Hinter der harmlos klingenden Initiative „Happy Planet Index“ verbergen sich menschenverachtende Pläne von Klimafanatikern, für die die Lebenserwartung eines Menschen weniger zählt als dessen ökologischer Fußabdruck.
Ist unser Planet happy? Dieser weltbewegenden Frage geht ein Team von Angehörigen verschiedener Stiftungen und Denkfabriken nach, die gemeinsam den „Happy Planet Index“ veröffentlichen. Der HPI, also der „Index des glücklichen Planeten“, wird sogar mit einer eigenen Formel berechnet: HPI gleich LE mal LZ mal UGF, dividiert durch öFD. Wobei mit LE die Lebenserwartung, mit LZ die Lebenszufriedenheit (subjektives Wohlbefinden), mit UGF der Ungleichheitsfaktor (innerhalb der Bevölkerung eines Landes) und mit öFD der ökologische Fußabdruck gemeint ist.
Sie halten das für einen Scherz? Mitnichten! (Wenn Sie die Formel besonders hübsch visualisiert sehen möchten, schauen Sie mal hier.) 2016 beispielsweise belegten Costa Rica, Mexiko und Kolumbien die ersten drei Ränge des Index. Deutschland landete weit abgeschlagen auf Platz 43. Von wegen ökologischem Fußabdruck natürlich. 2019 gingen Costa Rica, Vanuatu und Kolumbien als Sieger hervor. 2021 kletterte dann Vanuatu, der südpazifische Inselstaat mit seinen insgesamt gerade mal 300.000 Einwohnern, auf Platz eins. Aktuell liegen Vanuatu, Schweden, El Salvador, Costa Rica und Nicaragua vorne. Der HPI wurde übrigens bereits 2006 als alternativer Fortschrittsindikator zum BIP von der britischen Denkfabrik New Economics Foundation entwickelt und soll aufzeigen, welche Länder das Wohlbefinden der heutigen Generation maximieren und gleichzeitig die dabei entstehenden Umweltbelastungen minimieren, um auch zukünftigen Generationen die Generierung von Wohlbefinden zu ermöglichen.
Am 2. Mai dieses Jahres legte das Hot or Cool Institute – eine der am Happy Planet Index beteiligten Denkfabriken mit Sitz in Berlin – nun eine Pressemitteilung vor, in der das Ergebnis des diesjährigen HPI in folgendem Satz zusammengefasst wird: „Der neue Bericht zeigt, dass ein höherer Konsum nicht mit mehr Wohlbefinden einhergeht, solange die Grundbedürfnisse erfüllt sind.“ Übermäßiger Konsum schade nicht nur dem Planeten, er helfe auch den Menschen nicht. Daher sollten die Regierungen anfangen, das zu ermitteln, worauf es wirklich ankomme: die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen und des Planeten. Gesundheit und Wohlergehen: Das klingt erst mal gut. Wer hat schon etwas gegen Gesundheit und Wohlergehen?
Die Crux liegt allerdings darin, dass das abstrakte Wohlergehen des Planeten von den HPI-Anhängern offenbar über das konkrete Wohlergehen der Menschen gestellt wird. So heißt es zum Testsieger Vanuatu: „Die Menschen in Vanuatu sind nicht die glücklichsten der Welt. Ihr selbst angegebener Wohlfühlwert von 7,1 von 10 im Jahr 2021 ist vergleichbar mit den Werten in Australien und den USA, aber nicht ganz so hoch wie die Werte in den nordischen Ländern. Bemerkenswert ist jedoch die Tatsache, dass das hohe selbst angegebene Wohlbefinden und die moderate Lebenserwartung (70,4 Jahre) in einem fairen Konsumrahmen (2,6 tCO₂e pro Kopf und Jahr) erreicht werden. So kann ein Land wie Litauen zwar ein ähnliches Wohlbefinden und eine etwas höhere Lebenserwartung (3,3 Jahre mehr) erreichen, verbraucht dafür aber fast viermal so viele natürliche Ressourcen.“
Das beste Land der Welt?
