Titus Gebel / 27.03.2021 / 06:15 / Foto: Eastman Johnson / 171 / Seite ausdrucken

Grüne Ansage: Steuersklave, egal wohin du abhaust

Wer wissen möchte, was auf Deutschland zukommt, tut gut daran, das Wahlprogramm der Grünen zu lesen. Denn die Grünen konnten bisher auf lange Sicht sehr viele ihrer Forderungen durchsetzen, auch ohne Regierungsbeteiligung. Das liegt vor allem daran, dass sie über die absolute Lufthoheit in den Redaktionsstuben, bei den Lehrplanschreibern und im Juste Milieu verfügen. Zudem stellen die meisten Mitbürger das, was Ihnen in den Medien als Welterklärung angeboten wird, nicht infrage. Hinzu kommt, dass ihr möglicher Koalitionspartner nach der nächsten Bundestagswahl, die CDU, keine eigene Programmatik oder gar ordnungspolitische Prinzipien mehr hat. In einer solchen Verbindung werden die Grünen daher nicht wenige ihrer Vorstellungen umsetzen können, die man in der alten Bundesrepublik zu einem Gutteil als verfassungswidrig eingestuft hätte.

Ich möchte mich hier auf einen Teilaspekt des grünen Programms beschränken, nämlich die Aussagen zur Besteuerung. Bei Lichte betrachtet, findet man dort nämlich eine Erklärung, warum viele westliche Länder derzeit im Niedergang befindlich sind. Denn gerade dieser Programmteil dürfte Unterstützung auch jenseits der grünen Wählerschaft finden.

Auf Seite 49 heißt es:

„Jedes Jahr verlieren die Steuerzahler*innen hohe Milliardenbeträge durch Steuerhinterziehung und aggressive Steuervermeidung. Wir wollen mit einer umfassenden Strategie dagegen vorgehen... Zusätzlich zur bestehenden Steuerpflicht nach dem Wohnsitz wird eine Steuerpflicht auch nach der Nationalität eingeführt, um rein steuerlich motivierte Wohnsitzwechsel zu verhindern.”

Steht die Regierung über dem Recht?

Die Steuerzahler „verlieren“ also Milliardenbeträge durch Steuervermeidung. Logisch nicht haltbar, klingt aber nach berechtigter Empörung. Die Grünen sind durchaus geschickte Verwender des Framing und der manipulativen Sprache. Da Steuervermeidung legal ist, wird ihr das Adjektiv „aggressiv“ beigefügt, um sie dadurch auf gleiche Stufe wie die mitgenannte Steuerhinterziehung zu stellen.

Aber wer ist hier eigentlich der Aggressor? Derjenige, der sein rechtmäßig erworbenes Vermögen dem Zugriff der Obrigkeit entzieht oder derjenige, der dies unter Androhung von Zwang und Gewalt auch demjenigen wegnimmt, der dieser Wegnahme nicht zugestimmt hat?

Das deutsche Strafgesetzbuch definiert den Raub wie folgt:

„Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.“

Aber wenn der Staat das macht, dann ist das natürlich in Ordnung. Ist nicht „rechtswidrig“. Ist es das? Steht die Regierung über dem Recht? Ach nein, sie schafft sich ja über ihre Parlamentsmehrheit ihr Recht selbst. Und genau hier liegt der Hund begraben. Die oft zitierte Aussage des Augustinus von Hippo, dass ein Staat ohne Recht nur eine große Räuberbande sei, ist bestenfalls der halbe Weg zur Erkenntnis. Für den Betroffenen ändert sich nämlich nichts, wenn sich die Räuberbande ein Gesetz gibt, nach dem die von ihr Überstimmten beliebig ausgeplündert werden dürfen. Auch eine formalgesetzliche Räuberbande bleibt eine Räuberbande. Claude-Frederic Bastiat erkannte das bereits vor über 150 Jahren: „Wenn Plündern für eine Gruppe in der Gesellschaft zur Lebensart wird, schafft sie im Laufe der Zeit ein Rechtssystem, welches dies legalisiert und einen Moralkodex, der es glorifiziert.“

Gefällt Ihnen nicht? Ihr Problem.

Die grünen Vorstellungen von der Weltverbesserung müssen genauso finanziert werden, wie alle anderen Gestaltungsideen unserer gewählten Politiker. In dem Fall noch mehr Behörden und Funktionäre, staatsfinanzierte NGOs, Genderlehrstühle, Frauen- und Fahrradbeauftragte, Sozialkosten für die unbeschränkte Migration, das leistungslose Grundeinkommen, Subventionen für neue Wunderwaffen im Energiewende-Endkampf und so weiter und so fort.

