Die Heusgen-Blase

Bei der Münchner Sicherheitskonferenz bestimmten Christoph Heusgen, António Guterres & Friends den Ton – in dem sie sich schon öfter vergriffen haben. Von Frieden über Klima, Ernährung und Gesundheit bis zur Energie.

Wer sich zufällig in den Livestream der Münchner Sicherheitskonferenz (Munich Security Conference, kurz: MSC) verirrt, erkennt nicht sofort, um welche Veranstaltung es sich handelt. Zu beliebig sind vor allem am ersten Tag die Redner und zu beliebig die behandelten Themen. Das liegt vermutlich in erster Linie an Christoph Heusgen, der seit 2022 Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz ist. Heusgen, ehemaliger außen- und sicherheitspolitischer Berater von Angela Merkel und früherer Ständiger Vertreter der Bundesrepublik Deutschland bei den Vereinten Nationen, knüpft offensichtlich an seine alten Kontakte an (unvergessen ist sein hämisches Lachen während eines UN-Auftritts von Donald Trum als er vor der deutschen Energieabhängigkeit von Russland warnte). In München spricht auf der Hauptbühne direkt nach der Begrüßung durch Heusgen und Ministerpräsident Markus Söder niemand anderes als UN-Generalsekretär António Guterres, den Heusgen einen Mann nennt, der sein Leben dem Schutz der Weltordnung, des Planeten und der Menschheit gewidmet habe.

Die Nähe Heusgens zu Guterres ist nicht neu. Im vergangenen Jahr war Heusgen etwa durch seine Solidaritätsbekundung mit Guterres aufgefallen, nachdem dieser bei einer Sitzung des Weltsicherheitsrates in New York über den Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober gesagt hatte: „Es ist wichtig zu erkennen, dass die Angriffe der Hamas nicht im luftleeren Raum stattfanden“. Das palästinensische Volk sei seit 56 Jahren einer erdrückenden Besatzung ausgesetzt. Heusgen stimmte Guterres zu und bekräftigte in einem Interview im heute-Journal am 24. Oktober, man müsse wieder „zurückkehren zu einer diplomatischen Lösung, zur Zwei-Staaten-Lösung, die geltendes Recht ist, und da muss auch Israel mitmachen, das kann man sich derzeit nicht vorstellen, aber das ist der einzige Ausweg“. Auch wenn Heusgen später zurückruderte: Es war nicht sein einziger Ausrutscher

Nun also durfte Guterres die Richtung der Auftaktveranstaltung der Münchner Sicherheitskonferenz vorgeben, die vom 16. bis 18. Februar im Hotel Bayerischer Hof stattfand. Bei diesem „wichtigen internationalen Dialogforum seit 1963“ debattieren jedes Jahr im Februar rund 500 Teilnehmer über „die wichtigsten Herausforderungen für die internationale Sicherheit“. Fernab der Bühne und der Kameras nutzen Diplomaten jedoch auch die Gelegenheit „für informelle und diskrete Gespräche, um mögliche Lösungen für Konflikte auszuloten – auf Fluren, in Konferenzsälen oder an der Hotelbar“. Flankierend erscheint der „Munich Security Report“ in Schriftform. In der aktuellen Ausgabe wird vor allem die Problematik des „Nullsummendenkens“ hervorgehoben, also der Überzeugung, dass die Gewinne anderer zwangsläufig eigene Verluste bedeuten. Die Konferenz wird weitgehend von Sponsoren und Partnern finanziert. Dazu zählen etwa die Bill & Melinda Gates Foundation, die Rockefeller-Stiftung, der Atlantic Council, McKinsey, die Körber-Stiftung, die Stiftung Klimaneutralität, Bayer, Meta, Microsoft, SAP, Ernst & Young, Merck und das Mercator Institute for China Studies (kurz: Merics).