Mit anderen Worten: Die Lebenserwartung eines Menschen zählt weniger als dessen ökologischer Fußabdruck. Allein die Ungeheuerlichkeit dieses Fazits wirft ein bezeichnendes Licht auf das Menschenbild, das hinter dem HPI steht. Und wie sieht das laut HPI beste Land der Welt nun in der Realität aus? Der Wikipedia-Eintrag zu Vanuatu enthüllt, dass im Jahr 2021 die Kindersterblichkeit bei unter Fünfjährigen 23,2 pro 1.000 Lebendgeburten betrug. Zum Vergleich: In Deutschland waren es nur rund vier. 26 Prozent der über 15-jährigen Einwohner Vanuatus sind Analphabeten. Die Wirtschaft von Vanuatu umfasst überwiegend Landwirtschaft, Fischerei und Tourismus. Das knapp 1.000 Kilometer lange Verkehrsnetz Vanuatus besteht zu 75 Prozent aus nicht asphaltierten Straßen und Wegen. Vanuatu erlangt allerdings zunehmend Bedeutung als Offshore-Finanzplatz, also als Standort, der sich durch eine minimale Finanzmarktaufsicht und -regulierung auszeichnet. In Vanuatu gibt es keine Einkommensteuern, Körperschaftssteuern oder Kapitalertragsteuern. Der Staatshaushalt wird durch Einfuhrsteuern, die Mehrwertsteuer (12,5 Prozent) und durch diverse Gebühren finanziert. Vanuatu hat kein Militär im eigentlichen Sinne.
Und noch einen ersten Platz kann Vanuatu, das aus mehr als 80 Inseln besteht, für sich beanspruchen: Es steht ganz oben auf der Liste der durch Katastrophen besonders gefährdeten Staaten, also des sogenannten Weltrisikoberichts. Denn Vanuatu ist durch nahezu jährliche Erdbeben wie aktuell am 7. Mai, durch einen Vulkan, durch den Anstieg des Meeresspiegels und vor allem durch tropische Stürmen bedroht. 2015 zerstörte der Zyklon Pam weite Teile Vanuatus, weswegen die Regierung am 15. März 2015 den nationalen Notstand ausrief. Der damalige Präsident Baldwin Lonsdale gab dabei dem Klimawandel eine Mitschuld am Ausmaß der Zerstörung. 2022 brachte Vanuatu deswegen eine Resolution für Klimagerechtigkeit auf den Weg, die im März 2023 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen wurde.
Ziel dieser Resolution ist es, ein Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zu erwirken, das die Verpflichtungen von Staaten, die für die globale Erwärmung verantwortlich seien, gegenüber besonders betroffenen Staaten sowie „den Erdbewohnern von heute und morgen“ festhält. In der Resolution wird der Schutz des Weltklimas für die derzeit lebenden sowie die künftigen Generationen als „beispiellose Herausforderung von zivilisatorischer Tragweite“ bezeichnet. Schon 2018 hatte Vanuatus Außenminister Ralph Regenvanu gefordert, dass die Staaten, die für die Erderwärmung verantwortlich seien, die Kosten des Klimaschutzes für Vanuatu übernehmen müssten. Der Rat der EU hat gerade am 7. Mai dieses Jahres eine Entschließung zu kleinen Inselentwicklungsstaaten (SIDS) angenommen, in der er u.a. die Einführung eines Fonds zur Unterstützung von Entwicklungsländern, die durch die negativen Auswirkungen des Klimawandels besonders gefährdet seien, begrüßt.
Es geht also nicht zuletzt um finanzielle Aspekte. Deswegen stellt sich die Frage, wer die Stiftungen und Denkfabriken sind, die hinter dem Happy Planet Index stehen, und wer sie finanziert. Auf der HPI-Webseite namentlich aufgeführt sind The Hot or Cool Institute, The Wellbeing Economy Alliance (WEAll) und The New Economics Foundation (NEF) sowie mehrere Einzelpersonen. Das Hot or Cool Institute definiert sich selbst als eine gemeinnützige Denkfabrik, die die Schnittstelle zwischen Gesellschaft und Nachhaltigkeit erforsche. Sie will u.a. politischen Entscheidungsträgern „die wissenschaftlichen Grundlagen“ für ihre Entscheidungen in Richtung einer „nachhaltigen Zukunft“ an die Hand geben. Seit März 2023 ist sie für die Aktualisierung und Entwicklung des Happy Planet Index verantwortlich.
Hot or Cool?