Gefällt Ihnen nicht? Ihr Problem. Die Besteuerung auch in demokratischen Staaten leidet nämlich unter dem Dilemma, dass sie in der Regel gegen den Willen der Betroffenen erfolgt und diese kein Mitspracherecht bei der Mittelverwendung haben. Sie müssen bezahlen, was andere bestellen. Bisher gab es nur zwei Mittel dagegen: Entweder eine andere Regierung mit einem Niedrigsteuerkonzept wählen, oder den Geltungsbereich der Gesetze verlassen. Voice oder Exit.

Da die Netto-Steuerzahler, also die wirklichen Leistungsträger, inzwischen weniger als 20 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen, aber alle wählen dürfen, scheidet die erste Option zunehmend aus. Wer jedem ein Wahlrecht einräumt, auch denen, die keinerlei Beitrag zum Gemeinwesen leisten, darf sich nicht wundern, wenn diese irgendwann die Mehrheit haben und sich dann das Geld der leistungsfähigen Minderheit in die Tasche wählen. Das entspricht dem menschlichen Anreizsystem.

Bleibt für den, der nicht für Zwecke ausgeplündert werden möchte, die er ablehnt, nur noch der Wegzug.

Das scheinen die Grünen zu ahnen. Deshalb soll die Besteuerung an die Staatsbürgerschaft geknüpft werden, wo immer man sich auf der Welt aufhält. Dann muss dieses Mal keine Mauer gebaut werden. Mit anderen Worten: Völlig egal, ob Sie damit einverstanden sind, ob Sie sich noch im deutschen Staatsgebiet befinden, ob Sie noch Leistungen des Staates in Anspruch nehmen, Sie müssen auf jeden Fall für die Ideen der Herrscher zahlen. Man könnte das auch als Leibeigenschaft bezeichnen. Und so werden uns die Menschen der Zukunft wohl einschätzen.

Als Steuersklaven mit freiem Wochenende, die weder über Höhe noch Verwendung der ihnen abgepressten Mittel entscheiden können, keinerlei Gegen- oder Zurückbehaltungsrechte bei Schlechtleistung des Staates haben, aber dank Schule und Medien davon überzeugt sind, in einer freien Gesellschaft zu leben.

 

Titus Gebel ist Unternehmer und promovierter Jurist. Er möchte mit Freien Privatstädten ein völlig neues Produkt auf dem „Markt des Zusammenlebens“ schaffen, das bei Erfolg Ausstrahlungswirkung haben wird. Zusammen mit Partnern arbeitet er derzeit daran, die erste Freie Privatstadt der Welt zu verwirklichen. Er ist Autor des Buches „Freie Privatstädte – Mehr Wettbewerb im wichtigsten Markt der Welt“.

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Heinz Gerhard Schäfer / 27.03.2021

Sehr geehrter Herr Titus Gebel: “Freie Privatstädte” gründen reicht nicht! Es muß da wohl noch eine andere Staatsbürgerschaft her! Und ob man seine alte Staatsbürgerschaft so einfach ablegen kann, - zusätzlich zur Wegzugssteuer - , können Sie als Rechtsanwalt wohl besser beurteilen als ich. Der Weg in die Knechtschaft (von Hayek) und in den Sozialismus ist für diese dekadente Gesellschaft vorgezeichnet. Es bleibt für die Leistungsträger nur noch der Weg in den unbequemen Widerstand (Henry David Thoreau). Wenn diese Gesellschaft nicht aufsteht und um ihre Freiheit kämpft, bleibt für den Einzelnen und für unsere Kinder nur der Weg in die sozialistische Sklaverei.

J. Heini / 27.03.2021

Die USA machen es schon immer so. Besteuerung mit dem Welteinkommen, bei US Nationalität oder Green Card. Dann Anrechnung der Steuern, die aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen vom anderen Staat zu Recht erhoben werden. Allerdings innerhalb von Höchstgrenzen. Daher wird die doppelte Besteuerung von den USA nicht vollständig beseitigt. Nun kann man natürlich den Pass oder die Green Card abgeben.  Und Asyl brantragen! Gibt es eigentlich Menschen ohne Staatsbürgerschaft? Die Staatsbürgerschaft eines anderen EU Landes wird auf Dauer nicht helfen, denn die EU wird sicher lenkend eingreifen und den Rahmen der Besteuerung auf Basis der Nationalität für alle EU Länder vorgeben. Zuständigkeit hin oder her. Ja, Nationalismus ist ganz böse, es sei denn, er füllt die Staatskassen. Die Grünen müssen ja schauen, wo das Geld für all ihre Projekte herkommen soll. Denn Ausgaben zusammenstreichen geht nur begrenzt für Projekte, die rechts sind, z. B. Ausbau von Infrastruktur füs Autofahren oder Fliegen.

