Julian Marius Plutz, Gastautor / 20.01.2022 / 13:00 / Foto: RKO / 75 / Seite ausdrucken

Die Regierung hat die Kontrolle über ihren Intellekt verloren

Vor mehreren Jahrzehnten verfasste der großartige Christopher Hitchens eine interessante Definitionen, wie man eine Diktatur erkennt. Neben einem Geheimdienst, der das eigene Volk ausspäht, neben Militarismus und der Dinge mehr, stand ein Wort beim Briten besonders im Fokus: Willkür. Ein diktatorischer Staat erlässt Dinge, die objektiv wenig Sinn ergeben. Er handelt aus einem kratischen Selbstverständnis heraus, egal ob er Entscheidungen begründet oder nicht. Der Autor nannte diese Gesetze, freilich nicht ganz ohne ein ordentlich gewachsenes Selbstbewusstsein, nach seinem Nachnamen: Lex Hitchens. 

Seit dem 19. Januar 2022 gelten neue Booster-Regeln für das Vakzin von Johnson&Johnson. Konnte man sich am 18. Januar noch darüber freuen, den Status „geimpft“ zu genießen, ändert sich dieser einen Tag später ins Gegenteil: Nun ist man ein auszugrenzender Ungeimpfter. Wir erleben die fantastische Reihe dieser Bundesrepublik, die da heißt: „So schnell kann’s gehen“. Ist das noch so weit weg vom Lex Hitchens? Die Auflösung folgt. 

Diffuse Regeln in verschiedenen Bundesländern

Nehmen wir einen Freund und nennen wir ihn Bernd. Der Bernd hätte sich in hundert Jahren nicht gegen Covid19 „impfen“ lassen. Er tat es aus dem puren Druck der Regierung, da ihm sonst der Jobverlust drohte. Daher geht es heute zum Doktor mit der Spritze. Traumschön. 

Wie willkürlich die Regeln sind, allein was das Thema Johnson&Johnson angeht, zeigen die unterschiedlichen Bundesländer. Die Willkür ist hier mit Händen zu greifen, ebenso wie die Fassungslosigkeit der Bürger. In den Bundesländern Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen bleibt die „Grundimmunisierung“ mit J&J nach einem weiteren Injektion, dem viel zitierten Booster, bestehen. 

In anderen Bundesländern hat der gemeine Impfling Pech im Pech. Um von der neuen erspritzten Freiheit zu profitieren, muss in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Bayern zweimal „aufgefrischt“ werden. Hier in Bayern soll die erste Booster-Impfung nach vier Wochen erfolgen und die zweite drei Monate später. Die übrigen Bundesländer haben sich offensichtlich noch nicht entschieden. 

Bernd hat leider Pech gehabt, denn er wohnt nicht in der Hansestadt oder in der Pfalz, auch nicht in Hessen oder bei Bodo Ramelow. Er kommt aus Bayern, in dem Markus Söder neuerdings „nachgedacht“ hat, wie er selbst betont und deshalb angeblich Maßnahmen lockern will. Für Johnson&Johnson Vakzine, einen Konzern, der von einer Klagewelle wegen eines karzinogenen Babypuders überrollt wird, gilt das leider nicht. Schade, Bernd, das nennt man wohl Ungunst der falschen Geburt. 

Dem Staat ging der Intellekt abhanden

Um es konkret zu machen: Würde Bernd im südhessischen Babensberg wohnen, wäre er Stand jetzt mit einem Booster „grundimmunisiert“. Das heißt, er könnte alle traumschönen Annehmlichkeiten genießen, wie Skifahren mit Maske oder seinem Job problemlos nachgehen. Sein Kollege aber, Ernie, der wenige Kilometer im unterfränkischen Kleinostheim ansässig ist, muss sich zweimal boostern. Aber erst seit dem 19.1.2022. Andere Bundesländer haben momentan keinen Status für Johnson&Johnson-Impflinge. 

Wenn noch irgendjemand glaubt, die Bestimmungen über das Impfen gegen Covid-19 obliegt einer medizinischen Expertise, dem ist nicht mehr zu helfen. Irre Regelungen wie diese machen deutlich, worum es den Ministerpräsidenten geht: Machterhalt durch politische Entscheidungen. 

Um eines vorwegzunehmen: Wir leben in Deutschland, nicht in einer Diktatur. Daher ist die Lex Hitchens auch kein Lackmustest binärer Art: Diktatur ja oder Diktatur nein. Vielmehr geht es um Tendenzen, die immer auffallender werden. Eines davon – neben systematischem Demonstrationsverbot, staatlich evoziertem Denunziantentum, metertiefen Spalten in der Gesellschaft und staatstreuen Medien – ist die angesprochene Willkür. Keinem normal denkenden Menschen können diese Maßnahmen noch als rational erklärbar und sachlich begründbar verkauft werden. Die Regierung hat längst die Kontrolle über ihren Intellekt verloren. Im Hamsterrad herrscht Impfwillkür.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Neomarius

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Leserpost

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Gabriele Kremmel / 20.01.2022

Intellekt? Hat der Autor noch nicht von der langjährig geplanten EU-Impfagenda gehört, für deren Umsetzung noch ein paar rechtliche Hürden fallen müssen, für deren Abbau nun Corona der Vorwand ist?

