Ulrike Stockmann / 10.11.2022 / 10:00 / Foto: Achgut.com / 64 / Seite ausdrucken

Ein Schritt zum bedingungslosen Grundeinkommen?

Der Bundestag befasst sich heute mit der Einführung des Bürgergeldes, mit dem der Bezug von Sozialleistungen erleichtert und von Forderungen und Sanktionen befreit werden soll.

Heute wird im Bundestag über die Einführung des Bürgergeldes abgestimmt, voraussichtlich soll am 25. November die Abstimmung im Bundesrat folgen. Die Ampel-Koalition will diese neue Sozialleistung als Ersatz für Hartz IV ab dem 1. Januar 2023 einführen. Das Bürgergeld enthält für die Empfänger einige Erleichterungen. Eine Erhöhung des Regelsatzes von 449 auf 502 Euro ist geplant, ebenso werden „angemessene“ Heizkosten übernommen, ohne dass hierfür ein klarer Höchstbetrag angegeben wird.

Außerdem fallen in den ersten zwei Jahren der Bezugszeit keine Beschränkungen hinsichtlich der Größe und Miete der finanzierten Wohnung an, zudem soll der Umzug in eine teurere Wohnung leichter bewilligt werden können. Das Schonvermögen beim Bürgergeld betrüge für Singles in den ersten beiden Jahren bis zu 60.000 Euro (bei Hartz IV sind es bis zu 10.050 Euro).

Gegenwind bekam dieser Vorstoß von der Opposition in Gestalt von Union und AfD. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) befand, es sei nicht gerecht, „dass Menschen auf Kosten derer, die fleißig arbeiten gehen, ziemlich lange nicht mitwirken müssen“. Friedrich Merz nannte das Bürgergeld den „Weg in ein bedingungsloses Grundeinkommen“ und wies zudem darauf hin, dass er im kommenden Jahr ohnehin eine Grundsicherung für Rentner und Kinder erwarte. Laut Markus Söder hätten die Bürgergeld-Pläne „absolut sozial ungerechte Auswirkungen“. Die Union habe zudem vor, den Vorschlag bei der Abstimmung im Bundesrat Ende November zu kippen.

„Verweigerung von Mitwirkung wird sanktioniert“

Die AfD hat zur heutigen Abstimmung einen eigenen Antrag eingereicht. Darin plädiert sie für „Bürgerarbeit“ anstelle eines Bürgergeldes für Langzeitarbeitslose. Alle, die länger als sechs Monate Grundsicherung beziehen, sollten demnach zu 15 Wochenstunden Arbeit verpflichtet werden können, die ähnlich wie der Zivildienst gestaltet sein solle. Empfänger, die eine solchen Arbeit verweigerten, sollten nur noch Sachleistungen beziehen können.

Unter den Verantwortlichen der Ampelkoalition ist natürlich die Position der FDP am interessantesten, denn eigentlich sind die Liberalen der natürliche Feind eines aufgeblähten Sozialstaates. Christian Lindner äußerte jedoch Unverständnis für den Widerspruch der Union, denn: „Vor allem beim Schonvermögen rate ich ab, in einen Schäbigkeitswettbewerb einzutreten.“ Wenn Menschen wegen eines Schicksalsschlags in den Bezug rutschten, sollten sie demnach nicht das verzehren müssen, was sie sich vielleicht über Jahrzehnte aufgebaut hätten. „Das Bürgergeld belohnt Hinzuverdienst und Qualifikation, Verweigerung von Mitwirkung wird sanktioniert“, glaubt Lindner.

Nun gibt es natürlich die von Lindner angeführten Schicksalsschläge, bei denen rechtschaffene und bis dato leistungsstarke Mitmenschen durch plötzliches, unverschuldetes Unglück ihre Arbeitsfähigkeit verlieren und in die Armutsfalle geraten. Inwiefern etwa Rücklagen für die Altersvorsorge oder anderer Besitz beim Beziehen von Sozialleistungen angetastet werden sollten, ist hinsichtlich der langfristigen Auswirkungen grundsätzlich diskussionswürdig. Man sollte einen Bauern schließlich nicht zwingen, sein Saatgut zu verzehren, um im Sprachbild Christian Lindners zu bleiben.

Integrierung von Zuwanderern ins Sozialsystem

Wenn man sich jedoch die Bürgergeld-Prämissen ansieht, die scheinbar ein möglichst barrierefreies und vor allem unbegrenztes Beziehen von Sozialhilfe zum Ziel haben, denkt man in der Tat mehr an ein bedingungsloses Grundeinkommen als an die Belohnung von „Hinzuverdienst und Qualifikation“. Es drängt sich der Verdacht auf, dass es auch um die möglichst hürdenlose Integrierung von Zuwanderern ins Sozialsystem gehen könnte, die derzeit auf Rekordniveau ins Land strömen.

