Das Virus bringt es an den Tag. Mit der EU haben wir eine Niete gezogen. Wenn man den Apparat schon einmal bräuchte, schlägt er sich in die Büsche. Wer würde jetzt noch erwarten, dass sich die Corona-Gefahr von Brüssel aus eindämmen lässt? Selbst jene, die den Aufbau der europäischen Institutionen gnadenlos befeuerten, machen ihre nationalen Grenzen jetzt wieder dicht. Die Visionäre lassen die Hosen runter. Geht es ans Eingemachte, ist Schluss mit lustig.
Unversehens erweisen sich die hochtrabenden Pläne eines grenzenlosen Kontinents als das, was sie von Anfang an waren: Sandkastenspiele großmachtsüchtiger Politiker und weltentrückter Bürokraten. Milliarden um Milliarden wurden versenkt für den Aufbau eines scheinstaatlichen Gebildes, das nun – Ironie der Geschichte – den Beweis seines Versagens antritt, gerade noch rechtzeitig, um womöglich weiteren Schaden abzuwenden.
Nicht auszudenken, wie es uns ergehen würde, hätten sich Ursula von der Leyens Blütenträume aus dem Jahr 2012 erfüllt. Man stelle sich nur vor, es gäbe sie bereits, „die Vereinigten Staaten von Europa“, ein grenzenloses Großreich vom Mittelmeer bis zur Nordsee und vom Atlantik bis zum Donaudelta. Die Viren genössen uneingeschränkte Reisefreiheit. Keine Schlagbaum könnte die Infizierten daran hindern, die Krankheit kontinental zu verbreiten.
Kein Gedanke an den Notfall
Nicht einmal verlangsamen ließe sich der Prozess der Ansteckung in einer EU, deren Beamte zwar wissen, was zu tun ist, um aus krummen gerade Gurken zu machen, nicht aber, welcher Vorsorge es bedarf, um für den Ausbruch einer Epidemie gewappnet zu sein.
An den banalen Notfall wurde bisher kein Gedanke verschwendet. Jedenfalls gibt es keine Pläne, die aus der Schublade zu ziehen wären. Was zählte, war allein die schiere Größe des Europa-Dampfers. Dafür wurde Land um Land an Bord genommen. Doch je größer die Schiffe sind, desto länger ist auch der Bremsweg im Ernstfall, auch der Wendekreis. Auf den ungeplant auftauchenden Eisberg treiben sie hoffnungslos zu, indes die kleineren Schiffe manövrierfähig genug sind, dem Verhängnis auszuweichen. Kleinere Havarien können sie überstehen, indem sie die Schotten dicht machen.
Wenn es eine politische Lehre gibt, die sich schon heute aus der Infektion Europas mit dem Corona-Virus ziehen lässt, dann ist es die der Rückbesinnung der Länder auf sich selbst. Denn nur Staaten, die noch in der Lage sind, sich abzugrenzen, können auch Gefahren begegnen, die ihren Bürgern von außen drohen. Ein Europa ohne Schlagbäume für den Notfall mag den Ansprüchen einer wohlstandsverwöhnten Reisegesellschaft entsprechen, realistische Perspektiven eröffnet es nicht, erst recht nicht in den Zeiten des globalen Virenverkehrs. Auf die Sandkastenspiele der EU ist länger kein Verlass. Der Turmbau zu Brüssel wankt. Das Virus nimmt die Bauherren als Geiseln.