Bezüglich Bestandsaufnahme/Auswirkungen des Sozialstaates auf die Gesellschaft und den privat organisierten Alternativen dazu, bringen dieser und der direkt vorhergehende Artikel hervorragenden Diskussionsstoff. Ein Teil der Alternativen ist ja bereits in Deutschland vor gar nicht allzu langer Zeit sehr erfolgreich praktiziert worden. Die entscheidende Frage wird jedoch sein, wir rollt man den Sozialstaat behutsam zurück, ohne dabei diese Gesellschaft zu enteignen, oder durch Überlastung komplett zu sprengen? Die Voraussetzungen dafür sind derzeit nicht gegeben. Unser Bildungssystem spuckt kaum noch selbstständigen Menschen aus und das klassische Familienmodell ist derzeit vollkommen aus der Mode. Beides ist aber zwingende Grundlage für ein privat organisiertes soziales Biotop. Die Zunahme von Parallelgesellschaften und die hohe Staatsverschuldung erschweren die Situation noch mehr. Jeder noch so kleine Versuch, diese Dinge zu kommunizieren, wird sogleich von den Rot-Rot-Grünen fälschlicherweise als “völkisch” bzw. “nationalsozialistisch” verdammt und so im Keim erstickt. Dabei haben die Rot-Rot-Grünen doch bereits selbst erkannt, dass staatlich stramm durchorganisierte Sozialhilfe nicht nur nicht gut funktioniert, sondern teils sehr menschenunwürdig daherkommt. Also was tun, wenn sich die Gegenseite guten Argumenten vollkommen verschließt?
Der Autor hat in zwei Beiträge brilliant erklärt, warum der Sozialstaat nichts ist und warum er nie funktionieren kann. Und dann liest man hier die Leserkommentare und sieht, daß die Leute es einfach nicht verstehen. Da ist die Rede vom Sozialstaat als »ursprünglich guter Idee« und es wird die Mär von der krankenversicherungsfreien Zeit vor Obama in den Vereinigten Staaten wiedergekäut. Und es wird von den auch so notwendigen Zwangs»versicherungen« geträumt. Es ist zum Haareraufen, wie selbst intelligente Leute (ich glaube nicht, daß Dumme die Achse lesen) auf diesen durch und durch sozialistischen Sozialsstaatsbetrug hereinfallen. Die Mehrheit—und das zeigen die Leserkommentare ganz deutlich—scheint tatsächlich zu glauben, daß, wenn ihnen ein kleines bißchen von dem was man ihnen vorher gestohlen hat, zurückgibt, das ganze System schon in Ordnung ist. Abgesehen davon, daß ganz offensichtlich ein Gutteil der Kommentatoren der Idee anhängt, daß Beamte (Leute, die in ihrem ganzen Leben noch nicht gezwungen waren, produktiv und leistungsbezogen zu arbeiten und dann auch noch unter der Fuchtel von Politikern sind), etwas besser machen als Privatfirmen, bei denen immer leistungsbezogen gearbeitet wird (sonst ist man nämlich ganz schnell pleite). Wenn man diese ganzen Kommentare liest, weiß man, daß Wahlen besser abgeschafft gehören, denn Narren können nur Narren wählen. Dr. Gebel, wäre ich zwanzig Jahre jünger, wäre ich bei Ihrer geplanten Freien Privatstadt sofort dabei!
Der Autor ist Unternehmer. Ein Schelm, der böses dabei denkt. Hauptsache, seine Kassen sind prall gefüllt. Mir tun seine Mitarbeiter leid.
Die Analyse war gut, aber die Lösung ist nur halbherzig. Die Eigenverantwortung ist nur ein Teil. Aber was nützt der, wenn die andre Seite nicht mitspielt? Was, wenn die Jobs einfach geistig anspruchsvoller werden u. man da nicht mitziehen kann? Was, wenn die Jobs in die weite Welt gewandert sind? Mitwandern u. das Geld der dagebliebenen Gemeinschaft mitnehmen? Was, wenn die AG nur 450,-EUR Jobs anbieten, trotz hochqualifiziert? Was, wenn die AG einen reihenweise ablehnen, nur weil man über 40 ist? Dann hängt man auch ewig in der Sorge-Gemeinschaft u. damit vom Geld der andren. Nein. So wird das nichts Ganzes.