Statt Sicherheitsfragen ein Kessel Buntes

Es handelt sich bei der MSC ganz offensichtlich nicht nur um das sprichwörtliche „Speed-Dating der Diplomaten“, sondern auch um das Verhandeln von wirtschaftlichen Belangen, wobei die interessantesten Treffen vermutlich gerade nicht auf der Hauptbühne stattfinden. Die insgesamt 60. Ausgabe der Konferenz stand unter dem Motto „Lose-Lose?“, und in einem kurzen Imagefilm zum Jubiläum sind nicht nur zum Beispiel Bombentrümmer, Überschwemmungen und António Guterres zu sehen, sondern es werden weitere rhetorische Fragen gestellt wie: „Muss es Verlierer geben, damit es Gewinner gibt?“ Oder: „Wie können wir eine Zukunft des kollektiven Erfolges schmieden?“ In der Bundespressekonferenz am 12. Februar hatte Heusgen bereits darauf hingewiesen, dass es derzeit so viele Krisen gebe wie nie zuvor in den letzten 60 Jahren. Neben den klassischen Themen wie die europäische Verteidigung und die Rolle der NATO stünden diesmal im Sinne eines erweiterten Sicherheitsbegriffs auch Themen wie sexuelle Gewalt, Klima, Ernährung, Gesundheit und Energie auf der Agenda. Natürlich spiele aber auch der Krieg in Gaza eine Rolle und die „laut internationalem Gerichtshof bestehende Gefahr eines Genozids“.

Doch Heusgen sprach auch von einem „Silberstreif am Horizont“ – eine Formulierung, die er einer Neujahrskarte von George Soros entnommen habe – und von der Möglichkeit, Frieden durch Dialog zu erreichen. Um ein Zeichen gegen Gewalt zu setzen, war eigens ein Streichquartett des West-Eastern Divan Orchestra für die Eröffnung engagiert worden. Dieses Orchester wurde u.a. von Daniel Barenboim im Jahr 1999 gegründet und besteht zu gleichen Teilen aus israelischen und arabischen Musikern. Barenboim sei, so Heusgen, der einzige Mensch auf der Welt, der sowohl die israelische als auch die palästinensische Staatsbürgerschaft innehabe. Neben Barenboims Sohn Michael wirkte je ein Musiker aus Israel, Palästina und Algerien/Tunesien mit. Vier junge Männer also. Offenbar war auch den Veranstaltern aufgefallen, dass diese Besetzung nicht gerade vorbildlich paritätisch ist für die „diverseste Konferenz, die wir je hatten“ (O-Ton Heusgen), und so wurde wenigstens das Stück einer Komponistin ausgewählt, nämlich ein Adagio von Fanny Hensel-Mendelssohn. Die Simultanübersetzerin des Livestreams des MCR-Medienpartners Bayerischer Rundfunk taufte sie kurzerhand in „Fanny Hase-Mendelssohn“ um. Auch schön. 

Guterres wies dann darauf hin, dass die Weltordnung im Moment für niemanden so recht funktioniere und selbst der Kalte Krieg weniger gefährlich gewesen sei als die Gegenwart mit ihren existenziellen Herausforderungen wie etwa der Klimakrise, die bei der Gründung der Vereinten Nationen nicht habe vorhergesehen werden können. Ohne starke internationale Organisationen werde es zu Chaos kommen. Außerdem sprach er sich abermals für eine Zwei-Staaten-Lösung aus und auch für einen nachhaltigen Frieden in der Ukraine. Es folgten weitere Schlagworte wie Desinformation, Nachhaltigkeit, Entwicklungshilfe, globale Finanzarchitektur und Werbung für den UN-Zukunftsgipfel im September. Überschattet wurde die Eröffnung der Konferenz durch die Nachricht des plötzlichen Tods von Alexej Nawalny, dessen Frau Julija Nawalnaja in München anwesend war und in einer Ansprache die Weltgemeinschaft zum Kampf gegen das russische Regime aufrief. 

