Dirk Maxeiner / 10.05.2020 / 06:15 / Foto: Pixabay / 70 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Die Stunde der Ufos

„Du bist rechts“, ist bekanntlich der liebste Spruch deutscher Platzanweiser, und es folgt der Verweis auf den Ausgang des Kinos. Deshalb wird es da allmählich einsam, bald ist keiner mehr übrig, und sie können das Licht ausmachen. Für den verbliebenen Rest gibt’s jetzt ein neues Programm im Lichtspielhaus: Die Verschwörungstheoretiker respektive Aluhüte sind unter uns. 

Die gibt es rechts und links, oder auch rinks und lechts und überhaupt. Mit den Verschwörungstheorien verhält es sich wie mit den Statistiken: Jeder kocht diejenige Brühe auf, die ihm am besten in den Kram passt. Eine Prise Gates, zwei Löffel Soros und ein Fond von jüdischer Weltverschwörung. Wahlweise abgeschmeckt mit ein bisschen Mondlandungs-Fake und 9/11-Petersilie. Als Krönung vielleicht noch ein Schlag Schmand vom Bilderberger. 

Gelöffelt wird die Suppe in allen Milieus und Bildungsschichten, selbst wenn sie lauwarm ist. Auch Medien sind dafür anfällig. Wenn man beispielsweise der Trump-Berichterstattung deutscher Amerikaflüsterer lauscht, so ist die Grenze zwischen Berichterstattung und Verschwörungs-Geraune so fließend wie ein verunglückter Schokoladenpudding.

Mit den Religionen haben Verschwörungs-Erzählungen gemeinsam, dass alles, was dagegen spricht, in eine Bestätigung der einmal akzeptierten steilen These umgewandelt wird. Der Glaube an Verschwörungen immunisiert gegen Einwände. Das ist eigentlich nichts Neues, ganze Bibliotheken und Filmarchive zeugen davon. 

Die unterhaltsame Geschichte von Attila dem Küchenbullen

Jeder Krieg, jede Krise und jede Katastrophe fallen irgendwann der überirdischen, respektive unterirdischen Deutung anheim. Einen großen Anteil daran haben die jeweils herrschenden Kreise, die dem Volk was vom Pferd erzählen wollen. Neudeutsch nennt man das „Framing“ oder auch „Narrativ“. Unter diese Geschichte fällt beispielsweise das Märchen von der überirdischen Wirkungsmacht unserer Kanzlerin und ihres treuen Knappen Jens Spahn, die das Virenmeer für uns teilten wie einst Moses das Rote Meer.

Doch das Volk ist störrisch und misstrauisch und lernt zwischen den Zeilen zu lesen. Das Problem besteht allerdings darin, dass Viele damit gar nicht mehr aufhören können und wollen. Und wer nichts mehr glaubt, glaubt irgendwann alles. Meine Oma las stapelweise diese bunten Blättchen mit den erfundenen Adelsgeschichten, sie lebte damit glücklich bis ans Ende ihrer Tage, und wenn sie nicht gestorben wäre, so würde sie noch heute Das neue Blatt verschlingen.

Als aktuelles Beispiel mag hier die sehr unterhaltsame Geschichte von Attila dem Küchenbullen dienen. Attila Hildmann, ein Angehöriger der Spezies „Starkoch“, wurde durch Standardwerke wie „Vegan for Fun“ bekannt, das vom Vegetarierbund zum „Buch des Jahres“ gekürt wurde. Er trat bei Maischberger auf und entwickelte außerdem vegane Lebensmittelmarken. Kurz: Attila brachte alle Voraussetzungen für einen Liebling der Bionade-Fraktion mit, dem die fleischlose Zunft sogar seinen Porsche mit Kalbsledersitzen verzieh.

Jüngst kam Attila durchaus nachvollziehbar auf den Trichter, dass Einschränkungen der Grundrechte auf Basis einer wackeligen Seuchengesetzgebung nicht der Weisheit letzter Schluss oder gar gefährlich sein könnten. Bedauerlicherweise hat er aber deutlich schlechtere Bremsen als sein Porsche, und so beschloss er, der Menschheit auf Instagramm & Co mitzuteilen, wie es sonst noch in ihm denkt, siehe oben Weltverschwörung, Bilderberger und so. 

Grippe für die politische Glaubwürdigkeit

Dies war mit einer deutlichen Steigerung des Unterhaltungswertes der Affäre und mit einem ebensolchen Verlust des Marktwertes seiner Unternehmungen verbunden. Die Corona-Nummer spaltet nämlich auch ansonsten gut vernetzte deutsche Sekten, in denen es oft ganz ähnlich denkt, die aber eine bessere PR-Agentur haben. Die Lebensmittelkette Vitalia beispielsweise schmiss Attilas „Vegane Bolognese im Glas“ aus dem Regal und ließ nicht ganz konsistent verlauten: „Diese Meinungsäußerungen entsprechen nicht unserer Philosophie. Wir stehen für einen offenen Diskurs.“ 

Im Zuge der Mutation des Corona Virus von einer Infektion der Atemwege hin zu einer Grippe für die politische Glaubwürdigkeit sind die Verschwörungs-Fuzzis inzwischen nützliche Idioten für diejenigen, die das Thema am liebsten in einer Gruft auf dem Wiener Zentralfriedhof versenken würden. Zu groß ist die Angst, die Virenlast könnte den gegenwärtigen politischen Entscheidungsträgern auf die Füße fallen wie ein Glas von Attilas Bolognese.

