Dushan Wegner, Gastautor / 18.04.2019 / 15:00 / Foto: Tim Maxeiner / 14 / Seite ausdrucken

Der Bullshit, die Burger, das Brüssel

Wir haben es uns ja alle gefragt! Tag, Nacht und in der Dämmerung dazwischen haben wir uns gefragt: Wo ist die nicht-zu-überschreitende Linie, wo die Allwissenden, die über uns herrschen, die Reißleine ziehen?

Es verschwimmt ja alles immer mehr. Mitläufer nennen sich Rebellen. Hurra zu brüllen, wenn die Regierung es so will, nennt sich jetzt Zivilcourage und Jetsetter nennen sich Umweltretter. Männer werden jetzt Frauen genannt (und dürfen dann etwa im Sportkampf einer biologischen Frau den Schädel brechen), die politisch korrekte Illusion gilt als offizielle Wahrheit, und Unrecht wird zu Recht, wenn und weil das gesunde Elitenempfinden es so will.  Seit Jahr und Monat fragten wir uns: Wo ist die Grenze, wo verläuft der Rubikon, den zu überschreiten selbst ein ischiasgeplagter Caesar nicht wagen sollte? – Wir dürfen aufatmen. Wir dürfen unser Grübeln und damit endlich auch uns zur Ruhe legen – die Antwort, Bürger des Reiches europäischer Nation, die Antwort ist gefunden!

Abgeordnete des Landwirtschaftsausschusses im Europäischen Parlament, so wird berichtet (etwa in welt.de) wollen nicht mehr dulden, dass "Veggie-Burger" fürderhin "Veggie-Burger" heißen. Erwachsene Männer gehen mit kleinen Mädchen aufs Klo? Kein Problem, solange sie sich als ebensolche Mädchen "identifizieren". Dreißigjährige werden als Minderjährige eingeschult? Geht klar. Das Symbol weiblicher Unterdrückung als neues Zeichen der Toleranz? Ja, das alles ist politisch korrekt, das muss so. Aber vegetarische Bratlinge einen Burger zu nennen? Das geht nicht. Das ist der Punkt, an dem die Weisen von Brüssel die Reißleine ziehen.

Dabei haben die armen reichen Veggie-Burger-Esser haben wahrlich schon genug eigene Probleme! Mal wird Kunststoff-Folie im Gesundbratling gefunden (produktwarnung.eu), mal nimmt sich FJ Wagner des Veggie-Burgers an ("Noch ist nichts beschlossen, aber es liegt in der Luft.") – man weiß nicht, was schlimmer ist – und nun das: Am 1. April 2019 (wann sonst?) beschlossen die Hohen Herren im fernen Brüsseler Schloss, dass es ganz doll schlimm gefährliche Irreführung sei, dass und wenn "Veggie-Burger" sich eben solche nennen. (Randnotiz: Die Schlagzeile "EU-Parlamentarier wollen 'Veggie-Burger' verbieten" ist auch nicht ganz richtig, passt aber in den Zeitgeist politischer Korrektheit, wo man den Begriff und dessen Realität verwechselt: Einen Begriff zu verbieten bedeutet nicht, das Phänomen selbst zu verbieten.)

Mozart ist nicht an Grünkernbulletten erstickt

Hat denn keiner Mitleid mit den Lebensabschnitts-Veganern? Dem Menschen ist es doch angeboren, nach tierischem Eiweiß zu verlangen! Ja, es ist ein Kuriosum, dass der Mensch sogar den Geruch verbrannten Fleisches – also etwa den Grill – als anregend empfindet, während andere Tiere davor fliehen würden. Fleischkonsum, so sagen Forscher, machte erst die Entwicklung des menschlichen Gehirns möglich. Als der Affe vom Baum stieg, da war er Pflanzenfresser, das stimmt, doch als sein Gehirn wuchs, und als er Werkzeuge und Schrift und Symphonien erfand, da fraß er Fleisch (siehe "Nur durch Fleischkonsum war die Menschwerdung möglich")  – mehr zur Evolution des menschlichen Gehirns bei der Max-Planck-Gesellschaft). Wir wissen nicht genau, woran das Jahrtausendgenie Mozart starb, doch wenn es an Gegessenem lag, dann ist er womöglich an Trichinen (Fadenwürmern) im so sehr geliebten Schweinefleisch gestorben (siehe etwa bbc.co.uk) – Mozart ist nicht an Grünkernbulletten erstickt, so viel steht fest, so viel ist sicher, zumindest das.