Im Grunde fordert die Denkfabrik nicht weniger als einen Systemwechsel, denn sie betont: „Verhaltensänderungen sind zwar auf allen Ebenen wichtig, doch es ist von entscheidender Bedeutung, die Normen, Gesetze, Versorgungssysteme und Infrastrukturen zu ändern, die das Handeln des Einzelnen bestimmen. Ein nachhaltiger Wandel ist sowohl ein individueller als auch ein systemischer Wandel.“ Und: „Wir von Hot or Cool arbeiten an der Schnittstelle von Gesellschaft und Nachhaltigkeit und setzen die Wissenschaft ein, um die schnellen, radikalen und systemischen Veränderungen voranzutreiben, die notwendig sind, um das Ausmaß und die Dringlichkeit der Nachhaltigkeitsherausforderung anzugehen.“
Die Finanzierung des 2020 gegründeten Hot or Cool Instituts ist undurchsichtig. Sie wurde am 2. Juli 2020 als gemeinnützige GmbH beim Amtsgericht Berlin (Charlottenburg) registriert. Bei der Gründung wurde ein Startkapital von 25.000 Euro festgelegt. Als Geschäftsführer ist seit Beginn des Unternehmens Lewis Nji Akenji tätig. Dem Jahresabschluss zum Geschäftsjahr 2021, der am 24. Juni 2023 festgestellt wurde, ist zu entnehmen, dass das Institut am 31.12.2020 bereits über ein Umlaufvermögen von 305.140,04 Euro und am 31.12.2021 sogar über ein Umlaufvermögen von 1.100.479,67 Euro verfügte, wohingegen das Anlagevermögen nur 2.268,91 Euro betrug. Die durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres 2021 im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer betrug 4. Möchte man das gigantische Umlaufvermögen von über einer Million Euro, das dem Hot or Cool Institut allein 2021 zur Verfügung stand, verstehen, muss man sich einzelne Projekte und Veröffentlichungen anschauen, in denen Partnerorganisationen und Finanzgeber genannt werden. Vor allem die von Hot or Cool herausgegebenen Berichte sind hier aufschlussreich.
So fällt sofort auf, dass sich Hot or Cool bester Kontakte zu hochrangigen Organisationen wie etwa der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erfreut. Hot or Cool wurde nämlich nach eigenen Angaben von der OECD damit beauftragt, folgende besonders heikle Frage zu klären: Wenn die meisten Messungen des subjektiven Wohlbefindens darauf abzielen, ob sich die Menschen wohl fühlen, wie messen wir dann, ob es den Menschen gut geht? (Im englischen Original: „If most measures of subjective wellbeing assess whether people feel well, how do we measure whether people are doing well?“) Offenbar trauen weder die OECD noch das Hot or Cool Institut den Menschen zu, selbst zu beurteilen, ob es ihnen gut geht. Und wie kommt das erst 2020 gegründete Institut zu der Ehre, von der OECD beauftragt zu werden? Nun, das könnte an den Personalien liegen: Zu den Mitarbeitern der Denkfabrik zählt nämlich als Programmdirektorin Aimée Aguilar Jaber, die zuvor nicht nur beim World Resources Institute, einer Umwelt-Denkfabrik mit Sitz in Washington, und in der Lancet Pathfinder Commission (Schwerpunkt: Gesundheit und Klima) arbeitete, sondern eben auch bei der OECD. Bei Hot or Cool leitet sie u.a. das Programm „Urbane Systeme“, das Städte bei der „Umstellung auf Systeme unterstützt, die Wohlstand innerhalb der planetarischen Grenzen bieten“. Aguilar Jaber verfügt über einen Bachelor-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften vom Centro de Investigación y Docencia Economómicas (CIDE) in Mexiko-Stadt, einen Master-Abschluss in Internationaler Politischer Ökonomie von der University of Warwick im Vereinigten Königreich und eine „Maitrise“ in Nachhaltiger Entwicklung von der Dauphine Univeristé in Paris.
