Vera Lengsfeld / 13.10.2021 / 06:10 / Foto: Imago / 166 / Seite ausdrucken

Grün und verroht

Sarah-Lee Heinrich steht stellvertretend für eine narzisstische junge Generation mit Migrationshintergrund, der man bisher alles hat durchgehen lassen. So auch ihre Hassfantasien. Doch manche grüne Altvorderen sind nicht besser. Ein kleiner Rückblick.

 

Seit Frau Heinrich zur Sprecherin der Grünen Jugend gewählt wurde, wird heftig über ihre rassistischen, homophoben, mit Mordphantasien durchsetzten Tweets diskutiert, die sie als Teenager abgesetzt hat. Die Haltungsmedien schweigen beschwichtigend und publizieren vor allem die Statements der Parteifreunde. Zusammenfassend wird erklärt, Ausfälligkeiten eines Teenagers könne man niemandem vorwerfen. Mit der Haltung der Grünen insgesamt hätte das nichts zu tun. Der „Spiegel“ geht sogar noch weiter. Er behauptet in einem Artikel, an den Tweets der Sarah-Lee Heinrich sei die Gesellschaft schuld. Damit hat er nicht ganz unrecht, aber anders als er denkt. „Die Empörung kommt zu spät“, titelte das einstige Sturmgeschütz der Demokratie, das heute vor allem devoten Haltungsjournalismus liefert.

Falsch. Es ist schon elf Jahre her, dass die Berliner Jugendrichterin und Autorin Kirsten Heisig unter zweifelhaften Umständen aus dem Leben schied. In den Jahren zuvor hatte sie vehement auf das Problem der verbalen Verrohung und der permanenten Gewalttätigkeit an den Berliner Schulen aufmerksam gemacht. Sie hat leidenschaftlich dafür gekämpft, dass jugendliche Straftäter zeitnah zur Rechenschaft gezogen werden. In ihren Büchern kann man nachlesen, was schon in den Nullerjahren gern unter den Teppich gekehrt wurde: Rassismus, Sexismus, Homophobie und Antisemitismus von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Jetzt ist die Generation, die Heisig beschrieben hat, erwachsen, und wenig deutet darauf hin, dass sie weniger radikal geworden ist.

Feige weggeduckt

Der „Spiegel“ behauptet: „Antisemitisch aber sind Teenager vor allem dann, wenn die Gesellschaft sie lässt. Aussagen wie denen von Sarah-Lee Heinrich muss widersprochen werden – analog auf dem Schulhof genauso wie in der digitalen Welt auf Twitter.“ Ach ja, was ist mit Kirsten Heisig passiert, die vehement widersprochen und gefordert hat, dass die zuständigen Lehrer, Erzieher, Direktoren, Jugendämter, Jugendrichter tätig werden? Heisig wurde verunglimpft.

Was die Schulen, Jugendämter, Politik und Behörden und Medien betrifft, so haben sie sich feige weggeduckt. In Berlin wurde ein Schüler, der antisemitisch beleidigt wurde, nicht der Täter, an eine andere Schule versetzt. Marcel Luthe, Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin, hat in seinem Buch „Sanierungsfall Berlin“ mehrere Beispiele von Kindern aufgeführt, die durch Mobbing an ihrer Schule in den Selbstmord getrieben wurden.

„Alltäglicher Rassismus“ wird permanent unterstellt und angeprangert – aber nur der Mehrheitsgesellschaft, nicht der Neubürger. Selbst wenn in Berlin auf offener Straße „Juden ins Gas“ gebrüllt wird, gibt es eine kurze Aufwallung, die ohne Konsequenzen bleibt.

Sarah-Lee Heinrich ist in einer Atmosphäre der stillschweigenden Duldung von Rassismus, Homophobie, Sexismus und Antisemitismus bei nicht weißen Kindern und Jugendlichen aufgewachsen. Ihrer Generation wurden von den Verantwortlichen nie die Grenzen gezeigt. Jetzt werden sie erwachsen und rücken in Positionen auf, in denen sie ihre Ideologie politisch umsetzen wollen.

