Hubertus Knabe, Gastautor / 07.03.2020 / 06:22 / Foto: Archiv / 112 / Seite ausdrucken

Frauen in der DDR: Von wegen gleichberechtigt!

Der Text könnte aus dem Parteiprogramm der AfD stammen: „Die Familie ist die kleinste Zelle der Gesellschaft. Sie beruht auf der für das Leben geschlossenen Ehe und auf den besonders engen Bindungen, die sich aus den Gefühlsbeziehungen zwischen Mann und Frau und den Beziehungen gegenseitiger Liebe, Achtung und gegenseitigen Vertrauens zwischen allen Familienmitgliedern ergeben.“

Doch das Hohelied auf Ehe und Familie stammt aus dem Familiengesetzbuch der DDR. Schon im nächsten Satz hieß es dort: „Die gesellschaftlichen Verhältnisse in der Deutschen Demokratischen Republik sind die feste Grundlage für die sozial gesicherte Existenz der Familie.“ Die Wirklichkeit sah freilich anders aus: Die Scheidungsrate der DDR war eine der höchsten der Welt. Und die meisten Kinder bekamen ihre Eltern nur sehr selten zu Gesicht. Denn von klein auf mussten sie zehn oder mehr Stunden in Krippen, Kindergärten oder Schule und Hort verbringen.

Nach der Wiedervereinigung berichteten ostdeutsche Frauen, wie schwierig es war, der Familie gerecht zu werden. Hauptgrund dafür war, dass fast alle Frauen berufstätig waren – die meisten in Vollzeit, also wöchentlich 43 ¾ Stunden. Nach Feierabend begann dann die „zweite Schicht“: Kinder abholen, Einkaufen, Haushalt – im Durchschnitt weitere 47 Stunden pro Woche.

Vor allem das Einkaufen war in der Mangelwirtschaft der DDR eine mühselige Angelegenheit. Hinzu kam die schlechte Ausstattung vieler Wohnungen. In 65 Prozent aller Haushalte musste abends erst einmal der Kohleofen in Gang gebracht werden. Und 18 Prozent hatten kein Bad. Die Produktion der einzigen DDR-Spülmaschine wurde nach zwei Jahren wieder eingestellt.

Der Wochentag einer Ostdeutschen sah deshalb häufig so aus, dass sie ihre Kinder um 5 Uhr morgens weckte, um 6 Uhr in die Krippe oder den Kindergarten brachte und anschließend bis 16 Uhr arbeitete. Danach musste sie einkaufen, die Kinder wieder abholen, Abendbrot machen, Wäsche waschen, den Nachwuchs ins Bett bringen und den Haushalt in Ordnung bringen – bis sie selbst erschöpft ins Bett fiel.

Arbeitszwang für Frauen

Trotz dieser millionenfachen Erfahrung wird die Lage der Frauen in der DDR in bestimmten politischen Kreisen vielfach verklärt. Auf der Website der Heinrich-Böll-Stiftung findet sich zum Beispiel ein langer Beitrag der Linken-Bundestagsabgeordneten Anke Domscheit-Berg, in dem die Familienpolitik der SED unverblümt zur Nachahmung empfohlen wird. Möglichst viele Kinder müssten in Krippen und Kitas untergebracht werden – erst dann könnten Frauen sich selbst verwirklichen.

Dabei ging es der SED keineswegs um das Wohl der Frauen. Mit massivem Druck wollte sie vielmehr erreichen, dass sich möglichst viele von ihnen als Lohnarbeiterinnen verdingen. Denn in der DDR herrschte ein notorischer Arbeitskräftemangel, für den vor allem die ineffiziente Planwirtschaft und der aufgeblähte Partei- und Staatsapparat verantwortlich waren.

Schon 1950 legte das “Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau” fest: „Durch die Eheschließung darf die Frau nicht gehindert werden, einen Beruf auszuüben oder einer beruflichen Ausbildung und ihrer gesellschaftlichen und politischen Fortbildung nachzugehen; auch wenn hierdurch eine zeitweilige örtliche Trennung der Eheleute bedingt wird.” Noch weitgehendere Regelungen enthielten das Familiengesetzbuch von 1966 und das Arbeitsgesetzbuch von 1978. Gleichzeitig propagierte die SED unablässig das Idealbild der sozialistischen Frau, die als Traktorfahrerin, Maschinistin oder Chemiefacharbeiterin „ihren Mann steht“. Auf diese Weise wurde die Erwerbsbeteiligung von Frauen in der DDR auf 91,2 Prozent hochgetrieben – die höchste Quote der Welt.

