Dirk Maxeiner / 13.05.2020 / 11:50 / Foto: Matti Blume / 118 / Seite ausdrucken

Das Corona-Papier: Seehofer im Bunker

Nachdem das Corona-Papier von Achgut.com jedermann zugänglich gemacht worden ist und hier heruntergeladen werden kann, hat die Öffentlichkeit die Möglichkeit, sich selbst ein Bild über die Stichhaltigkeit der dort vorgetragenen Kritik zu machen. Es geht im Wesentlichen darum, dass die völlig überzogene Corona-Panik und die daraus resultierenden politischen Maßnahmen in Deutschland viel mehr Todesopfer fordern könnten als die eigentliche Krankheit. Von großer Sprengkraft ist auch die Feststellung, dass von politischer Seite offenbar keine ausreichende Folgenabschätzung gemacht wurde. Das könnte ein erhebliches juristisches Nachspiel haben, etwa bei Schadenersatzprozessen. 

Bereits am vergangenen Sonntag – ein für ein Ministerium ungewöhnlicher Arbeitstag – wurde in einer schnell zusammengeschusterten Pressemitteilung versucht, den drohenden Flächenbrand zu ersticken und als „Privatmeinung“ des Verfassers darzustellen, der sein Papier unerlaubterweise mit dem Briefbogen des Ministeriums verschickt habe. Dies entspricht nicht der Wahrheit. Mitarbeiter des Ministeriums und Vorgesetzte waren in die Entstehung des Papiers einbezogen und äußerten sich teilweise sogar lobend, wie Achgut.com hier nachgewiesen hat. Der Referatsleiter KM4, der das Dokument seines Referenten lobte, wurde vor wenigen Wochen sehr abrupt von seinem Posten versetzt, was sehr mysteriös ist, weil sein Nachfolger in wenigen Monaten in Pension geht. Reguläre Postenwechsel sehen anders aus.

In Hintergrundgesprächen wurde in den letzten Tagen gleichzeitig versucht, den Verfasser des Papiers zu pathologisieren, ihn gar als Querulanten und Spinner darzustellen. Oberregierungsrat Stephan Kohn, sein Name wird inzwischen in den Medien offen kommuniziert, leitete aktuell das Projekt „Erneuerung der nationalen KRITIS-Strategie“ (Kritische Infrastrukturen) im BMI. 

Anstatt sich endlich mit dem Papier inhaltlich auseinanderzusetzen, wie man es von einem verantwortungsbewussten Innenminister erwarten kann, wurde der Überbringer der schlechten Nachricht sogleich geköpft, sprich: Es erging Anfang der Woche „ein Verbot zur Führung der Dienstgeschäfte“. Dies ist besonders bemerkenswert, weil Innenminister Seehofer bei seinem Dienstantritt im Innenministerium ausdrücklich die offene Kritik der Mitarbeiter anmahnte. Stephan Kohn schrieb ihm dazu

Die Begrüßungsrede, die Sie im März 2018 vor uns Beschäftigten im BMI hielten, hatte auf mich einen tiefen Eindruck gemacht. Sie sprachen über Ihre Ziele und Erwartungen. Unter anderem baten Sie die Beschäftigten ausdrücklich um ihre eigene Meinung, auch wenn sie abweichend sei. Das sei gewollt und nur das führe Ihrer Erfahrung nach zu guten Entscheidungen. Sie baten nicht nur um eigene Meinung, sondern sogar um Widerspruch, falls eine eigene fundierte Meinung dies gebiete.

Hilfe, Professoren mit Zivilcourage!

Kohns Meinung war schon alleine deshalb fundiert, weil ihn gleich zehn hochkarätige deutsche Professoren und Wissenschaftler bei der Erstellung der Analyse beratend unterstützten. Womit man im Innenministerium offenbar nicht gerechnet hatte: mit Zivilcourage. Die beteiligten Wissenschaftler ergriffen in einer Stellungnahme, die Achgut.com schon am Montag vorab veröffentlichte, Partei für Stephan Kohn und mahnten an: „Unserer Auffassung nach müssten die adressierten Fachbeamten aufgrund dieses Papiers eine sofortige Neubewertung der Schutzmaßnahmen einleiten, für die wir ebenfalls unseren Rat anbieten“. 

