstein einmarschierten, war er da: der „Casus Belli“ zwischen Preußen und Österreich mit dem Deutschen Bund. Der sogenannte „Bruderkrieg“ nahm seinen Lauf.
Viel hatte sich in der Militärtechnik seit der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 getan: Die Dampfmaschine war entdeckt und weiterentwickelt worden, bei Krupp in Essen wurden heute großkalibrige Kanonen gegossen, Eisenbahnen querten halb Europa, und die Trassen waren speziell in Preußen nicht nur unter Handels- sondern auch unter strategischen Gesichtspunkten verlegt worden. Die Gewehre schossen heute weiter und konnten schneller geladen werden – und speziell bei „Preußens“ hatte das Zündnadelgewehr als Hinterlader die antiken Vorderlader ersetzt, die noch im Stehen und mit einem Ladestock geladen werden mussten. Aber auch die Militär- und Heeresorganisation hatten in Preußen rasante Fortschritte gemacht. So gab es zwischen Oberkommando und Subalternen eine weitere Kommandoebene, die durchaus ein Korps (mit Reiterei, Infanterie und Artillerie) als eigenständige Mini-Armee führen konnte.
Das Schicksal nimmt seinen Lauf
Auf dem Papier sah es ganz gut für Österreich aus: Mit dem Kontingent aus Sachsen verfügte Wien über annähernd 215.000 Soldaten, die es durchaus mit den Preußen aufnehmen konnten und die durch die italienischen Feldzüge der Habsburger auch nicht ganz unerfahren waren. Weitere Reichstruppen aus Hessen, Bayern, Württemberg und Baden sammelten sich in West- und Süddeutschland. Als Oberbefehlshaber der Österreicher installierte die Hofburg Feldzeugmeister (entsprechend einem Feldmarschall) Ludwig von Benedek, der auf den italienischen Schlachtfeldern schon einiges an Erfahrung und, als Protegé des enorm populären Radetzky, damit auch Ruhm gesammelt hatte. Außerdem war er ungarischer Herkunft, was auch die stets widerspenstigen Ungarn in der k.u.k.-Armee bei der Fahne halten würde.
Benedek selbst war sich durchaus bewusst, dass seine militärischen Fähigkeiten und Möglichkeiten begrenzt waren – schließlich kannte er nur den italienischen Kriegsschauplatz –, und lehnte zuerst einmal aus diesem guten Grund ab. Aber der Kaiser in Wien bat ihn erst – und schließlich befahl er ihm, die Armee zu übernehmen. Und so ergab sich Benedek seufzend und widerwillig in sein Schicksal, das folgerichtig dann seinen Lauf nahm.
Auf preußischer Seite agierte ein gut eingespieltes Team aus dem klugen Otto von Bismarck, dem nicht ganz so klugen König Wilhelm I. und dem exzentrischen und verschlossenen Helmuth von Moltke.
Noch ganz in Manier der Kabinettskriege galt derjenige als Gewinner, der die gegnerische Hauptstadt einnahm, „capture the flag“ war folgerichtig auf beiden Seiten das Ziel. Nachdem die Preußen noch in Nord- und Mitteldeutschland beschäftigt waren, beschloss Benedek, den Preußen in Böhmen den Weg nach Wien zu verlegen, ihnen dort eine Falle zu stellen. Bei dem Örtchen Chlum schien ihm dies „kommod“, in seinem Rücken wusste er die kleine Festung Königgrätz, die einen eventuellen Rückzug würde decken können. So stellte Benedek seine Armee auf den Hügeln zwischen Bistritz und Elbe auf, um durch die Flüsse Flankendeckung zu haben.
Mit Durchfall in die Schlacht
Die linke Flanke der Österreicher bildeten 22.000 Sachsen, die Benedek bei dem Dörfchen Problus aufstellte. Zwischen den Dörfern Lubno, Popowitz und Tresowitz stand die 1. Sächsische Division, hinter ihnen und links außen war das österreichische 8. Korps sozusagen als „Korsettstange“ und als Absicherung gegen Umgehung stationiert. Im Zentrum hatte Benedek etwa 44.000 Mann mit rund 130 Kanonen stationiert, die die Höhen von Lipa, Chlum und Maslowed halten sollten. Auf dem rechten Flügel sammelten die Österreicher 55.000 Soldaten, die eine Linie von dem Örtchen Maslowed bis zur Elbe halten sollten. Schließlich hielt Benedek noch 60.000 Mann und 320 Geschütze in Reserve, die gegebenenfalls die Preußen angreifen sollten, sobald diese sich vor seinen Linien festgefressen hatten. Benedek hatte also eine Front von ungefähr 10 Kilometern Länge und 5 Kilometern Tiefe entlang des Flüsschens Bistritz zu befehligen. Was auf den relativ begrenzten Schlachtfeldern der napoleonischen Kriege noch einigermaßen gut für ein bis zwei Kilometer Länge funktioniert hatte, war hier taktisch einfach nur nach oben skaliert worden. Für einen General des Jahres 1815 eine durchaus brauchbare Idee, aber wir schrieben 1866. Die Zeiten hatten sich geändert.
