Julian Marius Plutz, Gastautor / 02.12.2022 / 12:00 / Foto: Pixabay / 21 / Seite ausdrucken

Arbeitsmarkt im Dezember – kaum Entspannung

Die Lage am Arbeitsmarkt bleibt prekär. Und das geplante „Bürgergeld”, das erst recht keinen Anreiz schafft, eine Beschäftigung anzunehmen, ist geeignet, die sozialen Spannungen im Land weiter zu verschärfen.

Zum letzten Mal in diesem Jahr tritt das Ensemble der Märchenerzähler vor die Kamera. Die Darsteller hören auf die Namen Andrea Nahles und Daniel Terzenbach, aber auch Arbeitsminister Hubertus Heil ist mit an Bord. Denen zufolge waren im November 2022 2,434 Millionen Menschen in Deutschland arbeitslos. Das waren 8.000 weniger als im Oktober, aber 117.000 mehr als vor einem Jahr. Das zeige, dass die Betriebe ihre Beschäftigten halten, erklärte ein stolzer Hubertus Heil. „Damit ist das Risiko, seinen Arbeitsplatz zu verlieren, historisch niedrig.“

Einfach traumschön, könnte man meinen. Jedoch spiegeln die Zahlen ebenso wenig die Realität ab, wie der gespielte Optimismus der Politiker. In den vergangenen Monaten legte ich dar, dass die Zahlen aus Nürnberg grundsätzlich unwahr sind. Weder ältere Arbeitslose noch Kurzarbeiter noch Mitarbeiter von Zombieunternehmen noch „Kunden” der Agentur, die in oft sinnlosen Maßnahmen stecken, werden berücksichtigt. Leider übernehmen so gut wie alle Medien die Zahlen der Agentur für Arbeit, was ich für ein fatales Versagen der sogenannten Qualitätspresse halte. Achgut bildet hier eine löbliche Ausnahme. So gehen konservative Schätzungen davon aus, dass mehr als 5,5 Millionen Menschen aktuell arbeitslos sind. 

Arbeiter subventionieren Nichtarbeiter

Was mittelbar mit den Arbeitslosenzahlen zu tun hat, ist das Alimentieren derjenigen, die keinem Beruf nachgehen. Je höher der Reiz ist, Sozialleistungen zu empfangen, statt Lohnarbeit zu verrichten, desto geringer ist die Chance, dass die Person eine Stelle annimmt. Menschen reagieren auf Anreize. Und der eine oder andere Mensch nimmt sogar leichte Einbußen in Kauf, wenn dadurch ein Mehr an freier Zeit entsteht. Diese kann man neben dem Ausschlafen, Fußball und RTL 2 auch für Schwarzarbeit nutzen. In anderen Fällen ist der Lohnabstand zwischen Arbeit und Sozialhilfe gering oder gar nicht vorhanden. Dieser Fall ist für eine Gesellschaft besonders ungünstig. 

Denn wenn Beschäftigte, die in Schweinfurt am Band stehen, in Bad Bocklet Senioren in drei Schichten pflegen oder in Wanne-Eickel im Straßenbau tätig sind, das Unvermögen der Arbeitsunwilligen finanzieren, dann führt dies denklogisch zu Spannungen. Ausdrücklich abgezogen seien hier Menschen, die aufgrund ihrer körperlichen, seelischen oder kognitiven Fähigkeiten überhaupt nicht arbeiten können. Dafür braucht es einen funktionierenden Sozialstaat. 

Die Ampelregierung hat nun beschlossen, das bisherige Hartz-IV-System abzuschaffen und ein sogenanntes Bürgergeld einzuführen. Kleiner etymologischer Spaßfakt am Rande: „Bürgergeld” stand über Jahre hinweg für ein Programm der FDP, was unter anderem auf den Ökonom Milton Friedman zurückgeht. Dieser schlug eine „negative Einkommensteuer" vor. Heißt, wer unterhalb eines gewissen Einkommens bleibt, muss keine Steuern mehr abführen, sondern bekommt ein Grundeinkommen. Das System ist mit einer Flat Tax, also einem prozentualen einheitlichen Steuersatz verknüpft.

Sanktionsmöglichkeit wird weiter gelockert

Davon ist das Vorhaben von SPD, Grünen und FDP weit entfernt. Ab 1. Januar 2023 erhalten Erwachsene Singles 502 Euro statt 449 Euro Hartz IV.; Partner, so sie volljährig sind, erhalten gemeinsam rund 100 Euro mehr, also 902 Euro. Jugendliche ab 14 Jahren werden mit 420 Euro statt 376 Euro alimentiert. Hinzu kommen die Heizkosten, die in tatsächlicher Höhe erstattet werden. Ebenso wird die Miete von der Agentur für Arbeit übernommen. 

