Claudio Casula / 05.08.2021 / 10:45 / Foto: Imago / 53 / Seite ausdrucken

Es fährt ein Schiff nach Nirgendwo

Mit großem Polit-Tamtam ist die Fregatte „Bayern“ in den Indopazifik aufgebrochen. Ein Signal gegen Chinas Machtansprüche in der Region? Eher ein Affront gegen die Verbündeten.

In einer Zeit, in der China im Indopazifik unverhohlen maritime Gebietsansprüche stellt und seine militärische Macht demonstriert, die Seewege nicht mehr sicher sind, kann ein Zeichen nicht schaden. Die Frage ist nur, wie es aussehen sollte. Die NZZ berichtet, dass erstmals seit dem Falklandkrieg wieder ein größerer britischer Verband in fernen Gewässern unterwegs ist, mit dem neuen 65.000-Tonnen-Flugzeugträger HMS Queen Elizabeth II., zwei Raketenzerstörern, zwei Fregatten, zwei Versorgungsschiffen und einem mit „Tomahawk“-Marschflugkörpern ausgerüsteten nuklearen Jagd-U-Boot. Dem Verband gehören mit einem amerikanischen Zerstörer und einer niederländischen Fregatte auch zwei Alliierte an. 

Nun tuckert die Bundesmarine hinterher, mit der veralteten Fregatte Bayern (Stapellauf 1996). Sie hat sich allerdings nicht dem Flottenverband angeschlossen, sondern unternimmt „eine Präsenz- und Ausbildungsfahrt“, wie das Verteidigungsministerium betonte, und, Gott bewahre, keinen Einsatz. Der Anspruch ist dennoch ein höherer: „Deutschland will Seewege sichern“, meint die tagesschau ganz unironisch. Laut Außenminister Maas soll die Reise „die Einhaltung des Völkerrechts sichern“, darunter macht er’s nicht. „Adressat dürfte China sein“, heißt es in der tagesschau. Allein: „Maas und Kramp-Karrenbauer vermieden es in ihren Statements jedoch, sich konkret auf China zu beziehen“.

Und nicht nur das. Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer sagte in ihrer Ansprache an die Soldaten:

„Genau in diesem Sinne führt Ihre Route im Indo-Pazifik von Australien über Guam, Japan und Korea hin nach Vietnam und Singapur – und deshalb haben wir natürlich auch China einen Hafenbesuch angeboten. Um den Besuch der chinesischen Einheiten bei der Kieler Woche zu erwidern und um im Dialog zu bleiben.“

Geopolitisch nicht ernstzuehmen

Ein Hafenbesuch in Xi Jinpings China, dem doch das „Signal“ gelten soll? Wie der Journalist Thomas Wiegold auf seinem Blog „Augen geradeaus!“ unter Berufung auf zwei Forscher des britischen Think Tanks Chatham House schreibt, ist wohl geplant, im Hafen von Shanghai anzulegen – und zwar, bevor die Bayern ins Südchinesische Meer aufbricht, was den Eindruck verstärkt, die Deutschen zögen mal wieder ihr eigenes Ding durch, statt zu gemeinsamen Übungen mit dem britischen Verband zu stoßen. „Jüngste Bedenken unter anderem von sozialdemokratischer Seite stellen allerdings den Einsatz im Südchinesischen Meer mit Rücksicht auf China wieder infrage“, ist aus der NZZ zu erfahren.

Dazu dürfte es wohl schon deshalb nicht kommen, weil die 25 Jahre alte deutsche Fregatte nicht – wie zunächst geplant – im Uhrzeigersinn durch die Region pflügen wird, sondern in der entgegengesetzten Richtung, die Verbündeten also weiträumig umfährt. Wenn Kramp-Karrenbauer „Wir zeigen für unsere Werte und Interessen Flagge" sagt, fragt sich schon, was sie damit meint. Und ob diese Interessen noch mit denen unserer Allierten kompatibel sind.

