Claudio Casula / 02.01.2023 / 15:00 / Foto: Arild Vågen / 42 / Seite ausdrucken

Das F-Wort aus der Floskelwolke

Eine „sprach- und medienkritische Initiative“ hat die „Floskel des Jahres“ gekürt. „Freiheit“ heißt das schlimme F-Wort 2022. 

Wir kennen sie gut, all die eindrucksvoll klingenden Berufsbezeichnungen, die sich bei näherem Hinsehen als Euphemismen entpuppen: Waste Removal Engineer (Müllmann), Environment Improvement Technician (Putzfrau), Facility Manager (Hausmeister). Vor fast vier Jahren wurde eine Sprachwissenschaftlerin bekannt, die freiberuflich als Beraterin für („progressive“) Politik und Wirtschaft zu linguistischen Themen tätig ist, eine gewisse Elisabeth Wehling. Ihre Marke, offenbar ein Einfrauunternehmen, trug den bombastischen Namen "Berkeley International Framing Institute", wobei dieses „mit der kalifornischen Universität Berkeley so viel zu tun hat wie die San Francisco Bay mit der Uckermark“, wie ein „Salonkolumnist“ schrieb.

Jetzt hören wir zu Jahresbeginn von einem „journalistischen Medienprojekt“ (Eigenbezeichnung) bzw. einer „sprach- und medienkritischen Initiative“ (tagesschau), welche die „Floskel des Jahres“ gekürt habe. „Floskelwolke“ heißt die „sprach- und medienkritische Initiative“, und sie besteht aus genau zwei (in Worten: zwei) Medienschaffenden, die sich, die notorische „Unwort“-Jury nachäffend, Jahr für Jahr vornimmt, Begriffe zu brandmarken, die vom politischen Gegner (räääächts!) verwendet werden. Das schlimme Wort 2022 ist, wie uns die tagesschau wissen ließ, „Freiheit“, ein Wort, mit dem das dominierende Juste milieu nun gar nichts anfangen kann. „In den medialen Debatten werde der Freiheitsbegriff von Egomaninnen und Egomanen entwürdigt, die rücksichtslos demokratische Gesellschaftsstrukturen unterwanderten“, hätten die zwei Pressbengels erklärt, meldet der Deutschlandfunk, für den einer der beiden, ein Udo Stiehl, auch noch selbst tätig ist.

Mal wieder richtig lachen

Die andere Personalie ist noch lustiger: Sebastian Pertsch („Journalist, Sachbuchautor, Redaktionsleiter, Sprecher, Projektleiter, Dozent für Journalismus und Sprache“), der im November 2019 bei Twitter, die Plattform offenbar als asoziales Medium betrachtend, dadurch auffiel, dass er nichtlinke Personen über 48 Stunden mit hunderten von Postings (Beispiele hier) eindeckte: „Idiot!“, „Schwachkopf!“, „Trottel!“, „Arschloch!“, mitunter auch mit etwas detailreicheren Tweets („nächster Schwachkopf“, „feiges Arschloch“, „dreckiges Arschloch“). 

Für Print und Online schreibt Sebastian Pertsch über Journalismus, Sprache, Kultur (hehe) und Technik, „Floskelwolke“ war tatsächlich für den „Grimme Online Award“ nominiert, und jetzt hält die Hauptnachrichtensendung des Staatsfunks seine Meinung (und die des Kollegen Stiehl) für so relevant, dass sie den „Negativ-Preis“ erwähnen zu müssen meint. Bei der ARD haben sie das Framing-Manual vom "Berkeley International Framing Institute" wirklich aufmerksam gelesen, war ja auch teuer genug. Wenn auch, wie die Massagesessel der Intendanten, vom Beitragszahler finanziert, der dafür immerhin etwas über „Unwörter“ und „Floskeln“ erfährt, die immer von den Bösen verwendet werden (die Plätze 2 bis 4 belegen bei Pertsch und Stiehl „Sozialtourismus“ (gibt’s natürlich nicht), „technologieoffen“ (für Kernkraftwerke, bäh!) und „Klimakleber“ (wird den edlen Zielen der Bewegung nicht gerecht), auf Alibi-Platz 5 landet der „Doppelwumms“ des Kanzlers.

Kommt schon, liebe Kollegen vom Ersten, das könnt Ihr besser! Besinnt Euch auf Euren Bildungs- und Informationsauftrag und bringt so tolle Investigativgeschichten wie die über den genialen Erfinder aus Simbabwe („Der Fernseher, der Energie erzeugt“) im vergangenen Jahr. Dann schalten wir vielleicht doch mal wieder ein. Und sei es auch nur, um mal wieder richtig herzlich lachen zu können.

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Leserpost

netiquette:

Sam Lowry / 02.01.2023

Nicht wert, drüber nachzudenken, noch weniger, darüber zu diskutieren! “Wer auf ARD und ZDF angewiesen ist, ...”

Werner Eisenkopf / 02.01.2023

Eigentlich müßte man gemäß dem bewährten System, Überbringer schlechter Nachrichten zu köpfen, hier den Claudio Casula höchstselbst “killen” weil selbiger mit diesem “unnötigen” Artikel mal wieder zu krass aufzeigt, für welchen Blödsinn und Schrott, auf Zwangsgebührenzahlerkosten, wie hier solche dünngeistigen “Ergüsse” medial hochgehubelt werden. Da ist es ja schon fast interessanter zu lesen, wieviele FÜRZE das Kamel in dem und dem Zoo, gemäß Zählung von Besuchern in einer Viertelstunde abgelassen hat - ohne aber damit eine “unkorrekte” Verrechung mit “Treibhausgasen” zu verbinden. Methan ist eben NICHT gleich Methan! Ballaballa… “Stiehl und Pertsch und Deutschlandfunk, stinkt so arg nach faulig Sumpf…”

Peter Meyer / 02.01.2023

Herr Casula, die beiden haben ihren Orwell gelesen: Krieg ist Frieden, Unwissenheit ist Stärke, Freiheit ist Sklaverei. Und sagen und das noch rotzfrech ins Gesicht. Links kann sich halt mittlerweile ALLES erlauben…

Dirk Freyling / 02.01.2023

In der Natur definiert sich Freiheit durch den Abstand von Gejagtem und Jäger.

Ralf.Michael / 02.01.2023

Herr Casula : Freiheit muss leider ( in gewissen Abständen ) immer wieder neu erkämpft werden….unsere Vorfahren wussten das. Es ist an der Zeit, diese Errungenschaft wieder einmal mit Nachdruck einfordern !!

ingo heinzelmann / 02.01.2023

Diese Geschöpfe der Floskelwolke ....... was soll man noch schreiben. In dieser Zeit scheint nichts mehr unmöglich.

Heinrich Moser / 02.01.2023

Naja, er hat immerin entdeckt, dass es “saubere Arschlöcher” geben muss, indem er jemand als “schmutziges Arschloch” beschimpfte. Allerdings bleibt die Frage offen, ob ein Loch überhaupt eine der beiden Eigenschaften besitzen kann. Kann ein Loch überhaupt Eigenschaften wie sauber, schmutzig, rot oder gelb besitzen? Gibt es undurchsichtige Löcher oder ist durchsichtig eine grunsätzliche Locheigenschaft? Ich schlage ihn für einen Lehrstuhl für Lochokratie vor. Oder heißt das Ochlokratie?

Rainer Möller / 02.01.2023

Wenn wir die Linken dazu bringen, sich öffentlich vom Begriff Freiheit zu distanzieren, sind wir schon einen Schritt vorangekommen.

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