„Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt“, sangen dereinst die Comedian Harmonists. Ich habe keine Ahnung, ob Mesut Özil die Gesangestruppe aus den 20er Jahren kennt, bin aber sicher, dass er mit ihnen übereinstimmt. Und das dürfte nicht an seinem innigen Verhältnis zu Recep Tayyip Erdoğan liegen, der ist nämlich meist nicht da, wenn man ihn mal braucht.
Von ganz anderem Kaliber ist da sein Fußball-Kollege Sead Kolašinac, der ausgesprochen präsent war, als eine Truppe von Strauchdieben in London mit Özil den Besitz seiner Mercedes-G-Klasse (und wohl auch den der goldenen Uhr von Kolašinac) neu aushandeln wollte. Das Ganze ist ja inzwischen ein viraler Videohit. Kolašinacs tänzelnde Beinarbeit und sein linker Unterhaken, erinnern an Cassius Clay, Gott hab ihn selig. Auf Wikipedia heißt es über den deutsch-bosnischen Fußballer: „Leichte technische Defizite gleicht er durch Willen, Einsatz und einen schnellen Antritt aus. Daneben gilt er als robuster, dynamischer Spieler, und ihm wird eine körperliche und geistige Präsenz nachgesagt“.
Sowas lernt man nicht im Stuhlkreis. Kolašinac wuchs in Karlsruhe und auf dem Bolzplatz auf, als Schneeflöckchen kommt man da nicht weiter. „Mit mir macht man so etwas nicht“, soll er nach dem Überfall gesagt haben. Ich fühlte mich in der Sache spontan an Ivan Jurcevic erinnert, mehrfacher Kickboxer-Weltmeister kroatischer Abstammung, der auf der Domplatte Silvester 2015/2016 wenigstens einigen Opfern der sexuellen Übergriffe Schutz bot. Aber das nur nebenbei.
"Block IAA! – Wir crashen ihre Party!“
Ich will auf was anderes raus: Es gibt einen Typus Mann, bei dem sollte man nicht versuchen, ihm sein Spielzeug wegzunehmen. Und schon gar nicht, wenn es sich dabei um ein Mercedes G-Modell mit acht Zylindern und goldenen Applikationen handelt. Dies als kleiner Hinweis an jene, die partout die kommende Automobil-Ausstellung in Frankfurt blockieren wollen. "Block IAA! – Wir crashen ihre Party!“, heißt es auf der Seite des Bündnisses „Sand im Getriebe“.
Liebe Linke, Autonome, Antifanten und Klimastmathiker, beschränkt euch bei euren Aktionen um Gottes Willen auf höhere Töchter im Toyota Prius, Hipster im Tesla und Cabriolet-Weicheier mit Windschott. Ich sage das aus purer Sorge um euer Nasenbein. In Mercedes-G-Modellen, Lamborghinis und schwarzen Ami-Pickups sitzen so komische Typen, von denen man nie wissen kann, ob sie Rechts- oder Linksausleger sind.
Als flankierende Maßnahme empfehle ich dem Verband der Automobilindustrie, seine Strategie in der Öffentlichkeitsarbeit ein wenig zu überarbeiten. Bisher geben die Herrschaften ja den Steinmeier, mit ähnlich friedensstiftenden Erfolgen. Bei der Jahres-Versammlung von Volkswagen beispielsweise hatte eine junge Dame von Fridays for Future das Wort, damit ein wenig Glanz planetarer Verantwortung auf der Chromstoßstange der VW-Granden aufscheine. Man hätte natürlich auch einen Arbeiter vom Band einladen können oder gar einen kaufkräftigen potenziellen Kunden, also so einen wie Sead Kolašinac.
Aber vielleicht darf der ja jetzt die Eröffnungsrede zur IAA halten und darlegen, warum es keine gute Idee ist, den Menschen ihr Eigentum und ihren Besitzstand wegzunehmen. Als neue Positionsbestimmung der Branche könnte er vorschlagen: „Mit mir macht man das nicht“. Ich bin sicher, dass bei sämtlichen PR-Beratern das Heulen und Zähneklappern ausbrechen würde, beim Publikum aber tosender Applaus. Menschen würden sich weinend in den Armen liegen und spontan ein Lied anstimmen: "Ein Freund, ein guter Freund...“ Von Flensburg bis Berchtesgaden würde ein gewaltiges Hupkonzert erschallen, nicht unähnlich einer landesweiten türkischen Hochzeit. Ich bin ohnehin der Meinung, dass dieser osmanische Brauch vom deutschen Dieselfahrer assimiliert werden sollte, um mal für ein paar Tage das Berliner Regierungsviertel lahm zu legen. Die Berliner Taxifahrer, viele davon Unternehmer mit Migrationshintergrund, haben die Folterinstrumente ja kürzlich schon mal aufgezeigt.
Der Gemütszustand ist ernst
Allein, die Hoffnung ist wohl vergeblich und die Lage überdies undurchsichtig. Das zeigen die Halbjahreszahlen, die Volkswagen gerade veröffentlicht hat. Das Unternehmen hat nämlich richtig gut verdient – und jetzt raten Sie mal, womit. Originalton aus dem Wirtschaftsteil der FAZ: „Volkswagen profitiert derzeit von der Strategie von VW-Chef Herbert Diess, der auf allen wichtigen Märkten auf neue SUV-Modelle setzt, mit denen sich mehr verdienen lässt, als mit herkömmlichen PKW.“
Sehen wir die Dinge, wie sie sind: So ziemlich jedes unschuldige Klimaopfer schlendert früher oder später in die Tiefgarage. Dort verwandelt es sich in jenen röhrenden Zombie, vor dem es immer gewarnt hat. Und kauft in verstärktem Maße einen SUV. Der Gemütszustand ist also nicht nur unübersichtlich, sondern auch ernst: Die meisten Deutschen fahren Auto. Viele Deutsche leben vom Auto. Und außerdem möchten alle gemeinsam das Auto gern noch ein bisschen abschaffen. Kläger und Beklagte sind in unbekümmerter Tateinheit dieselben.
Macht aber nix, es naht nämlich Rettung in Form der Elektromobilität. Der VW-Lenker hat sich dafür sogar einen geistigen Powerslide der Extraklasse einfallen lassen. Die FAZ beschreibt diesen so: „VW-Chef Diess sieht in seiner SUV-Offensive eine notwendige Voraussetzung dafür, die hohen Investitionen in die Wende zur Elektromobilität aus eigener Kraft finanzieren zu können“. Wenn man sich das ganze Klima-Gedöns jetzt einmal zu eigen macht, dann lässt sich diese Logik in einfacher Sprache so ausdrücken: „Wir müssen den Planeten zunächst beherzt ruinieren, um ihn danach um so wirkungsvoller retten zu können“.
Auch das ist im Prinzip nix Neues. Es hat ja eine längere Tradition in der deutschen Autoindustrie, zu glauben, man könne seine Gegner mit Appeasement-Sprüchen aussitzen. So schaltete Mercedes-Benz 1990, damals war gerade das Waldsterben en vogue, großformatige Anzeigen und bildete dazu eine schöne Weltkugel ab. Darüber stand: "Wir können langfristig nicht mit unserem Stern umgehen, als ob wir noch einen zweiten im Kofferraum hätten". Als das Unternehmen dann in schwere finanzielle Turbulenzen geriet, galt firmenintern eine modifizierte Parole: "Wir können langfristig nicht mit unserem Stern umgehen, wenn wir kurzfristig Pleite machen."
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