Chaim Noll / 26.03.2018 / 19:59 / Foto: A.Savin / 18 / Seite ausdrucken

Heiko in Jerusalem und Pech für Deutschland

Besuche deutscher Außenminister scheinen in Israel keinen besonderen Eindruck mehr zu machen. Heiko Maas hat sich wirklich Mühe gegeben, die unglückseligen Auftritte seines Vorgängers zu korrigieren und in seiner Rede in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem starke Zeichen gesetzt. Allerdings weniger für Israelis als für Deutsche. Sein achtbares Bekenntnis gegen Judenhass macht hier weitaus weniger Eindruck als in Deutschland, weil es hier, anders als dort, eine Selbstverständlichkeit ist.

Neue politische Impulse kann man auch von diesem Besuch nicht erwarten. Eher diplomatische Versuche der Reparatur nach Jahren dilettantischer deutscher Nahost-Politik. „Die Beziehungen zwischen Berlin und Israel sind seit Jahren kühl“, erklärt die Frankfurter Allgemeine selbstbewusst, „was vor allem am Siedlungsbau im besetzten Westjordanland liegt.“ Pech für Deutschland! Denn der Siedlungsbau wird weitergehen, 700.000 jüdische Bewohner des Westjordanlandes und Ost-Jerusalems lassen sich weder deportieren noch wollen sie, bei einem Zuwachs von durchschnittlich fünf Kindern pro Familie, demnächst ihren Nachwuchs obdachlos sehen. Wann wird man das in Berlin, Paris und Brüssel begreifen? Die amerikanische Regierung hat einen Schritt in Richtung politische Vernunft vorgeführt, indem sie eine längst bestehende Realität – Jerusalem als Hauptstadt Israels – offiziell anerkannte. Kein deutscher Politiker hat sich bisher in ähnlich vernünftiger Weise dazu geäußert.

Auch Heiko Maas hat die Gelegenheit verpasst. Sein Besuch blieb befangen in den gewohnten Stereotypen. So schien auch die israelische Öffentlichkeit zu empfinden: In keiner der maßgeblichen Zeitungen des Landes war groß von seinem Hiersein die Rede. Nur die wenig gelesene Tageszeitung HaAretz (Auflage 70.000), an der ohnehin ein deutscher Medienkonzern (DuMont) mit 25 Prozent Aktienkapital beteiligt ist, veröffentlichte einen ausführlichen Artikel über den Antrittsbesuch des deutschen Ministers. Doch die landesweit wahrgenommenen Medien wie Yediot Acheronot, Israel HaYom oder Jerusalem Post haben Heiko Maas, falls überhaupt, nur höflichkeitshalber erwähnt.

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Leserpost

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Sepp Kneip / 26.03.2018

In Deutschland gibt es keine Realpolitik mehr. Deutschland wird von phantasierenden Gutmenschen regiert, die ihr Unwesen sowohl in Deutschland als auch anderswo auf der Welt treiben. Die Welt wird eingeteilt in Gute und Böse. Zu den Bösen gehört für die deutsche Polit-Nomenklatura auch Israel, allen anderen Beteuerungen zum Trotz. Auf der guten Seite stehen die Palästinenser, die unter dem bösen Israel leiden. Diese Schwarz-Weiß-Färbung durchzieht die ganze deutsche Politik. Im Inneren ist diese Einteilung genau so frappierend. Wer mit dem Mainstream schwimmt ist gut, wer dagegen schwimmt ist böse. Wer die Merkel’sche Politk der offenen Grenzen kritisiert, ist böse, wer ihr zustimmt und gegen Rechts wettert, wird fürstlich belohnt. Während sich die Etablierten in Deutschland scheinheilig gegen den Antisemitismus stellen, lassen sie millionenfach Leute ins Land, denen der Antsemitismus bereits in die Wiege gelegt wurde. Dann sarf man sich nicht wundern, wenn Israel von diesem Deutschland nichts mehr wissen will.