Nein, ich nehme Heinrichs Entschuldigung nicht an

Es ist ja keineswegs so, dass Sarah-Lee nur als Teenager zweifelhafte Ansichten äußerte. Das tat sie auch als Erwachsene. Zum Beispiel in einer Sendung des öffentlich-rechtlichen Jugendkanals Funk, in der Heinrich 2019 zu Gast war. Da war sie bereits volljährig. Heinrich spricht vor laufender Kamera öffentlichkeitswirksam von einer „eklig weißen Mehrheitsgesellschaft“, die „rassistisch durchzogen“ sei. Wegen empörter Reaktionen entschuldigte sie sich zwar für ihre Wortwahl, machte aber gleichzeitig klar, dass sie inhaltlich zu ihrer Haltung stehe. Dass sie mit dieser radikalen, wenn nicht gar extremistischen Ansicht bei den Grünen nicht allein steht, beweisen die Äußerungen von maßgeblichen Politikern dieser Partei.

Die stellvertretende grüne Bundesvorsitzende Ricarda Lang findet, dass „manche Leute verängstigt“ von einer „linken, schwarzen Frau (seien), die Menschen für Politik und für die Vision einer gerechten Zukunft begeistert“. Die Begeisterung der Mehrheitsgesellschaft dürfte sich in engen Grenzen halten. Sie hat Heinrich alle Chancen eröffnet, aus ihrem Leben etwas zu machen und muss jetzt befürchten, von Heinrich, sollte sie in der Politik weiter aufsteigen, repressiert zu werden. Nein, ich nehme Heinrichs Entschuldigung nicht an, aber ihre Haltung, die eine Bedrohung der Mehrheitsgesellschaft darstellt, sehr ernst.

Heinrichs Amtsvorgängerin Anna Peters spricht vom „ekeligsten Shitstorm ever“, der „junge, kluge, linke Frauen“ mundtot machen solle. Damit weist sie allen, die sich gegen diese Verbalattacken, hinter denen eine unverrückbare Haltung steht, den Schwarzen Peter zu. Cem Özdemir verkündet, „die Angreifer“ schrieben „sexistischen Mist“. Diese Äußerungen zeigen, wie fest die vermeintlich antirassistische Indoktrination junger Menschen in radikalen, teilweise auch parteinahen Kreisen verankert ist.

Die bei den Grünen herrschende Doppelmoral zeigt sich darin, dass die Sensoren für angebliche „Mikroaggressionen“ in der Mitte der Gesellschaft geschärft sind. Hier reicht schon aus, einen richtigen Artikel auf der falschen Plattform zu liken, wie es Hans-Georg Maaßen passiert ist, um an den Pranger gestellt zu werden.

In diesem Zusammenhang sollte man sich daran erinnern, dass Hass gegen die Mehrheitsgesellschaft bei den Grünen zum Selbstverständnis zu gehören scheint. Claudia Roth lief als Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags hinter einem Transparent her, auf dem „Deutschland du mieses Stück Scheiße“ stand. Sie ließ sich auch von den begleitenden „Deutschland verrecke!“-Rufen nicht stören. Mir ist nicht bekannt, dass Roths demonstrierte Haltung auch nur Stirnrunzeln bei der grünen Parteiführung ausgelöst hätte. Zur Wahrheit gehört allerdings dazu, dass der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble keinen Anlass gesehen hat, Roths Verhalten zu sanktionieren. Die Union hat durch ihr Apportieren des grün-linken Zeitgeistes erhebliche Mitschuld an der vergifteten Atmosphäre in unserem Land, in dem Politik, Behörden und Medien Hasser der Mehrheitsgesellschaft wie Heinrich, Roth e tutti quanti hätscheln und fördern.

Foto: Imago

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Leserpost

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Dietmar Richard Wagner / 13.10.2021

Es gibt auch ein 3G in der Demokratie, mit dem zu leben ist: Grün, Gemein, Gewählt. Eine Erklärung von 3Gplus würde die Grenze zur Beleidigung überschreiten.

Michael Hinz / 13.10.2021

Nächst der Urteilskraft sind auf Erden Perlen und Diamanten das seltenste. Heinrich, Heinrich, mir graust vor Dir.

Robert Korn / 13.10.2021

Ich bin zwar bereit, törichtes und von Selbstzweifeln geleitetes Gestammel einer 16-jährigen nicht für voll zu nehmen, aber ich bin nicht bereit, diesen 16-jährigen das aktive Wahlrecht einzuräumen. Wer mit 16 noch politischen Unsinn absondern darf und Welpenschutz genießt, soll nicht wählen können. Ich gehöre zu der Generation, die mit 18 Jahren zum 18monatigen Wehrdienst eingezogen wurde; wählen durfte ich dann nach Vollendung des 21. Lebensjahres. Ich fand das zwar nicht erhebend, aber konnte damit leben - und aufgeregt hat sich darüber sowieso niemand.