Moltkes Plan wiederum war riskant. Er wollte gleich drei Armeen synchron auf dem Schlachtfeld erscheinen lassen und die Österreicher „von allen Seiten“ in die Zange nehmen. Sein Motto „getrennt marschieren, vereint schlagen“ sollte hier in der Praxis erprobt werden. Das geeignete Mittel schien Moltke die Eisenbahn, die durch ihre schnelle Fortbewegung den Vorteil der „inneren Linie“ Benedeks (der seine Reserven sehr schnell an den Brennpunkten einsetzen konnte) ausgleichen sollte. Würde auch nur eine Armee zu spät oder gar nicht erscheinen, könnte Schlesien wieder Österreichisch werden, schlimmstenfalls würde es ein Deutschland ohne Preußen geben und Preußen wieder auf den Status eines unbedeutenden Königreichs zwischen Elbe und Moldau zurückfallen.
Am Morgen des 3. Juli erwarteten so also etwa 215.000 Österreicher nebst Sachsen und weiteren Verbündeten in etwa 221.000 Preußen, die sich langsam und eine Schneise von Durchfall hinter sich herschleppend (die Diarrhoe wütete furchtbar in beiden Armeen) näherten. Die österreichischen Einheiten hatten seit Kriegsbeginn schon einige üble Erfahrungen mit der neuen preußischen Wunderwaffe, dem von hinten ladbaren Zündnadelgewehr, gemacht, und obwohl dieses Gewehr in der Reichweite den österreichischen Lorenz-Vorderladern (600 Meter gegenüber 900 Meter) unterlegen war, hatte es doch den Vorteil, dass es schneller und im Liegen geladen werden konnte. Ein geübter Schütze konnte ungefähr sechs bis acht gezielte Schüsse in der Minute abgeben, während es die Vorderlader der Österreicher auf maximal drei Schuss pro Minute brachten. Und die im Knien oder Stehen geladen werden mussten.
„So schnell schießen die Preußen nicht“? Von wegen!
Daher sah die österreichische Taktik so aus, dass gliedweise gefeuert wurde, bis ein Sturmangriff mit aufgepflanztem Bajonett erfolgen konnte, während die Preußen, am Boden liegend, sogenanntes „Schnellfeuer“ abgeben konnten (jeder lädt und schießt, so schnell er kann) und im Liegen ein viel geringeres Ziel abgaben. Während also die Österreicher zum Feuern und Vorrücken wie seit 150 Jahren in dichten Linien standen, kämpften die Preußen in aufgelockerten Formationen und im Liegen und nahmen dabei Militärtaktik und -technik des 20. Jahrhunderts vorweg. Entgegen dem im österreichischen Offizierskorps verbreiteten Bonmot „so schnell schießen die Preußen nicht“, schossen sie nicht nur schnell – sie marschierten auch schnell!
Gegen 4.00 Uhr morgens näherte sich die 1. Preußische Armee unter Prinz Friedrich Karl dem Schlachtfeld und trieb die Österreicher aus dem vor der eigentlichen Front gelegenen Örtchen Sadowa (nach dem diese Schlacht in Frankreich benannt wird und nach dem 1870 die Franzosen ihre Truppen mit dem Schlachtruf „Rache für Sadowa“ motivierten), das noch vor der Bistritz lag und als Vorposten und „Wellenbrecher“ der Österreicher fungierte.
Auf der linken Flanke Benedeks war seit 6.00 Uhr auch die preußische Elbarmee unter General von Bittenfeld eingetroffen und machte sanften Druck auf die dort stehenden Sachsen. Von Bittenfeld war, sehr zum Ärger Moltkes, vorsichtig. Musste er doch damit rechnen, bei einer Niederlage der 1. Armee abgeschnitten zu werden. So beließ er es vorerst dabei, die Sachsen vom anderen Ufer der Bistritz unter Gewehrfeuer zu nehmen, wissend, dass diese sich schlecht dagegen wehren konnten.
