Die Mobilitätswende ist mausetot. Jetzt steigt auch noch Apple mit seinem gehypten Autoprojekt aus. Was wirklich wächst, ist die Zahl der Abstellflächen für waidwunde E-Mobile. Man nennt sie „Quarantäneplätze". Eine echte Business-Chance!
Als ewig klammer Vertreter eines Hungerjobs (die öffentlich-rechtlichen Medien ausgenommen) bin ich stets auf der Suche nach neuen Geschäftsideen, die viel Geld bringen, aber keine Arbeit und vor allem keinen Ärger machen. Im Moment läuft es leider umgekehrt. Bin ich aber selbst schuld. Bedauerlicherweise bemerke ich Geschäfts-Gelegenheiten immer erst, wenn andere sich längst darauf gesetzt haben. Der ehemalige Bahnchef Heinz Dürr hat während eines Interviews einmal zu mir gesagt: „Wenn der Gaul unterm Baum durchläuft, musst Du dich drauffallen lassen“. Ich lasse mich seitdem immer vom Ast fallen, aber einen Tick zu spät, so dass der Gaul weg ist und ich auf die Schnauze falle wie Kater Tom, wenn er die Maus Jerry jagt.
Auf diese Weise gingen die lukrativen Windräder an mir vorüber, obwohl ein damaliger Freund mir schon in den 90er Jahren die Luftgeschäfte empfahl – und selbst damit reich wurde. Recht so, der Mann brauchte das Geld, er musste ein halbes Dutzend Kinder ernähren, und einer von den Sprösslingen bezahlt bestimmt meine Rente. Danach kamen viele weitere unschlagbare Wege zu Reichtum, die ich aber ebenso konsequent verpasste.
Vorläufig letzter Akt: Unlängst begriff ich nicht, dass mein Parkplatz in strategisch ausgezeichneter Innenstadtlage ein geradezu idealer Standort für ein Covid-Testzentrum, respektive einen Test-Container gewesen wäre. Statt auf Achgut.com herumzumeckern und zu jammern, könnte ich nun die Covid-Milliönchen in Mallorca auf den Kopf hauen und Sabine in einem Riva-Boot zum Dinner im Tabgha Chiringuito solidario schaukeln.
Aber ich gebe nicht auf. Jetzt ist sie da, die todsichere Gelegenheit, endlich in den Lift zur Upper Class zu steigen. Das Schlüsselwort heißt: „Quarantänefläche". Und es firmiert unter dem schönen Namen „Schaffung der benötigten Infrastruktur für die Mobilitätswende". Laut Dekra dient eine Quarantänefläche folgendem noblen Zwecke:
„Bei beschädigten Elektrofahrzeugen (z.B. aufgrund eines Unfalls) besteht die Gefahr, dass die Traktionsbatterie auch Stunden oder Tage nach der Beschädigung einen Brand verursacht. Aus diesem Grund müssen solche Fahrzeuge auf einer dafür geeigneten Fläche abgestellt werden, um sowohl das Verletzungsrisiko für die beschäftigten Personen zu minimieren als auch die Auswirkungen eines Brandes zu verringern."
Die Liegenschaft braucht lediglich eine Feuerwehrzufahrt, eine temperaturbeständige Befestigung, eine Wärmebildkamera, Löschwasserversorgung und dergleichen, sie darf aber nicht asphaltiert sein. Und der Bedarf an solchen Flächen wird jeden Tag größer, denn gebrauchte E-Autos, besonders wenn sie beschädigt sind oder der Akku fehlerhaft ist, lassen sich praktisch nicht mehr verkaufen, von Bussen ganz zu schweigen, sie müssen also irgendwo zur letzten Ruhe gebettet werden. Zu den heißen Öfen, die bereits gebrannt haben, kommen noch jene, die vielleicht demnächst brennen. Die Dinger entzünden sich wie ein Paket Knallfrösche an Silvester, selbstverständlich alles Einzelfälle, aber ziemlich viele. Doch wohin damit?
Qualifizierten Umschülern wie Herbert Diess eine Chance geben
Sie ahnen es: auf meine XXL-Quarantänefläche. Als ersten Kunden habe ich mir Innenstadt-Autohäuser ausgesucht, beispielsweise ein Porsche-Zentrum in einer süddeutschen Großstadt, das von Wohnblocks eng umstanden ist wie ein Vierseitbauernhof. Porsche möchte die Volumenmodelle Cayman, Boxster und Macan auf vollelektrisch umstellen, was meinen Business-Plan beflügelt wie ein Rolls-Royce-Triebwerk eine Boeing 747. Ich lasse mich deshalb zum Brandmanager nachschulen (wer mit Henryk M. Broder zusammenarbeitet, ist ohnehin kein Neueinsteiger in diesem Geschäft).
