Der (wenig) talentierte Herr M.

Die etablierten Umweltverbände haben längst nicht nur „Herzstücke unserer Heimat“ preisgegeben, sondern den Natur- und Landschaftsschutz überhaupt. Sie sind mit ihren Funktionären so entkernt wie Kirchen und politische Parteien.

Im Internet kann man sich ein Video anschauen. Es zeigt einen gewissen Richard Mergner bei der Verlesung seiner „Weihnachtsbotschaft 2020“. Der früh ergraute Mann mit Schnauzbart und runder Brille posiert vor dem Foto eines wilden Luchses und dem Logo einer Umweltorganisation, die sich „Bund Naturschutz in Bayern“ (BN) nennt und verkündet mit freudloser Miene und dem rhetorischen Geschick eines DB-Zugbegleiters, wieder einmal, den drohenden Weltuntergang. 

Die Corona-Pandemie habe „Gewissheiten auf den Kopf gestellt“ und vielen bewusst gemacht, „wie verletzlich unsere weltweit vernetzte Lebens- und Wirtschaftsweise ist“. Damit habe der Glaube daran, dass der Markt alles regeln könne, „völligen Schiffbruch erlitten“. Was das eine mit dem anderen zu tun hat, erschließt sich nicht auf den ersten Blick, doch schon fährt Mergner fort. Die aktuelle Krise sei ein „Weckruf“, um „das 21. Jahrhundert zum Jahrhundert der Nachhaltigkeit zu machen“. Gerade das kommende Jahr könne entscheidend werden, denn die neue Legislaturperiode nach der Bundestagswahl 2021 sei „vielleicht die letzte, in der wir noch etwas gegen die Auswirkungen der Klimakrise unternehmen können“.

Globaler Anspruch, historische Dimension, quasi-religiöser Duktus, dazu eine Prise abgestandener Antikapitalismus, darunter macht es Herr Mergner nicht. Doch wer ist dieser Mann, dem die Lustfeindlichkeit aus allen Poren und Knopflöchern seines schlecht sitzenden Sakkos quillt?

Geduldiges Warten als ewiger Kronprinz

Richard Mergner ist nicht, wie man vermuten könnte, der stellvertretende Filialleiter der Kreissparkasse Hersbruck, seines Heimatortes, sondern Vorsitzender einer der größten Umweltvereinigungen des Landes. Mit laut eigener Webseite rund 260.000 Mitgliedern und Förderern hat der Bund Naturschutz in Bayern, die bayerische Filiale des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), weit mehr Mitglieder als die CSU, die als drittgrößte politische Partei gerade mal auf 140.000 Parteibuchinhaber kommt. Wenn er etwas zu sagen hat, ist ihm die Aufmerksamkeit der Mainstream-Medien sicher.

Mergner ist der Sohn eines fränkischen Försters, er studierte Geographie an zwei bayerischen Universitäten und engagierte sich nebenher im Umweltschutz. Neben dem langjährigen BN-Chef Hubert Weiger, der von 2007 bis 2019 auch Vorsitzender des BUND war, agierte Mergner in der Rolle des ewigen Kronprinzen, bis er nach Weigers Rückzug 2018 erwartungsgemäß zum neuen Vorsitzenden des BN gewählt wurde.

Sein Vorvorgänger im Amt des BN-Chefs war Hubert Weinzierl, ein Pionier des Umweltschutzes in Deutschland, der zusammen mit Bernhard Grzimek, Horst Stern, Konrad Lorenz und Enoch zu Guttenberg den staatsnahen Honoratiorenverein namens Bund Naturschutz zu einer politischen Kampforganisation formte und sich frontal gegen den Zeitgeist der Wirtschaftswunderjahre stellte, verkörpert durch Franz Josef Strauß, der Bayern mit Atomkraft, Rüstungswirtschaft und Hightech in die Moderne katapultierte. Weinzierl war ein überzeugender Redner und ein ernstzunehmender Schriftsteller, der auch schöne Naturgedichte schrieb.

2002 wurde der naturliebende Schöngeist von seinem Ziehkind Hubert Weiger unsanft abserviert. Für den robusten, schon physiognomisch völlig anders auftretenden Weiger war Naturschutz schon nicht mehr echte Herzensangelegenheit, sondern eher ein Vehikel der Machtausübung. Aber immerhin war Weiger noch ein Mann, der über eine gewisse gravitätische Ausstrahlung verfügte.

