Thomas Rietzschel / 09.05.2020 / 11:00 / 20 / Seite ausdrucken

Die Rasselbande probt den Aufstand

Frau Merkel ist not amused. Die Ministerpräsidenten der Länder benehmen sich ungezogen. Sie wollen nicht mehr parieren. Eine undankbare Rasselbande, in der jeder glaubt, plötzlich auf eigene Faust regieren zu können. Dabei verstand sich es doch längst, dass sie exekutieren, was Ihro Gnaden im Kanzleramt anwies: Läden zu, Kneipen dicht, Abschottung nach außen und Hausarrest für die Bürger. Grundsätzlich wollten die Landesfürsten daran nicht deuteln, auch wenn der eine zwei, der andere drei Personen den gemeinsamen Freigang erlaubte. Hinter der rubusten Gestalt der Kanzlerin konnten sie allesamt gut in Deckung gehen. Alle Macht sollte von Berlin ausgehen. Ober stach Unter, Föderalismus hin oder her. Hauptsache, die Untertanen spurten in der Corona-Krise.  

Unterdessen aber scheint den Landesvätern ein Licht aufgegangen zu sein. Unverhofft ist ihnen das Hemd wieder näher als der Rock. Weil ihre Amtsstuben dichter vom Getümmel des Volkes umgeben sind als das Kanzleramt auf der grünen Wiese, dringt zu ihnen eher durch, was der Buschfunk meldet: In den tieferen Schichten der durchregierten Masse wächst der Unmut. Die Leute wollen wieder raus, zurück „ins normale Leben“; sie haben die Nase voll vom Katastrophenspiel. 

Um hier Dampf vom Kessel zu lassen, verfügen die Landesherren und -frauen Lockerung um Lockerung, ohne sich länger um Merkels Durchhalteparolen zu scheren. Nach der letzten „Schalte“ am vergangenen Mittwoch konnte die Kanzlerin nur noch ratlos dreinschauen. Beschlossen wurde: „Die Länder werden in eigener Verantwortung vor dem Hintergrund des jeweiligen Infektionsgeschehens und landespezifischer Besonderheiten über die schrittweise Öffnung“ entscheiden. 

Ja was denn sonst Herrschaften, kann man da nur sagen. Diese Verantwortung hätten die Länder von Anfang an übernehmen müssen. Bei der Bekämpfung einer Epidemie gilt ihre Hoheit, nicht die des Bundes. Er kann allein im „Spannungs- und Verteidigungsfall“ das Zepter in die Hand nehmen. Da die Lage zwar ernst ist, wir uns aber ganz gewiss nicht im Krieg oder auch nur einem kriegsähnlichen Zustand befinden, hat Merkel in der Sache schlichtweg nichts zu melden. So sind nun mal die Regeln einer föderalen Bundesrepublik. 

Ein Akt der Amtsanmaßung

Allenfalls koordinierend hätte der Bund Hilfe leisten dürfen. Keinesfalls aber war die Kanzlerin befugt, sich zur Oberbefehlshaberin aufzuschwingen. Einen Akt der „Amtsanmaßung“ nannte das Wolfgang Kubicki. Dass ihr die Mehrheit des Volkes dafür wochenlang Beifall spendete – die Angela macht einen guten Job –, ändert nichts am blamablen Ausgang des Manövers der praktischen Machtergreifung. Am Ende wollen sich die Bürger wohl doch nicht so ohne weiteres aller Freiheiten berauben lassen. Und die Länderchefs müssen nun sehen, wie sie wieder gute Laune machen, ohne das Gesicht zu verlieren. 

Wann immer sie ein Verbot zurückgenommen, heißt es: Nur die zuvor verfügten Einschränkung würden das ermöglichen. Nur so sei es überhaupt gelungen, Corona in den Griff zu bekommen: eine Infektionskrankheit, deren Opferzahlen sich bis jetzt auf ein Drittel dessen belaufen, was bei früheren Grippewellen zu verzeichnen war, etwa in den Jahren 2017/18. Und schon damals kapitulierten die Viren im Frühjahr und bei steigenden Temperaturen, hier wie in anderen Ländern Europas. 

Dass dieser saisonale Charakter der meisten Grippeerkrankungen heute nicht einmal in Erwägung gezogen wird, legt die Vermutung nahe, wir könnten weniger von Covid-19 bedroht sein als vielmehr von der Ansteckungsgefahr einer Hysterie, gegen die es keinen Impfstoff gibt, nirgends auf der Welt. Der Geist, den die Politik, immer erpicht auf die spektakuläre Aktion, aus der Flasche ließ, wird so schnell nicht wieder einzufangen sein.

