Marcus Ermler / 08.05.2020 / 15:00 / Foto: Leonhard Lenz / 34 / Seite ausdrucken

Holocaust-Relativierung von Seenotrettern am 8. Mai

Ende März 2020 hatte ich in meinem Achgut.com-Artikel „‚Seebrücke‘ vergleicht Migrationskrise mit Holocaust“ davon berichtet, dass es die Flüchtlingsorganisation „Seebrücke“ in zwei Texten vom 12. März 2020 schaffte, die europäische Migrationskrise im Mittelmeerraum in einen Zusammenhang mit dem Holocaust zu bringen. So schrieb damals der Oldenburger Ableger der Seebrücke:

Zehn Jahre später blickte man […] auf monströses Verbrechen in der Menschheitsgeschichte – auf ein zerstörtes Europa, auf Millionen ermordete und Millionen vertriebene Menschen, auf Millionen toter Soldat*innen und Zivilist*innen in und außerhalb Europas. […] Was wir jedoch aktuell erleben ist, dass […] das Leben von Menschen bestimmter […] Gruppen, als prinzipiell weniger schützenswert betrachtet wird [sic!]. In der konsequenten Vollendung dieser Logik wird das Leben bestimmter Menschen selbst als verzichtbar angesehen [sic!]“

Die Liste der Unterstützer der „Seebrücke“ ist dabei übrigens lang wie szenetypisch. Von der Linkspartei, den Grünen, der „Interventionistischen Linke“ und der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“, über „Pro Asyl“ und den „AWO Bezirksverband Niederrhein e.V.“ bis hin zu 140 „Sicheren Häfen in Deutschland“ (Städte, Gemeinden und Kommunen).

Doch dieser Vorgang soll sich nicht als einmaliger Ausrutscher einer Szene vermeintlicher Menschenrechtler und Flüchtlingshelfer entpuppen. Diese Verharmlosung der Shoah scheint vielmehr systemisches wie systematisches Prinzip zu sein. Denn die „Mission Lifeline“, ein 2016 in Dresden gegründeter Verein, dessen Vereinszweck die Seenotrettung von Menschen im Mittelmeer ist – unter anderem mit dem Schiff Sea-Watch 2, bei dem Carola Rackete Kapitänin war –, hat sich am 8. Mai 2020 eine Holocaust-relativierende Ungeheuerlichkeit geleistet. 

„Mission Lifeline“ behauptet, dass wir gar nicht vom Faschismus befreit wären, sondern dieser in der Migrationspolitik weiterleben würde. So stelle demnach die europäische Flüchtlingspolitik die Fortsetzung „von Rassenhass und Nationalwahn“ der Nazis dar, die Flüchtlingslager seien als „Elendslager“ die Nachfolger der Konzentrationslager, die „tausende Menschen fremder Herkunft“ wären die neuen Juden und die „Gräueltaten“ der Nazis würden auf einer Stufe mit der Politik der Europäischen Union stehen. 

Und wenn Sie mir all das jetzt nicht glauben, hier folgt der Text im Original, ungekürzt und ohne Ergänzungen:

8. Mai 2020. 75 Jahre nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus, sterben täglich Menschen auf der Flucht vor Krieg, Hunger und Elend vor den Küsten eines abgeschotteten Europas. 75 Jahre nach Beendigung eines Regimes, das, von Rassenhass und Nationalwahn besessen, Millionen Menschen das Leben kostete, gibt es in Europa wieder Elendslager, in denen tausende Menschen fremder Herkunft, anderer Religionen und Kulturen unter unmenschlichen Bedingungen interniert werden. Der heutige 8. Mai sollte uns alle nicht nur an die Gräueltaten des 2. Weltkrieges erinnern, sondern uns besonders auch dafür die Augen öffnen, was im Hier und Jetzt passiert. Solange wir #Moria zulassen, solange wir die tausenden Toten im Mittelmeer nicht aktiv verhindern, solange haben wir uns nicht befreit. Lasst uns dafür kämpfen, dass ‚Nie wieder Faschismus' nicht nur ein Slogan ist, sondern ein ernst gemeintes bewusstes Bekenntnis.