Gegen 9.00 Uhr überschritt die 1. Armee unter dem Artilleriefeuer der Österreicher schließlich die Bistritz, um den Hola- und den Swiep-Wald vor Benedeks Front einzunehmen, und hier war dann zuerst auch einmal „Ende Gelände“. Die österreichische Artillerie auf der gegenüberliegenden Höhe von Lipa mit ihren gezogenen Läufen war den Preußen mit ihren Glattrohrkanonen deutlich überlegen und nagelte die preußische Infanterie in einem regelrechten Inferno in den beiden Wäldchen fest. Benedek war auf seinem Gefechtsstand auf Lipa zufrieden. Dieser Teil des österreichischen Plans schien also zu funktionieren. Die nach und nach eintreffenden Teile der 1. Armee hatten sich tatsächlich vor der Hauptfront festgefressen. Ein Angriff aus dem Swiep-Wald heraus gegen die Höhe von Maslowed wurde von den Österreichern abgeschlagen.
Benedek verliert den Überblick
Zum Glück der Österreicher kam bei den Preußen nun Pech hinzu. Übermotiviert vom partiellen Sieg über die Preußen verließen die österreichischen Korps unter Graf Festetics ihre Stellungen bei Maslowed und Chlum entgegen Benedeks ausdrücklichem Haltebefehl und griffen die stark dezimierten Preußen im Swiep-Wald an. Festetics verlor einen Fuß, die Österreicher ihren Vorteil. Denn nun konnte die österreichische Artillerie nicht mehr schießen, ohne die eigenen Leute durch friendly fire zu gefährden. Jetzt wurde es zum Infanteriekampf und zum archaischen „Mann gegen Mann“. Aber noch viel schlimmer: Die zentrale Schlüsselposition der Österreicher bei Maslowed und Chlum war jetzt unbesetzt. Ohne, dass es irgendjemandem auf österreichischer Seite aufgefallen wäre.
Unterdessen hatte auch die preußische Elbarmee an Benedeks linker Flanke ihr Selbstvertrauen wiedergefunden, die Bistritz überschritten und die Sachsen aus dem Örtchen Nechaniza vertrieben – ohne allerdings weiter vorzurücken.
Gegen 11.00 Uhr strömten immer mehr verwundete und fliehende Preußen aus dem Swiep-Wald und über die Bistritz zurück. Ein sichtlich nervöser König Wilhelm I. und sein nicht minder besorgter Kanzler Bismarck begannen auf ihrem Feldherrnhügel, Moltke für seinen „leichtsinnigen“ Plan zu kritisieren. Eine Katastrophe schien sich anzubahnen. Die Legende sagt, dass Bismarck Moltke aus einem Zigarrenetui drei Zigarren anbot, dieser lange und sorgfältig das Etui studierte und schließlich – zur Beruhigung seines Monarchen und seines Kanzlers – die dickste Zigarre auswählte. Aber das Geschehen vor dem Feldherrnhügel lies dies eher als Zweckoptimismus erscheinen. Wenn die Geschichte stimmt.
Auf der anderen Seite, bei Benedek, herrschte ebenfalls Siegeszuversicht. Die Preußen waren bisher nur bis kurz über die Bistritz gekommen und saßen nun im österreichischen Artilleriefeuer fest. Die 1. Preußische Armee war bewegungsunfähig, die Elbarmee kam nicht weiter – eigentlich wäre jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Gegenangriff mit den österreichischen Reserven gekommen gewesen, der zu diesem Zeitpunkt die Vorhut der preußischen 1. Armee regelrecht ausgelöscht hätte, die Truppen um Truppen in den Swiep-Wald gepumpt hatte. Aber der kam nicht. Benedek hatte den Überblick verloren.
Gewaltmarsch der 2. Preußischen Armee
Um ungefähr 12:00 hatten die Österreicher die Preußen endlich aus dem Swiep-Wald vertrieben und nach Norden in das Örtchen Benatek gedrückt, das die Preußen allerdings erbittert verteidigten. Sein Generalstab drängte Benedek nun endlich zum Gegenangriff – der aber tat das genaue Gegenteil und lockerte den Druck auf die Preußen. Er zog seine Truppen hinter den Swiep-Wald und hinter die Höhe von Maslowed zurück.
Im Süden war die Elbarmee mittlerweile zu zwei Dritteln über die Bistritz gegangen, hatte die Sachsen auf das Örtchen Noy Prim zurückgeworfen und Artillerie auf die strategisch wichtige Hradel-Anhöhe gebracht. Gegenangriffe der Sachsen und Österreicher auf die Anhöhe blieben im konzentrierten Artillerie- und Gewehrfeuer der Preußen liegen und demoralisierten sie. Benedek war augenscheinlich so auf die Gefechte an seiner linken Flanke durch die Elbarmee abgelenkt, dass er die Geschehnisse in seiner Mitte und seiner rechten Flanke völlig vergessen hatte. Aus seiner Sicht lief es ganz gut. Die Preußen waren gestoppt, seine Truppen noch ziemlich intakt, eine Reserve vorhanden und die Frontlinie in Gänze wiederhergestellt. Dass die Höhe des nur einen Kilometer von seinem Gefechtsstand auf Lipa liegenden Chlum nur schwach und die Höhe von Masloved gar nicht besetzt war, entging seiner Aufmerksamkeit.