Thomas Thürer / 27.03.2021

Och - keine Angst. Das ist Grün. Die „meinen“ etwas, verheben sich dann aber an der Umsetzung. Um das durchsetzen zu können, müssen die Grünen alle Doppelbesteuerungsabkommen kündigen. Damit kann jeder Deutsche im Ausland dort, und jeder Ausländer in Deutschland erklären: „Ich zahle schon Daheim!“ - ohne das dies Nachprüfbar wäre oder der Deutsche Staat überhaupt die Mittel hätte, von einem z.B. in der Schweiz lebenden Menschen mit deutscher Nationalität Steuern einzutreiben. Und wie können dann „Doppelstaatler“ mit ihren Steuerpflichten jonglieren? Am Ende zahlt dann keiner.

Kurt Engel / 27.03.2021

Die einzigen Staatsformen und Wirtschaftssysteme, die bisher immer überlebt haben sind Demokratie und Kapitalismus. Sollten die Grünen nach der Wahl Regierungsverantwortung übernehmen, so werden ihre Vorstellungen im Laufe der Zeit auch scheitern. Sie, die Pazifisten doch angeblich in ihren Geben haben, waren doch dabei, als Deutschland erstmals nach WII wieder an einem Krieg teilnahmen. Die Realität hatte sie eingeholt. Das wird früher oder später wieder passieren.

Claudia Maack / 27.03.2021

Ein Deutscher,  der bei einer Bank in Monaco eine Stelle und dazu noch eine kleine Wohnung gestellt bekommt, ist also ein „aggressiver Steuervermeider“. Interessant. Nur, weil die Grünen zu blöd sind, für solche Top-Jobs in Frage zu kommen, wollen Sie diejenigen ausplündern, die es können. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie heiß in den Reihen der ungelernten Grünen-und SPD-lern der Run auf solche Jobs wäre. Na ja, dann muss man halt Politiker werden und zusehen, dass das Geld der anderen nicht ausgeht.

Burkhard Mundt / 27.03.2021

Der Steuerbürger mit Wohnsitz in Deutschland unterliegt schon seit jeher mit seinem Welteinkommen der Besteuerung. Allerdings bestehen mit sehr vielen Staaten sog. Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA). Denn die meisten Staaten knüpfen ihr Besteuerungsrecht an den Wohnsitz und die vielen, von Deutschland abgeschlossenen Abkommmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nach OECD -Standard weisen jeweils nur einem der beiden Vertragsstaaten (Wohnsitz - oder Quellenstaat) das Besteuerungsrecht zu. Es handelt sich dabei um völkerrechtliche Verträge, die vermeiden sollen, das sowohl der Wohnsitzstaat als auch der Quellenstaat die Einkünfte versteuert. Quellenstaat ist dabei der Staat, in dem die Einkünfte erzielt werden. Da kommt viel Arbeit auf die Grünen zu, diese völkerrechtlichen Verträge in ihrem Sinn im Einvernehmen mit den anderen Vertragsstaaten zu ändern. Der Kobold steckt auch im DBA.

Jana Hensel / 27.03.2021

Übrigens an alle, die meinen die FDP sei eine wählbare Alternative zum grünen Kollektivismus: Die FDP-Bundestagsfraktion hat (so wie alle anderen Fraktionen außer den Linken (Enthaltung) und der AfD (dagegen)) mit übergroßer Mehrheit FÜR das „Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz (ERatG)“ gestimmt. Dahinter verbirgt sich die Einführung der Schuldenunion und die Abtretung des Budgetrechts des Bundestags zu Gunsten der EU, zwecks “Wiederaufbaufonds” für die PIGS-Länder. Natürlich geschah diese Abstimmung von der Öffentlichkeit praktisch unbemerkt. Lediglich 4 der 80 FDP-Bundestagsabgeordneten stimmten dagegen. Bei der CDU waren es 8 Abweichler von 244. (Auch Amthor oder Linnemann stimmten FÜR die Schuldenunion. Soviel zur Mittelstandsvereinigung.) Eine namentliche Liste der Stimmabgaben findet sich auf der Seite des Bundestages.

Markus Knust / 27.03.2021

Interessant, wo die Grün*Innen*xe doch Deutschland stets “zum Kotzen” finden. Zumindest wenn sie als Frau antreten. Das Geld der verhassten Staatsbürger und Innen, nimmt man aber gerne. Die Grünen haben zwar keine Ahnung von Wirtschaft, aber selbst denen schwant wohl, dass dieses Geld anderer Leute dringend benötigt wird, um die eigene Ideologie zu finanzieren. Jeder der es noch nicht getan hat, sollte spätestens jetzt damit anfangen, alles beiseite zu schaffen.  Und wenn man schon dabei ist, kann man sich gleich noch nach einer neuen Staatsbürgerschaft umsehen. Leider wird einem diese woanders nicht so leichtfertige nachgeworfen.

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