Der „globale Süden“ meldet Ansprüche an

In der ersten Podiumsdiskussion auf der Hauptbühne mit dem Titel „Den Kuchen vermehren: Eine globale Ordnung, die für alle funktioniert“ („Growing the Pie: A Global Order That Works for Everyone“) behauptetet der kolumbianische Präsident Gustavo Petro Urrego, dass die Marktwirtschaft nicht zu Wohlstand, sondern ins Verderben führe. Auch Nana Akufo-Addo, Präsident von Ghana, forderte, dass der Kuchen gerechter verteilt werden müsse, damit nicht ein Teil der Welt privilegiert sei und der andere Teil der Welt leide. Bei dem reichen Teil der Weltbevölkerung müsse ein Umdenken stattfinden. Und Mia Mottley, Premierministerin von Barbados, stimmte mit Guterres dahingehend überein, dass die wichtigsten Themen besser kommuniziert werden müssten, damit sie jeder verstehen könne. 

Mottley ist übrigens nicht nur Organisatorin der „Bridgetown-Initiative“, die von Geberländern, Investoren, IWF und Weltbank einen neuen globalen Klimafonds fordert, sondern sie wurde für ihren Kampf gegen den Klimawandel und dessen sicherheitspolitischen Auswirkungen auch mit dem diesjährigen Ewald-von-Kleist-Preis der Münchner Sicherheitskonferenz ausgezeichnet. Weiterer Preisträger ist John F. Kerry, Ex-US-Außenminister und Sonderbeauftragter für Klimaschutz von Präsident Joe Biden. Der Widerstandskämpfer Ewald-Heinrich von Kleist, nach dem der Preis benannt ist, war Initiator der „Wehrkundetagung“, wie die Münchner Sicherheitskonferenz anfänglich hieß. Zu den bisherigen Preisträgern zählen u.a. Angela Merkel, Henry Kissinger, Javier Solana, Joachim Gauck, Alexis Tsipras und Jens Stoltenberg.

Letzterer war in diesem Jahr Teilnehmer am Panel „In It to Win It: Die Zukunft der Ukraine und die transatlantische Sicherheit“. Stoltenberg würdigte die NATO als stärkste militärische Macht der Welt sowie die Tatsache, dass alle NATO-Verbündeten in den letzten Jahren ihre Verteidigungsausgaben erhöht haben. Die Rüstungsproduktion müsse jedoch noch gesteigert werden. Der republikanische US-Senator Pete Ricketts wies darauf hin, dass die USA sich derzeit um ihre Südgrenze zu Mexiko kümmern müssten und Demokratie nun mal Zeit brauche. Aber am Ende werde Amerika das Richtige machen. Kaja Kallas, Premierministerin von Estland, gab deutlich zu verstehen, dass der Aggressor Putin gestoppt werden müsse und sich die USA nicht zurückziehen dürften. Isolation sei keine Lösung, wie die Geschichte der 30er-Jahre gezeigt habe. US-Vizepräsidentin Kamala Harris, die ausdrücklich auch im Namen von Präsident Biden sprach, versicherte hingegen, dass die USA ihre globale Führungsrolle auch in Zukunft weiterhin übernehmen und die NATO unterstützen würden.

Milliarden über Milliarden

Einer der Stargäste war selbstverständlich Wolodimir Selenskyj, der Putin ein „Monster“ nannte und mehr Unterstützung vor allem bei den Luftverteidigungssystemen forderte. Sonst werde Russland auch noch das Baltikum zerstören. Die Bevölkerung Europas sei psychologisch noch nicht auf Krieg vorbereitet. Die Ukraine habe Erfahrung damit. Erklärtes Ziel der Ukraine sei der NATO-Beitritt. Bundeskanzler Olaf Scholz betonte in seiner Rede, dass Deutschland in diesem Jahr das NATO-Ziel erfülle, zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren, und dass daran bis in die 2030er Jahre hinein keine Abstriche gemacht würden. Die EU habe mehr als vier Millionen ukrainische Flüchtlinge aufgenommen, eine Million davon allein in Deutschland. 

