Mit Verlaub: Das Experiment wurde extrem unsauber durchgeführt…Zimbardo hat z.B. Wärter, die nicht hart genug waren, unter Druck gesetzt. Die Szenen gibts auf Video. Die BBC hat das Experiment Jahre später wiederholen lassen. Unter den dann nicht mehr gefakten Bedingungen gab es keinerlei Erniedrigungen. Es kam dann sogar zu Verbrüderung von Wärtern und Gefangenen…..
B. Dietrich: Sie haben recht. Opfer- und Tätergruppen handeln nach denselben Mechanismen. Deshalb hat sich ein anderes Großexperiment auch so oft bewährt: Teile und Herrsche.
Danke für diesen sehr bemerkenswerten Artikel. Das Stanford Prison Experiment kann man aktuell auf Großleinwand bewundern: Beim Blick auf zerstörte Wahlplakate wird auffällig, welches politische Spektrum sich bereits nicht nur als Wärter sieht, sondern bereits als Wärter aufführt.
Zum zweifelnden Innehalten werden Schüler heute nicht mehr ermutigt. Machtvolle Kampagnen setzen die “Haltung” im Schwarm als Referenz. Das alternativlose Rechthaben wird benotet, begünstigt Universitätskarrieren und vergiftet die akademische Kultur nachhaltig. Hannah Arendt hat mit ihren Gedanken über die ideologisch verirrten und moralisch enthemmten Familienväter, die kein Gedicht und kein bildhaftes Werk von Belang zuwege brächten, darauf angespielt, dass auch die “Charakterbildung” Schaden nimmt, wenn die kritische Selbstevaluation bewusst aufgegeben wird zugunsten oberflächlicher Strömungen und ideologischen Kampagnen. Personen, die sich zu dieser politisch “belohnten” Bequemlichkeit entschließen, tun das auch aus psychoökonomischen Gründen. “Innere Kämpfe”, kritische Aufmerksamkeit, Suche nach Hintergründen, die eigene Auswahl von Optionen, die eigene Meinung - alles wird einer mentalen Bequemlichkeit geopfert. Menschen mit diesem Seelenhaushalt lesen anregende Artikel wie bspw. diesen von Okko Tom Brok nicht, lassen ihre mentalen Muskeln erschlaffen und untergehen. Das macht sie anfällig für Faschismen aller Art. Dankbar finden sie Halt bei der klaren Ordnung eine alternativlosen Propaganda. Wer Eindeutigkeit nur infrage stellt, wird zum Feind erklärt, für den Solidarität und Toleranz nicht mehr gelten. Die Propagandafabriken, der Staatsfunk und dubiose “Redaktionsnetzwerke” halten die Motivation zur konsequenten Einseitigkeit und Spaltung auf hohem Niveau. Hannah Arendt, die die Banalität des Bösen so eindrucksvoll herausgearbeitet hat, hat es vermieden, diese Verwahrlosung des Menschlichen und die Kultur des Niedrigen zu beschreiben, die jeder Barbarei vorausgehen. Politische Eliten, die heute mahnend an einen vergessenen(?) “Wertekanon” erinnern, wollen nicht wirklich etwas ändern, wenn sie das Niedrige in der Masse, den Spaltpilz, den korrekten Hass und die korrekte Gewalt zu ihrem Machterhalt mit allen Mitteln fördern.
