Chaim Noll / 30.12.2021 / 12:00 / Foto: Freud / 91 / Seite ausdrucken

Im neuen Jahr nicht schweigen

Gerade jetzt wird es gefährlich, in Deutschland offen seine Meinung zu sagen. Gerade jetzt kann man sich um Kopf und Kragen reden. Deshalb nehme ich mir für 2022 nichts Hochmoralisches vor, sondern nur eines: Nicht zu schweigen.

Wieder ist es überall in Deutschland zu Demonstrationen gegen die Politik der Regierung gekommen. Widerwillig berichten die offiziellen Medien von Kundgebungen bundesweit, in Ost und West, Nord und Süd: in Bautzen und Schweinfurt, Rostock und Freiburg, in Halle, Saarbrücken, Halberstadt und Braunschweig, in Wittenberg, Trier, Bitterfeld, Ravensburg, Kaiserslautern, Idar-Oberstein, Dresden, Fulda, Koblenz oder Leipzig – man kann sagen: kreuz und quer durchs Land.

Die Bild-Zeitung verbreitet die offiziellen Zahlen der deutschen Polizei, danach wären es „Zehntausende“, die auf die Straße gingen. Leider kann man den Zahlen deutscher Polizei-Direktionen nicht mehr trauen (wenn man zum Beispiel an die Taschenspielertricks in den Jahresberichten des Bundeskriminalamts zum Herunterspielen des islamischen Judenhasses denkt), es können also auch Hunderttausende sein und Millionen Sympathisanten. Und die Protest-Szene erstreckt sich – trotz aller Versuche, die Demonstranten als „Rechtsradikale“, „Querdenker“ und Abartige abzutun – wiederum quer durch alle Gesellschaftsklassen und Altersstufen.

Auch der Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken seitens der Polizei deutet auf eine gewisse Nervosität der Regierenden hin. Die Gesellschaft sei nicht gespalten, behauptet der neue Bundeskanzler. Doch die Gereiztheit, die Pejorative der Medien, der zunehmende Hass zwischen „Geimpften“ und „Ungeimpften“ sprechen eine andere Sprache. Es geht längst nicht mehr um die Impfung als solche. Es geht um das Recht des Einzelnen, sich einer behördlich empfohlenen Maßnahme zu entziehen. Um den Versuch des Staates, diese Maßnahme von der Empfehlung zur Verordnung zu erheben, schließlich zum Gesetz, dessen Nichtbefolgung für strafbar erklärt wird. Es geht um das Recht des Staates, diese Maßnahme gegebenenfalls mit Zwang durchzusetzen. Und es geht um das Recht jedes Einzelnen, solchem Ansinnen Widerstand entgegenzusetzen.

Traumbild eines unerschütterlich erfolgreichen Deutschland

Olaf Scholz hat von seiner Vorgängerin das Vertuschen von Problemen gelernt, er spricht wie sie mit wispernder, verwischter Stimme und leugnet, was offensichtlich ist – ein sicheres Rezept für einen Kurs in den Niedergang. Angela Merkel hat sechzehn Jahre lang die sich auftürmenden Probleme Deutschlands kleingeredet und mit Durchhalte-Parolen aus ihrer FDJ-Karriere („Wir schaffen das!“) beschönigt. Ihre Getreuen in Spiegel, stern, Süddeutsche etc. beschwören weiterhin das Traumbild eines unerschütterlich erfolgreichen Deutschland: Das lichtarme Land sei für die nächsten Jahrhunderte durch Sonnenkollektoren und Windräder mit Energie versorgt, noch in 20 und 50 Jahren würden die Chinesen nicht ihre eigenen, sondern deutsche Autos kaufen, „die Wirtschaft brummt“, wir haben alles Geld der Welt, unser Ruf im staunenden Ausland ist legendär.

„Die Bundesfinanzen befinden sich in einer kritischen Situation“, teilte in seinem letzten Bericht (im November 2021) der Bundesrechnungshof dem Bundestag mit. Es bedürfe „eines ehrlichen Kassensturzes, wirksamer Strukturreformen und einer entschlossenen Prioritätensetzung“, um, wie es im Bericht warnend heißt, „die nachfolgenden Generationen vor einer überbordenden Schuldenlast zu bewahren“. Konkret empfehle der Rechnungshof der neuen Regierung, schreibt die Hamburger Wochenzeitung ZEIT, „eine mutige Ausgabenkritik mit dem Ziel der Konzentration auf die drängendsten, dem Bund vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgaben“. Was ist gemeint? Die unerbittliche Umstellung eines einst technologisch führenden Landes auf Windräder? Der mit Milliarden finanzierte, die Bevölkerung spaltende „Kampf gegen Rechts“? Die Erhöhung der Zahlungen an korrupte Regimes oder an das Hamas-kontrollierte „Hilfswerk“ UNRWA?