Schon jetzt belaufe sich die von Deutschland bereits geleistete und geplante militärische Unterstützung auf gut 28 Milliarden Euro. Für 2024 sie die Militärhilfe auf mehr als sieben Milliarden Euro nahezu verdoppelt worden, und Zusagen für die kommenden Jahre in Höhe von sechs Milliarden Euro kämen hinzu. Die Vereinigten Staaten hätten der Ukraine seit Kriegsbeginn etwas mehr als 20 Milliarden Dollar an militärischer Hilfe pro Jahr geleistet – bei einem Bruttoinlandsprodukt von 28 Billionen Dollar. Und Scholz insistierte: „Eine vergleichbare Anstrengung muss doch das Mindeste sein, was auch jedes europäische Land unternimmt. Denn schließlich reden wir über die größte Sicherheitsbedrohung auf unserem Kontinent, über einen Krieg hier, in Europa, auch wenn dieser Krieg globale Folgen hat.“

Scholz fügte hinzu: „Wir in Deutschland haben ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr in unserer Verfassung verankert. Davon sind inzwischen rund 80 Prozent vertraglich gebunden. Verteidigungsminister Pistorius und ich haben entschieden, eine deutsche Kampfbrigade dauerhaft an der Ostflanke der NATO, in Litauen, zu stationieren.“ Pistorius wies in seiner eigenen Rede darauf hin, dass das 2-Prozent-Ziel lediglich eine Unterschwelle sei und in den kommenden Jahren möglicherweise höhere Beträge nötig seien. Der Versuch, nach dem Kalten Krieg gemeinsam mit Russland eine umfassende gesamteuropäische Sicherheitsarchitektur aufzubauen, sei gescheitert an der Strategie des Kremls, seine Vorherrschaft in Ost- und Mitteleuropa wiederherzustellen. 

EU will Rüstungsproduktion vorantreiben

Die Zukunft der Ukraine liege in der NATO und in der EU. Auf Jahrzehnte hinaus werde es Trennlinien in Europa geben zwischen dem freien und demokratischen Europa auf der einen und dem autoritären und kriegslüsternen Russland auf der anderen Seite. Europa sie dankbar für den amerikanischen Sicherheitsschirm der letzten fünfundsiebzig Jahre. Beide Seiten des Atlantiks hätten immer von dieser engen Partnerschaft profitiert, und sie sei nach wie vor von zentraler Bedeutung. Allerdings müsse Europa seinen Beitrag zur transatlantischen Lastenteilung erhöhen, da sich Amerikas Ressourcen und Aufmerksamkeit zunehmend auf den Indopazifik verlagern würden. Und zwar unabhängig davon, wer im Weißen Haus am Ruder sei. 

Zu außereuropäischen Partnerschaften merkte Pistorius an: „Wir wollen verlässliche Partner für unsere Freunde im Ausland sein. Auch bei der Rüstungskooperation. Wir wollen nicht, dass in Deutschland produzierte Waffen in die falschen Hände geraten. Das ist ganz klar. Gleichzeitig können wir von den Ländern des Südens nicht erwarten, dass sie sich selbst und die regelbasierte internationale Ordnung verteidigen, wenn wir ihnen die notwendige Ausrüstung verweigern! Wenn wir uns weigern, mit bestimmten afrikanischen Staaten zusammenzuarbeiten, weil sie unseren Standards, unseren Werten nicht in vollem Umfang entsprechen, dann wird Russland eingreifen. Meist nicht zum Wohle des Landes oder der Stabilität der Region. Was haben wir dann gewonnen? Nicht viel, um ehrlich zu sein.“

