Wolfgang Meins / 03.12.2019 / 06:25 / Foto: Pixabay / 49 / Seite ausdrucken

Hitzetote: Noch einmal die Fakten zur Abkühlung

Zum Thema Klimawandel und gesundheitliche Folgen in Deutschland habe ich auf achgut vor nicht allzu langer Zeit bereits recht ausführlich Stellung genommen. Dem ist eigentlich auch nichts Wesentliches hinzuzufügen. Weil aber immer wieder alarmistische Meldungen zu sogenannten „Hitzetoten“ verbreitet werden – zuletzt im Monitoringbericht 2019 der Bundesregierung „zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel“ –, kann eine erneute, spezielle Betrachtung dieses Problems nicht schaden. Zumal heute besonders, gleichwohl nicht ausschließlich, der sogenannte Harvesting Effect gewürdigt werden soll. 

Darunter versteht man die kompensatorische Verminderung der Sterblichkeit im Anschluss an eine Übersterblichkeit während ungewöhnlicher Hitze. Diese Übersterblichkeit trifft vorzugsweise bereits Todgeweihte, die also ohnehin in allernächster Zukunft verstorben wären. Aufgrund der ungewöhnlichen Hitzebelastung tritt ihr Tod nur wenig früher ein, als von der Natur vorgesehen. Durch diesen kurzfristig größeren „Ernteertrag“ des Todes lichten sich die Reihen innerhalb der Hochbetagten und/oder Schwerkranken stärker als üblich. Daraus resultiert anschließend eine vorübergehende kompensatorische Untersterblichkeit.  

Hitzebedingte Todesfälle als Notnagel

Die Tatsache, dass der in der zweiten Novemberhälfte 2019 erschienene Monitoringbericht die „hitzebedingten Todesfälle“ nur bis einschließlich des Jahres 2015 auflistet, weist deutlich darauf hin, dass dieses Thema ursprünglich für den Bericht gar nicht vorgesehen war. Aber weil es ansonsten von der deutschen klimatischen Gesundheitsfront nichts wirklich Aufregendes zu berichten gibt, hat man sich offenbar gedacht: Hitzetote gehen immer – und die Medien springen garantiert darauf an. So war es denn ja auch, mit der Tagesschau vorneweg.  

Für das Jahr 2015, so der Bericht, „ergeben die Untersuchungen etwa 6.000 zusätzliche (hitzebedingte) Todesfälle“. Zunächst stolpert man über das Wörtchen etwa. Das weist den Leser behutsam darauf hin, dass man es hier mit einer Schätzung – unter zudem recht komplexen mathematischen Annahmen – zu tun hat. Die genaue Berechnungsweise sei in einem speziellen Themenheft des Bundesgesundheitsblattes näher beschrieben, findet sich am angegebenen Ort dann aber nicht. Unschön, aber egal. Wichtig zu wissen ist, dass wir es bei „Hitzetoten“ in Deutschland immer mit Schätzungen zu tun haben, die naturgemäß mit Unsicherheiten behaftet sind. Aus einer Abbildung in dem Bericht lässt sich dieser Unsicherheitsbereich, das Vertrauensintervall, auch grob ablesen: Der „wahre“ Wert liegt demnach irgendwo zwischen 4.000 und 9.000 zusätzlichen Sterbefällen. 

Bloß nicht die Kälte berücksichtigen

Auch wenn das in der aktuellen Diskussion so gut wie nie thematisiert wird – obwohl gut oder auch sehr gut belegt: Nicht Wärme oder Hitze sind der eigentliche Bösewicht, sondern Kälte, auf deren Konto vergleichsweise sehr viel mehr Todesfälle gehen. Die Untersucher von zusätzlichen hitzebedingten Todesfällen sollten bei der Interpretation ihrer Ergebnisse also tunlichst immer im Hinterkopf haben, dass es im Rahmen der globalen Erwärmung oder in besonders warmen Jahren durch kürzere Winter bzw. weniger oder kürzere Kälteperioden wahrscheinlich zu weniger kältebedingten Todesfällen kommt. Ob dieser Effekt im Jahr 2015 in Deutschland eine Rolle gespielt hat, weiß möglicherweise niemand, weil es schlicht nicht untersucht oder zumindest nicht veröffentlicht worden ist. 

In einem normalen Wissenschaftsbetrieb wäre es doch eigentlich selbstverständlich, beide Seiten der Medaille zu betrachten. Aber eine so differenzierte Betrachtungsweise ließe sich natürlich nicht ohne weiteres mit dem Ausrufen eines planetaren Klimanotstands vereinbaren. Ganz abgesehen davon, dass ein solches Forschungsprojekt wahrscheinlich auch größte Mühe hätte, in Deutschland, aber nicht nur dort, finanziell gefördert zu werden.