Die Lust des Menschen am Verzehr von tierischen Eiweiß ist wahrlich groß! In ihrer Not vergreifen sich Mitbürger vegetarischen Glaubens an den Beilagen auf ihrem Teller, formen sie um, wie einsame Gefangene sich aus Pappmaché dies und das formen, und sie erklären den gebratenen Beilagenbrei zum Hauptgericht, wie der Pfarrer bei der Eucharistie das Trockengebäck zu einer ganz anderen Substanz erklärt.

Ich kann ja verstehen, dass solches Verhalten irritiert – ich weiß (gut gemachtes) Tofu und Falafel und diverse vegetarische Gericht indischer Herkunft durchaus zu schätzen – als eben solche! – und ich schmunzele zugleich über die Kuhfutterverwertung, und manchmal kaufe ich selbst einen Beilagen-Burger, und wenn er eben "Burger" heißt, warum nicht?

Doch, so viel Toleranz gelingt den gelangweilten Schlossbewohnern im fernen Brüssel nicht! "Ordnung muss sein!", so rufen sie schließlich und endlich – es ist Zeit, eine rote Linie zu ziehen, und die rote Linie verläuft beim Bratling! Die grünen Besserwisser im Zeichen der Sonnenblume und die blauen Verbieter im Zeichen des Sternenkranzes geraten aneinander im Kampf über die Deutungshoheit ob gebratener Pflanzenklöße – wer sagt denn, dass EU-Politik nicht amüsant sein kann? Gelegentlich sinnlos und ressourcenverschwendend, sicher, aber amüsant!

Liebe Brüsseler Bratlingpolizei, entspannt euch mal. Beim Essen gilt, dass das, was man nicht isst, ebenso wichtig ist für die Gesundheit, wie das, was man isst – bei guter Politik ist ebenso.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf dushanwegner.com.

Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht.

Foto: Tim Maxeiner

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Karsten Dörre / 18.04.2019

Ich bin dafür, dass es Burger*innen heisst.

Sanne Weisner / 18.04.2019

Wenn die Grünlinge und die Grauen Herren sich nun beefen, wird dann bald das rote Blut beider die Straßen von Brüssel bedecken? Haben wir so viel Glück auf einmal denn überhaupt verdient?

Johannes Schuster / 18.04.2019

Vielleicht brauchen wir bei dieser Verrindviechung Europas unter deutscher Führung tatsächlich Migration. Wenn sich alle durch Proteinmangel im Veganismus hirnblöd gefressen haben, ist Afrika tatsächlich unsere einzige Rettung, denkt mal darüber nach, wenn es zum Denken nicht schon ein Tofu- Würfel zuviel war.

J. Braun / 18.04.2019

Herr Volgnandt, es gibt viele Vegetarier unter den Affen bis zu reinen Grasfressern, aber Paviane sind (nur als Beispiel) klassische Allesfresser und gehen sehr wohl auf die Jagd auch nach größeren Tieren wie Flamingos. Und ihre Eckzähne sind nicht ohne Grund beachtlich. Und die erwähnten Schimpansen fressen nicht nur Insekten und kleine Säugetiere, sondern gehen auch gezielt auf die Jagd—selbst auf andere Schimpansen, sie sind nämlich überzeugte Kannibalen. Und ob unsere Vorfahren, als sie noch im Wald lebten (wer sagt, daß das auf und nicht unter den Bäumen war), reine Vegetarier waren, ist eine reine Behauptung und läßt sich keineswegs aus ihrem Gebiß belegen (aus den Extremitäten ohnehin nicht). Die paar wenigen Fossilfunde der Vor-Australopithecinen-Zeit sind ohnehin sehr interpretationsfähig. Natürlich kann der moderne Mensch ohne Fleisch überleben, er ist dann halt sehr schlank weil permanent unterernährt. Es geht aber im Gegenzug ganz wunderbar ohne Grünzeug, wie man an den Eskimos/Inuit sieht. Deshalb: Jeder wie er’s mag. Ich beispielsweise möchte meinem Essen auf keinen Fall das Essen wegessen.