Dann plane ich im Interesse der künftigen Generationen, die Mieter um das besagte Porsche-Zentrum herum ein wenig über die Risiken aufzuklären und werde zu diesem Zwecke in den Briefkästen die im Folgenden aufgelisteten Allianz-Versicherungs-Broschüren deponieren, etwa diese hier und diese hier und diese hier. Dann warte ich ein paar Tage und werde der Brumm-Brumm-Geschäftsleitung ein Angebot machen, das sie nicht ablehnen kann: Verlegung der entzündlichen Ware in geeignete und weit entfernte Latifundien. Ich denke da beispielsweise an die Überreste des verlassenen Fußball-Stadions Mathias Stinnes in Essen (einstmals für 35.000 Zuschauer), das nach einem Zwischenintermezzo für eine Flüchtlings-Zeltstadt nun vor sich hinrottet und gestrandeten E-Autos eine Herberge bieten könnte. Als Wachleuten werde ich qualifizierten Umschülern wie Herbert Diess (VW) oder Ola Källenius (Mercedes) eine Chance geben und zu ihrer Resozialisierung beitragen.
Autokäufer sind sensibler als die Co-Workingspace-Schickeria
Es läuft einfach blendend für mich: Jetzt hat sich auch Apple von der Idee eines autonomen Elektroautos verabschiedet – weil sie immer noch Nachbars Lumpi mit einem Putzlappen und ein Überholverbot mit einer Stoppstraße verwechseln und weil mit so einem Ding kein Apple-Reibach mit Margen um die 50 Prozent zu machen ist, Autokäufer sind da sensibler als die Co-Workingspace-Schickeria, zumal sie einen Bremsausfall nicht so schulterzuckend hinnehmen wie Computer-Kunden den Abschied der Festplatte. Die junge, städtische Uber-Elite dürfte sich auf längere Zeit vom elektrisch-autonomen Fortkommen verabschieden und weiterhin auf die Ausbeutung rechtloser Fahrdienstleister setzen.
Die Welt jazzt den Abschied vom Apple-Auto zu einem „Triumph für Deutschlands Autoindustrie" hoch, was aber ein wenig am Elefanten auf der Kreuzung vorbeisteuert. Die deutschen Hersteller haben in der fixen politischen Zeitgeist-Idee, sowohl zum autonomen Fahren als auch zum E-Mobil, ebenso eifrig Milliarden versenkt, obwohl sie es besser wussten. Die Hoffnung auf Staatsrente und steuerfinanzierte Boni trübten die Linse, aber Autokunden sind so störrisch wie Landesel in der Extremadura. Die Software-Entwickler von VW, die mit ihrem Software-Konzept für den Golf 8 (ab 2019) immer noch nicht fertig sind, dürfen sich aber wenigstens damit trösten, dass die 2.000 Apple-Entwickler es ebenfalls nicht gerafft haben. Die sollen übrigens jetzt in die Abteilung künstliche Intelligenz wechseln, was man auf keinen Fall mit praktischer Intelligenz verwechseln sollte. Sei es, wie es sei: Das Image der Mobilitätswende ist ruiniert, früher war da mehr Lametta – und zwar überall auf der Welt.
Die britische Edelmarke Aston Martin hat ihr erstes E-Auto gerade auf unbestimmte Zeit verschoben, Möchtegern-Edelmanufakturen wie „Lucid" und „Rivian" stürzen an der Börse ab, die chinesische Edelmarke „Hiphi" hat ihre Produktion bereits gestoppt, das US-Nobel-Startup „Fisker" steht ebenfalls vor dem Crash. Die Entwicklung in den USA bezeichnet das Handelsblatt als „bedrohlich", das Brownstone-Institute fasst die Lage so zusammen: „Die Technologie der E-Fahrzeuge kann und wird sich nicht zur Hauptantriebsart der Amerikaner entwickeln".
Die Lagerhalden unverkäuflicher Elektroautos wachsen und die Preise für Gebrauchte kullern nach unten wie ein Sack Eierkohlen durch das Kellerfenster, „es verfestigen sich die Schwierigkeiten hinsichtlich Restwerten und Vermarktung“, schreibt sensibel der kfz-betrieb, an einer anderen Stelle wird vorsichtig bemerkt, man sei überrascht, „wie sehr man derzeit die Fahrzeugwerte Monat für Monat anpassen müsse". Und zwar nach unten. Bei den Hersteller werden indes im Pförtnerhäuschen Fürbitte-Kerzen für den Verbrennungsmotor angezündet und ansonsten allenthalben dezent zurückgerudert, um zu retten, was noch zu retten ist. Manfred Weber (CSU), Partei und Fraktionschef der EVP, sagt plötzlich, "das Verbrenner-Aus kommt ganz sicher auf den Prüfstand" und versichert gleichzeitig "Die Zukunft gehört der Elektromobilität". Zugeben, dass die Idee vom Elektroauto für alle auf einer mehrheitsfähigen Hallzuzination beruhte, darf halt niemand, das käme dem Tatbestand der Wehrkraftzersetzung im Endkampf um die Reichshauptstadt gleich.