Der Menschenrechtler, Flüchtlingshelfer und Achgut.com-Autor Ali Utlu hat diese widerliche Relativierung des industriellen Massenmords an den Juden, diese ungeheuerliche Verharmlosung der faschistischen Höllenmaschinerie von Auschwitz und Treblinka in einem Tweet scharf kritisiert:

Niemand wird in Flüchtlingslagern vergast. Niemand verhungert in Flüchtlingslagern. Niemand wird willkürlich in Flüchtlingslagern erschossen. Wer an Mission Lifeline Geld gespendet hat, unterstützt Relativerer des Holocausts. So kämpft man nicht für Flüchtlinge!“

Und wer sind bislang die prominenten Unterstützer von „Mission Lifeline“? Unter anderem Prinzen-Frontmann Sebastian Krumbiegel, Bela B von den Ärzten, die UNO-Flüchtlingshilfe, die evangelischen Gemeinde und die Caritas. Ob diese ihre Unterstützung und Solidarität gegenüber der „Mission Lifeline“ nach diesem die Shoah relativierenden Text noch immer so hochhalten werden?

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Ferenc v. Szita - Dámosy / 08.05.2020

noch als Nachtrag zum vorigen Kommentar: dies gilt natürlich vornehmlich für die griechischen Flüchtlingslager, denn in die türkischen Lager sind sicher viele in der Tat um ihr Leben geflohen -wer aber von dort aus nach Griechenland, nach Ungarn, Österreich, Deutschland, Frankreich und nach Schweden weitergeht, wer sich im Mittelmeer vorsätzlich in Seenot begibt, um dann von einschlägigen NGOs ‘gerettet’ (in Wahrheit nach Europa transferiert) zu werden, der flieht nicht um sein Leben, der will keine Sicherheit, sondern “der will etwas anderes!” (wie es Viktor Orbán bereits 2015 sehr vorausschauend erkannt hat)

Gudrun Meyer / 08.05.2020

@Frank-Michael Goldmann: Bei allem Verständnis für Ihren Zorn und Ihr Bedürfnis, wenigstens auf der “Achse” von der offiziellen Ideologie verschont zu bleiben: 1. ist es richtig, wenn eine Redaktion unterschiedliche Meinungen veröffentlicht, auch wenn der Gegner das nicht tut. Pressefreiheit ist, wie jede Freiheit, die der anderen, und auf der “Achse” sind das Leser, die eine Sache politisch korrekt kommentieren, oder Autoren, die einen äußerst, äußerst mäßig merkelianischen Artikel veröffentlichen. Mehr als ein gemäßigter Merkelismus kommt bei uns doch gar nicht vor. 2. sind die Merkelianer, die überhaupt die “Achse”-Artikel lesen, doch genau die, die bereits von Zweifeln angenagt sind. Es wäre genauso dumm wie unfair, sie auszugrenzen.

Bernhard Freiling / 08.05.2020

@Frank-Michael Goldmann, Dänemark: Ihren Unmut kann ich gut verstehen. Ihrem gewünschten Vorgehen muß ich aber entschieden widersprechen. ++ Wenn sich die Achse auf das Niveau des Mainstreams herab begibt, wenn sie agiert, wie die Deutungs-Hoheits-Inhaber agieren, wenn sie begänne, nicht genehme Meinungen auszusortieren: Dann können wir die Übung hier beenden.  Wer für Meinungs- und Diskussionsfreiheit eintritt, kann nicht Andersmeinende ausgrenzen, so schwer erträglich deren Äußerungen auch manchmal sein mögen. Unter dem Gesichtspunkt sollten Sie Ihren Beitrag noch mal betrachten und vielleicht auch redigieren. ++ Der Verweis auf Bibelverse, um auf die eine oder andere Weise das eigene Verhalten zu rechtfertigen, ist m.E. in diesem Zusammenhang kontraproduktiv. Das überlasse ich gerne den Anhängern der großen Friedensreligion.