Dass die Deutschen geopolitisch schon länger nicht mehr ernstzunehmen sind, wird sich von Portsmouth bis Perth herumgesprochen haben. Eine symbolische Präsenz in Gestalt einer abgetakelten Fregatte, die noch freundlich bei einer aggressiven Macht vorbeischaut, der gegenüber entschieden aufzutreten man vorgibt, ist kein „Signal“ für die Freiheit und Entschlossenheit, diese zu verteidigen, und wenn, dann ist es das falsche. Wasch‘ mir den Pelz, aber mach‘ mich nicht nass, so lautet der Tagesbefehl in Deutschland. Dementsprechend leistet man pflichtschuldigst einen, wenn auch noch so armseligen, symbolischen Beitrag für die Verbündeten, während man gleichzeitig mit Schurkenstaaten „im Dialog bleiben“ will. Das entschlossene Auftreten spart man sich hierzulande für Kritiker der Corona-Politik auf.

 

Foto: Imago

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Torsten Hopp / 05.08.2021

Es ist so schön, wie sich die Generäle lächerlich machen (lassen). Ich bin mir sicher, für menstruierende Männer gibt es Eimer auf den Toiletten der Fregatte. Dafür werden sich die Chinesen sehr interessieren.

Claudius Pappe / 05.08.2021

Abgetakelte Fregatten haben wir doch genug in Deutschland.

M. Grau / 05.08.2021

Für mich liest sich Ihr Beitrag ein wenig wie Kriegstreiberei, Herr Casula. Wie sollte eine entschlossene Antwort gegenüber China denn Ihrer Meinung nach aussehen? Anlandung bewaffneter Truppen in der Schweine… , äh Verzeihung, Shanghaier Bucht? Flächenbombardements nach vietnamesischem Vorbild? Entlaubungsaktionen mit Agent Orange? Nahezu alle derartigen militärischen Interventionen der vergangenen Jahrzehnte sind schiefgegangen und haben nichts weiter erreicht, also unzählige Menschenleben zu kosten. Zuletzt in Afghanistan. Zwanzig Jahre, zehntausende Tote, und trotzdem ist politisch alles so wie es vorher war. Und das gegen ein Volk, das noch in Lehmhütten lebt! Was glauben Sie, wie da eine militärische Intervention gegen das hochgerüstete, atomar bewaffnete und mit unerschöpflichem „Soldatenmaterial“ ausgestattete China enden wird? Genau! Mit Heulen und Zähneklappern.

Karsten Dörre / 05.08.2021

Kein Affront. Die deutsche Fregatte hätte innerhalb des Verbandes im Schlepptau genommen werden müssen, um mitzukommen. So ist das Hinterhertuckern und Treffvermeidung im Pazifik sinnig zu schlussfolgern. Vor deutscher Militärtechnik mit Beflaggung hat niemand Respekt, für militärisches Rüstungshandwerk ohne Bundeswehr-Bezug gibt die Welt viel Geld aus.

Bernd Ufen / 05.08.2021

Als ehemaliger Mitarbeiter der deutschen Handelsmarine mit weltweiten Einsatzfeldern bin ich in dieser Region häufig unterwegs gewesen. Erstmal möchte ich dazu feststellen, die Jungs und Mädels von der Bundesmarine sind noch lange nicht da!  Es ist ein ziemlich weiter Weg in der “großen Küstenfahrt”, wie es in der Seefahrt so schön heißt, und verdammt warm ist es auf der Anreise auch. Was vielen Seefahrt Legasthenikern so selbstverständlich erscheint, ist letztenends das Produkt harter Arbeit unter teilweise erschwerten Umständen, wie man heute sagen würde. 70° Celsius im Schornsteinschacht und dann dort arbeiten, dazu gehört auch eine gewisse Leidenschaft für die Seefahrt und die Company. Die Sprechblasen der Kramp - Karrenbauer aus der Worthülsenfabrikation sind der Erwähnung nicht wert. Aber so kommen die Jungs und Mädels von der BW wenigstens mal zu einer Äquatortaufe und können davon erzählen. (Wenn alles klappt). Nur so erkenne ich einen Sinn in der Reise.