Wem sollte daran auch gelegen sein? Angela Merkel? Wohl kaum. Dürfte sie doch erst einmal Mühe haben, den Anfang vom Ende zu verkraften, das ungezogene Benehmen der Ministerpräsidenten. Vorsorglich warnt sie schon mal: „Wir müssen aufpassen, dass uns die Sache nicht entgleitet.“ In der Tat, da sollte die Bundeskanzlerin auf der Hut sein.   

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Leserpost

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Stephan Bujnoch / 09.05.2020

AM wird sich weiter zurückziehen, um der Diskussion um die Notwendigkeit bzw. Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zu entgehen. Und diese Diskussion wird kommen. Mutti wird sich ex post als nicht zuständig bezeichnen, weil die Maßnahmen ja de iure durch die Länder beschlossen wurden. Jens Spahn wird es wohl erwischen, das RKI wird sein Fett wegkriegen. Die Regierung wird sich darauf zurückziehen, daß man die reale Gefährdung mangels ausreichender Datenlage nicht kennen konnte. Daß man Alles getan hat nicht Licht ins Coronadunkel zu bringen, siehe RKI und das Unterlassen von Obduktionen, und Alles vermieden hat, die notwendige Einschätzbarkeit zu verbessern wird nicht gesehen. Wenn also die Politik eine insuffiente Datenlage hatte anders zu entscheiden, dann trifft sie dennoch die Schuld, da sie nichts, aber auch gar nichts dafür getan hat, diesen Mangel zu beseitigen.

Jürgen Fischer / 09.05.2020

Och, das hatten wir doch erst vor kurzem, eine Etage höher: als das Bundesverfassungsgericht die Anleihekäufe der EZB als teinweise verfassungswidrig einstufte, kam als Reaktion von der EU-Kommission: „European Union law has primacy over the German constitution and the rulings of the European Union’s top court are binding for the German constitutional court as well”. DA sagt sie komischerweise nichts, obwohl es ihre verdammte PFLICHT wäre, der EU-Arroganz entgegenzutreten. Aber es ist nur konsequent, wenn man’s so betrachtet: Bundesrecht bricht Landesrecht, EU-Recht bricht nationales Recht ... schön wärs. Anscheinend bereitet die sich schon vor auf ihren nächsten Karrieresprung als UN-Generalsekretärin. Wahrscheinlich sieht sie sich dann als uneingeschränkte Herrscherin der Welt - zutrauen würde ich es ihr. Müsste man als sogenannter Volksvertreter nicht eigentlich verpflichtet sein, wenigstens rudimentäre Kenntnis des Grundgesetzes zu haben? Übrigens können wir erwarten, dass Lagarde sich einen Dreck um das BVG-Urteil schert.

Marc Blenk / 09.05.2020

Lieber Herr Rietzschel, von welcher ‘Sache’ sie da wieder redet, verrät uns die Kanzlerin mal wieder nicht. Auch nicht, wen sie mit ‘wir’ meint. Ist es das königliche Wir, die CDU, die Regierung, das Volk oder nur sie und ihr Ehemann? Vielleicht weiß sie das ja selber nicht. Es wäre nicht das einzige, was auf auf eine Persönlichkeitsstörung hindeuten würde und erklärte etliche ihrer Entscheidungen. Vielleicht gibt es für Merkel ja nur hop oder top, entweder totale Kontrolle oder völliges Entgleiten? Wäre es so, dann wäre der dritte Weg der Beste: Erlösung. Erlösung für sie, Erlösung für das Volk, dass so oder so mit ihren Katastrophenentscheidungen der letzten Jahrzehnte ausgelastet ist. Die Erschütterungen der Demokratie durch ihre Aushebelung des Rechtes, die Zwangsbürgschaften der deutschen Steuerzahler, die Aushebelung des Rechtes bei der Grenzöffnung…. Gibt es eigentlich eine Entscheidung dieser Kanzlerin in den letzten 15 Jahren, die dem Volk nicht schadete? Es könnte natürlich sein, dass all die Politiker (vor allem in der CDU) die dieser Frau seit Jahr und Tag in den Allerwertesten gekrochen sind, nun, mit ihrer Entscheidung, ihr in Coronafragen nicht mehr bedingungslos zu folgen, nun Blut geleckt haben.

Werner Arning / 09.05.2020

Werden die Jungs frech? Geradezu ungezogen? Muttis Wort wird infrage gestellt? Nur Teile der SPD, Linke und Grüne springen Mutti bei. Und Söder backt eigene Brötchen. Bedeutet dieses den Anfang vom Ende Muttis? Jetzt könnten ihr nur noch (ihre) Wissenschaftler beispringen. „Nächste Welle ist schon im Anmarsch!“ „Das Schlimmste steht uns noch bevor!“ „Die Lockerungen werden wir noch bereuen!“„Der R-Wert steigt dramatisch an!“ Mal sehen, wer dich dieses Mal durchsetzt. Normalerweise ist das Mutti.

