Jetzt, da der letzte amerikanische Soldat Afghanistan verlassen soll, führen die Taliban wieder ihre Regeln ein, nach denen Frauen niemals mit unbedecktem Gesicht oder ohne männliche Begleitung ihr Haus verlassen dürfen.
Das Land, in dem ich vor so langer Zeit einmal als Geisel gehalten wurde, kehrt schnell ins Mittelalter zurück. Das hat es schon viele Male zuvor getan. König Amanullah erlaubte in den 1920er Jahren den Frauen, ihre Schleier abzulegen, ein Verbrechen, für das er ins italienische Exil gezwungen wurde, während sein Land von Habibullah Kalakani in die Barbarei gestürzt wurde.
Jetzt, da der letzte amerikanische Soldat Afghanistan Ende August verlassen soll, führen die Taliban bereits wieder ihre Regeln im Stil der Saudis ein, nach denen Frauen niemals mit unbedecktem Gesicht oder ohne männliche Begleitung ihr Haus verlassen dürfen. Fernsehsendungen müssen aus religiösen Gesängen bestehen, die nur von Männern intoniert werden. Die Gewalt der Taliban gegen Journalisten hat deutlich zugenommen.
Zugegeben, die Vereinigten Staaten haben bereits zu viel Schweiß und Tränen in Afghanistan verbraucht, um unseren weiteren Verbleib zu rechtfertigen, und dennoch: Was ist mit den Frauen? Den Kindern? Den Dissidenten? Den Schwulen? Der unvermeidlichen Ansammlung von Terroristen?
Wird die Steinigung als öffentlicher Sport wieder aufgenommen werden?
Wie ich schon früher geschrieben habe, werden die Taliban in dem Moment, in dem der letzte westliche Militärstiefel afghanischen Boden verlässt, jedes einzelne Frauenhaus abfackeln, jedes Schulhaus für Mädchen niederbrennen und jede Rundfunksprecherin, Politikerin, Polizistin, Lehrerin und Ärztin, die ihnen über den Weg läuft, erschießen. Frauen und Mädchen werden wieder aus der Öffentlichkeit verbannt werden, ob unter Burkas versteckt oder in geschlossenen Räumen gehalten. Wird die Steinigung als öffentlicher Sport wieder aufgenommen werden? Wird die Taliban-Praxis, minderjährige Jungen als Sexsklaven zu halten, weitergehen, aber nun durch Rache noch verstärkt? Wird auf amerikanischer Seite jede Parlamentarierin oder Rundfunksprecherin und jeder Übersetzer, der mit unseren Truppen gearbeitet hat, rechtzeitig ausgeflogen werden?
Und was ist mit den islamistischen Terroristen, die sich dort nun wieder in Höhlen und Städten sammeln werden?
Wie viele amerikanische und europäische Feministinnen stehen jetzt Schlange, um ein Mädchen oder eine Frau oder eine mutige Feministin aus Kabul, Herat, Mazar-i-Sharif, Kandahar, Kunduz, Lashkar Gah, Laghman zu unterstützen? Wie viele LGBTQIA-Gruppen in Europa und Amerika stehen Schlange, um Schwulen aus Afghanistan Unterschlupf, Bildung und medizinische Versorgung zu bieten?
„Wirklich dramatische, schlechte Ergebnisse möglich“
Ein Besucher Afghanistans äußerte, dass afghanische Frauen sich nicht kampflos ergeben werden. Ich hoffe das, aber ich konnte bislang nicht beobachten, dass das passiert. Einige afghanische Frauen schwören, mit Gewehren und Messern zurückzuschlagen. Einige haben bereits gekämpft. Eine Frau wurde sogar ein Warlord. Ist das ihre Trumpf-Karte? Kein Taliban-Krieger kann die Vorstellung ertragen, im Kampf von einer einfachen Frau besiegt zu werden. „Sie haben Angst davor, von uns getötet zu werden, sie finden es beschämend“, sagte eine Afghanin dem Guardian.
Was haben wir Amerikaner aus all dem gelernt? Dass Afghanistan nicht modernisiert werden kann? Dass unsere eigenen, schnell verblassenden Ideale von der Bedeutung der Freiheit nicht anderswohin verpflanzt werden können? Und was ist nun unsere Verantwortung gegenüber den Menschen in Afghanistan?
Laut Foreign Policy „zeichnet eine kürzlich freigegebene Einschätzung der US-Geheimdienste ein düsteres Bild für die Zukunft der Frauenrechte in Afghanistan." Der ehemalige Vorsitzende des Senatsausschusses für Außenpolitik, Bob Menendez, sagte, dass der Senat keine Unterstützung für Afghanistan leisten wird, „wenn die Taliban (eine) Regierungsrolle übernehmen, die die Fortschritte der Zivilgesellschaft beendet und die Rechte der Frauen zurückschraubt.“
Der Vorsitzende des Vereinigten Generalstabs der Streitkräfte der Vereinigten Staaten, Mark Milley, sagte voraus, dass es möglicherweise „einige wirklich dramatische, schlechte Ergebnisse“ für die afghanischen Streitkräfte möglich seien, die gegen die Taliban auf sich allein gestellt sind. US-Außenminister Antony Blinken ging noch weiter, als er CNN sagte, dass „Afghanistan ein Pariastaat werden wird“, wenn es „die Errungenschaften“ für afghanische Mädchen und Frauen nicht respektiere.
Unseren Idealismus und unsere Hybris überdenken
Erlauben Sie mir die Bemerkung, dass dies die Taliban nicht interessieren wird. Sie betrachten ungläubige Nationen als die wahren Pariastaaten. Sie wollen unter ihrer Auslegung des Schari'a-Gesetzes des 7. Jahrhunderts leben.
Wenn wir etwas aus diesem gut gemeinten Missgeschick lernen können, was wäre das? Afghanistan hat eine lange, lange Geschichte der Barbarei, die der Westen vielleicht nicht besiegen kann. Selbst westlich ausgebildete afghanische Reformer waren nie in der Lage, dies auf Dauer zu tun.
Ich glaube auch, dass wir Amerikaner unseren Idealismus und unsere Hybris überdenken müssen, auch wenn wir beklagen, dass wir nichts tun können, zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt. Islamistische Regime haben etwas Widerspenstiges an sich. Deshalb sollten wir auch so vielen Mädchen und Frauen wie möglich Schutz bieten, unabhängig davon, ob sie mit unseren Streitkräften vor Ort zusammengearbeitet haben oder nicht.
Schließlich muss Amerika Allianzen mit Indien, Pakistan, Usbekistan, Russland und China eingehen, um die potenzielle Flut des Terrorismus einzudämmen, die in Afghanistan beherbergt sein könnte, bereichert durch den von den Taliban kontrollierten Opiumhandel und möglicherweise durch den längst überfälligen Abbau von Gas und wertvollen Mineralien.
Wenn wir das nicht verstehen und diese Aufgaben nicht bewältigen, riskieren wir sicherlich weitere islamistische Anschläge auf Zivilisten im Westen.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Investigative Project.