Die Parallelen, auch zur Entstehung autoritärer Regime, drängen sich auf ja. Leider gehen zumindest einige von Zimbardos Regeln trotzdem ins Leere. Einkalkulieren des eigenen Irrtums? Das Argument eines Massnahmenbeführworters ist da ganz einfach: “Wenn sich die Corona-Leugner irren sterben Menschen. Wenn ich mich irre stirbt niemand. Also besser wir machen es so wie ich will und ich irre mich, als umgekehrt.” Gerechte Ordnungen akzeptieren, ungerechte bekämpfen? “Aber die Ungleichbehandlung von Geimpften und Ungeimpften ist doch nicht ungerecht” (vereinfacht) Gerade so etwas wie Ungeimpften-Triage wird als gerecht empfunden. Solche ähnliche Äußerungen habe ich in meinem Bekannten und Kollegenkreis schon gehört, alles Menschen von sonst durchaus nicht geringen Geisteskräften. Ich denke das Hauptproblem ist das Bewußtsein des Rechthabes. Die Reflektierten unter denen, die die Ungeimpften gerne ausgrenzen möchten sind eben überzeugt davon vernünftig zu sein. Alle notwendigen Informationen zu kennen und die (einzig möglichen) logischen Schlüsse aus den Gegebenheiten zu ziehen. Also ist doch jetzt der Fall ein Besonderer und nicht vergleichbar mit anderen. Ich selbst, wenn auch anderer Meinung, verstehe das sogar. Mir scheint es mit der Vernunft manchmal so, wie das Auge, das versucht sich selbst anzusehen.
Danke, Okko Tom Brok, an die experimentelle Offenlegung des Verfahrens unserer Zurichtung zu erinnern. Wie zeitlos gültig “die immer gleiche Signatur autoritärer Gewaltbereitschaft” ist, konnten wir anhand “Berlin, 1.8.2021: Ein Bild der Schande”, von D. Maxeiner und den Videos von B. Reitschuster miterleben. Der Zivilisationsbruch ist wieder da. Dieser wird auf sehr, sehr lange Zeit der letzte bleiben. Denn diesmal übernehmen keine Sieger aus dem selben Kulturraum.
“Bedrohung” und “Schuldige” wecken den Selbserhaltungstrieb des Menschen. Beispiele: “Klimaleugner” und “Querdenker” sind gegen die Rettung des Weltklimas, dessen menschengemachter Wandel mich bedroht; “Impfverweigerer” sind potentiell Infizierte und bedrohen meine Gesundheit. Laut BILD sind 66% dafür, das “Impfverweigerer” die Kosten des Tests selbst tragen. Dabei bleibt offen, welcher Personenkreis befragt wurde. Warum werden islamistische Terroristen als “psychisch kranke Einzeltäter” inszeniert? Warum wird bei ausländischen Straftätern deren Nationalität verschwiegen? Diese “Bedrohungen” und die daran “Schuldigen” (Täter) darf es nicht geben, weil so die politischen Verursacher und damit die wahren Schuldigen erkannt werden würden.
Wenn ich vor Corona noch die Frage hätte stellen können, ob die Deutschen nicht doch auch bemitleidenswert sind, dann hätte ich noch einen leisen Zweifel gehabt. Nach der 10 000sten Erniedrigung irgendwelcher Kassierer - Herta Bothes im Alltag bin ich diesen Gewissenskonflikt los. Die alliierten Bomben und das Jahr 1945 hatten erkennbar nur die Konsequenz, daß alles in eine Konservendose eingeschweißt wurde. Und heute im Drogeriemarkt, da habe ich zwei Nazi - Zicken, die sich als Polizistin aufspielen, weil mir meine Brille stets den Lappen vom Rüssel drückt. Wenn die nur dürften, ich wäre bei der Gestapo gelandet, wenn diese zwei deutschen Dreckstücke nur hätten dürfen, die Lust dazu quoll aus ihren Augen. Das ist keine Wirklichkeit, daß ist ein Geisterreigen. Irma Grese, Elisabeth Volkenrath, das ist nicht Vergangenheit, ich kann diese Charaktere in jedem beliebigen Supermarkt finden (!!!) Das ist erschrecken und ja, wenn ich mir dann simuliere, was sie würden, wenn sie dürften, also ich entrücke die Leute in einen anderen historischen Kontext, dann wird mir in der Tat Angst geboren. Ich habe im Moment das Problem, daß ich entnebelt werde, ich sehe eine Schicht tiefer und wahrer in eine Anordnung: Wie kann man in der Zukunft auf diesem Erlebnis eine Koexistenz mit denjenigen aufbauen, die nur deshalb nicht zum Mörder werden, weil ihnen die Verordnung für eine KZ - Wirtschaft dazu fehlt ? Es ist ja bloß eine legale Frage, nicht eine der Bereitschaft. Das ist absolut grauenhaft.
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