Titus Gebel / 27.02.2019 / 06:05 / Foto: Tim Maxeiner / 49 / Seite ausdrucken

Die Rente ist unsicher – ein Vorschlag zur Güte

Einer Legende zufolge haben sich die Deutschen nach zwei von ihnen angezettelten Weltkriegen bewusst für das Umlageverfahren der Rentenversicherung entschieden, weil für das Kapitaldeckungsverfahren nicht mehr genug Reserven vorhanden gewesen seien und man die armen Rentner nicht einfach sterben lassen wollte. 

Dazu ist zunächst anzumerken, dass „die Deutschen“ noch niemals das Recht hatten, zu irgendeiner Sachfrage zu entscheiden, weder was das Rentensystem angeht noch das Beginnen von Kriegen. Solche Dinge übernimmt bis heute stets die politische Führung, an deren Handlungen die beschränkte Einsicht des Untertanen anzulegen sich nicht geziemt. Zum anderen haben „die Deutschen“ sich nach dem zweiten Weltkrieg zwölf Jahre Zeit gelassen, das Umlagesystem einzuführen und in dieser Zeit bekanntermaßen die Alten auf den Straßen einfach sterben lassen. Das große Altensterben war Ihnen nicht bekannt? Mir auch nicht, es fand nämlich nicht statt. Aber so werden eben Legenden gestrickt.

Wie die meisten Legenden enthält auch diese einen wahren Kern. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, mit dem Verlust großer Gebiete sowie der Zerstörung zahlreicher Industrieanlagen, war die Kapitalbasis der Rentenversicherung stark beeinträchtigt. Die Rentenleistung war gering, Altersarmut die häufige Folge. Die werktätige Bevölkerung hingegen verzeichnete aufgrund von Ludwig Erhards liberalen Reformen, in Unkenntnis wirtschaftlicher Zusammenhänge als „Wirtschaftswunder“ bezeichnet, stetig steigende Löhne. 

„Kinder kriegen die Leute immer“

Zwar wäre es möglich gewesen, über die damals schon stärker sprudelnden Steuern für die Rentner eine Zusatzleistung zu erbringen. Aber stattdessen entschied sich der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer, das Umlagesystem zu propagieren. Vorteil: Es konnte sofort eine höhere Rente an die bisherigen Rentner bezahlt werden. Einwände, etwa von Ludwig Erhard, und Hinweise auf mögliche demographische Probleme fegte Adenauer mit der Bemerkung vom Tisch: „Kinder kriegen die Leute immer.“ 

Das war aber schon damals fragwürdig, denn in den 1920er Jahren war die Geburtenrate in Deutschland bereits auf nur noch 2,08 zurückgegangen, von vormals 4,17 (1901). Es bedurfte also nicht der Erfindung der Antibabypille, um zu erkennen, dass demographische Entwicklungen durchaus so verlaufen können, dass weniger Kinder geboren werden, als Alte vorhanden sind, zumal wenn die Lebenserwartung steigt. Das System wurde also von vornherein auf Risiko angelegt. Warum? Aus Gründen, die auch anderswo in der Politik vereinzelt (Hetzer würden sagen: flächendeckend) anzutreffen sind: um mit dem Geld der anderen Macht und Beliebtheit zu kaufen. Und so geschah es auch. Zitat Wikipedia zur Einführung des Umlageverfahrens:

„Der Grund dafür, dass die Kritiker und Gegner der Reform (gemeint ist die Einführung des Umlagesystems, der Autor) bei ihrer Umsetzung kaum angehört wurden, lag in der anstehenden Bundestagswahl 1957. Umfragen hatten ergeben, dass das Ansehen Adenauers und der CDU in der Wählergunst gesunken war und dass die Oppositionsparteien über mehr als die Hälfte der Stimmen verfügten. Vor allem die unpopuläre Streitfrage der Wiederaufrüstung und die Einführung der Wehrpflicht hatten die Bundesregierung in der Bevölkerung unbeliebt gemacht. Es war Adenauer selbst, der die Umsetzung der Reform vorantrieb, um sie noch vor der Bundestagswahl abzuschließen. Er machte die weit verbreitete Altersarmut zum zentralen Wahlkampfthema... Tatsächlich bewirkten diese öffentlich ausgetragenen Reformbemühungen einen Stimmungswandel in der Bevölkerung, die nunmehr wieder mehrheitlich die Unionsparteien bevorzugten.“

