Manfred Haferburg / 07.08.2021 / 06:00 / Foto: Frank Vincentz / 124 / Seite ausdrucken

Deutschland – umgeben von Idioten

Wer kennt nicht den Business-Witz vom Chef, der eine blödsinnige Entscheidung nach der anderen fällt und beim leisesten Widerspruch brüllt: „I am surrounded by idiots“. Die Deutschen Vorreiter steigen gleichzeitig aus der Kernenergie und der Kohleverstromung aus, darauf hoffend, dass die ganze Welt ihrem guten Beispiel folgt. Nun verweigern sich die energiepolitischen Vorreiter beharrlich der Erkenntnis, dass sie in Wirklichkeit energiepolitische Geisterfahrer sind. Wenn es nach den Grünen und der Weltmeisterin der falschen Prognosen, Claudia Kemfert, geht, sind die anderen Länder blöd oder Geisterfahrer, weil sie verstärkt auf Kernenergie setzen.

Energiepolitisch wird Deutschland vom vermeintlichen Vorreiter zum Land der langen Gesichter. Erst vor Kurzem musste Bundeswirtschaftsminister Altmaier mit langem Gesicht – obwohl das bei ihm nahezu unvorstellbar erscheint – zugeben, dass sich die Bundesregierung bei der Prognose des Stromverbrauches für das Jahr 2030 um eine Größenordnung zu optimistisch geirrt hat. Wer konnte denn auch ahnen, dass Millionen Elektroautos mit Strom geladen werden müssen und Millionen Wärmepumpen auch irgendwie Strom verbrauchen werden. Jetzt soll Prognos noch mal schön langsam nachrechnen und im September, natürlich nach der Wahl, richtige Zahlen liefern. Die Antwort auf die Frage, wo der Strom denn herkommen solle, „muss Thema der Koalitionsverhandlungen sein“, so der Bundeswirtschaftsminister, der wider besseres Wissen so tut, als könnten Koalitionsverhandlungen eine gigantische Stromlücke von mehr als 100 Terawattstunden schließen. 

Ende dieses Jahres schaltet Deutschland auf den weisen Beschluss seiner Kanzlerin und ihres talentierten Kabinetts hin die supermodernen und bestgepflegten drei Kernkraftwerke Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen ab. Bis Ende 2022 gehen dann die letzten drei Top-Anlagen vom Netz. Dann hat sich Deutschland für die nächsten 30 Jahre von der Kernenergie verabschiedet. Und es fehlt die Erzeugung von sechs Großkraftwerken (ca. 9.000 Megawatt Leistung) im Netz, die dazu beitragen könnten, die von Herrn Altmaier gerade entdeckte Lücke zwischen Erzeugung und Verbrauch zu schließen. Die Vorreiter kommen beim Vorreiten gar nicht auf die Idee, dass es nachgerade idiotisch ist, Kern- und Kohlekraftwerke im eigenen Land zu verschrotten, um dann aus den Nachbarländern Kernkraft- und Kohlestrom zu importieren. Oder als Alternative einen Stromsozialismus mit regelmäßigen Stromsperren und Blackout-Gefahr zu akzeptieren. 

Als ewiggestrige Idioten abqualifiziert

Der „Wirtschaftskurier“ und „FOCUS-Online“ haben mit langem Gesicht gerade eine „erstaunliche Entdeckung“ gemacht: Die Kernenergie erlebt 10 Jahre nach Fukushima ein „erstaunliches Comeback“. Da kommen geniale Journalisten gerade darauf, dass „immer mehr Länder neue Atommeiler bauen“. Dass dies die Politiker und Journalisten erstaunt, ist nicht darauf zurückzuführen, dass dieser Vorgang ganz plötzlich aus heiterem Himmel erfolgt, sondern dass sie jeden, der sie in den letzten Jahren darauf aufmerksam machen wollte, als ewiggestrigen Idioten abqualifizierten. Wer konnte denn ahnen, dass zwischen der Entscheidung, ein Kernkraftwerk zu bauen, und seiner Inbetriebnahme so um die 15 Jahre liegen?

Was also stellen Wirtschaftskurier und FOCUS-Online fest?

