Dirk Maxeiner / 10.07.2022 / 06:00 / Foto: Pixabay / 88 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Meine Endzeit-Fahrschule

Früher bevorzugte man ein abgerocktes „Winterauto", um über die kalte Jahreszeit zu kommen. Da der nächste Winter möglicherweise ein paar Jahre dauert, muss man die Sache gründlicher angehen. Hier meine Endzeit-Fahrschule für alle Fälle.

In der Weltliteratur und ihrem Verwerter in Hollywood mangelt es ja nicht an sehr gelungenen Schilderungen der Apokalypse, hier folgt aber die eindeutig schaurigste. Sie stammt von einem jungen lyrischen Talent namens Emilia Fester, die im Nebenberuf als Bundestagsabgeordnete wirkt. Walking Dead und Mad Max haben keine Chance, wenn Emilia zu großer Form aufläuft. So geschehen auf dem Zukunftsfestival Die lange Nacht der ZEIT", der Name ist hier Programm, weil nach dieser Nacht wohl keiner mehr aufwachen will. Hier das volle Ausmaß des Grauens, vom Kollegen Claudio Casula trotz Schockstarre heldenhaft transkribiert, eine beängstigendes Höllengemälde aus dem untergehenden Berlin:

„Und ich habe immer so ein wunderschönes Bild vor Augen, über einfach einen Platz zu gehen, auf dem gerade ganz viele Autos parken. Man nennt es, glaube ich, Parkplatz. Das Wort habe ich lange nicht benutzt, weil ich suche eigentlich immer nur Fahrradständer. Ähm, und alle Fassaden um mich herum sind voll grün, also grüne Fassaden, und da wo sonst Autos stehen, spielen Kinder und malen so Kreidebilder, und müssen keine Angst haben, überfahren zu werden.

Am Rand des Bildes fahren Fahrradfahrer:innen lachend über eine Straße, in der sie keine Sorgen haben müssen, dass irgendein Lkw mal wieder keinen Abbiegeassistent hat. Und irgendwo ist ein Brunnen und irgendwie, ähm, trifft sich da das schwule Paar mit der jungen Frau von nebenan und irgendwie ist einfach total heitere Stimmung. Und es ist’n bisschen wie auf’m Dorf, aber mitten in der Stadt. Weil es Begegnungsräume gibt, mitten in der Stadt.

Und es gibt einen Baum, der spendet Schatten, deswegen erhitzt nicht alles. Nicht alle Flächen sind versiegelt, sondern wir sind dann auch noch irgendwie resilient gegen die ansteigenden Regen, die kommen, und wenn mal ein viel zu doller Regen kommt, dann haben wir einen großartigen Katastrophenschutz, der uns aber sofort rettet. Und dann, was auch immer kaputt geht, sofort bezahlt und dafür sorgt, dass die Existenzgrundlagen der Menschen, die rund um diesen Platz leben, nicht verloren gehen, weil wir vor 25 Jahren zu doof waren, die, ähm, die Erderhitzung unter 1,2 oder 1,5 Grad zu halten. Und wir sind resilient als ganze Gesellschaft. Das ist mein Bild, und das ist sehr, sehr gesund.“

Das Grauen nimmt seinen Lauf 

Damit hat Emilia ein geniales Drehbuch für den Nachfolge-Film von Men in Black geschrieben, der Verschwörungstheorien über Agenten in schwarzen Anzügen im Dienst amerikanischer Regierungsbehörden verhohnepiepelt. Ich bin noch nicht sicher ob es sich bei "Woman in Green" ebenfalls um eine Satire handelt oder ob der Ernstfall bereits eingetreten ist, in dem gütige und diverse junge Frauen im Regierungsauftrag ganze Stadtteile heimsuchen. Dann gibt es praktisch kein Entrinnen, es sei denn, man stürzt sich auf der Suche nach Erlösung vom Dache des letzten Mercedes-Händlers im Umkreis von 500 Kilometern, bevor der auf Staudensellerie umgestellt wird.

Das emilianische Grauen nimmt jedenfalls seinen Lauf: Schwule werden gezwungen, sich mit stinknormalen Heteromädels am Brunnen zu langweilen und dabei total heiter zu sein. Der einzige Trost besteht darin, dass sie keine Sorgen haben müssen, dass irgendein LKW die Hipp-Gläschen für die Brut ausliefert, warum diese engagiert um Haferschleim schreit. Und wenn der Blinddarm mal bricht, dann übernimmt unser Freund der Baum den Katastrophenschutz genau wie für den Abtransport tausender Tonnen von gefüllten Pampers, das ist sehr sehr gesund.