Auch Ursula von der Leyen nahm zur Verteidigungsbereitschaft Europas Stellung und gab zu, dass die EU mehr bei der Rüstungsproduktion tun müsse. Daher werde sie in drei Wochen eine Rüstungsindustriestrategie vorlegen. Die EU müsse mehr ausgeben, die Mittel besser einsetzen, verlässliche Abnahmemengen garantieren und damit auch gute Arbeitsplätze in der EU erhalten. Alte Waffen könnten beispielsweise nicht nur in der Ukraine mit KI verbessert werden. Außerdem sicherte sie zu, dass eingefrorene russische Vermögenswerte der Ukraine zugute kämen. Falls sie Kommissionspräsidentin bleibe, würde sie darüber nachdenken, das Ressort eines EU-Verteidigungskommissars einzurichten. Das könnte auch ein gutes Portfolio für ein mitteleuropäisches Land sein.

BRICS-Staaten mischen sich ein

Im Panel „Ermüdung bekämpfen: Was immer für den Sieg der Ukraine nötig ist“ („Fighting Fatigue: Whatever It Takes for Ukraine’s Victory“) ging es u.a. um die Frage, wer die Kriegskosten übernimmt. Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck hob hervor, dass zwar keine Soldaten geschickt würden, doch die Ukraine so lange wie nötig unterstützt werde. Außenministerin Annalena Baerbock sagte in Hinblick auf Gaza, dass die Freilassung der Geiseln entscheidend sei, aber auch eine humanitäre Feuerpause. Der indische Außenminister Subrahmanyam Jaishankar mahnte indes, dass Israel die internationalen Menschenrechte beachten müsse. 

Indien sehe verschiedene Optionen für Allianzen, aber das sei kein Problem. BRICS sei zwar ein nicht-westliches, aber kein anti-westliches Bündnis. Der chinesische Außenminister Wang Yi behauptete, dass der Genozid an den Uiguren nur Fake News und Taiwan chinesisches Territorium sei. China bleibe immer ein verantwortungsvolles Land und werde für internationale Stabilität in einer turbulenten Welt sorgen. Für Gaza forderte er einen Waffenstillstand und eine Zwei-Staaten-Lösung mit einem unabhängigen palästinensischen Staat. Vermutlich versuchte er damit, sich den arabischen Geschäftspartnern anzudienen. 

Am Samstagabend wurde dann Isaac Herzog, dem Staatspräsidenten Israels, eine halbe Stunde Raum gegeben. Herzog hatte sich zuvor mit Mohammed bin Abdulrahman bin Jassim Al Thani, dem Premierminister Katars getroffen, um über die Freilassung israelischer Geiseln aus den Händen der Hamas zu beraten. Auch im Publikum befanden sich einige Familien von Geiseln, die immer noch verschleppt sind, und hielten Fotos ihrer Angehörigen hoch. Herzog wies darauf hin, dass sich unter den Geiseln auch Babys, Friedensaktivisten und Holocaust-Überlebende befinden. Zwar seien mittlerweile Länder wie Ägypten, Jordanien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Marokko, Bahrain und zuletzt Saudi-Arabien auf Israel zugekommen, doch solange Iran zu keiner Normalisierung der Beziehung zu Israel bereit sei, werde auch der Terror nicht aufhören, der die Möglichkeit des Friedens in der Region unterminiere. Und so lange sei auch an eine Zwei-Staaten-Lösung nicht zu denken. 

Wie soll sich Israel verteidigen dürfen?

Die Welt müsse endlich aufwachen und den Terror, der von Iran und der Ideologie des extremistischen Islam mit seinen weltweiten Terrorzellen ausgehe, nicht länger ignorieren. Prinzipiell glaube er an den Dialog mit islamischen Ländern, doch das Ziel dieser Ideologie sei es, Israel von der Landkarte zu radieren, sodass Israel sein Recht auf Selbstverteidigung ausüben müsse. Israel sei durch den ständigen Terror traumatisiert und sehe sich mit einer Kriegsmaschinerie konfrontiert, die aus weltweiten Steuergeldern finanziert sei. Israel warne die Bevölkerung von Gaza mit SMS usw. vor Angriffen, richte Sicherheitszonen ein und setze sich für humanitäre Hilfe ein. Er wünsche sich eine bessere Zukunft sowohl für Israelis wie auch für Palästinenser, beteuerte Herzog.