„Herzstücke unserer Heimat preisgeben“

Jetzt also Richard Mergner. Von Zerfallsprodukten wie dem 61-Jährigen wimmelt es mittlerweile in der deutschen Ökoszene. Es sind Menschen, von denen man sich schlechterdings nicht vorstellen kann, das sie für das, was sie zu schützen vorgeben, wirklich brennen: Natur, Tiere, Landschaft. Für sie gibt es nur noch ein einziges Thema: Klimaschutz in globaler Dimension. Maßzahl für den Erfolg ihrer bürokratisch getriebenen Dekarbonisierungsbemühungen sind Solarparks und Windräder, am besten so viele wie möglich, wobei die einst unantastbaren Arten- und Landschaftsschutz nur noch lästige Hindernisse sind auf dem Weg ins klimaneutrale Öko-Nirwana.

Die einstige Nähe zur CSU ist beim BN heute einer intensiven Kumpanei mit den Grünen sowie der Ökostromlobby auf allen Ebenen gewichen. Als Ampel-Minister Robert Habeck jüngst zum „Antrittsbesuch“ in Bayern weilte und für eine Abschaffung der nur im Freistaat gültigen 10H-Abstandsregelung für Windräder warb, kroch Mergner dem Ober-Grünen per Interview tief in den Allerwertesten. Bis zu 10.000 neue Windräder allein in Bayern müssten her, zusätzlich zu den 1.200 bestehenden, meinte er, sage und schreibe 120 in jedem Landkreis, was in etwa der Windrad-Dichte Ostfrieslands entspräche. Und das, obwohl der Wind, je näher man den Alpen kommt, nur so schwach weht, dass es eine „Schwachwindzulage“ braucht, um die Anlagen halbwegs rentabel zu machen.

So also spricht heute der Vorsitzende eines Umwelt- und Naturschutzverbandes: „In vielen Regionen Deutschlands, im Schwarzwald oder in der Fränkischen Schweiz, gibt es genauso schöne Landschaften wie in Oberbayern. Trotzdem stehen dort Windräder. Wenn man sorgfältig plant und landschaftliche Höhepunkte schützt, sind Windräder kein Problem, sondern eine Chance.“ Wie, um alles in der Welt, soll man 120 riesige Windkraftwerke pro Landkreis so platzieren, dass „landschaftliche Höhepunkte“ geschützt werden? Ganz zu schweigen von den Gefahren für die Artenvielfalt, die von den gigantischen Rotoren ausgehen.

Hubert Weinzierl, der, seit Jahren erblindet, zusammen mit seiner Frau Beate Seitz-Weinzierl im Bayerischen Wald lebt, schrieb einmal: „Als in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts ein Schifffahrtskanal durch ein Kleinod deutscher Kulturlandschaften, durch das Altmühltal, gebaut werden sollte, gab es darüber einen erbitterten Streit zwischen Naturschützern und Fortschrittsgläubigen (…) Und jetzt die Windkraft (…) Es darf nicht sein, dass wir Herzstücke unserer Heimat preisgeben, die wir zuvor jahrzehntelang verteidigt haben.“

Doch die etablierten Umweltverbände haben längst nicht nur „Herzstücke unserer Heimat“ preisgegeben, sondern den Natur- und Landschaftsschutz überhaupt. Während die letzten echten Naturfreunde die Altersgrenze erreichen oder sich in alternativen Verbänden organisieren, die das alleinige Primat der Klimarettung infrage stellen, werden die Mitgliederstatistiken weiter aufgebläht durch professionell geworbene, der Natur ferne Städter, die Wölfe für Kuscheltiere halten und ihren Urlaub in einer Öko-Lodge in Afrika verbringen, wo es keine Windräder gibt. Immer mehr gleichen BUND, NABU und Co. mit ihren graumäusigen Funktionären Scheinriesen, inhaltlich ähnlich entkernt wie Kirchen und politische Parteien. Satt und selbstgenügsam, sind sie kaum mehr von denen zu unterscheiden, die sie einst bekämpften. Ihre Zeit ist abgelaufen. Leider ist zu befürchten, dass sie bis zu ihrem Untergang noch maximalen Schaden anrichten werden.

Foto: Roggenthin/BUND-Pressefoto

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Leserpost

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f. roheim / 06.02.2022

@Gotthelm Fugge,  @Dr. Günter Crecelius, @E. Albert,  @Heike Olmes : Zum Thema Nordhessen gibt es bei Tichys einen Artikel (Holger Douglas,25.07.2018). Zitat aus dem Artikel, von einem der Akteure in diesem Drama: “Windkraftanlagen seien hervorragend, sein Schwiegervater könne damit ohne Arbeit Geld verdienen”. Damit sind die Intentionen der grünen Mafia hervorragend beschrieben.