Die wirklich spannende Frage lautet jedoch: Woher zum Teufel sollen dafür nur die Steuereinnahmen kommen? Wer soll sie denn erwirtschaften?

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Leserpost

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Rainer Hanisch / 10.11.2022

@T.Bernigau: “Die Credit Suisse schätzt das Median-Nettovermögen in Deutschland auf rund 65.000,- (Wikipedia Artikel „Mittleres Vermögen“)” Da hat sie sich aber bei mir extrem verschätzt, trotz meines Daseins als Leistungserbringer! Bin mit 70 Jahren immer noch in einem regulären Arbeitsverhältnis, weil die als Rente deklarierte Sozialhilfe vorn und hinten nicht reicht. Die Credit Suisse möge mir kurzfristig kontaktieren, damit mein Nettovermögen ausgeglichen und auf den “geschätzten” Stand angehoben werden kann! Ja, Herr Dr. Joachim Lucas: Ich muss Ihnen mal wieder vollständig zustimmen! Bei den “geschenkten Fachkräften”, die nichts weiter können, als Messerstechen und Kinder in die Welt setzen (was sagen die “Klima-Aktivisten” eigentlich dazu, im Zusammenhang mit der Klimarettung?) ist man ja auch nicht so pingelig. Die kriegen seit ihrem “Grenzübertritt” ein bedingungsloses Grundeinkommen, zuzüglich diverser Sonderboni!

Josef Gärtner / 10.11.2022

“Brot und Spiele” für’s Volk! Wie im alten Rom. Klar, auch damals hatte man schon erkannt, dass man damit die breite Masse politisch ruhig stellen kann. Hat auch geklappt, - bis zum Untergang.

Günter H. Probst / 10.11.2022

Die Frage, woher die Steuereinnahmen zur Deckung der Sozialstaatsausgaben kommen sollen, führt in die Irre. Mit der Erfindung des geldpolitischen perpetuum mobile, die Staaten verschulden sich beliebig, die EZB kauft die Schulden auf, haben sich die Euro-Staaten gerade von einer solchen Denk- und Handlungsweise der Deckung von Einnahmen und Ausgaben,entfernt. Der Preis dafür, die Entwertung von Gespartem und die ständige Teuerung, wird von den Wählern dieser Politik gerne gezahlt.

Patrick Meiser / 10.11.2022

@ricardo ranchis - Der mit weitem Abstand einzig sachliche Kommentar zu diesem Thema. All jene, die hier so weit die Klappe aufreißen, mögen einmal darlegen, wieviel genau sie persönl. weniger haben, wenn irgendein Hilfeempfänger im Januar 52 € mehr bekommt. Man/frau hat zwar stets hier immer eine Meinung, nicht zwingend aber auch Ahnung. Das Bürgergeld ist nichts anderes als “alter Wein in neuen Schläuchen”. Die Regelsätze wurde seit Einführung von Hartz IV rigoros kleingerechnet; lt. Ermittlungskommission wurde seinerzeit ein bedarf von ca. 500 € beziffert, die Regierung rechnete das bei Einführung auf 345 € (West) bzw. 331 € (Ost) herunter. Von Jan. 2005 bis nun Jan 2023 steigt der Regelsatz mithin auf ungefähr den Betrag, der schon bei Einführung 2005 angemessen gewesen wäre. In 18 Jahren ist mithin eine Erhöhung von 157 € bzw. 8,72 € /mtl. zu verzeichnen. Nur solche Vollpfosten wie ein Th. Saarazin würden jetzt einwenden, dass man sich davon volle 2 Tage ja angemessen und vollwertig ernähren kann. Was von diesen paar Kröten alles zu bestreiten ist, hat @ricardo ranchis bereits ausgeführt (Lebensmittel, Hygiene, Öffis, Bekleidung, Strom, Telefon, Freizeit u. Kultur). Diejenigen, die einwenden, es lohne sich daher nicht mehr zu arbeiten, übersehen, dass der Mindestlohn auch mit 12,00 € deutlich zu gering ist; dieser müsste bei mindestens 15,00 € /Std. liegen. Wäre dies der Fall, wäre auch dem Lohnabstandgebot bei entsprechender Regelleistung von ca. 650 € genüge getan. Es ist einigermaßen beschämend, wenn sich die Autorin an den Spielchen der Regierung “Teile und herrsche” beteiligt, passt dies doch so gar nicht zum oftmals hier diskutierten Streitthema “Corona-Impfung/Ausgrenzung”.