Die neue deutsche Regierung hat große Ambitionen. Weltweit. Bei der Verteilung der Gelder geht es weniger logisch zu als ideologisch. Wahrscheinlich wird gerade das nicht getan, was der Bundesrechnungshof so dringend empfiehlt. Wo die Kompetenz fehlt oder einfach der gesunde Menschenverstand, blühen die ehrgeizigen Träume. Dieser Politiker-Generation geht es um Höheres: Deutschland soll es wieder einmal allen übrigen Völkern vormachen, wieder einmal der Welt Vorbild sein. Es ist peinlich und erinnert an frühere Pleiten. Man möchte wegsehen und schweigen. In der Stille, erklärt Rabbi Jehuda im Talmud-Traktat Megilla, liege „die allerbeste Medizin“. Und Rabbi Shimeon, Gamliels Sohn, erinnert sich: „Alle meine Tage bin ich unter den Weisen aufgewachsen, und habe nichts besseres für einen Menschen gefunden als Schweigen“.

Macht deformiert den Verstand

Auch mir ist in diesen Tag danach. Die Demokratie wird demontiert, immer noch unter einigem Lärm. Und obwohl dieser Lärm eigentlich ein gutes Zeichen ist, denn er kündet von Kämpfen und letztem Widerstand, überkommen mich Unlust und Resignation. Zu viele Menschen machen mit oder nehmen es hin. In frecher Verdrehung der Tatsachen berufen sich die von Minderheiten gewählten Politiker auf eine Mehrheit, die ihr Treiben billige. Macht deformiert den Verstand, und die erfolgreiche Entmündigung der Bevölkerung anlässlich der Corona-Viren treibt auch scheinbar vernünftige Leute in den Wahnsinn. „Beugehaft“ fordert der grüne Bürgermeister von Tübingen für „Impfgegner“. Eine Bundestagsabgeordnete derselben Partei, einst unter dem Banner der Bürgerrechte angetreten, hetzt die Polizei dazu auf, gegen ihre demonstrierenden Landsleute „Schlagstöcke“ einzusetzen. Der YouTube-Kanal der Achse des Guten wurde gesperrt, unter einem dürftigen Vorwand – einerseits ein Kompliment, andererseits ein dreister Eingriff in die vom Grundgesetz garantierte Freiheit der Meinung.

Es ist wahr: Gerade jetzt wird es gefährlich, in Deutschland offen seine Meinung zu sagen. Gerade jetzt kann man sich um Kopf und Kragen reden. Deshalb nehme ich mir für das kommende Jahr nichts Hochmoralisches vor, nicht die Lösung der dringenden Probleme der Menschheit, die Befreiung der Unterdrückten, die Rettung des Klimas oder auch nur der vom Menschen bedrohten Schmetterlingsarten. Nichts dergleichen. Ich habe mir nur eins vorgenommen: nicht zu schweigen. Und rufe alle, die noch eine eigene Meinung haben, dazu auf. Wie groß auch die Versuchung angesichts des ringsum triumphierenden Wahnsinns sein mag. Zu manchen Zeiten, wahrscheinlich sehr oft, ist Schweigen eine gute Lösung. Zu anderen Zeiten ist es nichts als Feigheit.

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Elly Ron / 30.12.2021

Was nützt es, nicht zu schweigen? Mir scheint die Zeit einfach noch nicht reif für die Wahrheit. Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass meine Botschaften bei Impfgläubigen nicht ankommen. Andererseits bin ich von meinem Naturell her keine Widerstandskämpferin und will auch nicht mit meiner gesamten Umgebung im Streit leben. Deshalb schweige ich ab einem gewissen Punkt und denke: Wer nicht hören will, muss fühlen. So war es immer im Lauf der Geschichte. Ein böses Erwachen gibt es erst nach schmerzlichen Erfahrungen. Dann leider für alle - egal ob aktive Täter, schweigende Opfer oder lautstarke Widerständler!

