Nix für ungut… aber bisher war ich immer der Ansicht, dass homosexuelle Menschen nicht anders sind, als Otto-Normal-Hetero. Der Artikel wirft bei mir die Frage auf, warum Sie sich mit ihrer Sexualität als etwas besonderes fühlen möchten… sind homosexuelle Menschen also anders und betrifft dieses “anders sein” auch alle anderen Lebensbereiche neben der Sexualität? Und, ist man nicht eher froh, wenn man NICHT auffällt, wie ein bunter Hund, sondern als ganz normal angesehen wird? Ich würde das wirklich gern verstehen…
“Interessant ist die Grenzüberschreitung, das Schillernde und Changierende, die Grauzone, der Nebel, die Andeutung, das Vor- und Zurückweichen”. Hechel! Oh ja!!! Und- sagen wir’s profan- ausgereifte Technik. Als unbekehrbare Hete darf ich Ihnen mitteilen, daß unsereins- nicht nur in katholischen ländlichen Gegenden- mit nicht minder gräßlichen Ressentiments zu kämpfen hatte, wenn er mal ran wollte. Und gar aufregend war’s festzustellen, daß die Gebenedeiten, die Unnahbaren, die Keuschen irgendwie auch über sowas wie einen Trieb verfügten und Lüsten durchaus aufgeschlossen gegenüber standen- sie haben sich nur geweigert, es zuzugeben und sich stets an den tieferen Zweck der Geschlechterübung erinnert, nämlich möglichst dabei auch eine “gute Partie” zu machen und wie ein archaisches Menetekel wirkt bis heute fort, daß immer noch ca. 40% aller geschlossenen Ehen sog. “Mußehen” sind, deren sexueller Elan spätestens nach dem 2. Kind völlig erlischt. Derlei Probleme hatten Schwule nie und konnten deshalb immer voll aufs Lustprinzip setzen, ohne es indes ihren Hetenbrüdern zu gönnen: Nie habe ich altbackenere Vorwürfe einstecken müssen als von meinen linksprogressiven schwulen Freunden, als ich die tödliche Langweilerin endlich verließ und mich ins pralle Leben stürzte- es gab Zeiten, in denen ich im Jahr 150 000 nichtberufliche Flug-km zusammenbrachte, weil die Mütter in anderen Weltgegenden auch schöne Töchter haben, die Zugehörigkeit zur Oftfliegenkönnerzunft reiche Beute verhieß und zu ungeahnten Höchstleistungen beim Sexualsport anstachelte. Das ist längst vorbei. Ich darf Ihnen aber versichern, daß auf diese Weise erlernte Kunststücklein in ihrer Verruchtheit auch aufs Alter noch einen zuverlässigen Fan-Club bescheren. Kopf hoch!
Warum muß es denn unbedingt Spaß machen, schwul zu sein? Ok, wir leben in einer Spaßgesellschaft, da muß man schon Prioritäten setzen. Ansonsten finde ich als Betroffener Ihren Text sehr vernünftig. Etwa was die Homoehe angeht. Ich erinnere mich an meine bewegte 68er Zeit, in der die Ehe aber auch als sowas von spießig galt. Und heute sind die Gays spießiger als ihre Eltern! Und daß wir schwulen Männer eben keine Kinder miteinander zeugen können, so sehr wir uns auch anstrengen (vor allem in meinem Alter), ist halt so. Basta. Tatsächlich fand ich die Menschen um mich schon immer viel aufgeschlossener und toleranter, als ich es ursprünglich dachte. Ich habe zwei verheiratete Schwestern, lebte 30 Jahre mit meinem Partner zusammen, zu dem meine verstorbene Mutter einmal sagte: „Du bist mein liebster Schwiegersohn.“ Aber für das Getue auf und um die Gay-Pride-Paraden hatte sie nichts übrig. Und meine Kollegen. Lange habe ich mit meiner sexuellen Präferenz hinterm Berg gehalten, aber einmal, als mein Lebenspartner im Sterben lag, konnte ich nicht anders, ich mußte mich meinen Kollegen anvertrauen. Und eine Welle von Sympathie, Hilfsbereitschaft, ja tatsächlich Liebe kam mir entgegen. Und ebenso war es in der Nachbarschaft, in der wir als schwules Paar bekannt und geachtet waren. So wie es jede Menge Heteros beiderlei Geschlechtes und Schwule und Lesben gibt, die ich unerträglich finde, so ist es wohl auch im umgekehrten Fall. Ich weiß, ich muß nicht everybodies darling sein. Na und? Kann ich mit leben. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß, wie man in den Wald schallt, es auch so herausschallt. Und noch etwas ganz Entscheidendes: das Besondere an einem Menschen ist nicht, daß oder ob er schwul ist, sondern seine Persönlichkeit. Und vor Jahrzehnten habe ich einen sehr treffenden Satz irgendwo aufgefangen: „Schwulsein ist nicht abendfüllend.“
“Zweitens verlange ich von niemandem, dass er mich liebt.” Genau den Fehler hab ich nie begriffen. Wer von allen geliebt werden will, ist ein Fall für die Couch oder für den Grünen Parteitag. Dort wird eh bald beschlossen, dass alle Minderheiten per Dekret geliebt werden müssen. Alles andere sind Hassverbrechen und die werden dann hart bestraft.