Gerhard Wontra / 26.03.2018

“Pech für Deutschland!” Hä ? Von welchem Pech Deutschland verfolgt sei, weil der Siedlungsbau weitergehe, dass weiß wohl nur der Autor zu erhellen. Leider lassen Sie, Herr Chaim Noll, nicht nur mich sondern auch andere der zaghaften Leserschaft von achgut.com im Unklaren darüber, über welche “politischen Impulse” des Heiko Maas Sie sich ganz besonders gefreut hätten. Was ist gemeint mit “dilettantischer deutscher Nahost-Politik”? Ihr Beitrag erzeugt keinen wirklichen Themenabend. Das ist schade. Was ist politisch vernünftig? Ist es, dass Israelis und Palestinenser im Mai des Jahres 2018, seit also 70 Jahren auch in Jerusalem im quasi Kriegszustand koexistieren? Wie lebt man eigentlich in einer Region permanenter psychischer Kriegsanspannung, genannt Palestina? Wie lebt man in diesen Kriegssiedlungen (denn friedvoll sind die Siedlungen im Westjordanland angesichts der offenbar unauflöslichen gegenseitigen Feindschaft wohl nicht)?  Ein noch zu erfindendes Begriffspaar wie “Gewissheit Friede” ist jedenfalls vor lauter politischer Vernunft auf beiden Seiten noch nicht mit Leben erfüllt worden. “in Richtung politische Vernunft..”, dass ich nicht lache. Ob Jerusalem Hauptstadt von Israel ist oder in China ein Sack Reis umfällt.. Mache ich mich moralisch schuldig wenn ich dem Geschwafel zur Hauptstadtanerkennung als “Zeichen politischer Vernunft” einmal entgegene: Israelis und Palestinenser, vertragt Euch mal endlich und hört auf, dem übrigen, weitaus bedeutenderen Teil dieser riesen Erdenwelt noch länger auf den Keks zu gehen. Der Friedensvertrag zwischen Ägypten und Israel 1979, der hatte eine Richtung politischer Vernunft. Rabin war ein Israeli für den Friedensprozesses im Nahen Osten. Auch dieser Mann hatte Vernunft, darüber hinaus auch Statur und Mut. Seither ist doch nichts wirklich mehr erreicht worden für einen dauerhaften Prozess politischer Vernunft, außer: ganz wichtig, ich vergaß: die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels, ach ja.

Wolfgang Richter / 26.03.2018

Der Siedlungsbau wird auch deshalb weiter gehen, weil die in West-Europa lebenden Juden dieses zunehmend verlassen, da sie aufgrund der immer augenfälliger werdenden Verwerfungen als Folge der zunehmenden Islamisierung für ihre Familien einen sicheren Hort suchen. Und den werden sie eher in Israel als im sich aufgebenden Europa sehen.

Dietmar Schmidt / 26.03.2018

Ach ja Herr Noll, macht nix, da ist bestimmt der Trump, der “Schwefelspur Trump” daran schuld, so wie an allem anderen auch. Gott sei Dank hat er Jerusalem als Hauptstadt anerkannt. Frau Merkel hätte das nie und nimmer gemacht und Gabriel hatte lieber mit windschiefen NOGO-Organisationen in Israel gesprochen. So manchmal können wir froh sein, dass wir Trump haben. Wer hätte das gedacht, ich glaube Herr Broder war es mit “Give Trump a Chance”. Danke für den Artikel. Gruß D. Schmidt

Judith Hirsch / 26.03.2018

Maas ist alles andere ein Freund der Juden. Menschen, die vor einer neuen Welle des Antisemitismus warnten, verpasste er als Justizminister mit seinem Zensurgesetz einen Maulkorb, während er die immer größer werdende Judenfeindlichkeit weder verurteilte noch bekämpfte.

Karla Kuhn / 26.03.2018

Maas nur “höflichkeitshalber” erwähnt. Da kann er doch mehr als zufrieden sein. Ich würde ihn gar nicht erwähnen, egal wo er sich gerade befindet. “Auch Heiko Maas hat die Gelegenheit verpasst. Sein Besuch blieb befangen in den gewohnten Stereotypen.” Na wenigstens ist er nicht in Gabriels Fettnapf getreten.  Scheinen “Stereotypen” nicht ein besonderes Merkmal deutscher Politiker zu sein ?? Der einzige Redner, der wirklich etwas zu sagen hatte, war für mich Helmuth Schmidt. Ein Mann mit Stil, Manieren und hoher Intelligenz, dazu noch sehr gut aussehend.

Frank Stricker / 26.03.2018

Puh, er ist wieder zurück ohne größere diplomatische Verwicklungen ausgelöst zu haben. Mehr war nun wirklich nicht zu erwarten gewesen. Lieber Herr Noll, sie haben doch nicht ernsthaft geglaubt “neue , politische Impulse”  durch Herrn Maas erleben zu dürfen ? Heiko Maas ist wie ein unartiges Kind , am Ende des Tages ist man froh wenn er möglichst wenig Unsinn gemacht hat.

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