Nicht weniger als 51 neue Atomkraftwerke sind derzeit im Bau. Im ersten Halbjahr 2021 sind drei neue AKWs in IndienPakistan und China ans Netz gegangen, und nun kommen im Monatstakt neue dazu… Alleine in China sind 13 neue Kernkraftwerke im Bau. Aber auch Indien setzt massiv auf Atomenergie und hat jetzt 6 neue Meiler im Bau. Das kleine Südkorea baut 4 neue Kernkraftwerke… immer mehr Länder haben sich seit dem Unglück von Fukushima für den Neu-Einstieg entschieden, darunter die Türkei, die Arabischen Emirate, PolenBangladeshÄgypten, Jordanien, Nigeria und Vietnam. Laut Internationaler Atomenergiebehörde IAEA wollen derzeit 28 Staaten neu in die Kernkraft einsteigen… In Europa bauen derzeit Finnland, Großbritannien, Polen, Russland, die Ukraine, Frankreich, Weißrussland und die Slowakei neue Kernkraftwerke. Insgesamt erzeugen die USA mit 94 Anlagen (2 neue stehen in Bau) am meisten Atomstrom, vor Frankreich (56 Reaktoren), China (49 Reaktoren) und Russland (38 Reaktoren). 

Im Rahmen des globalen Comebacks hat sich auch Japan für eine Rückkehr zur Atomkraft entschieden. Ungeachtet des Atomunglücks von Fukushima müsse man erkennen, dass Atomenergie eine wichtige Energiequelle der Zukunft sei, heißt es aus der Regierung in Tokio. Tatsächlich fährt Japan nicht nur seine alten Meiler wieder hoch, sondern baut sogar zwei völlig neue…“

Weiterhin wird darauf eingegangen, dass eine völlig neuartige Technologie der Kernenergie im Kommen ist: die kleinen, modularen Reaktoren (SMR) der „Generation Vier“. Diese sind nicht nur inhärent sicher, sondern sie können den Abfall aus den herkömmlichen Kernkraftwerken als Brennstoff nutzen und machen so eine Jahrtausende dauernde sichere Endlagerung überflüssig. Die Technologie des „Schließens des Brennstoffkreislaufes durch Wiederaufbereitung“ ist aber in Deutschland auf Betreiben der Grünen per Gesetz schon seit vielen Jahren verboten. 

Nach Kanada ausgewandert

Die Grünen haben den von ihnen angestrebten „Fadenriss der Kernenergie in Deutschland“ mit Hilfe der anderen etablierten Parteien sehr erfolgreich durchgezogen. Es gibt in Deutschland keine nennenswerte Infrastruktur für eine Nuklearindustrie mehr, angefangen bei der Ausbildung von Fachleuten bis hin zu Fertigung von Komponenten für Kernkraftwerke. Siemens baute einst die sichersten und produktivsten Kernkraftwerke der Welt. Heute kann Siemens nicht einmal mehr die nichtnuklearen Großkomponenten für ein KKW bauen. Die vielversprechendste Technologie der Reaktoren der vierten Generation, der in Deutschland von mutigen Forschern entwickelte Dual-Fluid-Reaktor, ist kürzlich nach Kanada ausgewandert.

Der Artikel im FOCUS-Online schließt mit folgendem Satz: „Nach Angaben der IAEA befinden sich derzeit 84 Reaktoren in 18 Ländern in der Entwicklung oder im Bau. Deutschland, das einst in der Atomtechnik weltführend war und gerne Klimaretter sein will, sieht plötzlich ziemlich alt aus.“

Dem kann ich nur hinzufügen, dass das Wort „plötzlich“ hier völlig fehl am Platze ist. Deutschland sieht schon seit dem Beginn der Kanzlerschaft der Physikerin Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Dr. h.c. Dr. h.c. Merkel ziemlich alt aus. Deutschland ist kein Vorreiter, sondern ein Land verblendeter politischer Gigantomanen. Die ruinösen Bemühungen zur Reduktion von den zwei Prozent des deutschen Anteils am weltweiten Kohlendioxidausstoß haben da genauso wenig Einfluss auf das Weltklima wie die Abschaltung der letzten sechs deutschen Kernkraftwerke auf die Entwicklung der weltweite Kernkraftindustrie. 