„Ein auferlegter Schwachsinn“
Ein bisschen Klartext traut sich allenfalls der Hersteller der erfolgreichen österreichischen Motorräder von KTM auszusprechen: „Elektromobilität ist ein Schwachsinn, der von wissenschaftlich ungebildeten Politikern gepusht wird“, sagt Stefan Pierer in einem Interview, „ein auferlegter Schwachsinn.“ Und dann erklärt er seinen Punkt in einfacher Sprache: „Für ein Moto-GP-Motorrad, das heute mit 20 Litern Treibstoff eine Renndistanz fährt, würde man eine 500 Kilogramm schwere Batterie brauchen, um eine vergleichbare Leistung und Reichweite zu erreichen und die gleiche Energiedichte zu schaffen.“ So einfach ist das.
In China, wo die Wirtschaft noch unter den Lockdown-Folgen und seit neuestem unter der geplatzten Immobilienblase leidet, soll eine staatlich gestützte Fertigungsoffensive für E-Autos die ruinierte Kaufkraft aufrichten. Genosse Steuermann Xi Jinping will die malade Situation faceliften, indem er den Westen mit billigen Autos überschwemmt. Ist die fernöstliche Überproduktion hierzulande erfolgreich und unter Preis verramscht, treiben die Überreste von VW den Mittellandkanal und die von Opel den Rhein hinunter. Spätestens dann wird der Verbrennungsmotor rehabilitiert, der kommt dann aber dank des hiesigen Vernichtungsprogramms auch aus China.
Da die chinesischen Hersteller ihre elektrischen Dumping-Mobile auf dem deutschen Markt verklappen werden, solange es noch geht, sehe ich der Zukunft des Quarantäneflächen-Business auch langfristig mit großem Optimismus entgegen. Schließlich gibt es so etwas wie Planungssicherheit, denn auf das Scheitern großer vom Staat erzwungener Industrie-Strategien kann man sich immer noch verlassen.
Die Energiewende mit angeschlossener Mobilitätswende liefert ein klassisches Drehbuch dafür, wie bei einem großen Plan alles schiefgeht, was auch nur schiefgehen kann. Weil Bürokraten und Politdarsteller nichts davon verstehen, was die Menschen in zehn Jahren gerne kaufen würden oder wirklich benötigen. Unvergessen ist die Frage, die dem rumänischen Großen Conducator Nicolae Ceaușescu bei der Präsentation des ersten Dacia (einer spartanischen Renault 12 Lizenz) gestellt wurde: Ein Außenspiegel oder zwei? Antwort: „Einer ist genug für die Idioten".
Die Autoindustrie, schon vor dem E-Auto-Wahn von Überkapazitäten geplagt, wurde auf einen elektrischen Holzweg gezwungen, einige werden es wie gesagt nicht überstehen, es sei denn, Olaf Scholz steigt vom himmlischen Thron, speist 5.000 Männer dazu Frauen und Kinder aus nur fünf Broten und zwei Fischen. Neue Subventionen sind da sehr viel wahrscheinlicher, das heißt, der deutsche Michel finanziert dann mit seinen Steuergeldern Autos, die er freiwillig nicht kaufen mag. Das erinnert stark an die letzten Züge der britischen Autoindustrie in den 80er Jahren, die mit dem verstaatlichten Autokonzern „British Leyland" ihr Ende fand. Er ist Zeitgenossen unter dem Namen „Britisch Elend" in lebhafter Erinnerung.
Die Agnostiker von Apple wollten sich offenbar nicht auf milde Gaben verlassen und räumten das elektrische Feld wie weiland die geschlagenen Armeen Napoleons. Was auch anderen Newcomern passiert ist, beispielsweise dem kultigen Staubsaugerhersteller Dyson.
Wobei ich hier dennoch eine Lanze für das Staubsauger-Auto brechen möchte: Bernie Ecclestone und Brabham übertölpelten 1978 mit einem Staubsauger-Formel 1 die gesamte Konkurenz. Der funktionierte umgekehrt wie ein Luftkissenboot, indem er mit einem Gebläse die Luft unter dem Auto wegsaugte und einen Unterdruck erzeugt, worauf sich das Ding an die Straße saugte wie ein Blutegel an die Wade. Das Konzept wurde aber schnell vom Reglement verboten, ausgenommen in der Politik, wo die Verantwortlichen nach wie vor an ihren Sesseln kleben, als hätten sie einen Dyson in der Hose.
Dirk Maxeiner ist einer der Herausgeber der Achse des Guten. Von ihm ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.
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