In einer weiteren Podiumsdiskussion wurde das Thema „Peace in Pieces: The Future of Israeli-Palestinian Relations“ vertieft. Außerdem gab es parallel zum Programm auf der Hauptbühne zahlreiche Panels etwa zu den Krisenherden im Indopazifik, Haiti, Sudan, Sahel und dem Roten Meer. Neben anderen sprachen Ricarda Lang zum Thema EU-Partnerschaften auf Augenhöhe und Jennifer Lee Morgan zum Thema „Klima-Diplomatie“. Die Podiumsdiskussion „Prioritäten abstecken: Die nächste geopolitische Agenda der EU“ („Pinning Down Priorities: The EU’s Next Geopolitical Agenda“) am Sonntagvormittag leitete Josep Borrell Fontelles, Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, ein. 

Borrell bekräftigte, dass die EU die Ukraine mehr und schneller unterstützen müsse. Er gehe von einem noch langen Krieg aus. Außerdem wies er auf „die Gewalt gegen Palästinenser“ im Westjordanland hin. Europa müsse geeinter auftreten, damit die Zwei-Staaten-Lösung Realität werden könne. Dabei müssten auch Initiativen arabischer Staaten berücksichtigt werden. Ohne eine Zwei-Staaten-Lösung werde es keinen Frieden im Nahen Osten geben. Eindringlich appellierte er an Israel, keine militärische Operation im dicht besiedelten Rafah durchzuführen. Die Hamas könne nicht zerstört werden, da sie eine Idee sei und man Ideen nicht vernichten könne. Seine seltsame Sichtweise auf den Nahostkonflikt hatte Borrell kürzlich schon einmal unter Beweis gestellt. Insgesamt müsse die EU-Kommission mehr Aufmerksamkeit auf die Rüstungsindustrie lenken. 

Wohlklingende Worte zum Abschluss

Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag und FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl, pflichtete Borrell bei, drängte aber auf mehr Tempo etwa im Taxonomiesystem der EU, um auch die Rüstungsindustrie in die Kategorie „nachhaltig“ einstufen zu können und Finanzierungswege zu sichern. Sie sprach sich ausdrücklich für die Einsetzung eines EU-Kommissars aus, der sich ausschließlich mit der Frage der Sicherheit auf EU-Ebene befasst. Damit griff sie den entsprechenden Vorschlag Ursula von der Leyens vom Vortag auf und empfahl sich möglicherweise gleich selbst für dieses Amt. Im nicht-öffentlichen Rahmenprogramm der Konferenz nahm Borrell übrigens an der Jahrestagung der MSC-Stiftung teil und hielt eine Eröffnungsrede beim jährlichen Mittagessen des Atlantic Council zum Weg der transatlantischen Gemeinschaft.

Mit leichter Verspätung und wohlklingenden Worten beendete Heusgen am Sonntagmittag die Veranstaltungen auf der Hauptbühne. Tatsächlich habe er während der Konferenz den Silberstreif, von dem er bei der Eröffnung gesprochen hatte, gefunden: Er sehe ihn in der Entschlossenheit. In der Entschlossenheit der Ukraine, aber auch der transatlantischen Gemeinschaft und der EU. Positiv sei etwa, dass Deutschland endlich bereit sei, zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung auszugeben. Getreu dem Motto „Friede durch Dialog“ könne die Lösung im Nahen Osten nur ein Waffenstillstand sein. Und insgesamt gehe es um globale Zusammenarbeit anhand der UN-Charta. Vermutlich nimmt auch der ein oder andere Konzernvertreter einen Silberstreif von der MSC mit nach Hause. 