Stefan Riedel / 20.01.2022

“Lotterie soll Lust aufs Impfen machen Stand: 20.01.2022 15:41 Uhr. In Österreich soll heute im Parlament die Corona-Impfpflicht beschlossen werden. Zusätzlich will die Regierung finanzielle Anreize zur Immunisierung schaffen - unter anderem mit einer Lotterie (tagesschau.de von heute). Das ist es doch. Die Gesundheit der Bürger als Lotterie! Einfach genial.

Erich Kriegler / 20.01.2022

Die Frage “Diktatur - ja oder nein?” lenkt ab. Wenn der Kanzler OS offen erklärt, dass es für ihn keine “roten Linien” mehr gebe, ist dies ein offene Abkehr von unserer Verfassung. Darum geht es! Selbstredend haben wir noch demokratische Elemente und in Teilen funktioniert die freiheitliche-demokratische Grundordnung (noch). Aber es finden sich verstärkt paternalistische und totalitäre Elemente (objektiver und subjektiver Art) in der Politik, die antifreiheitlich sind und der Verfassung spotten. Und die Gerichte sind offenbar nicht in der Lage, dem Kippen des Sytems Einhalt zu gebieten. In die Grundfreiheiten wird seit knapp zwei Jahren dauerhaft, flächendeckend und auf massivste Weise eingegriffen mit wechselnden, aber keinesfalls tragfähigen Begründungen, dafür mit umso gewaltigeren Schäden. Nicht wenige Juristen sehen in dem politschen Handeln nicht nur massenhaft Verfassungsverstöße, sondern auch mutmaßlich strafrechtlich relevantes Verhalten. Und um sich dieser Verantwortung nicht stellen zu müssen, scheint den Verantwortlichen jedes Mittel recht. Die Politik stützt sich auf inkonsistente und einer Überprüfung nicht standhaltende Narrative, die aber weder vom Großteil der Justiz, noch von den Massenmedien hinterfragt und überprüft werden. Wir haben de facto eine Herrschaft des Unsinns (also in tatsächlicher Hinsicht) und des Unrechts (in rechtlicher Hinsicht). Eine “Diktatur” fängt nicht erst beim nationalsozialistischen Terrorstaat oder dem SED-Stasi-Unrechtsstaat an. Und um auf die Gefahren der aktuellen Entwicklung hinzuweisen, halte ich es für legitim, polemisch überzeichnend das Wort “Diktatur” in den Mund zu nehmen.

Peter Wagner / 20.01.2022

Hallo Julian Marius Plutz! “Um eines vorwegzunehmen: Wir leben in Deutschland, nicht in einer Diktatur.” Die angedachte Impfpflicht ist wohl ein Späßchen? Dann kloppen Sie Ihren Artikel in die Tonne. Und ich ärgere mich, weil ich mit dem Lesen wertvolle Zeit vertrödelt habe. Gehen Sie boostern, ich gehe spazieren.

Ilona Grimm / 20.01.2022

Abgesehen davon, dass man in einer Regierung/einem Parlament nicht mehr Intellekt erwarten kann als im Durchschnitt des Volkes, bin ich überzeugt, dass die Regierung voll im Einklang („Lockstep“) mit den Lokführern des Great Reset handelt. Alles, was uns wirr und willkürlich erscheint, basiert auf psychologischer Kriegführung, damit kein Delinquent mitkriegt/versteht, was abläuft und ihm am Ende droht. - - - PS: Was fehlt denn Ihrer Meinung nach noch an einer echten Diktatur, werter Herr Plutz?

Rolf Menzen / 20.01.2022

Und ich habe immer gedacht, in punkto intellektuelle Kapazität wäre das Politbüro der SED unter Honni nicht zu unterbieten. Man lernt nie aus.

Robert Ballhaus / 20.01.2022

“Um eines vorwegzunehmen: Wir leben in Deutschland, nicht in einer Diktatur.” Das kann man so sehen. Meine These ist, dass Deutschland in eine sanfte Diktatur transformiert wurde. Und wer weiß schon, was im Dezember 2022 ist. Vielleicht gibt es dann schon Lager, in die die Ungeimpften transferiert werden. Für eine Diktatur in Deutschland braucht es nicht viele Politiker- zwanzig reichen. Der Rest trottet mit. Und die Mehrheit der Menschen werden leider entweder zu Untertanen oder zu Blockwarten und Eichmännern.

Jakob Mendel / 20.01.2022

@Stephan Bender: Vielen Dank für Ihre freundliche Antwort! – Wenn die westlichen Verteidiger des Kommunismus nach der Veröffentlichung von „Der Archipel Gulag“ (1973) Zeter und Mordio schrien und ein „Solschenizyn-Schock“ ausbrach, kann ich mir das nur damit erklären, daß die Herrschaften Panaït Istratis „Auf falscher Bahn“ (1929), André Gides „Zurück aus der Sowjetunion“ (1936, Anm. 1937), Arthur Koestlers „Sonnenfinsternis“ (1940), Susanne Leonhards „Gestohlenes Leben“ (1956) UND NOCH VIELE ANDERE BÜCHER entweder nicht kannten oder nicht kennen wollten; ich vermute letzteres.

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