Dirk Maxeiner / 18.08.2019 / 06:25 / Foto: Achim R. Schloeffel / 41 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Mit den Zinsen unter dem Meeresspiegel

Der Sonntag dient ja bekanntlich der Ruhe und dem Gebet. Es wurde sogar eine eigene Art der Sonntags-Berichterstattung erfunden, sie nennt sich „Constructive Journalism“ oder auch „Konstruktiver Journalismus“. Auf Wikipedia wird das Sonntagsschreiben so definiert: „Konstruktiver Journalismus will über positive Entwicklungen berichten, um ein einseitiges negatives Weltbild bei den Lesern zu verhindern. Probleme sollen dabei nicht ignoriert, sondern um die Diskussion möglicher Lösungsansätze erweitert werden.“ Auf gut Deutsch: Konstruktiver Journalismus ist  eine Fortsetzung des Sonntags-Gottesdienstes mit anderen Mitteln, inklusive Fürbitten und Aussichten auf einen Platz im Himmel oder im Bundes-Presseamt, was in Sachen Rente auf das Gleiche herauskommt. Kein Wunder, dass sich immer mehr Kollegen dieser Bewegung anschließen. Wenn Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm als Sonntagspredigt einen Kommentar aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung oder der TAZ vorlesen kann, dann ist der Weg zum Constructive Journalism vollendet. Wir befinden uns auf der Zielgeraden.

Ich darf da mitreden, weil ich schon Anfang der 1980er Jahre für den Heinrich Bauer Verlag ein Magazin Namens „Chancen“ erfand, was nach kurzer Zeit allerdings nicht im Himmel sondern mit einer konstruktiven Pleite endete, warum ich jetzt hier rumtoben muss. Ich war meiner Zeit einfach zu weit voraus, Angela Merkel wurde erst 2005 zur First Gesundbeterin der Nation, danach wären die Chancen größer gewesen, heute sogar unbegrenzt. Schließlich buddelt her Constructiveness Lady Angela das Loch, in dem wir sitzen, immer schneller, weshalb wir bald am gegenüberliegenden Weltende Licht sehen werden.

Der Tunnel, der unter dem Kanzleramt beginnt und von dort durch den Erdkern gegraben wird, endet laut „Antipodes Map“ bei den Koordinaten 52° 31' 1.3 Süd und 166° 36' 40.1 West. Soweit die gute Nachricht. Und jetzt die schlechte: Das Grundstück liegt unter dem Meeresspiegel irgendwo im Pazifik zwischen Chile und Neuseeland. Aber wir haben ja den konstruktiven Journalismus. Und dessen Lösungsansatz lautet: Pack die Badehose ein.

Nach 1.145,53 Jahren schuldenfrei

Ich finde das ganz bestechend und habe deshalb ein ganz ähnliches Konzept entwickelt, in dem ich drei sehr unterschiedliche Probleme einer gemeinsamen integrativen Lösung zuführe und zwar auf rein wissenschaftlicher Basis. Da wäre zum einen die beginnende wirtschaftliche Krise der Automobilindustrie. Des Weiteren ist da die aus ethisch-moralischen Gründen dringend notwendige Hinwendung zur Elektromobilität, die beim deutschen Michel bislang aber lediglich in Form von Tretrollern ankommt. Und dann wäre da noch die Europäische Zentralbank, die den Einlagenzins mittlerweile ins negative gedreht hat. Motto: Wer Geld auf der Bank hat, muss dafür zahlen. Wer sich welches leiht, bekommt noch was oben drauf.

Und jetzt kommt meine Idee, wie wir diese drei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Dazu muss man wissen: Die meisten Autohersteller haben, wie beispielsweise VW, eine eigene Bank. Diese Bank leiht sich nun bei der EZB 100.000 Euro mit minus 2 Prozent, das heißt, sie hat nach einem Jahr nur noch 98.000 Euro Schulden, irgendwann sind die Schulden dann gleichsam weggezaubert.

