Dirk Maxeiner / 03.03.2019 / 06:25 / Foto: Clay Junell / 17 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Alle reden vom Fasten, wir kochen

Am Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit. Gefastet wird in vielen Kulturen, aber nirgendwo so konsequent wie hierzulande. Zum Atom-Fasten und Gentechnik-Fasten kommt in Deutschland demnächst das Kohle- und Auto-Fasten. Und zwar ganzjährig. Im Berliner Stadtteil Treptow-Köpenick legte die Bevölkerung im letzten Monat sogar eineinhalb Tage Strom-Ramadan ein. Deutschlands Schüler haben den Freitag derweil zum Tag des Bildungs-Fastens gemacht. Wir müssen ja Vorbild sein. Oder, wie Greta Thunberg ihrer Gemeinde verkündete: „Was in Deutschland passiert ist, stimmt mich unglaublich hoffnungsvoll“. Wir dürfen schließlich nicht vergessen: Millionen junger Männer aus aller Welt wollen wegen der schönen Lastenfahrräder und der gesunden Biomöhren Bürger dieses Landes werden. Auch für Greta besteht weiteres Fasten-Potenzial: Nach dem Ende der Kohle-Verstromung schlage ich das Ende der Mikrofon-Verstromung vor.

Meine persönliche Fastenbilanz kann sich ebenfalls durchaus sehen lassen. Vor einigen Jahren habe ich sogar einmal vier Wochen Autofasten eingelegt, weil ich an der Berliner Stadtgrenze gleich zwei Blitzer hintereinander übersehen habe. Ich habe daraufhin pflichtschuldigst die „eigene Mobilität und das Verhältnis zum Automobil“ überdacht und bin zu dem Schluss gekommen, einen Radarwarner anzuschaffen. 

Auch „Klimafasten“ habe ich bereits ausprobiert, das war im Zuge der Recherche für mein Klima-Buch „Hurra wir retten die Welt“. Das ist jetzt über zehn Jahre her, die Bewusstseins-erweiternde Wirkung des Fastens aber hält noch an. Fasten für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit, so heißt es auf einer fachkundigen Seite zum Thema, „tut Leib und Seele gut, lässt achtsamer werden, verändert mich und die Welt.“ Ich bin in der Tat achtsamer geworden, auch meine Sinne wurden geschärft, jedenfalls rieche ich seitdem eine gute Bäckerei oder Metzgerei 300 Meter gegen den Wind.

Beim zeitgenössischen Fasten handelt es sich um die unschlagbare Kombination von evangelischer Verzichts-Ethik mit neuem Framing (Methode Berkley International Framing Institute) und den ewig gültigen Grundsätzen des VEB-Kombinat Sekundär-Rohstoff-Erfassung (Sero). Eine ausführliche ideengeschichtliche Zusammenfassung findet sich im Entwurf eines neuen Klimaschutzgesetzes, angefertigt im sozialdemokratisch irregeleiteten Bundes-Umweltministerium. Darin heißt es beispielsweise: „Der Bund setzt sich zum Ziel, die Bundesverwaltung bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu organisieren“. Dies lässt sich am einfachsten erzielen, indem die Mitarbeiter dieser Organe kollektiv das Atmen einstellen und so nicht nur schädliche Kohlendioxidemissionen, sondern auch die Produktion neuer Gesetze und Verordnungen unterlassen. Das Ganze kann der Bevölkerung plausibel unter dem Framing „behördliches Gemeinwohlfasten“ vermittelt werden.

Zusammenhang zwischen CO2 und Kultur

Das Gegenteil von Fasten ist übrigens nicht nur Essen, sondern auch Kochen. Beides gehört zusammen. „Die Möglichkeit, Nahrung zu garen, ist ein wesentlicher Übergang vom animalischen zum menschlichen Dasein, das heißt von der Natur zur Kultur“, schreibt eine Psychologin in dem Buch „Essen und Psyche. Über Hunger und Sattheit, Genuss und Kultur“. Da Kochen in der Regel mit der Emission von Kohlendioxid einhergeht, ist somit auch der Zusammenhang zwischen CO2 und Kultur final beschrieben. Für mich persönlich ist Kochen überdies eine kontemplative Tätigkeit: Ich kann die Betschwestern aller Geschlechter, mit denen man als Achgut.com-Autor so oft beschäftigt ist, mühelos vergessen. 

Nun werden kluge Menschen sofort einwenden, dass man das Kochen vom Kohlendioxid durchaus entkoppeln kann. Man nehme beispielsweise einen Solarkocher, der mit einem Parabolspiegel den Topf erhitzt. Das wurde von Entwicklungshelfern immer wieder in armen und sonnenreichen Ländern propagiert. Doch sieht man solche Kocher meist nur in besenreinen Entwicklungshelfer-Projekten, aber selten in der alltäglichen Praxis. Ich habe mal einen Entwicklungsexperten gefragt: „Wie kommt das eigentlich?“ Seine Antwort: „Man kann nicht damit kochen“.  

Er nannte drei Gründe. Erstens: In vielen heißen Ländern bereiten die Menschen ihre Mahlzeiten vor Sonnenaufgang oder nach Sonnenuntergang zu (Hoppala). Zweitens: Mittägliches Kochen ist theoretisch möglich, praktisch wird bei jeder vorbeiziehenden Wolke die Suppe kalt. Drittens: Man muss höllisch aufpassen, dass der Lichtstrahl aus dem Parabolspiegel genau auf die Kochplatte trifft. Sonst passiert es schon mal, dass der 400 Grad heiße Strahl Unschuldige entzündet: „Plötzlich brennt der Hund“.

 

Von Dirk Maxeiner ist soeben in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er) Portofrei zu beziehen hier.

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Stefan Hofmeister / 03.03.2019

Demnächst kommt in Deutschland sogar das Komplettfasten! Dann gibt es wieder Steckrüben mit Sägespänesuppe. Ich werde es beim Kilosteak hier mit einem Lächeln auf den Lippen und einem guten Vino genießen. Schadenfreude ist die schönste Freude ...

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