Kurskorrektur zugunsten von Kindern

Erst der Geburtenknick durch die Anti-Baby-Pille veranlasste die SED zu einer partiellen Kurskorrektur. Unter Parteichef Erich Honecker sollten Frauen nun auch verstärkt dazu motiviert werden, Kinder zu bekommen. Seit 1972 erhielten deshalb Neuverheiratete unter 26 Jahren einen zinslosen Ehekredit von zuletzt 7.000 Mark. Diesen konnte man, wie es in der DDR hieß, „abkindern“ – mit dem dritten Kind war der Kredit getilgt. Mütter erhielten außerdem eine Geburtenhilfe in Höhe von zuletzt 1.000 Mark, seit 1975 wurde ihnen zudem Kindergeld ausgezahlt.

1976 wurde dann das sogenannte Babyjahr eingeführt – eine bezahlte Freistellung für alleinerziehende Mütter von zuletzt zwölf Monaten, die später auf alle Mütter ausgedehnt wurde. Berufstätige Mütter genossen zudem einen einjährigen Kündigungsschutz, einen Schwangerschaftsurlaub von zuletzt 26 Wochen und eine bezahlte Freistellung, wenn das Kind krank war. Bei drei, später zwei Kindern wurde ihre Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden reduziert, außerdem gab es drei zusätzliche Urlaubstage. Den monatlichen „Haushaltstag“ für verheiratete Frauen – ursprünglich eine Erfindung der Nationalsozialisten – konnten später auch unverheiratete Mütter in Anspruch nehmen.

Am Ziel der Berufstätigkeit möglichst aller Mütter hielt die SED dabei fest. Das Angebot an Kinderkrippen, Kindergärten und Schulhorten wurde deshalb großflächig ausgebaut. Am Ende betrug der Versorgungsgrad bei den Krippen 80,2 Prozent, bei den Kindergärten sogar 95,1 Prozent. Für ein Essensgeld von täglich 1,40 Mark (Krippe) oder 35 Pfennig (Kindergarten) wurden die Kinder von sechs bis 18 Uhr betreut. Entsprechend viele Eltern nahmen das Angebot in Anspruch.

Scheidungsrate von 38 Prozent

Diese Maßnahmen werden heute vielfach als Beleg ins Feld geführt, dass die DDR der Bundesrepublik in puncto Gleichberechtigung der Frau überlegen gewesen sei. Dabei wird vergessen, dass es für arbeitsfähige Frauen (und Männer) eine auch strafrechtlich verankerte Pflicht zur Arbeit gab. Paragraph 249 Absatz 1 des DDR-Strafgesetzbuches sah vor: „Wer das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigt, indem er sich aus Arbeitsscheu einer geregelten Arbeit entzieht, obwohl er arbeitsfähig ist, wird mit Verurteilung auf Bewährung, Haftstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft.“ 1973 wurden deshalb rund 14.000 Menschen verurteilt. Längere Phasen der Selbstfindung oder der Mutterschaft, wie sie heute üblich sind, waren in der DDR praktisch unmöglich.

Unmöglich war es auch für junge Paare, das Zusammenleben erst einmal auszuprobieren, bevor sie eine Familie gründeten. Nur wenn sie heirateten und/oder ein Kind bekamen, hatten sie eine Chance, eine Wohnung zu bekommen. Eigene vier Wände gab es in der DDR nämlich nur auf Zuteilung. Das prominenteste Beispiel einer solchen Ehe ist Angela Merkel, die mit 23 Jahren einen Kommilitonen heiratete – und sich bald darauf wieder scheiden ließ. Den Namen ihres Kurzzeitmannes Ulrich Merkel trägt sie immer noch.

Die meisten DDR-Bürger gingen deshalb bereits mit Anfang Zwanzig den Bund fürs Leben ein und bekamen bald ihr erstes Kind. Doch viele dieser Ehen gingen bald wieder zu Bruch – mit all den Folgen für die Kinder. Die Scheidungsquote in der DDR lag zuletzt bei über 38 Prozent. Die materiellen Anreize für Mütter konnten auch nicht verhindern, dass die sogenannte Fertilitätsrate von 2,5 Kindern pro Frau (1965) auf nur noch 1,4 Kinder (1989) abfiel.

Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern

Ein wesentlicher Grund dafür war, dass Mutterschaft und Berufstätigkeit eine enorme Doppelbelastung bedeuteten. Verantwortlich dafür war nicht nur das Verhalten der Männer, sondern auch der sozialistische Staat, der Kinder und Haushalt de facto als Frauensache betrachtete. Nahezu alle familienpolitischen Vergünstigungen – vom Haushaltstag bis zum Babyjahr – standen nämlich nur Frauen zu. Nicht zufällig hieß das schulische Mitteilungsheft in der DDR „Mutti-Heft“.