Entscheidender dürfte jedoch die Vernetzung von Lewis Akenji sein, dem Geschäftsführer von Hot or Cool, der auch als Gesellschafter geführt ist. Bei der Weltklimakonferenz in Dubai im vergangenen Jahr tauchte er bei der selben Veranstaltung wie Aguilar Jaber auf, die allerdings zu diesem Zeitpunkt noch als Vertreterin der OECD agierte, während er als Direktor des Hot or Cool Instituts sprach: nämlich bei einer Podiumsdiskussion zum Thema klimaneutrale Städte. In diesem Zusammenhang ist das Hot or Cool-Programm „1,5-Grad-Lebensstile“ („1.5-degree lifestyles“) bemerkenswert, in dem die Auswirkungen von Konsum und Lebensstil auf den Klimawandel untersucht werden. Zwei Berichte hält Hot or Cool dazu bereit: „Targets and Options for Reducing Lifestyle Carbon Footprints“ (zu deutsch etwa: Ziele und Handlungsoptionen für die Verringerung des CO2-Fußabdrucks in der Lebensweise, 2019) und „Towards A Fair Consumption Space for All” (zu deutsch etwa: Ein fairer Konsum für alle, 2021). Erstere umfasst 49 Seiten und erschien noch vor Gründung des Hot or Cool Instituts, aber Lewis Akenji wird bereits als verantwortlicher Autor für Konzept und Koordination genannt, damals noch in seiner Funktion als Mitarbeiter des Institute for Global Environmental Strategies (IGES). Hier war Akenji verantwortlich für den Themenbereich nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion.
Klimawandel für Investoren
IGES hat seinen Hauptsitz im japanischen Hayama und beschäftigt ein internationales Team von etwa 180 Forschern. Das Institut arbeitet u.a. mit dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) zusammen und betreibt auch Büros in Bangkok und in Peking. Es hat sich ausdrücklich den Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) verschrieben, die die Vereinten Nationen in der Agenda 2030 formuliert haben und durch die die globale Wirtschaft und die Gesellschaft im Sinne des Kampfs gegen den Klimawandel transformiert werden sollen. Finanziert wurde die Broschüre „Targets and Options for Reducing Lifestyle Carbon Footprints“ übrigens u.a. von der KR Foundation, die ihren Sitz in Kopenhagen hat. Die Stiftung wurde 2014 mit dem Auftrag gegründet, „die Ursachen des Klimawandels zu bekämpfen, darunter z.B. das Finanzsystem und die Wahrnehmung des Klimawandels durch die Menschen“. Die KR Foundation fördert nach eigenen Angaben Kommunikation als „ein Schlüsselinstrument, um öffentliche Unterstützung für politische Maßnahmen zu gewinnen“. Im Jahr 2021 wurden von ihr Fördermittel in Höhe von rund 1,2 Millionen Euro in diesem Bereich vergeben, beispielsweise an den Verband „Climate Action Against Disinformation“, der es sich zum Ziel gesetzt, „gegen digitale Fehl- und Desinformation über den Klimawandel“ vorzugehen.
Die KR-Stiftung selbst wurde 2014 von einer anderen Stiftung gegründet, nämlich der Villum Foundation, die wiederum eng mit der Velux Foundation und der in New York ansässigen V. Kann Rasmussen Foundation zusammenarbeitet. Die Velux Foundation unterstützt u.a. den BlackRock Global Renewable Power Fund II, der in Projekte zur Erzeugung erneuerbarer Energie investiert. Und die V. Kann Rasmussen Foundation teilt sich in New York Einrichtungen mit dem Rockefeller Brothers Fund (RBF), der u.a. dadurch auffällt, dass er die antiisraelische BDS-Initiative fördert. Außerdem ist er Teil der Lenkungsgruppe der Stiftungsplattform F20, die aus einem Netzwerk von mehr als 80 Stiftungen und philanthropischen Organisationen aus der ganzen Welt besteht, welche zur „globalen Klima-Agenda“ beitragen wollen. Unter diesen 80 Partnern befinden sich beispielsweise auch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), die European Climate Foundation, die Open Society Foundations, die Robert Bosch Stiftung, die Siemens Stiftung, die Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima, die Stiftung Mercator, der World Wide Found (WWF), die Welthungerhilfe und die Zeit Stiftung, um nur einige zu nennen.