Nicht nur das. Die Bundestagswahl 1957 wurde der größte Wahlsieg in der Geschichte der CDU/CSU – die Partei erreichte die absolute Mehrheit mit 50,2 Prozent der Zweitstimmen. Hand aufs Herz, liebe Leser. Wie hätten Sie und ich entschieden, wenn wir damals im Rentenalter gewesen wären? Vermutlich hätten wir genauso CDU gewählt und die Risiken und Bedenken in den Wind geschlagen. Menschen bevorzugen in der Regel den kurzfristigen Gewinn vor der langfristigen Stabilität, und daher ist es auch überhaupt nicht verwunderlich, warum die von Robert von Loewenstern kürzlich auf Achgut.com beschriebenen Entwicklungen des Umlageverfahrens eingetreten sind.

Mit jedem Rentenpunkt, den ich einer weiteren Gruppe zuweise, kann ich als Politiker Wählerstimmen kaufen. Diese Zusatzvergütung ist für die betroffenen Wähler ein unmittelbarer, messbarer Gewinn, wohingegen sie für die anderen, deren Ansprüche dadurch verwässert werden, ein nicht so klar zu beziffernder Gesichtspunkt ist, der üblicherweise nicht ausschlaggebend für die Wahlentscheidung ist. Verschiedene Parteien haben aber unterschiedliche Klientel und so ergibt sich ein ständiges Hü und Hott. 

Macht ist stärker als Vernunft

Die zu beobachtende Entwicklung des deutschen Umlagesystems ist daher nichts Außergewöhnliches, über das man in Entrüstung über die Schlechtigkeit oder Unfähigkeit von Politikern ausbrechen müsste. Vielmehr ist das der zu erwartende Gang der Dinge, wenn man einer Gruppe von Leuten die Möglichkeit gibt, über das Geld anderer Leute zu befinden und sich dadurch Macht zu kaufen. „Eine andere Möglichkeit wäre, dass der Arbeitsminister einfach solides und verantwortungsvolles Politik-Handwerk abliefert“, meint Robert von Loewenstern. Doch, das ist meines Erachtens keine Option, denn dann wird der betreffende Politiker beziehungsweise seine Partei abgewählt. Es gilt hier wie in allen anderen Lebensbereichen auch: Wer von der Politik vernünftige Lösungen erwartet, hat nicht verstanden, dass der Wille zur Macht stärker ist als alle Vernunft (Roland Baader).

Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist, das Kapitaldeckungsverfahren und das Umlageverfahren als prinzipiell gleichwertige Alternativen der Altersversorgung zu behandeln. Nichts könnte falscher sein. Die beiden Systeme verhalten sich zueinander wie Kapitalismus und Kommunismus. Normalerweise meide ich den Begriff Kapitalismus, weil darunter häufig ein wirres Sammelsurium verschiedener Dinge verstanden wird („irgendwas mit Gier und Egoismus“). Hier ist er aber einmal angebracht, denn es geht tatsächlich um die Akkumulation von Kapital und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Konsequenzen. Zur Sache:

Stellen Sie sich eine steinzeitliche Insel vor. Die Bewohner der Insel schaffen es, unter Aufbietung all ihrer Geduld und Körperkräfte pro Tag einen Fisch mit den bloßen Händen zu fangen. Dieser Fisch dient ihnen zum Überleben, aber sie müssen dafür den gesamten Tag verwenden. Nun hat einer – nennen wir ihn Peter – die Idee, sich ein Hilfsmittel für den Fischfang zu bauen, ein Fischnetz. Dazu muss er geeignete Lianen und Hölzer finden und diese in der richtigen Weise zusammenfügen. Diese Arbeit dauert drei Tage und in dieser Zeit muss Peter hungern. Nach Fertigstellung kann er aber mit dem Netz zwei Fische pro Tag fangen. Er hat also täglich einen Fisch übrig, den er nicht zum Lebensunterhalt braucht und den er entweder eintauschen oder für den nächsten Tag als Vorrat aufheben kann. An diesem Tag könnte er etwas anderes machen als zu fischen und etwa neue Ideen entwickeln, wie der Lebensstandard verbessert werden kann.