Alle Beteiligten in den Sozialsystemen haben es sich über Jaherzehnte darin gemütlich gemacht. Im Gesundheitswesen sind die Interessen der Pharmaindustrie, der Krankenkassen, der Privaten Krankenversicherung, der Patienten und Patientenverbände, der KVen, Ärztekammern, der Ärzte, der Industrie für Heilmittel, der paramedizinischen Berufe (Hebammen, Physiotherapeuten etc.) alle unter einen Hut zu bringen. Eine Änderung des Systems erfordert ein Umdenken, das Ökonomie und Fürsorge für andere unterstellt und an dieser Stelle führen alle Versuche der Veränderung ins Nirwana. Solange Politiker die 365 Tage - 24 Stunden-Rundum-Maximalversorgung versprechen, weil sie es nicht besser verstehen oder verstehen wollen, sind Ihre Vorstellungen leider nur eine hübsche Utopie. Lediglich der totale Crash (Geldentwertung, Naturkatastrophe, Krieg o.ä. ) oder ein Massenprotest wird hier eine Änderung herbeiführen können. Bis dahin Augen zu und durch, Steuern zahlen und Klappe halten, wie es gewünscht wird.
Der entscheidende juristisch-fixierte Knackpunkt scheint die im GG zuoberst stehende Formel “Die Würde des Menschen ist unantastbar” (mit Ewigkeitsanspruch) zu sein, welche eine Umsteuerung im aufgeblähten Block der sozialen Sicherungssysteme schier unmöglich macht. “Würde” besitzt einen edlen Klang, zumal dieser Passus bekanntlich vor dem Hintergrund der NS-Verbrechen im nachfolgenden Rechtsstaat postuliert wurde. Soweit mir bekannt ist, handelt es sich um ein weltweites verfassungsrechtliches Alleinstellungsmerkmal hierzulande. Gleichwohl liesse sich über das, was unter “Würde” zu subsumieren wäre, im konkreten Falle trefflich streiten, was wiederum tunlichst vermieden und deshalb - je nach vorherrschender politisch-ideologischer Großwetterlage - von Oben interpretiert und verkündet wird. Bestes Beispiel ist die regierungsamtliche Handhabe des brisanten Migrations-Komplexes, innerhalb dessen de facto “jedem, der kommt” die gleich (hohe) Portion Würde zuteil wird samt aller daraus resultierenden (rechtlich einklagbaren) Vergünstigungen. Will sagen, dass die Auslegungsbandbreite einen fließenden Charakter in sich trägt und daher gleichsam anfällig gegenüber Missbrauch ist (oder gar dazu einlädt). Diese innewohnende Schwachstelle mögen die Gründungsväter des U.S.-amerikanischen bzw. resp. angelsächsischen Rechtssystems ggf. im Blick gehabt haben, als sie die Redefreiheit als höchstes bürgerlichen Rechtsgut deklamierten. Zugleich damit wurde (trotz großzügigster Gewährung religiöser Gruppierungen) die Trennung zwischen Kirche und Staat dingfest gemacht; nicht so in DE, wo über Ethikkommissionen, Staatsfunk-Beiräte und große kirchliche Hilfsorganisationen sehr wohl Einfluss (ganz im jeweiligen Sinne von “Menschenwürde”) genommen wird. Last but not least hängen Art und Höhe des individuellen Einkommens von Jobs und der Steuerlast zwecks Generierung eigener sozialer Absicherungen ab; bislang hat dies bei jeder Regierung auf Eis gelegen.