So ist es durchaus möglich, dass ein Haushalt mit zwei Kindern mehr als 1.700 Euro netto im Monat zur Verfügung hat. Hierbei ist die Miete von z.B. 1.000 Euro bereits bezahlt. Heizkosten werden in „angemessener Höhe” bezahlt. Der Bedarf sollte individuell geprüft werden. Grob geschätzt erhält diese Familie Leistungen in Höhe von 3.000 Euro. Eine Summe, die ein Alleinverdiener nicht so ohne weiteres nach Hause bringt. 

Auch die Sanktionsmöglichkeiten wurden gelockert. Die Sanktion bei einer ersten Pflichtverletzung beträgt 10 Prozent des Regelbedarfs und dauert einen Monat, bei einer weiteren  Pflichtverletzung beträgt die Sanktion 20 Prozent und dauert zwei Monate, bei jeder weiteren (ab der dritten) Pflichtverletzung beträgt die Sanktion 30 Prozent und dauert drei  Monate. Um eine weitere Pflichtverletzung handelt es sich nur dann, wenn der Beginn des letzten Minderungszeitraums nicht länger als ein Jahr zurückliegt.

Zuwanderung bringt zusätzlichen Sprengstoff

Das heißt: Wer seine monatlichen Termine einhält, jede Woche eine Bewerbung – übrigens unabhängig von ihrer Qualität – abschickt, wird die Sozialleistung weiter erhalten. Damit ist das Bürgergeld das, was SPD und Grüne ohnehin fordern: Ein de facto bedingungsloses Grundeinkommen mit freundlicher Unterstützung der FDP.

Hinzu kommt die Problematik, dass der Ausländeranteil, was Arbeitslosengeld 2 angeht, seit 2016 auf 45 Prozent gestiegen ist. Der Trend geht nach oben. Hinzu kommt eine Zuwanderung, die seit 2015 nicht konsequent beendet wurde. Mehr noch: Die linksliberale Regierung und ihren gutsituierten Wähler fordern aufgrund des Fachkräftemangels noch mehr zügellose Zuwanderung aus zum Teil kulturfremden Regionen. Vereinfacht gesagt, evoziert eine unkontrollierte Einwanderung in Verbindung mit einer erhöhten Sozialleistung denknotwendig Arbeitslosigkeit. Wie gesagt: Menschen reagieren auf Anreize. Den Nutznießern ist weniger ein Vorwurf zu machen als der Politik, die dies zulässt. 

Das Auseinanderklaffen zwischen Erwerbstätigen einerseits und Profiteure in Verbindung mit einer unkontrollierten Zuwanderung andererseits bietet mehr sozialen Sprengstoff als die Politik sich das momentan ausmalt. Im Topf brodelt eine Inflation von 10 Prozent, ein fortgesetzter Krieg in der Ukraine, ein außer Kontrolle geratener Gesundheitsminister, ein völlig überforderter Wirtschaftsminister und ein Kanzler mit einer dubiosen Vergangenheit, der sich außerstande sieht, die Probleme des Landes anpacken zu wollen. Eine steigende Arbeitslosigkeit, die nicht durch monatliche Taschenspielertricks schöngerechnet werden kann, würde – um im Bild zu bleiben – den Topf zum Überlaufen bringen. 

Foto: Pixabay

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armin wacker / 03.12.2022

Also vor vierzig Jahren hat man mir schon erzählt, dass wir Arbeit in Zukunft nicht mehr brauchen. Fabriken in denen nur noch einer sitzt, um den Notausknopf bedienen zu können. Ich erinnere mich noch gut an die dreißig Stundenwoche bei VW. Wenn die Mitarbeiter, Beschäftigten oder am besten Angestellten sich in Stuttgart einfanden, hatten sie schon ein Großteil ihrer Angestellten Zeit mit der Anreise verbracht. Ja Rückreise stand auch noch an und die Pause dazwischen nannte man Meeting. Was die Arbeit anbelangt wissen wir seit der Pandemie - völlig überbewertet. Ja und seit wir wissen, dass es fünfzehn Facharbeiter bedarf, um einen unbegleiteten Jugendlichen in Deutschland zu versorgen ist das Bedürfnis nach Arbeit auch nicht gestiegen. Eigentlich geht die Ampel den Weg nur konsequent weiter. Wenn die Industrie nicht mehr existiert in Deutschland. hat sich das Facharbeiterproblem ,das Energieproblem, das CO2 Problem und das Klimaproblem von alleine erledigt. Oder wie Herr Schwab vom WEF zu sagen pflegt,vihr besitzt nichts mehr , seid aber glücklich. Das Haschisch und das trocken Brot kommt von der WHO.