Das Geschäft kann sie aber nur unter der Bedingung machen, dass sie das Geld weiterverleiht. Also leiht sie einem VW-Kunden 100.000 Euro für den Kauf eines superschicken Elektromobils a la Tesla. Der EZB-Reibach wird geteilt, ein Prozent für die Bank, ein Prozent für den Kunden, im ersten Jahr also 1.000 Euro für die Bank und 1.000 Euro für den Kunden als Weltrettungsprämie. Mit den Negativzinsen, sprich der Weltrettungsprämie, zahlt der Kunde den Kredit ab, er ist gleichsam geschenkt mitsamt dem Auto. Man muss nur ein bisschen Geduld haben. Wenn dieser Zinsrechner (er funktioniert schon mit Negativzinsen) stimmt, ist der stolze Elektroautobesitzer nach 1145,53 Jahren schuldenfrei.

Der rechtschaffene Bankräuber wird auf EZB umgeschult

Jetzt möge man einwenden, das weder das Auto noch sein Besitzer diese Lebenserwartung haben. Aber wozu sollten sie? Die Summe zahlt sich ja gewissermaßen von selbst, die Anwesenheit des Käufers auf diesem irdischen Planeten ist dafür nicht erforderlich, die des Autos auch nicht. Und wenn das kaputt geht, kriegt er einfach ein Neues für geschenkt. Dann zahlen sich eben zwei Kredite von selbst. Oder zehn. Kommt nicht drauf an. What ever it takes.

Damit ist die Autoindustrie gerettet, die Verkehrswende geschafft und der Euro ein ewiger Hort der Stabilität. Lästige Solvenzprüfungen sind überflüssig, selbst der rechtschaffene Bankräuber wird auf EZB umgeschult. Ich habe jetzt drei ernsthafte Fragen an Fachleute, die ich am späten Samstagabend, an dem ich das hier schreibe, nicht mehr klären konnte: Spinne ich? Spinnt der Zinsrechner? Spinnt die EZB? Oder spinnen wir alle? Oder ist endlich ein neues Zeitalter ausgebrochen, in dem das Manna vom Himmel fällt? Für sachdienliche Hinweise bin ich wirklich dankbar. Denn ich möchte  in der Tradition des Constructive Journalism möglichst schnell einen großen Tunnel zum ewigen Licht der Erkenntnis graben und ihnen erzählen, wie schön es ist, gemeinsam baden zu gehen.

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

Foto: Achim R. Schloeffel CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Albert Pflüger / 18.08.2019

Das ist eine tolle Idee! Könnte man auch mit Wohnungen machen, man hört ja immer, es gebe zu wenige. Laßt uns jedem Mangel abhelfen, der uns bedrückt. Erinnert sich noch jemand an die Titanic (das Satireblatt)? Die hatten mal eine Serie mit Reklame für Geld. Eine erinnere ich noch: ein Zecher wurde in hohem Bogen mit Fußtritt aus der Kneipe befördert. Der Spruch dazu: „Mit Geld wäre das nicht passiert! Echtes Geld- bei allen Banken und Sparkassen!“. Es ist wahr, Satire hat es heute schwer….

Alexander Rostert / 18.08.2019

Wer von den Beteiligten genau welchen Dachschaden hat, kann ich Ihnen nicht sagen, Herr Maxeiner, aber ich kenne da ein englisches Literaturzitat: “There is no such thing as a free lunch.” Der Urheber war übrigens Science-Fiction-Autor Robert Heinlein (“Revolte auf Luna”). Diese Expertise sollte den ähnlich spezialisierten Voodoo-Ökonomen in der EZB allerdings zu denken geben.

Wilfried Cremer / 18.08.2019

Das ist die Spargeldsteuer. Und zum Peilen kommen in die Scheine Chips. Den Euro-Größenwahn gibt’s schließlich nicht umsonst.