Hans-Jörg Jacobsen / 06.02.2022

Das Grundproblem ist gut beschrieben: Die selbsternannten Naturschützer aus BUNDGREENPEACENABU DUHetc haben nur ein Ziel: Deutschland als Wissenstaftsstandort zu morgenthausieren und zu marginalisieren. Sie nehmen nicht wahr, dass sich unsere Umwelt, unsere Landwirtschaft auf der Basis der Erkenntnisse der Wissenschaften stetig verbessern (da haben ihre Mahnungen in der Vergangenheit sicherlich ihre Verdienste). Sie stellen ihre verquasten und veralteten Ideologien aber über den Stand von Wissenschaft und Technik. Sie haben nicht kapiert (oder es nicht kapieren wollen/können), dass die vier Hauptsätze der Thermodynamik nicht durch Beschlüsse eines Parteitag mal so eben ausgehebelt werden können. Sie transportieren ihre reaktionäre Propaganda über eine weitgehend unkritische, wenn nicht gleich wissenschaftlich illiteraten und zur gründlichen und kritischen Recherche unfähigen Presse in eine Öffentlichkeit, die das da dann glauben soll oder nicht tut. Und dann wundert man sich, dass neben Homöopathen, Bekloppten und Anthroposophen neben ernsthaft besorgten Bürgern und -innen auch Antifas und Neonazis auf die Straße gehen? So passiert es eben, wenn offenbar inkontinente Aktivisten im Braunkohlegebiet Hambi Polizisten mit Scheiße bewerfen durften und dies von der berichtenden Presse nicht ernsthaft kritisiert wurde, beim Abholzen im windschwachen Reinhardswald in Hessen (...) (Anm. d. Red.: Links sind hier leider nicht zugelassen. Bitte googeln: »Bild Amtlich! Grimms Märchenwald wird für Klimaschutz geopfert«)  bei der Errichtung nutzloser Windräder aber weder Aktivisten noch Presse gesichtet wurden. Unsere Probleme sind grösser, als den meisten bekannt ist. Und es nicht Bill Gates, sondern die Unfähigkeit vieler, sich realistisch mit Fakten auseinanderzusetzen, die eigene Blase zu verlassen. Dazu braucht es Mut, Intelligenz und die Bereitschaft, sich auch mal selbst in Frage zu stellen. Kann nicht jeder/jede/jedes.

Ludwig Luhmann / 06.02.2022

@Gotthelm Fugge / 06.02.2022 - “Zig-Milliarden EUR an funktionstüchtiger Energie-Anlagenbestand sinnlos vernichtet, Steuergelder für viele, viele andere, zwingend erforderliche Infrastrukturmaßnahmen entsorgt. Man schaltet prinzipiell keine funktionierenden Anlagen ab, bevor nicht neue, leistungsfähigere diese nahtlos ablösen.”—- Wenn Sie jetzt einen Schritt zur Seite treten, Ihre eigenen Wort nochmal betrachten und sich jetzt auf die Vermutung einlassen könnten, dass das, was gemacht wird, im Sinne des Great Reset sinnvoll ist, dann kennen Sie meine Perspektive.

Gottfried Meier / 06.02.2022

Ich bin vor einem Jahr nach fast 40-jähriger Mitgliedschaft aus dem Bund Naturschutz ausgetreten.

Joerg Machan / 06.02.2022

Also ich hab die Lösung! In Brandenburg wurden zum Jahresende über 400 Windräder abgeschaltet, weil sie nach 20 Jahren mit Förderung nun ohne Förderung unrentabel sind. Das hat mich nun auf diese fantastische Idee gebracht: Statt Windräder bauen wir große Hamsterräder. Die werden durch Fachkräfte betrieben, die natürlich nach ihren Fähigkeiten gut entlohnt werden. Jetzt freuen sich alle: Die AfD, FfF, die Waldschützer, die Vögel und O. Scholz, weil wir die Spaltung der Gesellschaft überwunden haben. P.s. Als Alternative gibt’s das Tretrad für den Keller, und für die Grünen die Treträder vor dem Latte Macchiato Café  . . .

Hans-Peter Dollhopf / 06.02.2022

Herr Ditsche schreibt: “Es gibt Zahlen, wonach allein Rehwild einen jährlichen Schaden von ca. 330 Millionen Euro im Wald anrichtet”. - - - Zuerst klingt das einmal wie Versicherungsbetrug. Aber wenn man sich dann überlegt, dass ein Reh ja immerhin so 15 Kilo wiegt, ein Borkenkäfer aber nix. Und wir wissen, was ein Borkenkäfer mit einem Baum macht! Gute Nacht, Herr Forstwirt. Und vielleicht übertragen die Rehs irgendwelche Krankheiten.

Hans-Peter Dollhopf / 06.02.2022

Man könnte doch den Regenwald für Windanlagen abholzen? Dann wäre das auch endlich nicht mehr illegal. Und natürlich 10H-Regel zu den Ureinwohnern. Falls denen das nicht gefallen sollte, dann wären sie eh Nazis, also nicht schade drum.

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