Die V. Kann Rasmussen Foundation mischt sich durchaus auch in Europa ein. Im Jahresbericht 2022 der Stiftung finden sich zum Beispiel Zuwendungen an das WWF European Policy Office zur Beschleunigung des EU-Gasausstiegs und an die Rockefeller Philanthropy Advisors zum Aufbau von Gas-Resistenz in Europa sowie zum Ausschluss von Öl und Gas aus der Exportkredit-Finanzierung. 2023 gehörten Friends of the Earth Europe und ihr Einsatz für „Fossilfreie Politik“ zu den Begünstigten. Und auf der letzten Seite des Jahresberichts wird der EU-Kommissar für Klimaschutz Wopke Hoekstra mit den Worten zitiert: „30 Jahre – 30 Jahre! – haben wir gebraucht, um den Anfang vom Ende der fossilen Brennstoffe zu erreichen.“
Im Jahresbericht 2020, der übrigens Zahlungen an den Club of Rome dokumentiert, gehört das Schlusswort hingegen UN-Generalsekretär António Guterres: „Frieden mit der Natur zu schließen, ist die entscheidende Aufgabe des 21. Jahrhunderts. Sie muss oberste Priorität für alle sein, überall.“ Außerdem zählt die V. Kann Rasmussen Foundation neben anderen 366 Investoren wie BlackRock zu den Unterzeichnern der „Erklärung der globalen Investoren zum Klimawandel“. Es ist davon auszugehen, dass der Kampf der Investoren gegen den Klimawandel nicht ganz uneigennützig erfolgt. Durch die Energiewende ergeben sich beispielsweise neue Geschäftsfelder, und wenn Hausbesitzer die Umstellung der Heizungen oder Dämmungsmaßnahmen nicht bezahlen können und daher ihre Häuser verkaufen müssen, können Finanzkonzerne leicht zuschlagen und ihren Immobilienbesitz vergrößern.
Wie viel Kleidungsstücke pro Jahr?
Doch zurück zu den beiden Hot or Cool-Berichten: Kurz gesagt, geht es in „Targets and Options for Reducing Lifestyle Carbon Footprints“ darum, dass eine Änderung des Lebensstils und des Konsums nötig sei, um die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen, wie es das Pariser Abkommen vorsieht. Im zweiten Bericht aus dem Jahr 2021, der stolze 164 Seiten umfasst, wird vor allem die Verpflichtung der reicheren Länder betont, ihren Konsum einzuschränken und ihren Lebensstil zu ändern, weil sie am meisten zu den globalen Gesamtemissionen beitrügen. Neben dem Hot or Cool Institute und IGES werden als Herausgeber der Club of Rome, D-mat, Sitra und IEEP (Institute for European Environmental Policy) angeführt. Es würde zu weit führen, auf alle genannten Organisationen genauer einzugehen. Nur so viel: Lewis Akenji ist Vollmitglied des Club of Rome und Beauftragter für Transformationsökonomie bei dessen Projekt Earth4All.
Zur Erinnerung: Der Club of Rome legte mit den Untergangsszenarien in seiner Publilkation „Die Grenzen des Wachstums“ aus dem Jahr 1972 letztlich den Grundstein für die heutige Klimapanik, lag aber mit seinen Prognosen, die auf Computersimulationen basierten, grotesk daneben. Und ausgerechnet diesem Club gehört Lewis Akenji also an. Außerdem war Akenji Exekutivdirektor von SEED, einer 2002 gegründeten UN-Partnerschaft zur Förderung eines Unternehmertums für nachhaltige Entwicklung. Akenji hat übrigens einen Master-Abschluss in nachhaltigem Ressourcenmanagement (Technische Universität München, Deutschland) und einen Doktortitel in politischer Ökonomie (Universität Helsinki, Finnland). Man tritt ihm sicher nicht zu nahe, wenn man feststellt, dass er eher Politaktivist als Wissenschaftler ist.
Wenig überraschend ist daher auch, dass das Hot or Cool Institut eng verbunden mit der Initiative der C40-Städte ist (achgut berichtete). Dieser Städteverbund will Klimaneutralität durch Verzicht auf Konsum und Bewegungsfreiheit erzielen und wird u.a. auch von der V. Kann Rasmussen Foundation gesponsert. Jeder Einwohner einer C40-Stadt soll beispielsweise im Jahr 2030 höchstens acht neue Kleidungsstücke kaufen – am besten nur noch drei. Auch das Hot and Cool Institute empfiehlt, pro Jahr nicht mehr als fünf neue Kleidungsstücke zu erwerben. Mit der Veröffentlichung „Targets for Slowing Down Fast Fashion“ (2022) unterstützte Hot and Cool darüber hinaus ausdrücklich die EU-Strategie für nachhaltige Textilien. Auch um das Thema Ernährung kümmert sich die Denkfabrik: In der 24 Seiten umfassenden Broschüre „Food Production and Consumption in a 1.5°C World“ (zu deutsch etwa: Nahrungsmittelproduktion und -konsum in einer 1,5°C-Welt, 2023) erklärt Hot or Cool, dass der derzeitige ökologische Fußabdruck der deutschen Ernährung (2.300 kgCO2-eq/Person/Jahr) bis 2030 um über 66 Prozent und bis 2050 um 84 Prozent reduziert werden müsse. Na, dann guten Appetit! Finanziert wurde der Bericht übrigen von „followfood”, einem Unternehmen, das immerhin offenbar wirklich auf Qualität setzt und nicht auf zum Beispiel künstliches Fleisch. Aber das kann ja noch kommen.