Ferenc v. Szita - Dámosy / 08.05.2020

...noch etwas (vielleicht das allerwichtigste): in die NS-Konzentrationslager wurden unschuldige Menschen massenhaft ZWANGSWEISE eingeliefert, dort schwerst mißhandelt und etliche von ihnen ermordet (ebenso wie im GULag oder auf den Killing Fields -die Liste der sehr wohl vergleichbarem Schreckensorte ließe sich lang fortsetzen) ...ABER: die afro-islamischen Migranten von heute begeben sich grundsätzlich FREIWILLIG in die Flüchtlingslager, und zwar meistens nur, um um jeden Preis in ein westliches Land mit möglichst ergiebegem Sozialsystem zu gelangen -ebenso wie sie auch nicht in Seenot geraten, sondern sich vorsätzlich in Seenot BEGEBEN, aus denselben Motiven…!!! DAS ist der springende Punkt, weshalb man die heutigen Auffanglager NICHT mit Auschwitz vergleichen kann und darf…!!!

Ricardo Sanchis / 08.05.2020

Das sind die Guten. Die dürfen das!

Matthias Fischer / 08.05.2020

Manchmal habe ich den Eindruck, dass “die verdammten zwölf Jahre” (Gauland) für solche, in aller Regel dem linken Spektrum zuzuordnenden Organisationen ein Glücksfall ohnegleichen darstellen. Sie mißbrauchen das Gedenken an die Opfer dieser Zeit, um alle Andersdenkenden mit den Tätern von damals gleichzusetzen und damit zu verdecken, dass eigentlich sie die Nazis von heute sind, indem sie der meistens konservativen, aber ängstlichen Mehrheit ihre linksideologische, antisemitische Lebensweise oktroyieren können. - Gegen die unbegrenzte Aufnahme von Flüchtlingen zu sein, bedeutet schließlich nicht, auch nur einen von ihnen umbringen zu wollen. Während die Juden unter Hitler aus ihren Häusern getrieben, zusammengpfercht und ermordet worden sind, setzen die sogenannten Flüchtlinge sich freiwillig in die Boote, um von uns gepampert zu werden. Und die sogenannten, steuerfinanzierten Seenotretter sind die Schlepper, die die Flüchtilinge überhaupt erst auf die Idee bringen, sich in “Seenot” zu begeben. Wobei sich dieser Begriff allein deshalb verbietet, weil Seenot bedeutet, sich nicht freiwillig und vollkommen unnötig in Gefahr zu bringen. - Übrigens: ist schon mal jemandem aufgefallen, dass die “Rettungsschiffe” mit ihren Dieselmotoren die CO2-Bilanz ganz erheblich beeinträchtiugen? Aber dafür sind ja andere Chaoten zuständig.

Gertraude Wenz / 08.05.2020

@ Frank-Michael Goldmann: Ich kann Sie in Ihrem Zorn verstehen, finde es aber dennoch gut und demokratisch, dass auf der Achse ALLE Meinungen der Leser veröffentlicht werden, auch wenn sie der Meinung der meisten Achse-Leser zuwiderlaufen. Erstens: Wir müssen uns ja nicht den Meinungsunterdrückern anpassen und damit uns auf ihre niveaulose Stufe stellen. Zweitens: Man kann ja wunderbar widersprechen und deren Argumente zerpflücken, dass nur noch Staub übrigbleibt.

Marc Blenk / 08.05.2020

Lieber Herr Ermler, natürlich wird die Relativierung des Holocaust weitergehen. Dei Amalgamierung von linksextremistischem Kulturrelativismus und Antisemitismus und dem ins Land geholten islamischen Antisemitismus schreitet voran. Alles im Gewande des Humanismus, versteht sich. Ganz nebenbei benutzt man das Schicksal von toten Juden, um lebende zu bekämpfen. Man unterstützt Menschenhandel, macht sich gemein mit den schlimmsten Feinden der Juden, fördert die Wahrscheinlichkeit des nächsten Holocaust und betreibt moralische Erpressung. Diese Leute sind politisch, intellektuell und moralisch nicht satisfaktionsfähig und es gehört ihnen politisch das Handwerk gelegt.

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