Thomas Hechinger / 13.10.2021

Darf man einem Jugendlichen Jugendsünden vorwerfen? Ja und nein. Jugendliche sind auf der Suche. Sie verirren sich manchmal, in ihren Taten wie in ihren Worten. Und da muß man auch mal einen Schlußstrich ziehen, wenn der Jugendliche zur besseren Einsicht gelangt ist. Wenn aber nicht? Und bei Frau Heinrich erscheint es mir so, als ob sie nicht zur besseren Einsicht gelangt wäre. Dann darf man ihr die Jugendsünden nicht nur vorwerfen, man muß sie sogar heranziehen, um zu verstehen, wie es zu solch einer charakterlichen Fehlentwicklung kommen konnte. Daß ein Jugendlicher bei sich und in der Welt um ihn herum Ungerechtigkeiten sieht und auf diese Ungerechtigkeiten mit überschießendem Unmut reagiert, kann und darf man verstehen. Aber muß man dann in privaten Fehden sadistische Mordphantasien, in denen nur noch so das Blut spritzt, entwickeln? Ich finde, das läßt sich nicht mehr mit jugendlichen Ungestüm entschuldigen. Das ist schon ein charakterliches Defizit. Da wäre es die Aufgabe von Eltern, Lehrern und Erziehern und allen Erwachsenen, mit denen Frau Heinrich Umgang hatte, gewesen, auf sie einzuwirken, um diese abnormen Gewaltvorstellungen zu bekämpfen. Da hat die Gesellschaft, wie Frau Lengsfeld es ausdrückt, tatsächlich versagt.

Helmut Driesel / 13.10.2021

  Ich wollte mich gerade zu de “Altvorderen” rechnen, habe aber schnell mal im Duden geguckt, ob das was Gutes ist oder nicht - ist es nicht. Also nicht. Aber ich war unzweifelhaft eine Zeitlang ein grosser Fan der bundesdeutschen Grünen. So über den Stacheldraht hinweg und auch zu Beginn der Schröder-Regierung noch einmal. Am meisten beeindruckt haben mich - nein, das kann man heute nicht mehr zugeben. Leider, und das finde ich aus tiefster Seele heraus schade. Was diese jungen, schlecht erzogenen Nachwuchsrabauken der Grünen angeht - nach Brecht musste man sie ja unter die Nachgeborenen rechnen, die um Nachsicht gebeten werden - die sind es wohl einfach gewöhnt, zu plappern ohne zu denken. Sehen Sie, die Leute im Fernsehen, im Internet, im Grunde alle Welt plappert ohne nachzudenken. Und das ist das Milieu, darin sind die Jungen aufgewachsen und auf ihre unreife Art politisch geworden. Dass man sie so unreif in Positionen bringt, wo sie Interviews geben und Kenntnis simulieren müssen, dafür können sie wirklich nichts. Ich vermute, es ist den meisten Menschen hier völlig egal, ob jemand ein helle oder dunkle Haut hat, und ich frage mich seit ewigen Zeiten, warum sich so viele in die Sonne legen, um braun zu werden. Aber niemand möchte von jemanden kritisiert oder sogar bevormundet werden, der oder die ganz offensichtlich blöd ist. Da hört jede Toleranz auf. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Grünen sich mit so was einen Gefallen tun. Dieser üble Ton wird vielleicht abfärben, sogar weitere solche Charaktere anziehen, aber die Talente, die diese Partei dringend bräuchte, werden sich angewidert abwenden. Ich denke, alle anderen Parteien betrachten das mit Wohlwollen. Ein einziger klarer Satz vom künftigen Kanzler würde genügen, um diesem egomanen Halloween ein Ende zu setzen. Von oben! Das muss ich wiederholen: Von oben!

A.Lisboa / 13.10.2021

@Michael G. Ott: Mehr ist Ihrer Erklärung der Entwicklung nicht hinzuzufügen! Da in D nur noch die allgemeine Verblödung Hochsaison hat, wird sich dieser Trend weiter verstärken. Bezeichnend hierfür ist der Aufschwung der Deutschland-verrecke-Partei. Die Rückkehr in die Realität wird sehr schmerzvoll.

Helmut meyer / 13.10.2021

Auf dlf Nova kam gestern Abend eine regelrechte Rechtfertigungsorgie , man muss dich die Umstände und den Kontext sehen usw….war schlimm

Alex Kaufmann / 13.10.2021

“Die Mehrheitsgesellschaft” hat mit knapp 90% entweder die Grünen direkt gewählt, oder die Parteien, die kaum warten können, mit diesen zu koalieren. Also dann: Geliefert wie bestellt.

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