Andere Themen, die Hot or Cool bearbeitet, sind z.B. die sorgfältige Klima-Kommunikation oder Elektro-Autos, die jedoch keine Lösung, sondern nur trojanische Pferde seien, da es darum gehe, die Autoflotte in den Industrieländern insgesamt zu reduzieren und ein völlig neues Modell zu finden, um den steigenden Mobilitätsbedarf in den Schwellenländern zu decken. Dabei verbindet die verantwortlichen Köpfe des Hot or Cool-Teams, das sich seit 2021 übrigens vervierfacht hat, offenbar schon eine längere Zusammenarbeit: So war auch Magnus Bengtsson, der „Policy Director“ bei Hot or Cool, zuvor am Institute for Global Environmental Strategies (IGES) tätig und gab dort gemeinsam mit Lewis Akenji Schriften heraus wie beispielsweise im März 2018 den 61 Seiten umfassenden Bericht „Scoring the Sustainable Development Goals: Pathways for Asia and the Pacific“ (zu deutsch etwa: Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung: Wege für Asien und den Pazifik).
Stiftungen für Systemwechsel?
Außerdem arbeitet Bengtsson als Unternehmensberater für die Next Leaders' Initiative for Sustainability (kurz: NELIS), die es sich zur Aufgabe gemacht hat, „eine neue Generation von Führungskräften im Bereich der Nachhaltigkeit auf der ganzen Welt zusammenzubringen“. NELIS vertritt die Auffassung, „dass die Menschheit nur dann in der Lage sein wird, sich auf ein humaneres und ökologisch verträglicheres Modell der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung zu besinnen, wenn sie eine neue Generation von Nachhaltigkeitsexperten in der ganzen Welt in einem gemeinschaftlichen Netzwerk zusammenbringt. NELIS arbeitet auf dem Weg zu einer Welt in Harmonie.“ Bengtsson hält u.a. einen Doktortitel in Umweltsystemanalyse von der Chalmers University of Technology in seinem Heimatland Schweden.
Als weitere Partner und Unterstützer werden in den Veröffentlichungen des Hot or Cool Instituts noch genannt: SERI, ein deutsches Institut, das Optionen für eine nachhaltige Entwicklung in Europa erforscht; Climate Outreach, eine britische Wohltätigkeitsorganisation, die sich auf das öffentliche Engagement für den Klimawandel konzentriert; Global Action Plan UK, eine britische Umweltorganisation, die sich um den Zusammenhang zwischen der Gesundheit der Menschen und des Planeten kümmert, sowie Rapid Transition Alliance, ein Netzwerk internationaler Organisationen „zur Bewältigung des Klimawandels“. Finanzielle Unterstützung erhält Hot or Cool außer von der deutlich dominanten KR-Stiftung von den Partners for a New Economy, die „die Wirtschaft für die Natur umgestalten“ wollen, dem Stanley Center for Peace and Security und der ClimateWorks Foundation, die „die Macht der Philanthropie stärken“ will, um die Klimakrise zu beenden, und ihrerseits von Stiftungen wie etwa Bloomberg Philanthropies, aber auch wiederum von der KR Foundation unterstützt wird.
Der Happy Planet Index selbst wurde durch Gelder von der AIM Foundation ermöglicht, die sich für einen „positiven gesellschaftlichen Wandel“ einsetzt. Ursprünglich wurde er von dem Politikberater Nic Marks erstellt. Frühere Ausgaben des Indexes wurden von der New Economics Foundation, deren Mitglied Marks ist, und WEAll veröffentlicht, einem Verbund von Organisationen und Einzelpersonen, die sich „für die Umgestaltung des Wirtschaftssystems“ einsetzen. Der Slogan der New Economics-Stiftung lautet: „Gemeinsam können wir die Regeln ändern“ („together we can change the rules“). Finanziert wird die Stiftung u.a. vom Europäischen Parlament, der Oak Foundation, der European Climate Foundation und vor allem von der Laudes Foundation, die nach eigener Aussage mit „mutigen Maßnahmen“ die doppelte Krise des Klimawandels und der Ungleichheit angehen will und nach einer „neuen Definition und Umverteilung von Werten zum Wohle aller“ sucht („to redefine and redistribute value for the good of all“). Es ist schon beeindruckend, wie fürsorglich die einschlägigen Stiftungen einander zuarbeiten. Aber sollte es zum Beispiel das EU-Parlament nicht doch irritieren, dass all diese Stiftungen einen Systemwechsel im Sinne haben und demnach im Grunde Umsturzfantasien hegen?