Martina Binnig lebt in Köln und arbeitet u.a. als Musikwissenschaftlerin (Historische Musikwissenschaft). Außerdem ist sie als freie Journalistin tätig.

Foto: MSC/Kuhlmann CC BY 3.0 de via Wikimedia Commons

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F. Michael / 19.02.2024

Diese Konferenz ist das Treffen der Kriegstreiber Nato und ihrer Waffenlobby, es geht seit Jahren nur USA sind die Guten und der Russe ist Böse, man will Krieg. Unsere Polit-Clowns kriechen den USA in den Anus und schreien dabei am lautesten, der Michel darf alles zahlen.

Karl Vogel / 19.02.2024

Der Krieg soll also prolongiert und verstetigt werden, wir sollen immer stärker in ihn hinein gezogen werden, bis es kein Zurück mehr gibt. Unser Leben soll durch Krieg, “Klima”, Kampf gegen rechts, die Pflicht zur Versorgung von Migranten und sicher auch durch neue Impfaktionen bestimmt werden. Wir sollen vollends zu bloßen Werkzeugen gemacht werden.

Silas Loy / 19.02.2024

Jedenfalls wird jetzt Deutschland nicht mehr am Hindukusch verteidigt. Der Zahn wurde ihnen schon mal gezogen.

Lutz Liebezeit / 19.02.2024

Hitler war von den Aufmärschen der Marxisten begeistert, das rote Fahnenmeer, die Symbole, die Parolen, die erhobene linke Faust, das brachte ihn auf die Idee, die Aufmärsche zu imitieren. Hitler nannte die Partei National-“Sozialistische” deutsche “Arbeiter-Partei”, weil er wußte, daß die Arbeiter keine rechtsradikale, kapitalistische Partei wählen würden. Schließlich waren die wegen der Ausbeutung und der WWK zu den Marxisten übergelaufen. Die wollten die Industriebosse “enteignen”. Enteignen, das ist Sozialismus. Davor hatten die Industriebosse Angst und dafür finanzierten und unterstützten Rockefeller, IBM, Henry Ford, Prescott Bush, die I.G. Farben, Wall Street, Banken und Banker die NSDAP, die sollte die Enteignung verhindern. / Hitler nahm das Rot für die Fahne, Rot galt schon immer als Kampffarbe, Rot wie Blut, Rot wirkt erregend. Heute weiß man, daß Orange noch stärker wirkt als Rot, deshalb “Orangene Revolution”. Er ersetzte Hammer und Sichel mit dem Hakenkreuz, behängte seine Umzüge mit monarchistischem Gebamsel, entwarf eigene Parolen, faszinierte mit Agitation und Propaganda und die “linke erhobene Faust” ersetzte er mit der “rechten erhobenen Hand”! – Das kann man nachlesen in Büchern über die Weimarer Republik. Hitler schuf mit der NSDAP ein sozialistisches “Imitat”, in welchem Kapitalismus drinnen steckte; so wie die CDU ein christliches Imitat ist und die SPD ein demokratisches. Für Arbeiter war die NSDAP nichts, da steckten Arbeitslager und privat finanzierte KZs drinnen. Fördern und Fordern, Sanktionen, so denkt der Boss. Hitler nannte die Partei “national” als Gegengewicht, weil die Marxisten unter Führung der Komintern und den Intellektuellen einen “Anschluß Deutschlands an die Sowjetunion” forderten! Die Aufmärsche der KPD waren von Rednern der “Komintern” dominiert. Bilder mit Transparenten, die den Anschluß fordern, gibt es im Internet nicht, die muß man kennen. Die stehen unter strengem Copy Right.