Arno Josef / 05.08.2021

Es dürfte wohl darauf hinauslaufen, dass die Chinesen unser Alteisen nach der langen Reise zusammenflicken dürfen, denn die deutsche Kanonenboot Politik hat schon mal ins Abseits geführt. Ähnliches gilt allerdings auch für den britischen Verband, der so konkurrenzfähig wie die “Force Z” ist, die die Japaner einfach versenkt haben. Hier werden nur Ressourcen verschwendet für ein politisches Bild, das Handlungsstärke demonstrieren soll, aber politisch eher in die Kategorie Schwachsinn einzuordnen ist. Aber Napoleon Maas und AKK hatten lange keinen Auftritt mehr!

Christa Born / 05.08.2021

Eine Seefahrt die ist lustig…  Ist ja jetzt schon lustig, aber richtig lustig wird’s wenn Annalena den Heiko ersetzt. Gütiger Himmel, jetzt schaltet doch erst mal die Kraftwerke ab in Deutschland und rettet das Weltklima. Danach retten wir dann weltweit die Menschenrechte. Eins nach dem anderen. Sonst geht’s euch wie dem Gröfaz einst, der wollte auch zuviel auf einmal.

Peter Zinga / 05.08.2021

SchurkenStaaten: kennen Sier es nennen? Ist es Saudi Arabien, zum Beispiel? Oder sind es Alle, welche nicht dem Westen gehorsam sind?

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Claudio Casula / 08.05.2024 / 12:00 / 44

Noah, Mohammed und die fehlenden Kinder

Die jetzt kursierende Liste mit den beliebtesten Namen für Neugeborene macht eine Entwicklung deutlich und ignoriert eine andere.  Und da ist sie wieder, die Liste…/ mehr

Claudio Casula / 04.05.2024 / 06:15 / 111

Wollt Ihr den totalen Stuss?

Jüngst brillierte SPD-Chefin Saskia Esken in einer unter deutschen Politikern beliebten Disziplin: dem Nazi-Vergleich, ohne zu begreifen, wie geschichtsvergessen und verleumderisch dieser ist. „Wer heutzutage in einer…/ mehr

Claudio Casula / 03.05.2024 / 06:15 / 138

Good Buyx!

Nach acht Jahren, davon vier als Vorsitzende, ist Alena Buyx aus dem Deutschen Ethikrat ausgeschieden. Anlass, ihr Wirken in der Corona-Zeit noch einmal angemessen zu würdigen. In einer…/ mehr

Claudio Casula / 01.05.2024 / 06:15 / 82

Der Tag der verschmähten Arbeit

Auch an diesem 1. Mai werden Politiker wieder über Arbeit sprechen und dabei reichlich heiße Luft emittieren. Selbst haben sie immer häufiger mit echter Arbeit…/ mehr

Claudio Casula / 29.04.2024 / 12:00 / 103

Hamburg auf Kalifat-Kurs

Seit vielen Jahren ist Hamburg eine Hochburg des Islamismus, doch die Behörden haben vor allem ein Auge auf den Rechtsextremismus. Am Wochenende riefen hier über 1.000 Islamisten…/ mehr

Claudio Casula / 27.04.2024 / 06:00 / 100

Mario Voigt und die Lizenz zum Twittern

Im digitalen Raum regt sich unvermindert Widerstand. Jetzt liebäugelt auch Thüringens CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt mit Zensur-Fantasien. Mehr als vier Jahre ist es her, da wurde die Wahl eines…/ mehr

Claudio Casula / 25.04.2024 / 06:00 / 108

Boris der Große im ZDF

Ein Film über Verteidigungsminister Boris Pistorius im ZDF wird als Meisterwerk der Hofberichterstattung in die Fernsehgeschichte eingehen. Vor einer Woche zeigte das ZDF die Doku „Mensch Merz!…/ mehr

Claudio Casula / 24.04.2024 / 06:25 / 58

Mit Inhalierscham das Klima retten

Schlechte Nachrichten für die 6,1 Millionen Patienten in Deutschland, die auf Inhalatoren angewiesen sind: Sie sind von einer neuen EU-Verordnung betroffen. Die Verordnung über fluorierte Treibhausgase und…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com