Das Ungerechte daran war, dass Frauen – entgegen den gesetzlichen Bestimmungen – obendrein meist deutlich weniger verdienten als Männer. Aller Propaganda zum Trotz arbeiteten nämlich die meisten von ihnen in frauentypischen Berufen, die auch im Sozialismus schlechter bezahlt wurden. Da Teilzeitarbeit praktisch nur für Frauen genehmigt wurde, betrugen die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern rund 30 Prozent – gut acht Prozent mehr als heute. Auch bei den Renten machte (und macht sich bis heute) diese Ungleichbehandlung bemerkbar.

Regieren war Männersache

Auch sonst konnte von Gleichberechtigung keine Rede sein. Trotz der hohen Erwerbsbeteiligung von Frauen lag ihr Anteil in oberen Leitungspositionen unter zehn Prozent, in Top-Führungspositionen sogar unter fünf Prozent. Besonders offensichtlich war dies ausgerechnet bei der SED, die die Gleichberechtigung so lauthals propagierte: Wie Anna Kaminsky in dem Buch „Frauen in der DDR“ vorrechnet, waren nur 26 von 221 Mitgliedern des letzten Zentralkomitees weiblich. Im Politbüro gab es sogar keine einzige Frau mit Stimmrecht.

Auch die DDR-Regierung war reine Männersache – mit einer Ausnahme: der Frau von Erich Honecker, die 26 Jahre lang „der“ Minister für Volksbildung war. In der DDR wurde nämlich nicht gegendert. Selbst am Frauentag hielten in der Regel Männer die großen Reden.

Leidtragende der DDR-Familienpolitik waren neben den Frauen vor allem die Kinder. Die gängige Praxis, sie bereits kurz nach der Geburt für neun oder zehn Stunden in eine Krippe zu geben, war für die Babys oft eine traumatische Erfahrung, wie die Psychoanalytikerin Agathe Israel in ihrem Buch „Krippen-Kinder in der DDR“ eindringlich beschreibt. Viele reagierten darauf mit psychosomatischen Störungen. Auf individuelle Bedürfnisse wurde kaum Rücksicht genommen, weil der Tagesablauf einem zentralen Plan zu folgen hatte – mit festen Zeiten für die Fütterung, das „Töpfen“, das Schlafen, das Spielen und das Spazierengehen.

Im Zentrum der sozialistischen Erziehung stand dabei die Einordnung ins „Kinderkollektiv” und das Erlernen von Befehl und Gehorsam, mit wachsendem Alter auch die politische Indoktrination. Insbesondere die Sauberkeitserziehung war rigide. Strafen und Beschämung vor anderen waren keine Seltenheit – etwa indem das Kleinkind mit der Windel ins Gesicht geschlagen wurde. Die staatliche Betreuung bedeutete eine heute kaum noch vorstellbare Entmündigung der Eltern in der Kindererziehung.

Am Ende trug die Familienpolitik der SED sogar mit zum Untergang der DDR bei. Die hohen Sozialausgaben wurden nämlich nicht aus eigener Kraft finanziert, sondern immer mehr durch Auslandskredite. Als Egon Krenz im Oktober 1989 einen Kassensturz anordnete, stellte sich heraus, dass die DDR kurz vor der Pleite stand. Der Chef der Zentralen Plankommission prognostizierte: „Allein ein Stoppen der Verschuldung würde im Jahr 1990 eine Senkung des Lebensstandards um 25–30 Prozent erfordern und die DDR unregierbar machen.“ Seine Worte sollten nur kurze Zeit später in Erfüllung gehen.

Dieser Beitrag erschien zuerst in: „Die Tagespost“ vom 20. Februar 2020 sowie heute zeitgleich auf Hubertus Knabes Website, dort finden sie auch weitere Fotos und Dokumente zum Thema.