Dr. Ralph Buitoni / 19.02.2024

@Boris Kotchoubey / “Die Hamas könne nicht zerstört werden, da sie eine Idee sei und man Ideen nicht vernichten könne” (Borell). Lieber Herr Viktor, ich kann nicht glauben, dass Herr Borell nicht weiß, dass seine Aussage ein Plagiat ist. “Der Nationalsozialismus kann nicht militärisch bekämpft werden, da er eine Ideologie ist, und Ideologien können nicht mit militärischen Mitteln bekämpft werden” (Wjatscheslaw Molotow, Außenminister der UdSSR, im Herbst 1939).” Offensichtlich lag Molotow völlig richtig, der NS tauchte nur ab und nahm eine Verschnaufpause. Jetzt ist er wieder voll da, aber nicht nur in einem Land, nein, im ganzen Westen ist die tragende Gesellschaftsschicht der Ideen von nationalen Sozialismen, die neue Klasse der Bonzen, Apparatschicks voll am Ruder, und knüpft genau da an, wo man 1945 zwangsweise pausieren musste - mit einem Krieg in der Ukraine, inklusive Wolfsangeln, schwarzen Sonnen, allerhand Runentatoos, und auch die weißen Wehrmachtskreuze auf den Panzern feiern fröhlich Urständ! Parallel dazu masseneugenische Versuchsreihen zur transhumanistischen Schaffung des globalen diversen Supermenschen!

L. Bauer / 19.02.2024

@Horst Oltmannssohn Genauso einfach ist es! Simple Mathematik. Dazu war der ukra-Held noch vorbestraft und kriminell auffällig wie sein ebenso heldenhafter Bruder. Deren Ukra-Kollegen wiederum, die vom Geheimdienst mit Folterzelle, die wollten vom Lira-Kuchen auch noch was abhaben und erpressten seine Familie um 250.000 Dollar. Lief dann aber alles etwas aus dem Ruder. Hat in der westlichen Heldenpresse aber niemanden interessiert. Ich kann diese elendige Doppelmoral nicht mehr hören oder sehen. Und richtig, drei tote Amis gegen 15.000 tote abtrünnige ukrainische Russen. Völlig geisteskrank das alles.

L. Luhmann / 19.02.2024

Der nächste künstliche WEF-Trend voller Lügen heißt “HUMANOCRACY” und findet im Rahmen von “REBUILDING TRUST” statt:“Use technology to create humanocracy, Klaus Schwab tells leaders at World Governments Summit in Dubai - Prepare for “intelligent age” merging physical, biological, digital dimensions: WEF chief (...). - ” Rebuilding Trust: World Economic Forum Annual Meeting 2024 - “Geneva, Switzerland, 9 January 2024 – Amid increasing division and uncertainty that continue to destabilize the world, the World Economic Forum Annual Meeting 2024 will bring together more than 2,800 leaders across geographies and industries to advance dialogue, strengthen cooperation and deepen partnerships on critical global challenges.“We face a fractured world and growing societal divides, leading to pervasive uncertainty and pessimism. We have to rebuild trust in our future by moving beyond crisis management, looking at the root causes of the present problems, and building together a more promising future,” said Klaus Schwab, Founder and Executive Chairman, World Economic Forum. (...)

Franklin Meissner / 19.02.2024

Die sind derartig Moralin getränkt und gelähmt, daß “unsere” Regierung vergessen hat, wie man das Wort “NEIN”! ausspricht. Vor allem werden dort Lebenslügen kultiviert das ist unglaublich! Die Realität wird eine ganz andere werden, als die glauben! Selbst wenn die AfD nicht in Thüringen, Sachsen und Brandenburg in Regierungsbeteiligung kommen sollte und sie vorher Donald Trump auf einer Bananenschale ausrutschen lassen! Die “Wollt ihr den totalen Krieg”-Schreihälse, wie Strack-Zimmerflak, 3-Wettertaft-A-Ministerin werden diese Rechnung bezahlen!  Und das wird ziemlich Lebensnah! Ist das ein Irrenhaus!! -Was ist denn das für ein Personal??! Helmut Schmidt, Guido Westerwelle und Egon Bahr drehen sich im Grabe herum !

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