Peter ist der Urkapitalist schlechthin, denn er hat (1) durch Konsumverzicht (2) gespart, in dem Fall Arbeitszeit und diese (3) auf eigenes Risiko (4) in ein privates Produktionsmittel investiert, das (5) ihm eine gesteigerte Produktion ermöglichte. Und so funktioniert jeglicher Fortschritt, exponentiell gesteigert seit der Neuzeit, als man Kredit- und Geldwesen perfektionierte und dadurch auch denjenigen die Verwirklichung von neuen Projekten möglich wurde, die selbst kein eigenes oder nicht genügend Kapital mitbrachten. Wirtschaft ist kein Nullsummenspiel und war nie eines. 

Die Antikapitalisten unter den Lesern müssen jetzt ganz tapfer sein. Aus dem Peter-Beispiel wird nämlich deutlich: Der Kapitalismus ist keine Erfindung, sondern eine Entdeckung. Jeglicher Kampf dagegen ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Sobald den Menschen Freiheit zugestanden wird, werden sich kapitalistische Systeme von selbst entwickeln. Und wenn dies mit politischer Gewalt unterbunden wird, dann sind Armut und gesellschaftliche Auflösung die Folge, wie gerade in Venezuela zu besichtigen sowie in sämtlichen 83 vorangegangenen kommunistischen oder sozialistischen Systemen seit der Oktoberrevolution.

Das Umlageverfahren ist ein Nullsummenspiel

Zurück zum Kapitaldeckungsverfahren. Der Grund, warum dieses Verfahren überlegen ist und einen höheren Rückfluss ermöglicht als jedes Umlageverfahren, liegt eben darin begründet, dass hier „kapitalistisch“ tatsächlich etwas gespart und investiert wird. Es werden sozusagen pro Monat ein paar Fische zurückgelegt und diese an Dritte gegeben, damit diese nicht täglich fischen müssen, sondern sich mit der Entwicklung neuer Fangmethoden beschäftigen können. Im Gegenzug erhalten die Fischer einen Anteil an den künftigen Erlösen der Unternehmen. Einige neue Ideen scheitern auch, aber bei entsprechend großer Streuung des Portfolios werden sich mit der Zeit die gewünschten Überschüsse einstellen. Von diesen Erträgen können die Fischer dann im Alter leben. 

Das zugrundeliegende Konzept beruht auf Wirtschaftswachstum aufgrund von Produktivitätsfortschritten und hat dazu geführt, dass die Menschheit heute einen Wohlstand hat, der in der Geschichte unerreicht ist und der im Wesentlichen erst in den letzten 200 Jahren eingetreten ist und das trotz Vervielfachung der Bevölkerungszahl. Noch nie war die Umwelt in dichtbesiedelten Gebieten so sauber wie heute, und nein, die Ressourcen gehen uns entgegen der Behauptungen des Club of Rome nicht aus.

Im Umlageverfahren hingegen werden pro Monat ein paar Fische zurückgelegt, damit die Alten sich davon ernähren können. Es wird nicht gespart, nichts investiert und nichts Neues entwickelt. Werden die Alten immer älter und gibt es weniger Junge, die täglich mit dem Fischfang beschäftigt sind, haben die Alten ein Problem. Das Umlageverfahren ist im Gegensatz zum Kapitaldeckungsverfahren nämlich ein Nullsummenspiel.