Emilia Fester scheint mir literarisch ein Ausnahmetalent zu sein, sie bedient sich gekonnt der gesamten Ikonographie des alten Testamentes mit Regen und Sintflut, einschließlich des Untergangs von Sodom und Gomorrha. Angesichts des Aufmarsches der Wiedertäufer wird es also höchste Zeit, um nach geeigneten Fluchtfahrzeugen Ausschau zu halten, mit denen man die grünen Panzersperren durchbrechen kann, auf dem Weg in Länder, wo Superplus und Dieselultrapower fließen. Wikipedia schreibt: „Eine Mangelwirtschaft besagt nicht zwangsläufig, dass es ,nichts' gäbe, sondern beschreibt eine Form der Warenverteilung, bei der Geld nicht die entscheidende Rolle spielt und die Nachfrage das verfügbare Warenangebot übersteigt. Beim Bezug knapper Produkte spielen oft Faktoren wie Schlangestehen, Suche, Wartelisten, sozialer Status oder alternative Währungen eine Rolle." Wir treffen uns am Brunnen, da ist morgen Schwarzmarkt. 

Die Reise könnte lang und beschwerlich sein, es empfiehlt sich also, auf stabilere Automobile zurückzugreifen. Sowohl Auto Motor und Sport („Ultra Krasse Endzeitkarren") als auch Autobild („Autos für die Apokalypse") bieten ihren Lesern hier zielführende Vergleichstests: „Wir zeigen Ihnen, welche Autos für das Ende aller Tage taugen. Ansonsten können wir leider nichts für Sie tun".

Die Steifigkeit eines weichgekochten Frühstückseis

Bei den Empfehlungen der – ansonsten ziemlich strikt auf Elektromobilität gebürsteten Kollegen – fällt auf, dass die Fluchtfahrzeuge für den Ernstfall allesamt auf fossile Energie vertrauen, ähnlich wie die anderen schweren Waffen auf diesem Planeten auch. Außerdem befleißigen sich die Auto-Journos eines ungewöhnlich machohaften Jargons, sie wissen halt, dass es zu Ende geht: „Verglichen mit dem Marauder hat ein Humvee der US-Army die Steifigkeit eines weichgekochten Frühstückseis".

Ab Herbst läuft die erste Staffel von „Walking Dead in Germany" in der Besetzung mit Emilia Fester, Karl Lauterbach und Olaf Scholz. Der Maya-Kalender hatte die Apokalypse eigentlich für den 21. Dezember 2012 vorhergesagt, den Deutschen gelang es aber mit einem Wiederaufbaupakt Yucatán, gut Wetter zu machen. Man war 2012 mit der Zerstörung der Energieinfrastruktur einfach noch nicht weit genug, zum 31. Dezember 2022 müsste es aber endlich klappen. Bei den Mayas wird ja noch gerätselt wie ihre Hochkultur so sang und klanglos untergehen könnte, bei uns werden künftige Altertumsforscher vielleicht auf Listen (etwa hier oder hier) im suizidalen Wahn abgeschalteter Kraftwerke stoßen und möglicherweise bei Einstein einen Grund für das seltsame Verhalten entdecken: "Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher." 

Fest steht in jedem Fall, dass man in dieser Situation ein Vehikel haben sollte, mit dem man schnell das Weite suchen kann. Originalton Autobild: „Dann gilt es, gerüstet zu sein für den Kampf um die letzten Ressourcen. Dann entscheidet nicht zuletzt auch die Wahl des fahrbaren Untersatzes über Leben und Tod, denn die Autos des jüngsten Gerichts müssen echte Alleskönner sein."

Ansonsten sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt: „Was die Wahl des angemessenen Fortbewegungsmittels für den Weltuntergang angeht," schreibt Autobild, „lassen sich natürlich verschiedene Ansätze verfolgen". Als bekennender Recyclist und Low-Tech-Fan erwäge ich beispielsweise den Umbau meines Volvo 740-Kombi auf Holzvergaser-Betrieb,  an entsprechenden fachkundigen Seiten mangelt es im Netz nicht. Im Garten habe ich inzwischen eine Lagerstätte für entsprechende Brennstäbe und spaltbares Material angelegt.

Dass man mit einem Holzvergaser durchaus auch stilgerecht reisen kann, zeigt diese Filmszene von Cary Grant auf dem Weg nach Heidelberg. Falls Sie irgendwo einen alten Traktor auftreiben, können sie daraus sogar ein Notstromaggregat zaubern, mit dem man notfalls kollabierten Wohngemeinschaften Erste Hilfe leisten kann. Und da der Mensch nicht nur fahren, sondern ab und zu auch kochen muss, empfehle ich darüber hinaus einen „Raketenofen" nach dem Holzgas-Prinzip, aufstellbar vor dem Haus als Suppenküche und gleichzeitigen Versammlungsort für revolutionäre Umtriebe. Und dazu vielleicht noch auf dem handbetriebenen Grammophon ein bisschen Musik zum Unterhaken aus dem Jahre 1935: „Mach es wie die Sonnenuhr, zähl' die heit'ren Stunden nur. Mach' es so, wie sie es macht, sei zufrieden Tag und Nacht".