Der Harvesting Effect als großer Relativierer des Hitzetods

Im aktuellen Monitoringbericht spielt auch der Harvesting Effect keine Rolle. Man will sich doch die schönen Ergebnisse nicht kaputt rechnen. Das ist bedauerlich, denn wie bereits oben kurz erläutert, kommt dem Harvesting Effect immer eine relevante Bedeutung zu – auch wenn dieser Effect in Bezug auf die zeitliche Ausdehnung und Berechnungsweise nicht immer einheitlich definiert wird. Zudem scheint er in verschiedenen Klimaregionen durchaus unterschiedlich ausgeprägt zu sein: in mittel- und nordeuropäischen Großstädten etwas größer als in südeuropäisch-mediterranen. 

Die folgenden Ergebnisse basieren zwar nicht auf einer streng systematischen Literaturanalyse, dürften aber die Bandbreite des Harvesting Effects für unsere Breiten recht gut widerspiegeln: Eine 2013 veröffentlichte europaweite Studie berichtet über einen Harvesting Effect von gut 80% nach ungewöhnlicher Hitze in den 90er Jahren in Helsinki, Dublin, Budapest, Stockholm, Paris und London. Mehr als vier Fünftel der „Hitzetoten“ waren folglich bereits todgeweiht und wären in den nächsten vier Wochen ohnehin verstorben. Eine 2005 publizierte Studie über eine hitzebedingte Übersterblichkeit in London kommt zu dem Ergebnis, das bereits elf Tage nach Abklingen der Hitze die „Hitzetoten“ durch die anschließende ausgeprägte Untersterblichkeit wieder vollständig ausgeglichen waren. 

Die Ergebnisse dieser beiden Studien auf Deutschland beziehen zu wollen, wird dadurch erschwert, dass die im Monitoringbericht erwähnten „Hitzetoten“ sich auf Gesamtdeutschland beziehen – und damit nicht nur auf großstädtische Regionen. Gleichwohl ist angesichts der Forschungslage vernünftigerweise davon auszugehen, dass auch in dieser Population die große Mehrzahl der „Hitzetoten“ beim Eintreffen der Hitze bereits todgeweiht war, also auch ohne Hitze sehr bald verstorben wäre. 

Auch ein bloß um wenige Tage vorgezogener Tod eines schwerkranken und/oder hochbetagten Menschen kann im Einzelfall selbstverständlich durchaus tragisch sein. Im Hinblick auf das, was in meiner Assistenzarztzeit noch als Volksgesundheit bezeichnet wurde, kommt dem aber deutlich weniger Bedeutung zu, als wenn etwa bis dahin gesunde Menschen in der Blüte ihres Lebens oder bevorzugt Säuglinge der Hitze zum Opfer fallen. Aber es ist natürlich genau diese relativierende Potenz des Harvesting Effects auf die gesundheitlichen Risiken der Erwärmung, der ihn bei unserer Regierung, ihren Auftragsforschern und den Mainstream-Medien so unbeliebt macht. Oder könnte man sich ernsthaft vorstellen, dass demnächst die Tagesschau mit der Meldung aufmacht: „Zahl der Hitzetoten in Deutschland stark überschätzt. Wie der Tagesschau-Faktenfinder …“.  

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beat schaller / 03.12.2019

@Sabine Schönfelder. Danke Frau Schönfelder, dass Sie hier übernommen haben. Ich liebe Ihre Kommentare und Ihre so Blumige Sprache, die sehr oft so blumig ist, wie ein ausgewachsener Dornenbusch! Auf jeden Fall mindestens so treffend. Ich kann nur noch unterschreiben was Sie hier anführen. Danke und bleiben Sie uns erhalten. b.schaller

Rolf Lindner / 03.12.2019

Ich weiß nicht, warum die Klimaphobiker gern frieren, dursten und hungern. Herrn Meins als Fachmann gefragt: Gibt es Klimaphobie als Diagnose - ICD??? Im morgendlichen Wetterbericht wird das Wetter jetzt schon politisch Korrekt warmgeredet. Mein Empfinden widerspricht dem und sagt voraus, dass es im kommenden Winter mehr Kältetote geben wird, wobei der Harvesting-Effekt sicherlich auch eine Rolle spielt. Die von den Klimaphobikern versprochene Dürre und Versteppung Deutschlands ist jedenfalls passé.

Martin Landvoigt / 03.12.2019

Es ist offensichtlich, dass eine verzerrende Berichterstattung manipulativ ist. Menschen werden zu einer gewollten Einstellung, also Panik, bewegt. Qui bono? Oder stehen da nicht nur Nutznießer dieser Propaganda Pate, sondern einfach nur ideologisch voll Verstrahlte?