Überfällige Kritik an der politischen Behandlung und der Instrumentalisierung der Corona-Causa zum Zwecke der Machterhaltung und -mehrung wird deshalb kurzerhand als Verschwörungstheorie abgetan und erspart jede inhaltliche Auseinandersetzung. Wer keine Maske tragen mag, kriegt automatisch einen Aluhut aufgesetzt. So schnell wird man zum Ufologen. Als Angehöriger der Risikogruppe erwäge ich bereits die Anschaffung einer fliegenden Untertasse, um meinen Fahrzeugpark zu erweitern. Ufos haben mich schon immer fasziniert. 

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

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Stefan Riedel / 10.05.2020

“... für die politische Glaubwürdigkeit…”. Ein grüner Schimmel?

Dr. Joachim Lucas / 10.05.2020

Tja, heutzutage ist alles politisch. Selbst die vegane Bolognese (Kann man das überhaupt essen?). Es ist ja immer ein Zeichen totalitärer Denkweisen, dass es nur Freundlager/Feindlager gibt. Das geringste Abweichlertum und du bist raus aus der Herde. Man gibt den Leuten via Staatsmedien alles vor und sie käuen brav wieder. Wer nichts weiß, muss eben alles glauben, selbst wenn erzählt wird, dass der Mann im Mond ein vergessener Astronaut ist, der durch ein Double ersetzt wurde.

Franck Royale / 10.05.2020

An der Börse gibt es eine goldene Regel: wenn eine Aktie gut läuft, egal ob fundamental begründet oder durch einen Hype angetrieben: einfach laufen lassen und nach unten absichern. Da die CDU gestern dank Corona die 40% Marke geknackt hat, wird es unter den Aktionären vermutlich bald erste Gewinnmitnahmen geben, wird Corona entsprechend bald wieder fair bewertet.

Hjalmar Kreutzer / 10.05.2020

Hihi, schon um den abgebildeten Parkplatz nutzen zu dürfen, würde ich mir ein UFO anschaffen! Dass ein Lebensmitteldiscounter und ein Saftabfüller in Weltanschauung machen, halte ich aber für sehr bedenklich. Mir ist dieser ganze Rummel und dieses jugendlich-dynamische Gehampel und die Angeber-Videos um mittlerweile inflationär vorkommende sog. „Starköche“, bei denen man mal gegessen haben muss oder deren Produkte man unbedingt haben muss, völlig fremd. Die lange Schlange vor dem Etablissement des Vegan-Hipsters ruft in mir Kopfschütteln hervor, noch so eine Arabeske aus der Es-geht-uns-zu-gut-Abteilung. Soll er machen, Klappern gehört zum Handwerk. Was aber hat dieses ganze Verkaufsgeschehen mit den politischen Ansichten und privaten Aktivitäten des Herrn Attila zu tun? Sind deshalb plötzlich seine Produkte nicht mehr gut? Muss ich als Kaufland-Kunde demnächst unterschreiben, nicht AfD zu wählen, sonst Hausverbot? Den bei Kaufland ausgestellten Ramadan-Kalender mitten in der brandenburgischen Provinz muss ich auch hinnehmen oder mir bei Rewe mit grüngutmenschlichen ökologischen Nachhaltigkeitsparolen auf den Docht gehen lassen - oder halt nicht mehr dort einkaufen. Einen Andersdenkenden bewusst wirtschaftlich zu schädigen, ist zutiefst undemokratisch und menschlich schäbig. Auf den Hygienedemos sehe ich mitunter mehr buntgefärbte zottelhaarige Jünglinge mit Verstaatlichungsphantasien als die üblichen rechten verschwörungstheoretischen Reichsbürgernazis, passt aber nicht ins Weltbild der taz und der RND-Journaille. Obwohl sonst DDR-mäßig durchgeimpft, sehe ich aber auch keinen Sinn in einer wiederholten, womöglich zwangsweisen Impfung gegen in jeder Saison mutierende Viren, wie Influenza oder SARS-Cov2.

Sabine Schubert / 10.05.2020

Der Bürger hat das Recht und die Pflicht, die Regierung zur Ordnung zu rufen, wenn er glaubt, dass sie demokratische Rechte missachtet. Gustav Heinemann

Wilhelm Lohmar / 10.05.2020

Als ich vor einiger Zeit einem Freund aus Jugendtagen mitteilte, daß  u. a. die Achse des Guten inzwischen für meine Meinungsbildung wichtiger ist als ARD und ZDF zusammen, erkundigte er sich etwas besorgt, ob ich inzwischen auch in Verschwörungen verstrickt sei.

Mark Schild / 10.05.2020

Eine zynische, käufliche, demagogische Presse wird mit der Zeit ein Volk erzeugen, das genauso niederträchtig ist, wie sie selbst. Joseph Pulitzer

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