Immigration ist keine Lösung

Es ist aber nun mal deutsche Realität, dass die Lebenserwartung gestiegen, die Geburtenrate eingebrochen und damit das gesamte Umlagesystem in Schieflage geraten ist. Das wäre selbst dann der Fall, wenn nicht ständig von der Politik sachfremde Zusatzbelastungen kreiert würden. Das System bedarf ständiger Korrekturen, wie Erhöhungen der Lebensarbeitszeit und kann irgendwann nur noch mit Einspeisungen von außen (Steuermitteln) am Leben gehalten werden. Das Konzept der Replacement Migration dürfte insbesondere aus diesem Grund entstanden sein, denn einigen Politikern dämmerte bereits, dass hier ein Riesenproblem auf die Gesellschaft zukommt. Immigration ist freilich eine untaugliche Lösung, wenn die Zuwanderer überwiegend unqualifiziert sind. Und warum sollen Qualifizierte in ein Land einwandern, das ihnen mehr als die Hälfte des Erarbeiteten in Form von Steuern und Sozialabgaben wieder abnimmt?

Hier ist eine Alternative: Chile hat trotz alternder Bevölkerung bereits 1980 geschafft, was in Europa als unmöglich gilt. Die Rede ist vom Wechsel der gesetzlichen Rentenversicherung vom Umlagesystem zum Kapitaldeckungsverfahren. Bitte verschonen Sie mich mit Pinochet-Vorwürfen, die Tatsache, dass dieses System unter ihm eingeführt wurde, ändert nichts, aber auch gar nichts an der Tauglichkeit des Konzepts. Sie essen ja auch mit Messer und Gabel, obwohl Hitler dasselbe getan hat. Finanziert wurde die Übergangsphase in Chile durch Steuern und (vorübergehende) Schuldenaufnahme. Es besteht nur noch eine einzige Verpflichtung, nämlich 10 Prozent des Bruttoeinkommens auf ein Rentensparkonto einzuzahlen.

Wer möchte, kann freiwillig mehr bezahlen. Dafür gibt es zertifizierte private Rentenversicherungsanbieter, welche die entsprechenden Gelder anlegen und unter denen die Einzahler frei wählen können. Das Rentensparkonto ist das persönliche (vererbbare!) Eigentum des Arbeitnehmers. Ist die Altersrente von 65 Jahren erreicht, kann der Berechtigte seine Leistungen abrufen, aber auf Wunsch daneben trotzdem weiterarbeiten und zusätzlich verdienen. Umgekehrt kann altersunabhängig jeder, der Ansprüche angespart hat, die eine Rente in Höhe von mindestens 50 Prozent des Durchschnittseinkommens der letzten 10 Jahre ermöglichen, in den Ruhestand gehen. 

30 Jahre später konnte folgendes Fazit gezogen werden: Die Leistungen des neuen Systems liegen heute bereits um 50 bis 100 Prozent über denen des alten Umlagesystems. Durchschnittlich werden Rentenquoten von circa 80 Prozent des Durchschnittseinkommens der letzten zehn Jahre erreicht! Zum Vergleich: in Deutschland sind es im Umlageverfahren 44 Prozent trotz Verlängerung der Lebensarbeitszeit auf 67 Jahre. Die Wachstumsrate der chilenischen Wirtschaft hatte sich aufgrund des dadurch neu gewonnenen Anlagekapitals über einen langen Zeitraum nahezu verdoppelt. Die Arbeitnehmer haben ein direktes Interesse an der Wirtschaft entwickelt, sind sie jetzt doch Anteilseigner der größten chilenischen Unternehmen. Demographische Probleme sind irrelevant. Zahlreiche Staaten haben sich das chilenische System inzwischen zum Vorbild genommen, neben diversen südamerikanischen Ländern auch Australien, Polen, Kroatien, Schweden und Hong Kong.  

Ich halte fest: Die Auszahlungsquote ist bei Kapitaldeckungsverfahren durchweg höher, die Mittel sind vererbbares Eigentum des Betroffenen ohne Zugriffsmöglichkeit der Politik, ein früherer Renteneintritt ist nach Erreichen der Sparziele möglich, demographische Probleme sind irrelevant, das Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge wird geschärft.