Deutschland wird kein Vanuatu
Wir fassen also zusammen: Der Happy Planet Index, der auf der menschenverachtenden Ansicht beruht, dass der ökologische Fußabdruck eines Menschen wichtiger als seine Lebenserwartung und sein subjektives Wohlbefinden sei, wird von einer in Berlin ansässigen Denkfabrik herausgegeben, die maßgeblich von zwei Männern geprägt wird, die zuvor beide am japanischen IGES-Institut tätig waren, das sich den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung verschrieben hat. Einer von ihnen ist gleichzeitig Vollmitglied beim Club of Rome. Die Denkfabrik wird überwiegend von einer Stiftung mit Sitz in Dänemark finanziert, die wiederum eng mit dem Rockefeller Bund in New York und weiteren Stiftungen verknüpft ist, die – wie die Denkfabrik selbst – auch über beste Beziehungen zu global agierenden Organisationen wie UN, OECD und EU verfügen. Die Denkfabrik arbeitet darauf hin, zum angeblichen Wohle des Planeten den Konsum und die Mobilität vor allem in den wohlhabenderen Ländern einzuschränken.
Fragt sich doch: Warum tun die zahlreichen Thinktank- und Stiftungsakteure das? Wissen sie es wirklich nicht besser und fallen tatsächlich auf die Klimapanik herein? Glauben sie wirklich daran, dass sie den Planeten retten? Aber selbst dann wäre ihre menschenverachtende Agenda mit nichts zu entschuldigen. Reizt es sie, ein Gesellschaftsexperiment durchzuführen? Ist ihr Ziel ein neuer totalitärer Kollektivismus oder der alte Kommunismus in neuem Klimaschlauch – wobei sie selbst selbstverständlich zur globalen Elite gehören würden? Sind sie süchtig nach Macht? Finden sie aus ihrer Blase nicht wieder heraus? Oder geht es ihnen schnöde um ihre Karriere und um Geld? Jedenfalls sind sie einflussreich: So verwenden beispielsweise die OECD und Eurostat, das offizielle statistische Amt der EU, bereits Indikatoren für das Wohlbefinden. Eurostat erhebt eine Reihe von Indikatoren zur „Lebensqualität“ (EU-SILC – Statistik über Einkommen und Lebensbedingungen), und die OECD führt den sogenannten Better Life Index.
Allerdings gibt es auch noch den Index der menschlichen Entwicklung (Human Development Index, kurz: HDI), der die durchschnittlichen Werte eines Landes in grundlegenden Bereichen der menschlichen Entwicklung wie etwa Lebenserwartung, Bildungsniveau sowie das Pro-Kopf-Einkommen erfasst und vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) herausgegeben wird. Hier liegt Deutschland mit einem Wert von 0,950 auf Platz 7, Vanuatu jedoch mit 0,614 auf Platz 140. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland beträgt derzeit etwa 81 Jahre, wobei sie 2022 gesunken ist, in der Schweiz sogar rund 84 Jahre und in Vanuatu nur cirka 70 Jahre.
Und nun soll also laut HPI (man beachte, dass die Abkürzung des Happy Planet Index nur in einem Buchstaben vom HDI abweicht) eine weltweite Vanuatisierung nötig sein? Böse Zungen könnten natürlich behaupten, dass Deutschland sowieso schon auf dem besten Weg ist, sich auf das Niveau von Vanuatu zurückzuentwickeln: Die Deindustrialisierung schreitet voran, der Analphabetismus auch, und die Lebenserwartung sinkt. Nur das Wetter wird in Deutschland nie so schön sein wie in Vanuatu.
Martina Binnig lebt in Köln und arbeitet u.a. als Musikwissenschaftlerin (Historische Musikwissenschaft). Außerdem ist sie als freie Journalistin tätig.