HaJo Wolf / 18.08.2019

Ich habe da auch so eine Idee, mit der ich der Draghischen Vernichtung meines fürs Alter angesparten Vermögens entgegenwirken möchte. Dazu nutze ich die kommende Rezession, den Niedergang des Euro und den nächsten Finanzcrash. Und so geht das: ich nehme mein Geld von der Bank, sagen wir 500.000, lege es in stabiler Währung an (Gold?), kaufe ein Haus für eine halbe Million, dir ich mir von der Bank leihe. Dann warte ich, bis die halbe Mio nur noch 250.000 wert ist. Die zahle ich dann zurück. Das Haus hat immer noch den Gegenwert von 500.000 oder sogar mehr, ich habe noch eine Viertelmillion und keine Schulden mehr.

Peter Groepper / 18.08.2019

Wer verleiht, darf und soll ein angemessenes Entgelt (Zinsen) erwarten und erhalten. Zinslos im ökonomischen Sinne verleiht man nur gegen “anderes” Entgelt wie z.B. Freundschaft. Das ist der normale und gesunde Gang der Dinge. Sobald Verliehenes ohne Belohnung oder sogar mit Abzug zurückgegeben werden kann, ist etwas sehr krank im System. Wer weitere Ausführungen braucht, um das zu verstehen, dem biete ich an, mir einen hohen Geldbetrag gegen Negativzinsen zu leihen und sich dann die Entwicklung des Schuldenstatus anzusehen. Ich wäre sogar mit einem wucherhohen Minuszins einverstanden, denn dann kann ich ihm die Restschuld schon in kurzer Zeit komplett zurückzahlen. An dieser Stelle einen sonntäglichen Dank für Eurorettung, Energiewende und offene Grenzen.

Dr. Joachim Lucas / 18.08.2019

Der Gedanke des Negativzinses ist Irrsinn. Bsp: ich kaufe einen Gegenstand zu € 10000 auf Pump. Nach zehn Jahren zahle ich ca. 9500 zurück. Den Gegenstand verkaufe ich gleich wieder an jemanden, der das auch auf Pump finanziert usw. Den “Kredit” lasse ich stehen. Jetzt muss ich aber das Geld irgendwie bunkern (9500 für die Rückzahlung). Am besten “vergraben”. Zur Bank geht ja nicht (Negativzins!). Das mache ich mehrere Male und jeder macht es so. Die Erdlöcher werden wohl zunehmen (wie bei den Römern, die bei der Flucht vor Germanen alles in die Brunnen geschmissen haben). Die Banken müssten mir also verbieten den Gegenstand zu verkaufen. Und das Bargeld müsste vorher auf jeden Fall abgeschafft sein. Finanziert wird alles mit unendlichem Gelddrucken der EZB. Und $, Pfund, SFr u.ä. gibt’s auch noch. Dann bräuchte man Kapitalverkehrkontrollen,  usw. usw. Das System hat sehr schnell fertig, weil man gar nicht weiß, was die Leute in Ihrer Not noch alles anstellen werden. Geldbesitzer auf Konten sind jedenfalls am A…

J.G.R. Benthien / 18.08.2019

Köstlich. Aber leider Realität. Ich habe den Rechner eben getestet. 5.000 Euro Kapital für 7 Jahre zu -1% -> Berechnen. ——— Da leuchtet unten rot auf: »Hinweis: Der Zinssatz ist negativ. Dies bedeutet, dass sich das Guthaben von Jahr zu Jahr verringert. « ——— OK, das hätte ich auch ohne den Zinsrechner gewusst. Aber ich gehöre auch nicht zu den 87% der Deutschen, die wieder die Staatsratsvorsitzende und den Kreis der Unfähigen gewählt haben.

Bernhard Krug-Fischer / 18.08.2019

Lieber Herr Maxeiner,  leider bin ich kein Finanzgenie und kann deshalb keine sachdienliche Hinweise geben. Nur ein Hinweis: in der Finanzwelt hat man sich schon öfter verrechnet.  Vielleicht ist ihr Ansatz auf die Lösung auf rein (!) wissenschaftlicher Basis schon der Denkfehler. Ich weiß es nicht. Aber ich bin mir ganz sicher, dass als Ergebnis bei den Leserbriefen unterm Strich heraus kommt, dass wir alle spinnen (die Leser der Achse ausgenommen).

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