Andreas Rühl / 10.11.2022

Es gibt keine Leistungen, die Hartz IV heißen. Hartz IV war ein ganzes Bündel sehr unterschiedlicher Maßnahmen, die vor allem die Flexibiliät der Arbeitssuchenden verbessern sollten, dazu gehörten unter anderem auch die asymmetrischen Kündigungsfristen im Mietrecht und sonstige Erleichterungen bei Dauerschuldverhaeltnissen. Ein Teil davon war die Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosengeld zu ALG II. Hierbei wurden sanktionsmoeglichkeiten, die es bisher nur im bshg gab, auf das sgb II uebertragen, die hier wie dort wirkungslos verpuffen. In der Tat geht es jetzt nicht um die Verbesserung der Stellung der sgb II Bezieher, sondern um einen Schritt zum grundeinkommen, dem feuchten Traum aller Schmarotzer und der linken staatsvergoetterer. Korrekturen im alg II bereich, etwa beim schonvermoegen sind okay. Es ist zynisch, die sparsamen zu bestrafen. Es wäre auch vernünftig, die Bemessung der kdu zu vereinfachen. Das jetzige System hat nur einen parallelmarkt fuer alg II Bezieher geschaffen. Am besten wäre es, einen pauschalbetrag zu Existenzsicherung zu zahlen und fertig. Sanktion bis auf Null, wenn fundamentale Verweigerung vorliegt, Arbeit zu suchen oder anzunehmen. Derzeit wird nur bestraft, wer nicht zum Amt geht, wo ihm nicht geholfen wird. Das ist absurd.

Horst Jungsbluth / 10.11.2022

Woher die Mittel kommen sollen, wenn nur noch Bürgergeldempfänger und Unbeschäftigte im öffentlichen Dienst anzutreffen sind? Ganz einfach, die Antwort darauf hat der ehemalige Abgeordnete der Grünen Ströbele dem Berliner Tagesspiegel bereits am 29. 5. 1994 gegeben: “Und in die Rentenversicherung haben wir alle (er meinte die Mitglieder des später verbotenen sozialistischen Anwaltskollektivs) nichts!!! eingezahlt, denn wir wussten ja: Nach einer siegreichen, glorreichen Revolution hätten wir alle ausgesorgt”. Deutlicher geht es wohl nicht, wobei dieser vorbestrafte Grüne noch einiges mehr zu bieten hatte. Die Medien feierten ihn als “Urgestein” und die Berliner Morgenpost bezeichnete ihn tatsächlich als “Bürgerrechtler”, worauf ich wutenbrannt mein Abo kündigte und der damalige Chefredakteur mir darauf anwortete, dass das eine unerfahrene Mitarbeiterin zu verantworten hätte.

Bernd Haven / 10.11.2022

Ich würde gerne einmal erfahren, mit welchen Zahlen unsere sog. Bundesregierung das Ganze durchgerechnet hat, um auch im kommenden Jahr einen solide finanzierten Staatshaushalt präsentieren zu können. Denn bereits am Montagmorgen, den zweiten Januar 2023, werden sämtlichen Politikern, die diesem unausgegorenen Schwachsinn zugestimmt haben, die Kinnladen beim Frühstück auf den Tisch knallen, wenn sie ersten Bilder der Schlangen von Antragsstellern vor den Jobcentern im Bundesgebiet via Fernsehen sehen werden. Hinzu kommen die online- Anträge die in den Jobcentern eingereicht werden. Ab diesem Tag wird sich die Zahl der Bürger*Innengeld- Bezieher*Innen mindestens verdoppeln. Die Kosten werden explodieren, so daß bereits am ersten Arbeitstag des Neuen Jahres der Bundeshaushalt nicht mehr finanzierbar sein wird. Es ist unfassbar, wie diese linken Spinner mit dem erarbeiteten und zwangsabgepressten Geld des zwangsbeglückten Steuerbürgers umgehen.

Marc Munich / 10.11.2022

@R. Geschermann “Oder, es ist der erste Schritt für die Zeit, in der die meisten Arbeiten von KI erledigt werden.”  Gilt das dann auch für die Arbeiten der NEPD (NeueEinheitsParteitDeutschlands resp. grünrotschwarzvegilbt ?)  PS: Es sind m. E. alles erste Schritte zum DIGITALEN ZENTRALBANKGELD, der (Sleepy Joe würde vielleicht sagen) umfangreichsten und umfassendsten Organisation für Erpressung und Überwachung in der Geschichte der westlichen Politik ...

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