Chaim Noll / 02.05.2020 / 06:15 / Foto: Freud / 82 / Seite ausdrucken

In Viro Veritas

Im Wein ist Wahrheit, aber auch im Virus. So bedrückend die Einschränkungen der letzten Wochen waren, sie haben uns auch viele Einsichten beschert und einzigartige Erfahrungen. Jetzt können wir darüber nachdenken, da wir allmählich aus der Erstarrung erwachen und uns wieder zu regen beginnen. Die staatstreuen Medien verwenden hier unzutreffend das Wort „dürfen“, als geschähe es auf Weisung der Politiker. („Dürfen wir doch nach Mallorca und Italien?“, fragt in gespielter Unterwürfigkeit die Bild-Zeitung). In Wahrheit hat beides, der „Lockdown“ wie die „allmähliche Lockerung“, nur funktioniert, weil wir mitgemacht haben. Weitgehend freiwillig. In Wahrheit hatte kein Politiker in einem westlichen Land die Macht, uns das Tragen von Masken zu befehlen. Das Erheben von Ordnungsgeldern für Verstöße gegen die Vermummungspflicht war verfassungswidrig. (Ich habe jedenfalls im Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen, genannt Infektionsschutzgesetz, IfSG, nichts über eine Maskenpflicht gefunden.) Man hätte dagegen klagen können und wahrscheinlich recht bekommen, so wie einige Unerschrockene ihr Recht auf Versammlungsfreiheit juristisch erstritten haben und ihre Kundgebung abhalten konnten.

Das war die erste erschreckende Wahrheit dieser Wochen: Wie schnell sich Mehrheiten ganzer Nationen behördlichen Maßnahmen unterwerfen, selbst fragwürdigen. Letztlich haben auch die meisten Zweifler – zumindest äußerlich – mitgespielt. Schon, um Denunziationen und unnötige Konfrontationen mit übereifrigen Mitmenschen zu vermeiden. Auch ich trug wochenlang eine Maske in der Tasche, damit ich sie gegebenenfalls beim Einkaufen im Supermarkt oder in der Apotheke aufsetzen konnte, wenn mich die Angestellten dazu aufforderten. Dabei haben die Masken – epidemiologisch gesehen – fast nichts bewirkt. Ihr Tragen war vor allem ein Zeichen der Unterwerfung.

In den beiden Ländern, in denen ich in den fraglichen Wochen zu tun hatte, sind Epidemien im eigentlichen Sinn ausgeblieben. In Israel starben nach amtlichen Angaben bisher 220 Menschen von 9,2 Millionen, eine Todesrate von 25 auf eine Million, mit anderen Worten: von 0,025 Prozent. Die allgemeine Sterberate im Land war in der gleichen Zeit mehr als dreimal höher – lässt sich angesichts dieser Zahlen überhaupt von Epidemie sprechen? Israel war möglicherweise, wie der hiesige Verteidigungsminister Naftali Benett behauptete, das Land „mit der niedrigsten Corona-Sterberate weltweit“, zumindest unter den Staaten, die öffentlich Zahlen vorlegen. Ein wichtiger Grund dafür ist Israels demographische Situation mit nur 10 Prozent der Bevölkerung älter als 65 Jahre (zum Vergleich: Italien 24 Prozent, Deutschland 22 Prozent), doch ebenso wichtig war die sofortige Schließung der Grenzen, ein Schritt, der sich im bekennend grenzenlosen Deutschland nur mühsam umsetzen ließ. Deutschland gehört dennoch zu den Ländern mit vergleichsweise niedriger Corona-Todesrate, insgesamt blieb sie auch hier unterhalb der sonst im gleichen Zeitraum üblichen Sterberate. Auch für dieses Land erweisen sich Vergleiche mit der Pest des Mittelalters, wie sie etwa der Politologe Herfried Münkler früh ins Spiel brachte, als völlig überzogen.

Erster Selbstmord eines in Konkurs getriebenen Händlers

Die Verfechter der drastischen Maßnahmen behaupten natürlich, die vergleichsweise niedrige Todesrate sei eben diesen Maßnahmen zu verdanken. Ebenso wahr ist die reziproke Behauptung: Die letale Wirkung des Virus blieb auf relativ kleine Risikogruppen beschränkt, daher war die allgemeine Blockade des gesellschaftlichen Lebens übertrieben und der immense wirtschaftliche Schaden nicht zu rechtfertigen. In Israel meldeten die Medien am 29.04. den ersten Selbstmord eines in Konkurs getriebenen Händlers auf dem Mahane-Jehuda-Markt in Jerusalem – unbegreiflich bleibt, warum die Bekanntgabe erst zehn Tage nach dem Tod des Mannes erfolgte. Ähnliches lässt sich von anderen Ländern annehmen: Die tödliche Wirkung des Lockdown, wo sie sich andeutungsweise zeigte, wurde aus der Medien-Berichterstattung ausgespart. Wir werden, fürchte ich, in den nächsten Wochen und Monaten, umso mehr davon hören.