Und genau hier tauchte nun die nach einem Gewaltmarsch erschöpfte 2. Preußische Armee unter Kronprinz Friedrich Wilhelm auf. Um etwa 13:30 Uhr umfassten die Preußen die österreichische rechte Flanke, drangen auf die Höhe von Masloved vor und eroberten mit Teilen der 1. Armee den Swiep-Wald zurück. Während die Österreicher, teilweise in Panik, zurückwichen, nahmen die 1. Gardedivision und die 7. Division die zentrale Stellung bei Chlum ein. Benedek, darüber von einem österreichischen Meldereiter in Kenntnis gesetzt, fuhr diesen mit dem Satz „Geh, plauschen’s net so dumm daher“ an. Aber es war nicht mehr zu leugnen: Die Preußen hatten um 15.00 Uhr Chlum – und damit die österreichische Schlüsselstellung – erobert. Jetzt erst setzte der verzweifelte Benedek seine Reserven ein, um Chlum zurückzuerobern, aber die Preußen, die „so schnell nicht schossen“, schossen doch so schnell, und der Angriff der Österreicher blieb liegen. Moltkes riskanter Plan hatte funktioniert, wenngleich eine komplette Umfassung nicht gelungen war.
Eines der letzten großen Reitergefechte der Geschichte
Es war das Ende. Die österreichische rechte Flanke war komplett aufgerissen, von der Masloved-Höhe beschoss die preußische Artillerie die panikartig fliehenden österreichischen Truppen, die dabei auch die österreichische Mitte mitrissen. Die österreichische Kavallerie kämpfte in einem der letzten großen Reitergefechte der Geschichte einen tapferen und pathetischen Kampf gegen preußische Reiter, um den Rückzugsweg nach Königgrätz über die Elbe freizuhalten. Die kleine Festung selbst hielt ihre Tore für die flüchtenden Landsmänner vorsichtshalber geschlossen und ergab sich später kampflos den Preußen.
Während die ermatteten Preußen die Österreicher nur langsam verfolgten, erschien ein österreichischer Parlamentär, um die Bedingungen für einen Waffenstillstand auszuhandeln. Wobei – viel auszuhandeln gab es nicht mehr. „Mein Kaiser hat keine Armee mehr. Sie ist so gut wie vernichtet.“ Obwohl es auf beiden Seiten zusammen nur rund 8.000 Tote und damit im Verhältnis zum Aufmarsch wenig Verluste gegeben hatte, war die komplette Struktur der österreichischen Armee zerschlagen. 40.000 Österreicher waren verwundet, gefangen oder vermisst, ein Drittel der Artillerie war verloren oder in der Hand der Preußen.
Der preußische König Wilhelm I., der spätere deutsche Kaiser, wollte nun gerne auch etwas Beute machen und seinem Nachbarland „a weng was abzwacken“. Außerdem hätte er gerne eine Siegesparade durch Wien gehabt, wie sich das gehört. Bismarck schildert in seiner Biographie, wie er stundenlang mit seinem König gestritten und gerungen habe, dass dieser um Himmels Willen das österreichische „Brudervolk“ schonen möge, um jeden Gedanken an Revanchismus zu vermeiden. Tatsächlich sogar so lange, bis im Wortsinn „jemand heulte“. In diesem Falle beide. Wilhelm I. gab schließlich klein bei. Dieses Mal. Im Vorfrieden von Nikolsburg stimmte der österreichische Kaiser daher sehr leicht und erleichtert den preußischen Friedensbedingungen zu. Nach dem deutsch-französischen Krieg 1871 sollte dies Bismarck nicht mehr gelingen. Und so legte er den Grundstein für den Ersten Weltkrieg.
Moltke sollte auch noch den ungleich schwierigeren und langwierigeren Frankreich-Feldzug führen und seine Fähigkeiten und seinen Generalstab perfektionieren. Schließlich gelang ihm bei Sedan dann die „volle Umfassung“ der französischen Armee. Sein gleichnamiger Neffe hatte später mit der Ausführung des Schlieffen-Planes ein sehr viel unglücklicheres Händchen.
Benedek schließlich, der „Generalfeldzeugmeister wider Willen“, fiel in der Hofburg in Ungnade und sollte keinerlei Rolle mehr spielen. Als pflichtbewusster Untertan nahm er jedoch brav alle Schuld auf sich und verlor in seinem Exil über die Schlacht, die Deutschlands und Österreichs Schicksal entschied, nie wieder ein Wort.
Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, 224 Seiten, 22 Euro.