Die Kernenergie ist nicht am Ende, sondern an ihrem Beginn – völlig egal, mit oder ohne Deutschland. Doch ich fürchte, die Grünen brauchen sich keine Sorgen zu machen, dass die deutsche Politik ihre Geisterfahrt bemerkt, dazulernt und den Atomausstieg rückgängig macht. Hier gilt der vierte Haferburgsche Lehrsatz: „Lernen aus Erfahrung? Das muss nicht sein“.

Foto: Frank Vincentz CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

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Oliver König / 07.08.2021

Deutschland ist ja nicht nur umgeben von Idioten, die die geniale deutsche Politik partout nicht nach-oder mitmachen wollen. Sondern Deutschland ist auch umgeben von Nazis, Querdenkern und Verschwörungstheoretikern, die gegen nur in Deutschland alternativlose Entscheidungen und Maßnahmen aller Art demonstrieren oder sogar in den Medien schreiben! Deutschland, umzingelt von Feinden…..

Richard Kaufmann / 07.08.2021

Merkels Haltung gegenüber ihrer deutschen Heimat entspricht den grünen Aussagen “Deutschland verrecke” oder “Deutschland, Du Stück Scheiße”. Und nicht nur, dass man dieses maligne Geschwülst namens - Sie wissen schon - nicht wegoperiert hat, man hat es noch weitere 3x hintereinander sein Unwesen treiben lassen, und zu allem Überfluss bereitet sich das “gutmütigste” aller Völker auf die Übergabe des Szepters an die nativdummen und mindestens so malignen Grünen. Übrigens: “gutmütig” so wie die Deutschen charakterisiert wurden, ist Euphemismus für “nativ” bzw. “dumm”. Es hat keine positive Konotation.

Andreas Rochow / 07.08.2021

@ Alexander Peter - Sie haben recht. Aber allein mit der Drift in den linksgrün-faschistoiden Propagandastaat sind die CO2VID-Kampagnen der UN-Globalisten schon teuer bezahlt. Eine so tief gespaltene Gesellschaft zu regieren, erfordert die Mittel des totalitären Staates, Alternativlos! Schlafende Parlamente haben ideologiebenebelt darauf hingewirkt. Der Verfassungsschutz, das Bundesverfassungsgericht und die Staatsmedien heißen die Zerstörung der Demokratie gut. Gläubige Greta- Merkel-Lemminge lassen eine Kultur untergehen und am Ende wird man sagen, die mentale Klimakatastrophe habe sie vorsorglich dahingerafft.  Vorreiter eben. Kein Gott und keine Chinese wird uns retten.

Ralf.Michael / 07.08.2021

Oh, those German`s….wie recht man doch hatte…they Nut`s… the German`s ;o)) Vielleicht trifft ja ” Cautious ” doch zu ?

Kay Ströhmer / 07.08.2021

Ich schätze auch, dass das Verhältnis der Doofen zu den Klugen hierzulande etwa 80 zu 20 ist. Die 20 % kommen immer über die Runden, das ist die gute Nachricht. Die 80 % leben im Prinzip von den Leistungen der anderen. Die müssen nun leider zurückgelassen werden. Für 20 % eine Durststrecke, für 80 % das Ende.

giesemann gerhard / 07.08.2021

Kommt die Kernkraft nicht zu mir, gehen wir halt hin zu ihr.

Dr Stefan Lehnhoff / 07.08.2021

Das Heulen nützt ja nichts, wie müssen das Problem praktisch lösen. Und zufälligerweise habe ich die perfekte Lösung: Allen Grün Wählern wird der Strom abgestellt und ihre Autos beschlagnahmt. Sollte das nicht reichen, stellen wir den Strom auch allen an, die sich haben impfen lassen. Dann reicht der überschüssige Windstrom sogar für Power to Gas. Wie sagten unsere Eltern so schön: Wer nicht hören will, muss fühlen.

Matthias Popp / 07.08.2021

@ B.K.Kopp Gerne helfe ich mit deutscher Grammatik aus: “schleifen”: regelmäßige Flexion i.S.v. “über den Boden ziehen”, “zerstören” - unregelmäßige Flexion i.S.v. “schärfen”, “hart drillen” (Wahrig, Deutsche Rechtschreibung) Also werden Renten und Sozialleistungen nicht “geschärft”, sondern “zerstört” - geschleift halt.

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