Ich sehe das ähnlich wie die Vorkommentatorin , Frau Hirsch. Bis vor einigen Jahren konnte man über Politik, gerne auch mal etwas lauter, diskutieren und trank später noch gemeinsam ein Glas Wein. Das ist heute nicht mehr möglich und zerstört leider langjährige Freundschaften. Politik und Medien haben in trauter Gemeinsamkeit eine Deutungshoheit über politische Fragen definiert. Alles außerhalb dieses Meinungskartells , wie zunächst Pegida und später AfD, konnte genüßlich diffamiert werden. Und alle fühlten sich auf der moralischen und mehrheitlichen Siegerseite, bzw. wollten unbedingt dazugehören. Keine Beleidigung, Anschuldigung des politischen Gegners wurde sanktioniert oder gebremst, man war ja auf der richtigen Seite. Das waren, glaube ich, die Anfänge der gesellschaftlichen Spaltung . Die Unzufriedenheit der Menschen ist ja spürbar, aufgrund der oben geschilderter Umstände ist es aber schwierig, sich zu “outen”. Eine seriöse, sprachlich und sachlich seriös formulierende und handelnde Opposition wird zunehmend die Menschen überzeugen. Insoweit finde ich die bewußt provozierende Oppositionsrolle der AfD falsch. Schaut man sich den neuen Grünen Habeck an, wird der mit dieser moderaten Kommunkationsform Erfolg haben, glaube ich. Erst wenn die neue konservative Politik mehr Zustimmung erhält und mehrheitsfähig ist, könnte ein respektvolles Mit- einander wieder gelingen. Es liegt auch an den “Altparteien” bei Ausgrenzungen und Abwehrreaktionen von Oppositionellen verbal abzurüsten. Das wäre ein erster Schritt zu mehr Respekt.
Es beginnt in den Schulen. Sehr geehrter Herr Schneider, wir beide sind ungefähr gleich alt (dazu noch Mitglied der selben Partei), haben also wohl einen ähnlichen Erfahrungshintergrund. Wenn ich an meine Schulzeit zurück denke , waren kontroverse, vehemente Diskussionen über (fast) alles an der Tagesordnung. Es war die durchaus politisch aufgeladenen Zeit von NATO-Nachrüstung, Anti-Atom-Protesten und „Waldsterben“. Dafür oder dagegen - es wurde heftigst gestritten, das Schlimmste was passieren konnte war ein „„..dann geh doch rüber in die DDR“. Die Lehrer waren links, konservativ oder liberal, ich habe das Diskussionsklima damals als recht offen empfunden. Geht Ihnen das ähnlich? Und heute? Stellen Sie sich vor sie verträten als Oberstufenschüler in einer Schule (...“ohne Rassismus…mit Courage“) im Jahr 2018 folgende Ansichten: - der Klimawandel ist nicht vom Menschen verursacht - der Flüchtlingszuzug muss gestoppt werden - Donald Trump hat recht Egal wie Sie zu diesen Thesen stehen - Was würde passieren? Sie würden vermutlich unmittelbar ausserhalb des Diskurses gestellt und wären im Anschluss wohl ein für alle mal „erledigt“. Einmal in der Schule gelernt wird dieses Muster sicherlich auch später von vielen im Erwachsenenalter umgesetzt. Die Folgen haben Sie beschrieben.
Lieber Herr Schneider! Sie treffen den Nagel auf den Kopf! Wir brauchen dringend wieder mehr Fairness und Sachlichkeit im Umgang miteinander und in allen Themen, die diskutiert werden.
Ein winzige kleines Teil des Puzzles sind die aktuellen Werbeplakate der IGMetall. Da heißt es “Arbeitgeber denken nur an den Profit, wir denken an alle Menschen!” Dazu ist folgendes anzumerken, die IGMetall hat sich , in ihrer Eigenschaft als Gewerkschaft um die Belange ihrer Gewerkschafter zu kümmern, und auch Arbeitgeber sind Menschen. Man könnte resigniert aufgeben und feststellen, dass das logische Denken, dass doch die Grundlage unserer durchtechnisierten Welt ist, flächendeckend auf dem Rückzug ist.
Ich glaube, das Problem, das sie ansprechen, hängt damit zusammen, dass die meisten Menschen niemals gelernt haben, wie man argumentiert. Meinungen und Gefühle sind in Deutschland schon lange etwas Heiliges, egal, wie widersinnig oder unfundiert sie auch sein mögen. Es ist von staatlicher Seite verboten, jemanden zu beleidigen, weshalb eine Beleidigung das Mittel ist, mit der man eine Diskussion, die man am verlieren ist, am einfachsten beendet. Beleidigt der Andere zurück, macht er sich strafbar, und hat den Beweis erbracht, ein schlechter Mensch zu sein. Tut er dies nicht, ist er ein Weichei. Früher gab es mal eine ganze Reihe weiterer Eskalationsstufen - Duelle und dergleichen - die nach einer Beleidigung folgen konnten, deren Existenz jeden klar denkenden Menschen davon überzeugt hätten, dass man einen Disput am besten sachlich führt. Heute hat man eine Schmeißfliegenauthorität, die alles verbietet und die hauptberuflich jeden immer belästigt, und die dies so durchgängig tut, dass sie keine erzieherischen Effekte mehr erzielt, sondern einfach nur noch gemieden wird. Sobald dieser Schmeißfliegenschwarm mal wegfällt, hat man nie gelernt, wie man mit Freiheit einigermaßen verantwortungsvoll umgeht.
Sehr geehrter Herr Schneider, grundsätzlich haben Sie recht - eine vergiftete Diskussionskultur ist tödlich. Das Problem damit schneiden Sie aber selber an, denn zwar ist man irgendwann leid, dummes Gestammel einer Frau Merkel oder auch die gefühlt hundertste Aufwärmung einer Moral Panic mit Zahlen, Daten und Fakten entgegenzutreten. Aber vielleicht ist das durchaus Strategie - eine Zermürbungsstrategie, die einfach darauf hinausläuft, dass man die dummdreisten Realitätsverweigerungen irgendwann nicht mehr sehen will, weil eine Richtigstellung etwas von Fließbandarbeit bekommt - und man nicht das Gefühl hat, dass es jemanden interessiert. Zumindest nicht die, die damit Reibach machen, politisches Kleingeld eingeschlossen. Das einzige, was dem entgegentreten köännte wäre eine realpolitisch aufgestellte Partei und eine aus Wahrheitsfindung ausgelegte Presse. Die bekommt man allerdings nicht geschenkt - und wie haben uns die Feministinnen schon gelehrt? “Wahrheit liegt alleine im Auge des Betrachters. Und des Opfers.”
“wir gehen bitte fair und sachlich, wenn nicht sogar freundlich miteinander um.” Ich gebe Ihnen recht, Herr Schneider. Auch ich bin ein großer Freund und Verteidiger der Meinungsfreiheit und beachte den von Ihnen eingeforderten Umgang eines freundlichen Miteinanders. Ich merke nur einen schleichenden Prozess an mir selbst, dass ich schon gar nicht mehr weiß, wohin mit meiner Wut, wohin mit diesem Ohnmachtsgefühl, wohin mit dieser Negativität… Ein Kreuzchen bei der Wahl tut Wirkung, aber nur für den Moment. Was schlagen Sie sonst vor?
Das Wort „Bürgerkrieg“ ist so noch nicht in der Presse gefallen. Wir gehen aber darauf zu. Die Sprache ist nur der Anfang. In Schweden brauchen sie bereits das Militär um gegen die Klans vorzugehen.
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