Ist Schach rassistisch?

Die ersten schachähnlichen Figuren waren klobige Blöcke und stammen aus Mesopotamien. Sie sind über 5.000 Jahre alt. Mit der Verbreitung des Spiels entwickelten sich in den verschiedenen Kulturen zahlreiche Varianten. Als im 7. Jahrhundert muslimische Eroberer das Schach nach Europa brachten, wurde die Figur des Läufers noch als Alfil (Elefant) dargestellt, im 12. Jahrhundert haben ihn die Norweger durch einen Bischof ersetzt. Das Schachbrett hatte damals noch weiße und rote Felder, oft waren auch die Figuren entsprechend bemalt.

1849 gestaltete Nathaniel Cook das Set, wie wir es heute kennen. Die Figuren waren meistens aus hellbraunem und dunkelbraunem Holz. Später gelangten Sets mit Kreuzrittern, Nordstaatlern oder Comicfiguren in den Handel. Unabhängig von der Darstellung nennt man die beiden Parteien heute "Weiß" und "Schwarz", wobei "Weiß" jeweils den ersten Zug ausführt. Ist das rassistisch?

Der öffentlich-rechtliche Radiosender ABC Sidney setzte den Vorwurf in die Welt. Somit hätten Millionen von Eltern, die ihren Kindern die Schachregeln beibrachten, ihrem Nachwuchs Rassismus anerzogen, so wie andere Eltern ihrem Nachwuchs den Opferstatus anerziehen.

Es ist heute üblich, dass Aktivisten in den Redaktionen einen kaum beachteten Tweet herauspicken, um mit Pauken und Trompeten einen Shitstorm loszutreten. Man fragt sich, ob ein mehrjähriges Studium in Dekolonialität, kritischer Weiß-Sein-Reflexion und postkolonialem Erinnern notwendig ist, um nun sogar beim Schach Rassismus zu wittern.

Die Debatte ist mittlerweile entgleist und schlittert zwischen Überempfindlichkeit und Verharmlosung. Es ist heute chic, selbst bei banalsten Kränkungen, die jedem Menschen, unabhängig von der Hautfarbe, widerfahren, rassistische Mikroagressionen zu vermuten.

Würde man das Schach wieder mit weißen und roten Feldern und Figuren bestücken, könnten sich die nordamerikanischen Ureinwohner verletzt fühlen. Soll man also weltweit die Schachregeln dahingehend ändern, dass in Zukunft Schwarz beginnt? Oder wäre das Rassismus mit vertauschten Rollen? Ein Stoff für Kabarettisten. Kann es sein, dass derart bizarre Nebenschauplätze gerade das fördern, was man zu recht bekämpft?

 

Claude Cueni (64) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Diese Kolumne erschien zuerst im Blick in der Schweiz. Soeben ist im Verlag Nagel & Kimche sein Roman "Genesis – Pandemie aus dem Eis" erschienen.

Foto: Sebastian Magnani CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Dr. Joachim Lucas / 23.08.2020

Wir schaffen die Farben ab und markieren sie mit Ziffern als Die Mannschaft 1 und Die Mannschaft 2.. Mist, jetzt ist die Königin ja nicht mitgemeint. Wenn jetzt Die 1 beginnt, ist natürlich 2 unterdrückt. Wir sollten also vor dem Spiel erst mal ausdiskutieren wer anfängt. Da brauchen wir dann aber Gesprächsregeln, damit sich keiner unterdrückt fühlt. Außerdem werden im Team z.B. die Bauern (besser wäre “Bio-Landwirte” 1 und 2) von allen anderen unterdrückt. Und der König unterdrückt die Dame. Überhaupt, warum darf der Läufer nicht auch geradeaus ziehen wie der Turm. Geht gar nicht. Das ganze Spiel ist nichts anderes als ein rassistisch-imperialistisch-patriarchalisches Konstrukt. Denn es hört ja nicht bei Schwarz und Weiß auf. Solange man über jedes Stöckchen springt, dass einem diese linken Nichtsnutze hinhalten, wird sich an diesem Rassismusblödsinn und Dekonstruieren nichts ändern.

Johannes Schumann / 23.08.2020

Ich lernte mal den lustig gemeinten Spruch: “Weiß beginnt, schwarz gewinnt.” - Ist es rassistisch, wenn schwarz gewinnt?

Walter Weimar / 23.08.2020

Schach sollte endlich verboten werden. Besser nur noch Halma, realistisch nur mit grünen und roten Figuren. Der Sinn aller Spiele, Mensch ärgere dich nicht, ist wohl nicht nur im Gesellschaftspiel verloren gegenagen.

Karl-Heinz Vonderstein / 23.08.2020

Hab die Lösung, weiß und schwarz machen immer gleichzeitig ihren Zug.

Helge Jörn / 23.08.2020

Es wäre auch noch zu erwähnen, dass Schach zudem zutiefst sexistisch ist. Während der faule (männliche) König sich gerade einmal um ein Feld bewegt, muss die arme (weibliche) Dame über das ganze Feld hetzen. Und überhaupt: Der Turm! Der Springer! Der Läufer! Der Bauer! Wo bleiben die Bäuerin und/oder Bauernde (m/w/d)? Allesamt Figuren, die im Notfall geopfert werden, nur um den König zu schützen? Es wird dringend Zeit das Spiel antirassitisch, gendergerecht und vor allem auch pazifistisch zu reformieren. Mein Vorschlag: Alle Figuren werden gleich gestaltet und bunt angemalt. Jede Figur bekommt die gleichen Rechte, sich zu bewegen. Züge werden von beiden Spielern gleichzeitig und parallel ausgeführt. Schlagen ist verboten. Wenn auf dem Feld völliges Durcheiander herrscht und die Spieler ihre Figuren nicht mehr unterscheiden können, ist das Spiel beendet und es herrscht Weltfrieden! Fehlt nur noch ein rundes Brett, weil quadratisch ist ja auch irgendwie rechts oder nazi oder so.

Markus Kranz / 23.08.2020

Je öfter Leute auf der A100 oder dem Breitscheidplatz mit Autos Jagd auf Deutsche machen, je öfter Raketen auf Israel fliegen oder Amerikaner ermordet werden, weil sie Amerikaner sind, um so lauter und hysterischer müssen die Linken Amis, Israelis und Deutschen ‘Rassismus’ vorwerfen. Ihnen bleibt nichts anderes übrig, es ist für jeden klar erkennbar, dass die mehreren tausend IS Anhänger die schlimmsten Rassisten in Deutschland sind und die Linken ihre besten Freunde und Helfer.

Gunnar Koch / 23.08.2020

Man sollte doch gleich allen Figuren die gleiche Farbe geben. Ein schadstoffarmes grün käme für mich in Frage. Und um alle Ungleichheiten zu beseitigen sollten alle 32 Figuren zu König*innen gemacht werden. Der erste Zug kann dann von beiden Parteien zur gleichen Zeit ausgeführt werden. Am Ende wird es dann auch keine traurigen Verlierer geben, weil niemand mehr verlieren kann. Ich freue mich drauf!

Axel Gojowy / 23.08.2020

haben in unserem Haushalt die Gelbe Tonne und den gelben Sack ausgesondert, weil sich Herr und Frau Chinese verletzt fühlen könnten, und der touristische Besuch der Porta Nigra verbietet sich von selbst. Nur eins verstehen wir nicht- ein Zigeunerschnitzel ist verpönt, obwohl wir es ausschließlich mit Roma-Tomaten zubereiten. Und Onkel Bens Reis hat uns doch gelehrt, dass auch N***** kochen können.

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