Nicht mal was für kommunistische Chinesen

Demgegenüber das Umlageverfahren: immer niedrigere Auszahlungsquote, keine kalkulierbare Äquivalenz zwischen Beitrag und späterer Rente, stattdessen willkürliche Festlegung dieses Verhältnisses durch die Regierung in jederzeit abänderbaren Formeln, Totalverlust der Ansprüche bei frühzeitigem Ableben, latente Instabilität bei demographischen Veränderungen. Mir erschließt sich die Eleganz dieses Systems nicht.   

Ich propagiere das Kapitaldeckungsverfahren hier lediglich im Hinblick auf einen möglichen Neuanfang nach einem, sagen wir einschneidenden Ereignis. Es ist nach meiner Einschätzung ansonsten in Deutschland chancenlos. Zwar wäre ein Übergang innerhalb einer Frist von vielleicht zehn Jahren steuerfinanziert möglich. Vermutlich würde man aber heute nicht einmal in der FDP eine Mehrheit dafür finden. Es bleibt allenfalls zu beobachten, wie sich die AfD in der Rentenfrage positionieren wird. Dort gibt es den Vorschlag von Jörg Meuthen, der zumindest teilweise in Richtung Wahlfreiheit und Kapitaldeckung geht und die Gegenseite, die am Umlageverfahren festhalten will. Die Gegner Meuthens müssen eigentlich nur zwei Knöpfe drücken: Erstens „Die wollen uns unsere Rente wegnehmen“ und zweitens „Neoliberales Konzept der Ungleichheit“, damit dürfte die Sache dann zugunsten des Umlageverfahrens erledigt sein. 

Andere Länder, andere Sitten. Bereits zu Beginn der 1990er Jahre, während der letzten Jahre der britischen Herrschaft in Hong Kong, fegte der wichtigste Vertreter des kommunistischen (!) China den Plan des damaligen britischen Gouverneurs, in der Kolonie ein Rentensystem nach dem Umlageverfahren einzuführen, mit folgender Bemerkung beiseite: Es könne doch nicht sein, dass der Gouverneur als britischer Konservativer die "kostspieligen Ideen des Eurosozialismus" nach Hong Kong verpflanzen wolle.

Am Ende hat dann doch jedes Volk die Altersvorsorge, die es verdient. Es tut mir aber leid um die Minderheit, die gegen ihren Willen im Umlagesystem festgehalten und die nach dessen Scheitern wieder einmal unter „die Deutschen“ einsortiert werden wird. Wie wäre es, wenn wir stattdessen versuchsweise auf freiwilliger Basis alternative Alterssicherungsysteme zuließen und dann einfach schauen, was besser funktioniert?

Titus Gebel ist Unternehmer und promovierter Jurist. Er gründete unter anderem die Deutsche Rohstoff AG und ist Autor des Buches Freie Privatstädte - Mehr Wettbewerb im wichtigsten Markt der Welt.

Foto: Tim Maxeiner

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Frank Mora / 27.02.2019

Ein kapitalgedecktes System gibt es in D fürJedermann: Die Riesterrente. Dort wird wirklich Geld gespart und aus den Erträgen und dem Ersparten eine Rente gezahlt. Image? Kann jeder in sich gehen. Ähnliches auch bei den Versorgungswerken der Freiberufler (Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte etc.). Die sind pflichtversichert und das Geld wird angelegt. Problem ist die Leistungsausweitung durch die Politik, die in der PFLICHTversicherung aus dem Angesparten auch noch bezahlt werden muß. Das System kommt ohne Steuerzuschüsse aus bei hoher Lebenserwartung der versicherten Klientel. Schließlich der Blick in die Schweiz. Dort das 3-Säulenmodell. Die AHV-IV ist steuerfinanziert und ein glasklares Umlagemodell = Umverteilungsmodell. Dagegen sind die 2. Säule (Betriebsrenten) und die 3. Säule (private Rentenvorsorge) kapitalgedeckt. Viel Einzahlung = viel Rentenauszahlung. Da alle 3 Säulen ähnliche Anteile an den Altersbezügen der Eidgenossen erbringen also 1/3 Umlage und 2/3 Kapitaldeckung. Vom Schweizer Volk per Volksentscheid so gewollt.