Wolfgang Richter / 02.12.2022

@ H. Kolling - “Nun sind 2015 ja 2 Millionen Fachkräfte ins Land geflüchtet und täglich kommen neue. Aber der Fachkräftemangel wird trotzdem jedes Jahr größer. Irgendetwas stimmt nicht mit Rechnerei.” Ende 2014 vermeldete die Presse, “Vereintes Deutschland erstmals unter 80 Millionen Einwohner”, Heute sind “wir” offiziell bei mindestens 83 Millionen, wobei ich nicht weiß, ob die Million “Ukrainer” und sog. Geduldete da schon eingerechnet sind. Daß die Politdarsteller den Begriff “Fachkraft” mißbräuchlich benutzen, könnte daran liegen, daß viele von denen als abgebrochene Berufsbildungsversuchende damit keinerlei Erfahrung haben, die sprichwörtlichen “Blinden”, die von der “Farbe” reden, sind.

Ludwig Luhmann / 02.12.2022

@ Sam Lowry / 02.12.2022 - ““...dann werden die allermeisten von uns fortan im Elend leben.” Das ist jetzt schon so sicher wie das Amen in der Kirche.”—- Ich stimme zu!

Wolfgang Richter / 02.12.2022

“Ausdrücklich abgezogen seien hier Menschen, die aufgrund ihrer körperlichen, seelischen oder kognitiven Fähigkeiten überhaupt nicht arbeiten können. Dafür braucht es einen funktionierenden Sozialstaat. Die Ampelregierung hat nun beschlossen, das bisherige Hartz-IV-System abzuschaffen und ein sogenanntes Bürgergeld einzuführen. ” Bei den vielen “Baustellen” im Lande und der verkommenen Infrastruktur wäre mein Vorschlag, analog zum “echten” Arbeitsleben, daß jeder, der Geld aus den sog. Sozialkassen kassiert, entsprechend seiner “Fähigkeiten” für die Allgemeinheit arbeitet. Es sollte doch wohlo niemandes Fähigkeigen überfordern, täglich zu festgelegten Arbeitszeiten wenigstens in öffentlichen Anlagen Unkraut zu zupfen oder mittels Besen die Fußgängerzonen von Dreck zu befreien. Und wer dazu nicht bereit ist, der bekommt die “Stunden” halt monetär abgezogen. So einfach ist “mein Sozialstaat”. Dann klappts auch wieder besser mit den kommunalen Kassen, und das “Städtchen” kann man auswärtigen Gästen auch wieder vorzeigen, ohne sich zu schämen. In dem Zusammenhang - warum muß eigentlich bei den “Tafeln” für die “Bedürftigen” das Gemüse vorher von “Ehrenamtlern” geputzt werden??

Hans-Peter Dollhopf / 02.12.2022

Judith Panther: “Je höher der Reiz ist, Sozialleistungen zu empfangen, statt Lohnarbeit zu verrichten, desto geringer ist die Chance, dass die Person eine Stelle annimmt.” - - - Was für ein sklavisches Menschenbild der gegenseitigen Knechtsbezichtigung dieses System doch am Laufen hält. Auch ein Löwe kann verhungern, wenn er nichts erbeutet. Nur bleibt ein jeder seiner Art aber Herrscher der Savanne und von allem, was darinnen ist! Oder hat man je gehört, dass ein Löwe alle anderen für sich jagen lässt, um ihnen anschließend zu bescheiden, welche Brocken sie davon bekommen dürfen?

W. Renner / 02.12.2022

Nach meinem Eindruck, ist Bürger Ali dank Bürgergeld Fatwa recht entspannt im Arbeitsmarkt.

Rolf Mainz / 02.12.2022

Es wäre so einfach: Festlegung einer maximalen Zeitdauer, die jemand sozial alimentiert werden darf (sofern gesund und in arbeitsfähigem Alter). Diese Zeit muss genutzt werden, um eine neue Tätigkeit zu finden. Ist dieses Pensum zeitlich ausgeschöpft (entweder in einem Zug oder in mehreren Tranchen), gibt es pro Person nichts mehr an sozialer Unterstützung. Einen grösseren Anreiz zur Beschäftigungssuche kann es gar nicht geben. Und was macht man? Das genaue Gegenteil, darauf setzend, dass diejenigen weiterhin einzahlen, die dumm genug sind zu arbeiten. Und viele jener Dummen wählen solche Politiker/innen auch noch. Unfassbar, tatsächlich unfassbar dumm.

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