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

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Leserpost

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Hans-Peter Dollhopf / 10.07.2022

Deutschlands Staat muss wirklich reich sein, wenn man sich in ihm durch den Vertrieb solcher Kinderfantasien ein monatliches Grundeinkommen von zehntausend Euro sichern kann. Was hat die Tante eigentlich sonst noch auf der Platte? Wie bitte, nichts?

Michael Brüggemann / 10.07.2022

Hier ist Herr Maxeiner wieder zu großer Form aufgelaufen. Wenn’s nicht so ernst wäre, man könnte glatt lachen.

Markus Knust / 10.07.2022

Vollkommen sinnlos, sich an solch traurigen Figuren abzuarbeiten. Fräulein Fester ist das Symptom, dass vorläufige Endprodukt, die aufgegangene Saat dessen, was vor Jahrzehnten gepflanzt wurde. Ich habe durchaus Sinn dafür, solche Leute hin und wieder durch den Kakao zu ziehen, aber es wäre viel interessanter zu erfahren, wer dieses Gedankengut ursprünglich einpflanzte. Da gibt`s etliche Brutstätten und sogar eine recht prominente Eliten Sekte, die solche Sprösslinge formt und dann in fast alle Regierungen westlicher Staaten entsendet. Ich weiß, die Achse hält all die Ereignisse für große Zufälle und Produkte von Dummheit und Unvermögen, wiewohl man konstatieren muss, dass es dafür verdammt gut läuft. Nicht mit der Realität, sondern mit der Umgestaltung selbiger. Innerlich wette ich schon eine ganze Weile, wann die konservativen Medien in Breite aufwachen und anfangen, die richtigen Fragen zu stellen. Wäre nämlich viel zielführender, als 15 Minuten Klamauk, rund um Fester, Lindh u.ä. austauschbarer Marionetten.

W.Leich / 10.07.2022

Das muss ich jetzt mal los werden ! Bin als Unternehmensberater etwa 2 000 000 km in etwa 40 Jahren meist auf Autobahnen mit dem Auto gefahren. War sozusagen eine Umweltsau. Da ich in meinem Berufsleben Stundenweise abgerechnet habe war Zeit = Geld. Aber die Anfahrt und Abfahrt von Kunden wurde meist nicht bezahlt, das war “Freizeit”. Wenn ich mit einer Geschwindigkeit von 100km/Std. anstatt 160km/Std. gefahren wäre, hätte ich bei einem 8 Stundentag etwa zweieinhalb Jahre meiner Freizeit länger auf Autobahnen verbracht als ich ohnehin schon dort verbracht habe. Ist zwar super mit einem Tempolimit die Umwelt zu retten. Aber es ist wirklich nicht so super seine Freizeit auf der Autobahn zu verbringen, während ein Bekannter mir sagte er war jeden Freitag Abend im Fitnessstudio.  Wollte nur mal so ein Beispiel aus meinem Berufsleben und aus der Praxis aufzeigen !

Fritz Böse / 10.07.2022

Wann werden sich die mündigen Bürger ihren Staat zurückholen? Sri Lanka macht es vor! Ist uns jetzt sogar dieses abgeschiedene Land 1-2 Wochen voraus?

Sam Lowry / 10.07.2022

Bin ja mal sehr gespannt was passiert, wenn ab morgen kein Gas mehr aus NS1 kommt… und danach auch nicht mehr. Windmühlen erzeugen kein Gas!

Ludwig Luhmann / 10.07.2022

Ich wünsche mir einen Bürgerkrieg. Einen nachhaltig Grünen. Aber ein echter Bürgerkrieg muss es doch schon irgendwie sein. So mit Leichen und so. Auf der Straße. Und da gibt es Schießgewehre und Panzer und Raketen und Flugzeuge, die schießen. Wie so ein Krieg. Aber irgendwie in echt! Und die Tiere kommen aus dem Wald in die Stadt und müssen nicht mehr hungern und müssen keine Angst mehr haben. Ist das nicht wunderschön? Und danach können wir alles viel besser wieder aufbauen. Mit viel Equality überall und ganz ohne Rassimus und so. Wir gewinnen natürlich. Ich freu’ mich drauf!

Carlo Stronzo di Contadino / 10.07.2022

Ist Emilia Fester, das einfältige Kind, die Schwester von Helge Lindh? Was sich reimt ist gut, sagt Pumuckl, oder darf weißer Mann das auch nicht mehr zitieren?

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