Anders Dairie / 18.04.2019

WER soviel Geld bekommt wie die Brüsseler, fürs Dableiben von Montag Mittag bis Donnerstag (knapp Mittag),  kauft auch abgehangenes amerikanisches Beefsteak für 100 €.  Das Getue um angeblich vernünftige Verordnungen ist Vortäuschung von Tätigkeit und Wichtigkeit.  Mal hören was Guido Reil und Prof. Meuthen mitteilen über das dortige Mikroklima.  Ich würde mich wundern,  wenn dort jemand Burger nach Euro-Norm im Restaurant bestellt und aufißt. Lieber Herr Kappes,  aus meiner Sicht haben die dort gar keine Rechte.  Die Verwaltung arbeitet einem Parlament zu,  das keine Legitimation hat.  Wo sind die Fälle, die heute besser geregelt sind als zum Beispiel die ehedem deutschen DIN-Normen?  Brauchen deutsche Obergerichte von dort Direktiven?  Ich könnte mir vorstellen,  dass Vertreter vieler EU-Mitglieder, nicht etwa Polen und Ungarn,  sich eins grinsen und zuhause null Komma garnix umsetzen.

Andreas Rühl / 18.04.2019

Burger heißen die Dinger, weil sie zwischen zwei broetchenhaelften liegen. So wie der deutsche Bürger zwischen den mauern, die ihn bergen. Daher auch Burg ursprünglich der Name der Stadt war, siehe Freiburg. Das, was zwischen den Fladen geborgen ist, kann sein, was es will. Landwirte verstehen das nicht. Agrarpolitiker noch weniger. Wenn der Ami Hamburger sagt, verweist also nicht burger auf den Inhalt, sondern ham. Es wird die Verpackung mit dem Inhalt verwechselt. Das allerdings ist hohe Politik.

Rolf Lindner / 18.04.2019

Das Leben eines sehr großen Wales ergibt ca. 100 t Fleisch. Um diese Fleischmenge als Schweinefleisch zu erhalten, muss man ca. 1000 Leben opfern, als Hähnchenfleisch ca. 100 000 Leben vernichten. Bei Fisch sind es mindesten doppelt so viele. Bei Meeresfrüchten geht es in die Millionen Tötungen. Warum werden keine Wale domestiziert und geschlachtet? Haben die Tierschützer schon mal darüber nachgedacht? Wäre das nicht ein entgegenkommen gegenüber Veganern und Vegetariern. Abgesehen davon produzieren ja Pflanzen ihre für uns essbaren Teile nicht dafür, dass wir sie essen. Im Gegenteil, oft packen sie noch Gift hinein. Wenn ich Früchte oder Samen esse, dann sind die zum Zwecke der Vermehrung ausgebildet. Eier und Milch sind ebenfalls Produkte, die der Arterhaltung dienen sollen. Also sind Veganer und Vegetarier eigentlich Mörder, die sich sogar an Keimlingen vergreifen, so als ob Fleischesser Embryonen oder Föten von Tieren verspeisen würden.

Gernot Kappes / 18.04.2019

Lieber Dushan Wegner, entspannen Sie sich mal. Es handelt sich bei dem Thema Veggie-Burger nicht um “die EU”, auch um kein “Brüsseler Schloss”, auch keine “Bratlingpolizei”, sondern den Agrarausschuss des Parlaments. Das hat überhaupt nur ein eingeschränktes Initiativrecht. Man muss nicht um jeden Mist Tamtam machen, der irgendwo aus dem “fernen Brüssel” kommt.

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