H.Milde / 03.12.2019

Sic, Herr Meins. Auch das sind meine Erfahrungen, va. in der Betreuung von Altenheimen, nachdem ua mittels Trinklisten daruf geachtet wurde, daß die Alten nicht austrocknen, dtl. weniger KH-Einweisungen, un d infolgedessen weniger GOMER-Tote. Nur Personal war/ist meistens, da schlechtbezahlt, knapp und mindermotiviert, sodaß ua Angehörige “einspringen” müssen. Das Motto lautet, ähnlich wie in den KH´s : “satt & trocken & bewässert”  Das betrifft übrigens idR die Menschen/Bürger, die das Land aus dem Nachkriegschaos wieder mit/aufgebaut haben, in Ost und West!

Andreas Zöller / 03.12.2019

Eine Billion Euro gegen den Klimawandel, aber kein Euro für eine Klimaanlage im Altenheim. Die gibt’s in jedem 12€ Hotelzimmer in Asien. Traurig. Andreas

Reinhold Schmidt / 03.12.2019

An abstrusen Forschungen und Studien bezüglich des Klimas besteht ja zur Zeit kein Mangel. So haben amerikanische Studien angeblich herausgefunden, dass Hitze, also folglich auch der Klimawandel zu einer Verkürzung der Schwangerschaften von bis zu sechs Tagen führen kann. Diese Meldungen konnte man heute durchgängig in fast allen Tageszeitungen, Magazinen wie Stern, Spiegel etc. lesen. Zitat daraus: “...Bei jährlich etwa 30 heißen Tagen im Untersuchungszeitraum betraf die Verkürzung der Schwangerschaft rund 25.000 Geburten und bedeutete einen Verlust von mehr als 150.000 Schwangerschaftstagen. Unter der Verwendung von 22 Klimamodellen errechneten die Forscher, dass durch den Klimawandel im Zeitraum von 2080 bis 2099 weitere 250.000 verlorene Schwangerschaftstage wegen heißer Tage hinzukommen könnten…” Allein schon der Hinweis auf die 22 verwendeten Klimamodelle sagt mir doch nur, dass solange gerechnet, bzw. fabuliert wird, bis ein passendes Ergebnis am Ende heraus kommt. Und welch dramatische Folgen eine um sechs Tage zu früh (was heißt denn zu früh?) erfolgte Geburt haben soll erschließt sich mir nun auch nicht unbedingt. Ich könnte mir gut vorstellen, dass viele Frauen froh sein würden, wenn sie etwas früher als “errechnet” ihren Nachwuchs auf die Welt bringen könnten. Aber man möge mich gerne von der Frauenseite korrigieren, sollte ich mit meiner Vermutung daneben liegen.

Anders Dairie / 03.12.2019

“Ich glaube nur an die Statistiken, die ich selbst erstellt habe” / Churchill.  Gemacht daraus ist , die ich, Winston,  selbst verfälscht habe.  Es ist geistig nichts zugflossen,  was die Alten nicht schon gekonnt haben.  Der Begriff “Harvester”  ist drastisch, wieviel daran ist englischer, schwarzer Humor?  Man sieht das modernisierte, rasende Werkzeug des Sensen-Manns vor dem inneren Auge.

Sabine Schönfelder / 03.12.2019

Seit sich der Klimahype zur politischen ‘Chefsache’ entwickelte, als DAS ultimative Instrument zur Geldbeschaffung mittels medialer Schuldeinflüsterer vom linken Steuergeld-Gierschlund gesteuert, wird im meteorologischen Bereich nicht mehr nur manipuliert, sondern eiskalt! gelogen. Es geht um viel Geld und um die Macht der Manipulation des Menschen. Es existiert eine riesige konzertierte Aktion, die ihren Ausgangspunkt in den Mega-NGOs UN und EU hat, die sich über die bereits links-dominierten Nationalstaaten, zahlreiche Schwestern-NGOs, durch politischen Druck an Schulen und devoten Kirchen, sich mit lächerlichen Galionsfiguren (Greta und publikumsgeile Promis) in propagandistischen Feuerwerken global inszeniert und so IHREN WEG in die Gehirne der Bevölkerung sucht. ZUM ABKASSIEREN. Alle Sparten der Gesellschaft sind mittlerweile ‘klimatisiert’. Im Eifer des Gefechts merkt der linke Meinungsdominator schon selbst nicht mehr, wie lächerlich seine eigenen Aussagen klingen. Temperaturen werden homogenisiert, d.h. die Meßstandorte von Wetterdaten verlagert, in ‘wärmere, tiefere Bereiche’ und alle vorherigen gemessenen Werte im NACHHINEIN den neuen ‘wärmeren’ Werten angepaßt. Das gilt als WISSENSCHAFTLICH. Haarsträubend! So machen wir aus der letzten Eiszeit noch eine subtropische ‘Phase’. Übrigens, der ‘Liz-Mohn-Sender’ behauptet der November 2019, der kalt war und bereits Schnee übers Land legte, sei ‘zu warm’ gewesen! Ja wo haben wir denn da gemessen? Beim Schellnhuber unter der Achsel? Dem Mann, der ständig im Fieberwahn redet??

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