Namor Peter / 27.02.2019

Da hätte ich gerne gewußt, wie schwer den der fiktive kapitalgedeckte Pensionsfonds der Deutschen im Jahre 2018 wäre, so etwa der Gesamtwert Belgiens? Wo das Kapital veranlagt wäre und ob dieses Kapital zusätzlich da wäre (Geldmengenausweitung) oder wem es den sonst fehlen würde.

F. Lutz / 27.02.2019

Problematisch bei der Umstellung des Systems sind die Kosten der Umstellung. Grob gerechnet dauert es ca. 40 Jahre bis das System vollständig auf kapitalgedeckt umgestellt ist. Rechnen wir mit Rentenkosten von 300 Milliarden jährlich (mit Renteneintritt der Babyboomer noch höher, aber der Einfachheit halber), welche zu Anfang vollständig und dann sukzessive nur noch Anteilig vom Staat gezahlt werden müssten, dann ergibt das 20 * 300 Milliarden, also effektiv 12 Billionen Euro Kosten für eine Umstellung. Die Geldentwicklung wurde der Einfachheit halber außen vor gehalten. Aufgrund der Kosten durch die Babyboomer würden sich die Kosten noch deutlich erhöhen. Eine derartig hohe Schuldenlast ist wohl unmöglich zu tragen.

Friedel Fierley / 27.02.2019

Das Umlagesystem würde sehr wohl einwandfrei funktionieren, wenn denn mal die gut 70% derer, die garnicht einzahlen mit berücksichtigt würden. Dazu gehören nicht nur Beamte, sondern auch Selbstständige und Freiberufler. Dann wäre es zudem nicht mehr als fair, wenn ALLE Einkünfte berücksichtigt würden. Dazu gehören z.B. Einkünfte aus Kapitalvermögen, Mieten usw. Wie das mit Beitragssätzen um die 5% funkitionieren kann sieht man bei den Schweizern. Die sind eher wenig im Verdacht so etwas wie Ur-Komunistisch zu sein :-) An den kapitalgedeckten Systemen verdient nur einer - und das ist der Anbieter der Modelle. Am Beispiel Riesterrente sieht man recht hübsch, dass alle staatlichen Zuschüsse sich komplett als Gewinn bei den Versicherungen und Banken manifestieren. Für den “Rentner bleibt davon exakt Null. ... und zu dem Modell “Peter und sein Fisch” liesse sich die Geschichte auch recht hübsch fortschreiben. Peter braucht nämlich spätestes dann, wenn er mal für ein oder zwei Tage seinen Fisch nicht los wird eine Kühlung. Dazu muß er investieren - Kühlung kostet Geld. Der Betrieb derselben dazu noch laufenden Unterhalt. Sein theoretischer Gewinn würde sich auf kleine Prozent des Anfangs zum Verkauf stehenden Fisches reduzieren. Der “freie Tag” würde sich so im besten Fall auf einen freien Tag alle Woche oder 2 reduzieren. Nun ist Peter aber ja gemäß Beschreibung so etwas wie der geborene Natur-Kapitalist. Er ist ja nicht dumm. Also stellt er Leute ein die nach seiner Methode einen größeren Überschuß produzieren - die aber als potentielle Kundschaft ausfallen - weil sie ja auch bezahlt werden möchten. Was dann an Überschuß bleibt geht danach nicht nur an Kühlung drauf. Es finden sich sehr schnell dann die Aasgeier des Systemes. Als erstes vermutlich der erste geborene Steuerberater, ein Unternehmensberater, ein Anlageberater und ein Anwalt :-) Wie es weiter geht überlasse ich einmal der Fantasy des Lesers. Willkommen im Kapitalismus :-)