Wahrscheinlich hat der Autor recht. Nur eine kleine Anmerkung, die Leute die können nichts dafür, die machen nur, was man ihnen seit Jahrzehnten vorkaut, auf allen Kanälen und in allen Formen. Wer, wie ich, schon etwas älter ist, erinnert sich an das so ab Ende der 50er immer stärker einsetzende Gejammer, der damals älteren Generation, das sich in dem Satz zusammenfassen lässt: “Ihr, die Jungen, ihr kennt genau eure Rechte, nur von Pflichten da wisst ihr nichts” das war schon in Zeiten so, die retrospektiv noch gut und vernünftig, bodenständig und hausbacken, von Ausnahmen abgesehen, erscheinen. Seit dieser Zeit ist es aber immer nur schlimmer geworden, ich habe mehrfach erlebt, dass Jugendamtmitarbeiter Kindern von Hartz IV Familien beigebracht haben, dass sie, die Kinder, ein Recht auf Vollversorgung durch die Eltern hätten, und gleichzeitig die Eltern ihnen das KIndergeld auszahlen müssten. (wohlgemerkt bei Kindern, die noch zuhause wohnen, den Weg zur Schule nur seltenst finden und die nichts, außer Ärger, zum Familienleben beitragen) das sei ihr Recht und das Kindergeld natürlich da um ihnen, den Kindern zu erlauben zu chillen, ein Bier trinken zu gehen, und sich anderweitig zu amüsieren. Weiter, sobald irgendwo in dieser Welt irgendwas schief geht, erscheint ein deutscher Experte im Fernsehen, der erklärt, es läge nur daran, dass dort eben nicht das deutsche Politik- Versorgungssystem etabliert sei. Man tut also so, als sei Hilfe für alle und jede ganz einfach, weil die dafür notwendigen Grundlagen, als da ist Geld, Zeit, Material und know how einfach da seien. Gleichzeitig hat man die innerfamiliäre Solidarität mit dem Wort der bürgerlichen Kleinfamilie und der Verachtung der Frau, die sich nur um Mann, Kinder und die alte Mutter, sowie die alte, kinderlose Tante kümmert, lächerlich gemacht und durch die ökonomischen Zwänge für normale Leute verunmöglicht. Manchmal denke ich der Untergang der sozialen Systeme ist gewollt, weil sie nicht funktionieren,
“Im Ergebnis ist das aufgezeigte mehrstufige Modell wesentlich „sozialer“ als heutige Sozialstaaten. Denn es mobilisiert das Beste im Menschen. Dazu gehört die Übernahme von Verantwortung für sich und Andere, echte Anteilnahme, die Stärkung von Familie und kleinen Gemeinschaften, Ideen- und Erfindungsreichtum zur Überwindung von Schwierigkeiten, freiwillige Solidarität und im Gegenzug Dankbarkeit sowie nicht zuletzt Stolz und Zufriedenheit, sein Leben aus eigener Kraft zu meistern.” Nicht wirklich. Davon könnten Ihnen Hunderttausende schon heute künden, die bereits weitgehend nach ihrem “Modell” leben, d.h. ohne Sozialstaats-Zuwendungen oder auch nur halbwegs hinreichende Kranken- und Rentenversicherung. WEIL sie sich irgendwann mal auf das von Ihnen propagierte Privat-Versicherungs-Modell eingelassen haben. Realitäts-Check am Rande: Wer Verantwortung für andere übernimmt, z.B. in der Pflege als PKV-Versicherter lebt überwiegend ohne reguläre Krankenversorgung deutlich unterhalb der sog. Armutsgrenze und hat nebenbei bemerkt nicht mal Anspruch auf Almosen der Essen-Tafeln. Auf diese “private” Weise macht man aus 1 Schwerkranken nicht nur 2, auch die Chancen für beide auf ein deutlich früheres Ableben durch Armut stehen ausgesprochen gut. Daneben halte ich es für neoliberalen Zynismus, einerseits solidarische Familienhilfe einzufordern, und andererseits auf Arbeitgeberseite immer agressiver Forderungen nach grenzenloser Mobilität von Arbeitnehmern zu erheben. Der Migrationspakt läßt grüßen. SO erhält man keine Familienverbände. Man zerschlägt sie! Und entzieht ihrem “Modell” nicht zuletzt damit den Boden.
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