Herr Etscheit, womöglich hatten wir alle Aydan Özoğuz nicht wirklich verstanden. Sie stellte ja fest: “Eine spezifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht zu identifizieren.” Andererseits beweist ja aber eine in Jahrtausenden in Stein gemeißelte und in Jahrhunderten auf Papier gedruckte Kulturgeschichte das komplette Gegenteil. Wie kann man diesen Widerspruch auflösen? Nun, er löst sich auf durch spezifische Betrachtung des kulturellen Umgangs mit Homosexualität. Aus der chinesischen Kulturrevolution weiß etwa Wikipedio zu berichten: “Der kommunistische Staat verfolgte Homosexuelle, besonders während der Zeit der Kulturrevolution, als viele Schwule öffentlicher Demütigung, körperlichen Angriffen und langjähriger Haft unterworfen oder sogar hingerichtet wurden.” Gleichzeitig muss aber alles, was das arme Gastarbeiterkind Özuguz jemals von ihrer neuen Heimat kulturell mitbekam, sehr “speziell” gewesen sein. Maos Gefolgschaft in den 68ern, Paradebeispiel Jürgen Trittin, spielten hier in Deutschland die chinesische Kulturrevolution einfach nach, verwendeten dafür aber die kulturspezifische, lokale Requisite. Folglich wich die Verachtung des Großen Vorsitzenden gegenüber Homosexualität bei den Mao-Genossen der Verklärung weil wegen der bis dato kulturspezifischen Verachtung. Einerseits leisten Trittins kulturrevolutionäre Minions ganze Arbeit an Deutschland, andererseits ist Özoguz nun auch nicht die Hellste. An ihrer islamisch-kulturellen Herkunftsprägung Maß nehmend, hat sie den Verlust jener homosexuellenfeindlichen Elemente als Nichtvorhandensein von Kultur interpretiert und so ist sie nicht nur bei diesem speziellen Thema vorgegangen. Denn die Kulturrevolution in Deutschland hat wenig übrig gelassen, woran sich ein Gastarbeiterkind aus einem fest gefügten Kulturkreis überhaupt noch identifizierend abstützen könnte.“Eine spezifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht zu identifizieren.” Etwa an altvorderem Homohassen.
Ich bin erstaunt über das Unverständnis in den Leserbriefen. Als wäre es egal, ob jemand hetero- oder homosexuell ist, oder man fragt sich, wofür ein coming-out gut sein soll. Leute, das hat doch alles etwas mit der Identität eines Menschen zu tun! Und die ist wichtig, und zwar als eine individuelle, persönliche Identität. Das Problem, lieber Herr Etscheit, besteht momentan in einer westlichen kulturellen Entwicklung, in der die individuelle Ich-Identität durch eine soziale Gruppenidentität ersetzt wird: Was man sonst noch ist, außer schwul z.B., scheint nicht mehr wichtig zu sein, es werden ohnehin alle nur noch nach ihrer Gruppenzugehörigkeit beurteilt. Schwarz, weiß, Frau oder Trans etc. Je mehr vermeintlicher Opferstatus, umso besser. In Bremen wird gerade Pastor Latzel von seiner eigenen Kirche und der Staatsanwaltschaft verfolgt, weil er die banale Tatsache ausgesprochen hat, dass die Bibel Homosexualität ablehnt. So what? Wen interessiert das, wenn man sowieso nicht an die Bibel glaubt? DA findet die neue Diskriminierung statt. Wie wohltuend, dass Sie die Dinge so unaufgeregt beschreiben. Ich habe übrigens einen Bruder, der schwul ist, und der früher immer nebenbei und zum Vergnügen in einer Lederbar gearbeitet hat, er hat schon vor zwei, drei Jahren aufgegeben, weil er keinen Bock mehr hat, sich anzuhören, dass die “Schwestern” wieder schnell nach Hause zu Mann und Kind müssen.
@ Karl Neumann Leider tritt die Schreibblockade bei vielen zu selten auf, s. Wihelm Busch: “Oft fällt das Denken schwer, indes - das Schreiben geht auch ohne es. Gedanken sind nicht stets parat; man schreibt auch, wenn man keine hat.”
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