F. Lutz / 27.02.2019

Ich sage es bei jeder Gelegenheit: Ich würde, wenn ich die Wahl hätte, lieber heute als morgen aus der gesetzlichen Rentenkasse aussteigen. Bereits heute, man kann es ganz einfach mathematisch errechnen, mit den derzeitigen “Untergrenzen”, werde ich weniger durch die Umlage-Rente erhalten, als hätte ich privat angelegt und lediglich Zinsen in Höhe der Inflationsrate erwirtschaftet. Dieses Verhältnis wird sich in den nächsten Jahren massiv verschlechtern, egal an welcher Stellschraube man drehen wird, Eintrittsalter, Höhe, Beitragshöhe. Bald wird die (im Durchschnitt) zu erhaltende Rente weniger sein, als wenn man das Geld einfach nur unter das Kopfkissen gelegt hätte. Hier die Berechnung (der Einfachheit halber unter der Annahme, dass man im Laufe des Lebens den Durchschnittsverdienst verdient hatte und mit 20 Jahren angefangen hat zu arbeiten, die Löhne nur in Höhe der Inflation gestiegen sind): 18,6% (Beitragssatz) * 47 (Beginn Arbeitsaufnahme - Renteneintrittsalter) = 8,75 (gezahlte durchschn. Bruttojahreslöhne) Zu erwartende Rente: [ 78 (durchschn. Lebenserwartung eines 2015 geb. Mannes) - 67 (Renteneintrittsalter) ] * 48,6 % (Bruttorentenniveau) = 5,35 (erhaltene durchschn. Bruttojahreslöhne) Es ergibt sich also eine Diskrepanz von 3,4 durchschnittlichen Jahresgehältern, welche im Durchschnitt nicht als Rente zurück gezahlt werden. Diese Zahl kann sich natürlich leicht variieren, wenn die Löhne weniger stark oder stärker steigen als die Inflation (und damit die Renten). Nehmen wir die schon in Aussicht gestellten “Untergrenzen” (von zukünftigen Überraschungen noch gar nicht zu reden) in diese Rechnung, also 43% Rentenniveau, Rentenbeitragssatz 21%, Renteneintritt 69 Jahre, dann ist das Ergebnis, dass wir 6 Jahresbruttogehälter in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen, welche wir nie wieder sehen. Für Frauen ist das Verhältnis etwas positiver, da sie eine längere Lebenserwartung haben, aber dennoch insgesamt sehr schlecht.

Belo Zibé / 27.02.2019

Peters Idee ist an sich gut und die menschlich wahrscheinlichste. Unklar ist aber, welche Erkenntnisse er noch daraus zieht.Aller Vernunft zum Trotz entdeckt Peter nämlich noch einige andere Vorzüge des zweiten Fisches: Höherer Status, Macht und Einflussnahme.Statt 1 Fisch gestern, möchte er heute 2 , morgen 3 und übermorgen 4 Fische zusätzlich . Vom Erfolg angespornt beginnt er nun fieberhaft seine Fänge zu steigern. Dazu reichen seine Fanggründe aber nicht mehr aus und er muss auf jene der anderen ausweichen und verhindern, dass diese zum Fischen kommen.Dazu hat er folgende Möglichkeiten: 1. Er bietet ihnen an ,mit dem Vorteil sich nicht mehr um Fangvorrichtungen kümmern zu müssen , für ihn zu fischen.Allerdings bleibt kein ganzer zusätzlicher Fisch mehr übrig, sondern nur 3/4 davon. 2. Er versucht andere nach Möglichkeit zu vertreiben, indem er durch seine gewonnenen Vorzüge und zusätzlichen Fischen ins soziale Gefüge seines Stammes eingreift und jene Eigenschaft stimuliert, die bei ihm schon stark ausgeprägt ist: Gier!  Es bedarf also eines Korrektivs, das einem solchen Treiben Einhalt gebietet, auch wenn dieses selbst von einer derartigen Entwicklung betroffen sein kann und häufig auch ist. Modifiziert lautet Roland Baaders Ausspruch nun: Wer in Peter die Lösung sieht, hat nicht verstanden, dass Macht und die Gier nach Fischen stärker sind als alle Vernunft. Und wer weiss, vielleicht war der Peter ja auch Autor von «Vom Fischer un syner Fru»