Dieter David Seuthe, Psychotherapeut und Autor / 09.05.2020

Genau, und “die Sache”, die nicht entgleiten soll, ist die Macht. Wie sagte der absolutistische König Louis XIV im Paris des 17. Jahrhunderts so schön: “Létat, c’est moi.” Das würde die preußisch-stalinistisch-absolutistische Herrscherin aller Deutschen in Berlin gern nachmachen. Demokratie ist ja so lästig, nachher will das Volk noch selber entscheiden. Da müssen Krisen her, alle 2 Jahre eine, damit in geheimen Berlin-Coronagipfeln am gewählten Parlament vorbei regiert werden kann.

Sabine Lotus / 09.05.2020

Wir sollten aufpassen, daß sie auf diesem Misthaufen geschmeidig segelnd, nicht schon wieder mit ihren Zeitgeist’demokratie’spielchen durchkommt. Es ist zwar nur so ein Zucken im linken Zeh aber mir scheint, diesmal hat sie’s überzogen. Na, ich hoffe mal, das Zucken ist nicht nur eine Coronabegleiterscheinung. Oh, apropos,  Corona. Da hat man ja plötzlich Zeit für so einges, ich zum Beispiel für meine heißgeliebten Milchmädchenrechnungen und diese hier teile ich jetzt mal unkommentiert: Man nehme 83mio Einwohner in Deutschland. Davon sind (Statista) 44.960 000 erwerbstätig und 51.460 00 (Statista) wahlberechtigt. Teilt man nun die Wahlberechtigten durch die Erwerbstätigen ergibt sich ein Quotienwert von 0,874. JETZT rufen wir kurz in Erinnerung, daß nur noch so ca. 14% der Erwerbstätigen wertschöpfend tätig sind und multiplizieren 14% mit 0,874 und kommen auf…na? ~12% An was erinnert mich nun wieder diese Zahl? Jaja, Milchmädchen. Hat aber Spaß gemacht. :D

Rainer Niersberger / 09.05.2020

Im Merkelgeschwurbel heisst das dechiffriert , dass ihr!, nicht uns, die Allmacht entgleitet…..Ihre tatsaechlich einzige Sorge und ihr einziges Interesse. Ihre Sorge ist aber objektiv unbegründet, denn der Zwergenaufstand wird wieder versiegen und der Michel und die Micheline werden ihr weiter bedingungslos wohin auch immer folgen, zumindest etwa 85 %, und das reicht allemal fuer den “Endsieg”.

Karla Kuhn / 09.05.2020

„Die Länder werden in eigener Verantwortung vor dem Hintergrund des jeweiligen Infektionsgeschehens und ladespezifischer Besonderheiten über die schrittweise Öffnung“ entscheiden. ”  Das wurde auch höchste Zeit, die “Landes Fürsten und -Fürstinnen” haben sich viel zu lange von dieser Frau drangsalieren lassen.  Ich hoffe, es werden noch viel mehr Maßnahmen OHNE Merkel beschlossen, damit sie mal so richtig versteht, daß DEMOKRATIE KEINE ALLEINHERRSCHAFT ist. Die Frau muß ganz einfach weg ! In den 15 Jahren hat sie wahrscheinlich JEDE Bodenhaftung verloren. Schröder hatte in weiser Voraussicht gesagt, “SIE KANN ES NICHT”  Obwohl ich kein Schröderfan bin aber der Mann hatte 100 Prozent RECHT !  ” „Wir müssen aufpassen, dass uns die Sache nicht entgleitet.“ In der Tat, da sollte die Bundeskanzlerin auf der Hut sein.”  Sollte sie etwa ANGST vor UNS, DEM SOUVERÄN haben ? Glaube ich nicht, dann würde sie eher sagen, “Das ist nicht mehr MEIN VOLK”  Ich nehme an, sie hat panische Angst ihre ALLEINHERRSCHAFT an die MP der Bundesländer zu verlieren, weil sie wahrscheinlich noch nicht mal im Bilde ist, was FÖDERALISMUS eigentlich bedeutet. Man soll ja niemandem etwas schlechtes wünschen, das wünsche ich ihr auch nicht, ich wünsche ihr einfach nichts Gutes !  Die illegale Grenzöffnung, den Erdogandeal und die Leyen, etc. sollen ihr aber so richtig auf die Füße fallen und jetzt noch die MILLIARDEN CORONA PLEITE, was zu viel ist, ist zu viel !  Egal wer nachkommt, die “Aufräumarbeiten werden verheerend sein !! Und die STEUERZAHLER müssen blechen ! Vielleicht wachen dann die vielen “Schlafwessis” endlich auch auf !?

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