Die zweite Erfahrung, die mich beschäftigt: Allmacht der Angst und ihre sozialen Wirkungen. Die führenden Panikmacher waren die Mainstream-Medien. Deren Mitarbeiter nicht selten selbst durch Autosuggestion in Panik gerieten. Und unfreiwillig den Mechanismus bloßlegten, wie Angst in Aggression und Denunziantentum umschlägt. So beobachtete Spiegel-Kolumnistin Christina Pohl an sich selbst„Seit Tagen frage ich mich, warum ich plötzlich den Wunsch hege, Menschen zu denunzieren oder sie zur Ordnung zu rufen. Ist das die Angst vor Corona, oder ist es das Alter, das mich zum Blockwart macht?“ Frau Pohl ist Anfang fünfzig, es gäbe also wenig Grund, ihr Blockwart-Syndrom dem „Alter“ anzulasten. Sie kann die Frage selbst nicht beantworten, etwas regt sich in ihr und drängt zum Ausbruch... Gibt es – womöglich bei Spiegel-Journalisten überdurchschnittlich ausgeprägt – ein Denunzianten-Gen?   

Drittens: Die Überschätzung der Fachwissenschaftler. Sie wurden von den Medien zu „Päpsten“ (Bild-Zeitung über einen Professor, der Ratschläge zum Tragen von Masken erteilte) und geheimen Regenten erhoben. Doch der Fluch der Fachwissenschaften ist ihre Beschränktheit: Immer tiefer bohren sich fleißige Forscher auf immer engeren Parzellen in die betreffende Materie, immer detaillierter werden ihre Kenntnisse, doch mit der immer feineren Spezialisierung geht zugleich der Überblick verloren, der Kontext, der sinnvolle Zusammenhang. Und damit die Anwendbarkeit der gehorteten Teilkenntnisse auf das menschliche Leben. Professor Drosten ist sicher ein tüchtiger Fachgelehrter, doch auf einem sehr engen, eher abgelegenen Gebiet. Er hat sich sein Leben lang mit den Geheimnissen der Viren beschäftigt und nicht mit denen der Menschen, folglich versteht er wenig von den Gesetzen der Gesellschaft, der Wirtschaft und des geistigen Lebens. War es vernünftig, ihm wie einem Orakel zu folgen?

Viertens: Die Politiker haben allen Grund, sich bei den Bürgern ihrer Staaten für ihre Geduld zu bedanken. Sie wissen das sehr gut, Angela Merkel beispielsweise bedankt sich unentwegt, in jedem ihrer Statements von neuem. Dennoch haben sie Blut geleckt. Sie haben erlebt, wie leicht sich eine angeblich freie Gesellschaft unterwerfen lässt, wenn man die Bevölkerung erfolgreich in Angst und Schrecken versetzt. Noch nie zuvor ist es in demokratischen Staatswesen gelungen, Notstands-Regelungen von diesem Ausmaß einfach anzuwenden – das Wort „durchzusetzen“ ginge am Wesen der Sache vorbei, denn es gab fast keinen Widerstand. Angesicht des allgemeinen Gehorsams, der aus Furcht genährten Gefolgschaft verstummten auch sonst unerschrockene Kritiker.

Und fünftens: Ich werde das Gefühl nicht los, man verschweigt uns etwas, über Herkunft und das wahre Wesen des Virus. Die Panik der Politiker, die ganzer Staaten Wohlstand und Volkswirtschaft riskierten, ist nur damit zu erklären, dass in Insiderkreisen etwas bekannt war, was man aus politischer Korrektheit verschwieg. Trump hat es ausgesprochen: Das Virus kommt aus einem Labor. Doch die „Mehrheit der Spezialisten“, las ich in den Zeitungen, geht nach wie vor davon aus, es stamme von Fledermäusen oder Schuppentieren.

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Karl Braun / 02.05.2020

@Ralf Tenner: es nervt, wenn neuerdings freies Denken mit dem Totschlagargumemt „Verschwörungstheorie“ verhindert werden soll! Beweisen Sie lieber mal, dass der Verdacht, den der Autor hier in die Diskussion einbringt KEINE Verschwörungstheorie ist.