Benno Römer / 27.02.2019

Man könnte sich auch ein Beispiel an China nehmen, das eine fast identische Alterspyramide aufweist wie Deutschland. In China zahlt der Arbeitgeber alle Sozialversicherungen, so auch die Rente, zu 100%. Dabei wird der Arbeitnehmer nicht mit hohen Wochenarbeitszeiten ausgebeutet; diese beträgt 44 Stunden, allerdings auf 6 Arbeitstage verteilt. Im Schnitt geht man dort mir 55 Jahren in Rente. Die Gehälter sind gering aber so sind auch die Preise. Alles das kann man im WWW nachlesen. Bei alledem ist China ist das gelobte Land der investitionsfreudigen Industrie.

Dieter Hegger / 27.02.2019

Es gibt doch genügend Beispiele wie es funktioniert.  Aber da muss man halt mit ungetrübten Blick mal über die Grenzen des Besserwisser Landes Deutschland gucken.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Titus Gebel / 08.11.2023 / 16:00 / 6

Auch unser Zusammenleben ist ein Markt

Nach wie vor kämpfen wir leidenschaftlich darum, welches die „richtige“ oder „gerechte“ Art des Miteinanders ist. Warum akzeptieren wir nicht einfach, dass wir Menschen verschieden…/ mehr

Titus Gebel / 13.01.2023 / 14:00 / 19

Was macht der Dual-Fluid-Reaktor?

Der Dual-Fluid-Reaktor ist eine große Hoffnung für eine CO2-freie, kompakte, autarke und obendrein relativ preisgünstige Energieproduktion. Dazu ein kurzer Überblick: was bisher geschah, was derzeit…/ mehr

Titus Gebel / 27.03.2021 / 06:15 / 171

Grüne Ansage: Steuersklave, egal wohin du abhaust

Wer wissen möchte, was auf Deutschland zukommt, tut gut daran, das Wahlprogramm der Grünen zu lesen. Denn die Grünen konnten bisher auf lange Sicht sehr…/ mehr

Titus Gebel / 11.09.2020 / 12:00 / 22

So klappt es vielleicht doch noch mit dem Liberalismus

Sehen wir der bitteren Wahrheit ins Auge: Der Liberalismus hat heute nur wenige überzeugte Verteidiger und Anhänger. Das liegt darin begründet, dass er seine eigenen…/ mehr

Titus Gebel / 05.06.2020 / 06:15 / 169

Frau Badum antwortet nicht

Ende Januar 2020 reichte die Gruppe Klimafragen.org an alle im Bundestag vertretenen Parteien ihre sechzehn Klimafragen ein und bat um zeitnahe Beantwortung. Achgut.com berichtete hier. Dieser Bitte kamen…/ mehr

Titus Gebel / 15.05.2020 / 12:00 / 153

Die Grünen Khmer machen keine halben Sachen…

Im Leben wie in der Politik ist es ein pragmatischer und sinnvoller Ansatz, sich mehrere Optionen offen zu halten. Nehmen wir an, es sei erwünscht,…/ mehr

Titus Gebel / 07.04.2020 / 16:00 / 6

Pandemie: Was würde eine Freie Privatstadt tun?

In letzter Zeit werde ich oft gefragt, wie eine Freie Privatstadt mit der Corona-Krise umgehen würde. In meinem Konzept einer Freien Privatstadt bietet ein privates…/ mehr

Titus Gebel / 26.01.2020 / 15:00 / 42

Merkel ruft zum Klimadialog auf, CDU macht auf Eiszeit

Von Titus Gebel und Annette Heinisch. Letzten Donnerstag in Davos. Die Kanzlerin macht sich ausdrücklich für einen Dialog in Klimafragen stark. Wenn jeder nur in seiner Blase…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com