Foto: Archiv

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Reiner Gerlach / 07.03.2020

Sehr geehrter Herr Knabe, Sie können einem wirklich den Tag so richtig versauen, wenn man schon beim Frühstück so einen Stuss lesen muss. Ich als gelernter DDR-Bürger möchte diesen Staat wirklich nicht zurückhaben, wobei ich glaube, dass er doch langsam wieder aufersteht. Aber so geht das nun wirklich nicht. Wenn Sie fortwährend die Verhältnisse der DDR von 1970/80 mit den deutschen Verhältnissen von 2020 vergleichen, muss so etwas Schräges dabei herauskommen. Ich wurde 1994 von Berlin aus in den Breisgau versetzt und die Familie zog selbstverständlich (?) mit um. Wir waren zwar froh, unsere Kinder aus dem chaotischen Experimentier-Bildungswesen in Brandenburg heraus zu bekommen, aber was meine Frau und ich da unten im Arbeits- und Wohnumfeld so vorfanden, war für uns auch so eine Art Kulturschock. Ich will hier nicht auf jedes Detail Ihres Artikels eingehen, deshalb nur noch ein paar Anmerkungen: unsere “traumatisierten” Kinder wurden nicht um fünf aus den Betten gezerrt, um sie schnell irgendwo abzugeben. Meine Frau hätte mir was gehustet, wenn ich ihr das Arbeiten verboten hätte. Sie brauchte auch nach dem ersten Kind schon nur noch 40 Wochenstunden arbeiten. Heute würde man sagen: bei vollem Lohnausgleich. Ich will jetzt lieber aufhören und eine Runde um den Block laufen. Ich vermute, sie werden heute noch das Eine oder Andere zu hören bekommen, ich werde die Diskussion interessiert verfolgen. Schönen Tag noch

Stefan Riedel / 07.03.2020

Ein Bild sagt mehr als.. Dieses Propagandabild der SED hätte doch problemlos im Stürmer des Julius Streicher erscheinen können. “Die blonde Volksgenossin an vorderster Front? “

Peter Holschke / 07.03.2020

Den ist kaum was hinzuzufügen. Die DDR war ebenso Frauen- und Familienfeindlich wie die NS-Dikatur. Das wurde auch das Maul aufgerissen, gelogen was das Zeug hält und tatsächlich wurden die Familien zerstört. Die Männer saßen an der Ostfront, die Kinder waren im Kinderlandsverschickungslager und die Frauen im Bombenkeller. Dem Beitrag ist hinzuzufügen, dass die Verhältnisse in der DDR kein Zufall waren, und etwa nur dem Zeitgeist bei der Kinderzeihung oder der sozialistsichen Misswirtschaft geschuldet gewesen sind. Dahinter steckte böse Absicht und eine Machtdemonstration.  Junge Männer wurden regelmäßig nicht mit 18 einberufen, sondern regelmäßig erst später, in dem Alter in dem damals Familien gegründet wurden. Oft saßen die Frauen dann allein mit Säuglinge und Kleinkindern. Entfernte Stationierungsort und abnormale Urlaubsregeln sorgten überaus häufig für die Zerstörung von Beziehungen und Familien in deren Frühphase. Die Männer wurden durch sie “miltärische Schule des Sozialismus” gejagt und dabei jeder Illusion beraubt. Ihnen wurde klar gemacht, dass sie jeden Schwachsinn zu ertragen haben und Widerstand absolut zwecklos ist. Die NVA war eine Armee zur Beherrschung des eigenen Volkes, nichts anderes. Man brauch sich nur das kommunistische Manifest vornehmen, da stehen familienzerstörerischen Absichten bereits schwarz auf weiß. Die Rolle der Frau ist dort ebenso festgelegt. Von Gleichbereichtigung steht dort nichts drin, das kam im patriarchalisch Denken von Marx gar nicht vor. Für Frauen war die Vergemeinschaftung vorgesehen. Fickpuppen, Gebärmaschinen und Sklavenarbeiterin. Dass sich im sozialistischen Alltag das Streben nach Familie und einem zivilen Leben Blüten trieb, zeigt nur wie stark der natürliche Trieb und die menschliche Veranlagung dazu ist.

Thomas Weidner / 07.03.2020

Aha - der Eingangssatz soll wohl den Leser dazu bringen, die AfD als “braun-sozialistisch” einzustufen und - so der Leser den Sozialismus ablehnt - nicht nur SED/Linke, sondern auch AfD abzulehnen. Das aber entlarvt den Autor Knabe als geradezu typischen Vollzieher der Stasi-Zersetzung. Denn sämtliche Altparteien sind ja auch, was Frau, Kinder und Familie bzw. deren Politik dazu betrifft, auf strammen Linkskurs. So dass es - letztlich defacto - keinerlei vernünftige Politik auf diesem Gebiet mehr gibt. Was der Leser wohl - meine interpretative Schlussfolgerung - mit Wahlverweigerung oder überhaupt Rückzug aus dem politischen Interesse beantworten soll?!? Wertes AchGut-Team - was meinen Sie, wie mich dieser Rabulismus bei nicht wenigen Autoren inzwischen anekelt?

Carl Weber / 07.03.2020

Sie haben Recht, Frauen waren nicht gleich berechtigt in der DDR, Sie waren besser gestellt als die Männer, die das aber nicht störte. Ich habe nur Zweifel, dass Sie das damit sagen wollte.