Silke Müller-Marek / 30.12.2021

@HaJo Wolf: Sie haben so dermaßen recht!! Ich gebe auch niemals auf so lange ich kann!!!!

Petra Panier / 30.12.2021

Ich hätte mir nie träumen lassen, das ich so etwas in der Bundesrepubik Deutschland einmal erleben muss. Hass, Hetze, Propaganda von Seiten der Politik erinnern so langsam an die dunkelsten Jahre Deutschlands während der Jahre 33 bis 45, sowie der Jahre des sogenannten Sozialismus in der DDR. Dieses Land mit seinen idelogischen Phantasien und seiner seit Corona unverhältnismäßigen Bevormundung der Bürger ist unerträglich geworden. Es ist davon auszugehen, dass in Zukunft -unabhängig von Corona- immer wieder Einschränkungen und Verordnungen zum tragen kommen werden, die evtl. mit dem Klimaschutz (dem die neue Regierung ohnehin alles unter ordnet, was zählt da noch der Mensch) etc. begründet werden. Daher muss jedem klar sein, der sich seiner Grundrechte bewusst ist, dass es höchste Zeit wird, sich ob der vielfältigen Einschränkungen von Seiten der Politik zu wehren. Insofern ist schweigen der falsche Weg. Die Geschichte lehrt, dass viel zu oft geschwiegen wurde. Das Ergebnis war immer verhängnisvoll.

Karl Kaiser / 30.12.2021

Es wird gefährlich, in Deutschland seine Meinung zu sagen? Ist das so? Dann fängt die Sache ja an, richtig Spaß zu machen.

Rainer Mewes / 30.12.2021

Soso, der Bundesrechnungshof empfiehlt, an die nachfolgenden Generationen zu denken. Und das alternativlosen Führungsgestalten, die keine Kinder haben und hemmungslos Schulden machen. War da nicht schon mal der Gröfaz (ebenso kinderlos), der außer den deutschen Autobahnen nur verbrannte Erde hinterlassen hat und dabei auch nur das Wohl des deutschen Volkes im Sinne hatte? Nun ja, wer nicht lernt leidet, irgendwann kommt’s auch bei den letzten Schlafmützen an und wird weh tun.

Norbert Brausse / 30.12.2021

@ Rolf Mainz: Auch ich war ganz erstaunt über den zu erwartenden Job-Boom. Wenn man jedoch anfängt nachzudenken, dann stellt man folgendes fest: 1. Der Internethandel wird boomen zu Lasten des stationären Handels, der aber deutlich mehr Menschen beschäftigt 2. Auch mehr Pflegekräfte werden eingestellt, die bezahlt werden müssen und nicht aus Deutschland sondern den Nachbarländern kommen werden 3. Handwerker, ja es werden mehr gebraucht, wenn ich die Situation in unserer Stadt betrachte. Woher nehmen? Auch aus Osteuropa? Aber wie sieht die Gesamtrechnung insbesondere auf der Einnahmenseite aus? Darüber wird kein Wort verloren. Welcher Volkswirtschaftler klärt uns auf?

Helmut W. Hoffmann / 30.12.2021

Dank an Chaim Noll. Auch ich werde nicht schweigen. Es muß der Kippunkt kommen, an dem sich die ganze Chose wieder in Richtung Demokratie dreht. Sonst brauchen wir einen “Aufstand der Mutigen”, wie er sich in vielen Städten schon etabliert.

Peter Krämer / 30.12.2021

Derzeit breitet sich ein neues Narrativ in unserem Lande aus: “Die Gesellschaft ist nicht gespalten” Dabei wird die Bevölkerung auf der einen Seite in gebildete, moderne, weltoffene und demokratische Bürger eingeteilt, die sich hinter unserer Regierung wiederfinden. Und dann gibt es da einen ganz kleinen Haufen aus Bildungsfernen, Abgehängten, Verschwörungsgläubigen, Feinden der Demokratie, Menschen, die diesen schönen Staat zerstören wollen. Mit diesem Pöbel will niemand mehr etwas zu tun haben, sie gehören eigentlich schon nicht mehr zu diesem Land. Im Grunde muss dieser Bodensatz der Gesellschaft nur noch fachgerecht entsorgt werden.  

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