Karla Kuhn / 02.05.2020

“Letztlich haben auch die meisten Zweifler – zumindest äußerlich – mitgespielt. Schon, um Denunziationen und unnötige Konfrontationen mit übereifrigen Mitmenschen zu vermeiden.” Sehr guter Artikel Herr Noll, nur was mich betrifft, ich schrecke weder vor Denunzianten ( die habe ich hinreichend im Unrechtsstaat DDR erleben müssen) noch vor übereifrigen Mitmenschen zurück. Da habe ich oft die passende Antwort parat und komischerweise bekomme ich dann noch Zuspruch von meist ängstlichen Menschen, die sich freuen, daß jemand den Mund aufmacht. Nein, vor etlichen unserer Läden steht ein meist sehr “bedeutsam” aussehendes Wachpersonal, die mich am maskenlosen Eintritt hindern ! Ich habe zu einem Wachmann gesagt, daß es gar keine rechtliche Handhabe gibt, er meinte, das wurde von “OBEN” angeordnet. Ich habe ihn daraufhin gefragt, wenn die da “OBEN” anordnen würden, Sie sollen aus dem 5 Stock springen, würden Sie das dann auch machen ?? Keine Antwort. Magdalena Schubert, so eine Nachricht habe ich vor zwei Tagen ebenfalls erhalten.  Das sind wahrscheinlich diese Kettenbriefe, die immer wieder rumgeistern. Ich vermute , die amerikanischen Recherchen kommen der Wahrheit näher. EGAL,  WIE das Virus entstanden ist MERKEL hat wahrscheinlich sofort die Gunst der Stunde erkannt, nicht nur die AfD kaltzustellen, sondern alle Demos, die gegen sie gerichtet sind und ich vermute mal, es sind wesentlich mehr, als wir erfahren, zu unterdrücken und absurde Gesetze, wie die unsägliche KONTROLL APP, “MAULKORBPFLICHT” etc.  durchzusetzen. (DATENSCHUTZ ADE!!??) Die Frau muß zurücktreten und die Juristen sollten sie zwingen dazu, indem ENDLICH die vielen ANZEIGEN, die gegen Merkel erhoben wurden, vor GERICHT kommen. Es wird allerhöchste Zeit, 30 Jahre nach der Grenzöffnung,  für eine richtige Wende !!

Burkhart Berthold / 02.05.2020

Lieber Herr Noll, herzliche Grüße nach Israel! Was die bürgerlichen Freiheiten in Deutschland betrifft, so werden sie nicht durch eine Auflage gefährdet, im Supermarkt einen Mundschutz zu tragen, sondern durch die Delegitimierung der Opposition, die wir in derzeit erleben.

Sabine Schönfelder / 02.05.2020

Magdalena@Schubert, man kann sich mittlerweile ALLES vorstellen, denn es geht um viel Geld und Macht, um GLOBALE Macht. Internet macht eine rasende Verknüpfung in Sekundenschnelle möglich. Im Guten, wie im Bösen. China macht das Virus (pißt dem Westen ans Wirtschaftsbein und geht hinterher Unternehmen einkaufen), Gates den Impfstoff.  In den Regierungen weltweit sitzen keine Kompetenzen, sondern die größten Ideologen und Dummköpfe. Siehe unsere eigene!! Also alles kein Problem für einen kleinen cleveren, schlagfesten Kreis, mit Unmengen Geld, der mittels einer geschickten Okkupation weltweiter staatlicher Strukturen, durch überstaatliche NGOs, wie UNO oder WHO, sich Einflüsse bahnt. Ein bißchen Virus, ein bißchen Angst, eine bißchen Krankheit und Tod, (eine Gitarre und Nicole) — und der weltweite shutdown ist fertiggekocht. Jede Regierung schaut, wie es daraus seinen Nutzen ziehen kann. Noch Fragen?

Gabriele Klein / 02.05.2020

PS: Bitte verstehen Sie mich jetzt nicht falsch, , ich habe Null Probleme mit Impfstoffsuche und auch nicht mit gewissen Impfzwängen.  Ich bin im Grunde ein Impfbefürworter mit dem Impfzwang, wie er in der BRD noch zu meiner Schulzeit reihenweise praktiziert wurde gehe ich einig. Womit ich ein Problem allerdings habe ist, wenn sich ein im Grunde totalitäres Regime des “Impfzwangs” bedient, denn damit kann man jeden unliebsamen Kritiker elegant loswerden.  Wenn Sie nun meinen dafür gibt es keine Beweise in der Geschichte, gebe ich ihnen vollkommen Recht, und ganz genau das, ist das Problem.

Joachim Kuhnle / 02.05.2020

Abermals herzlichen Dank für diesen Beitrag sehr geehrter Herr Noll. Sie sind ein Leuchtturm in dieser Zeit!

Antonio Ponzio / 02.05.2020

Caro Chaim Noll, Ich bleibe bei Vino Veritas, der schmeckt Mir besser. Tanti saluti dal’Atlantico.

Belo Zibé / 02.05.2020

So wie die meisten Erfindungen und Entdeckungen der Menschheit- das Wissen über Krankheitserreger zählt ebenfalls dazu- auf ihren militärischen Nutzen und zum Ausbau von Macht und Überlegenheit geprüft wurden und wahrscheinlich noch werden, wird auch die Bundesregierung die politische Nutzbarkeit der gegenwärtigen Pandemie   überprüfen. Der Blick auf die sich bietenden Spielräume dürfte etwa so verlockend sein wie die Tüte Bonbons an der Supermarktkasse auf Augenhöhe von Kleinkindern. Im Wissen um Biowaffenforschung ,  geheimen Biowaffenprogrammen ,  die Waffenfähigkeit von Ebola, eine Chimäre aus Ebola und Pocken (Welt 21.08.2014 ) , ist es zudem auch nicht grundsätzlich abwegig anzunehmen, dass in Forschungslaboren »Unfälle« vorkommen ,  Versuchstiere nach aussen gelangen.  

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