Franck Royale / 07.03.2020

Der kleine aber feine Unterschied bei der Kinderbetreuung ist doch: Angebot oder Maßnahme. Es ist ein fundamentaler, systemimmanenter Unterschied, ein kleiner Aspekt, der eine liberale von einer sozialistischen Gesellschaft unterscheidet. Wobei man akzeptieren muss, daß viele mit der individuellen Verantwortung und Freiheit, welche eine liberale, leistungsgerechte Gesellschaft mit sich bringt, schlichtweg überfordert sind. Weswegen ich mit dem oben zitierten Paragraph 249 Absatz 1 des DDR-Strafgesetzbuches durchaus sympathisiere. Dann wüsste, wie von Sigmar Gabriel gefordert, auch ein Kevin Kühnert, wie das Arbeitsleben der Menschen aussieht, die er glaubt, vertreten zu müssen. PS: wer seinen Kohleofen nicht morgens befeuert hat, brauchte ihn abends auch nicht mehr anstellen.

Matthias kanter / 07.03.2020

So sehr ich ihre Analysen sonst schätze ...hier sind meine privaten Erfahrungen anders. Zuerst spricht die Scheidungsquote eigentlich für eine höhere Unabhängigkeit. Meine Mutter verlor nach einer Scheidung ihren zweiten Mann durch frühen Tod und beschloss dann ihre 3 Söhne allein groß zu ziehen. Als Apothekerin waren die Möglichkeiten zur Halbtagsarbeit wirklich eingeschränkt (Frauenberufe) und so studierte sie berufsbegleitend noch einmal neu Ihren Traumberuf.(Restauratorin) Das ging bei halbtägiger Arbeit in diesem Beruf schon während des Studiums mit Mindestlohn von 600 Mark plus Kindergeld.Ihr neuer Arbeitsplatz im Wörlitzer Gartenreich war für uns Kinder an den Wochenenden Spielplatz und Ferienwohnung dank erhöhter Personaldecken bei denen immer jemand auch Zeit für Kinder hatte. Nun hatten wir viel Familie in der BRD ,teils sehr wohlhabend ,die Unterstützung und Umzug anbot. Meine Mutter reiste dafür mehrfach in die BRD auch beruflich und entschied sich bewußt für die Möglichkeit einer echten Unabhängigkeit in der DDR.Sie wollte weder von Verwandten noch von einem Mann abhängig sein. Das ging für sie in der DDR einfacher.Für unsere freie Meinungsäußerung bis zur Totalverweigerung des Militärdienstes kämpfte sie wie eine Löwin. Sicher es waren bescheidene Verhältnisse aber uns fehlte es an nichts Wesentlichen. Unsere Mutter war immer Mittags zu Hause ,übte mit uns Instrumente ,las Geschichten,malte und engagierte sich ehrenamtlich.Ob Tennis,Segeln oder Reiten,ob zwei Instrumente ,Orchester oder Förderung zum Kunststudium….alles konnte diese Frau realisieren mit geringstem Einkommen. Wir waren regelmäßig im Urlaub ,lebten in einer 120m2 Wohnung mit Fernheizung und Biedermeiermöbeln ,hatten eine große Bibliothek und fühlten keinen Mangel als Kinder. Auch später war sie den Umständen dafür dankbar ohne kritiklos zu sein. Wo immer sie arbeitete hatte sie schnell eine so geachtete Stellung das sie politisch unangreifbar war.  

Rolf Mainz / 07.03.2020

Wenn man schon Einkommensunterschiede glaubt geschlechterspezifisch differenzieren zu müssen, dann sollte man wenigstens identische Berufe vergleichen. Und selbst dann spielen noch derart viele andere Faktoren (Beschäftigungsgrad, Erfahrung, Vorbildung, von Leistungsfaktoren und Ambition ganz zu schweigen, usw.) eine Rolle, dass die Resultate stets mit besonderer Vorsicht interpretiert werden müssen. Ich kann Ihnen bestätigen, dass kaum in einem anderen Umfeld derart Zahlen manipuliert werden, um bestimmten “Narrativen” vermeintlich gerecht zu werden. Untersuchen Sie z.B. Einkommensunterschiede nach Augenfarbe des betreffenden Beschäfigten - Sie werden garantiert grössere Unterschiede feststellen als zwischen den Geschlechtern… Und, bitte entschuldigen Sie meine ketzerischen Bemerkungen, aber nach den Erfahrungen der letzten 15 Jahre ist mein “Mitleid” mit weiblichen Politikern aus der DDR minimal…

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