Beim Bundesinnenministerium will man seine Selbstlob-Blase aber offensichtlich nicht verlassen, es könnte ja herauskommen, dass man eine weitgehend verfehlte Corona-Politik betrieben hat und die Frage nach den Verantwortlichen aufkommt. Man wies, so berichtet heute die BILD-Zeitung, Innenbehörden der Länder an, das Papier „als gegenstandslos zu betrachten und zu vernichten“.

Die Bild-Zeitung widmet sich dem Skandal mit einer ausführlichen Titelgeschichte ("Mehr Tote wegen Corona-Regeln"). Darin kommen die beteiligten Wissenschaftler, darunter Professor Peter Schirmacher von der Leopoldina (die Nationale Akademie der Wissenschaften, die u.a. Kanzlerin Merkel berät) ausführlich zu Wort.

Die mediale Reaktion auf die Causa nimmt indes eine für die Politik und ihre Glaubwürdigkeit kritische Entwicklung. Während anfangs noch zahlreiche Medien, die Öffentlich-Rechtlichen eingeschlossen, relativ kritiklos das Märchen von der Privatmeinung eines subalternen Querulanten nachsangen, zeigte sich schnell, dass sich daran nicht alle beteiligten. „Spiegel“ und „Zeit“ fielen mit auffallend abwägenden Analysen auf, so wie sich das journalistisch gehört. Der übliche mediale Herdentrieb kam nicht so recht in Gang.

Erschreckende Bunkermentalität

Die heutige Berichterstattung in der Bild-Zeitung hebt den Vorfall nun auf eine neue Ebene. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn geht gegenüber der Bild-Zeitung schon mal in Deckung: Er habe bereits im April zum "neuen Klinik-Alltag" mit mehr Operationen für Nicht-Corona Patienten aufgefordert und eindringlich gebeten: "Gehen Sie zum Arzt".

Es geht mittlerweile nicht nur um das Papier selbst, sondern darum, wie in deutschen Regierungsapparaten mit Kritik umgegangen wird. Hier zeigt sich eine geradezu erschreckende Bunkermentalität.

Wenn Entscheidungsträger einander in Mentalität und Weltanschauung zu ähnlich sind, werden sie leicht Opfer des Gruppendenkens, weil Informationen, die konventionelle Weisheit infrage stellen könnten, von vornherein ausgeschlossen oder als offenkundig falsch abgetan werden. In solchen Gruppen verfestigt sich eine abgeschottete Bunkermentalität, die häufig zu vollkommen falschen Einschätzungen der tatsächlichen Lage führt. 

Je abhängiger Menschen von anderen oder deren Informationen sind, desto höher ist das Risiko, dass sie gemeinsam Fehler begehen. Gescheite Gruppen bestehen aus Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven, die unabhängig voneinander sind. Ohne Erkenntnisvielfalt geht es schief. 

Oberregierungsrat Stephan Kohn hat das – ganz unbeabsichtigt – unter Beweis gestellt. Und dies ist die eigentlich gefährliche Botschaft für Horst Seehofer und die deutsche Politik überhaupt.

Achgut.com hat das Corona-Papier am 12.05.2020 für alle Interessierten komplett zum Herunterladen bereitgestellt.

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Renate Bahl / 13.05.2020

Chapeau für Herrn Kohn und auch für die Achse. Da dieser Skandal im Staatsfernsehen/Staatsfunk keinen Aufschrei hervorruft ist wie immer zu befürchten, dass die FDJ’lerin gerne ihre Bauern opfert und als große Retterin von den Lakaien hochgejazzt werden wird. Der Druck muss weiterhin vom Volk ausgehen, weiterhin Demos für die Demokratie und unser GG. Habe vorhin ein Video gesehen, wo Polizisten Auszüge des GG, welches von einem Demonstranten verteilt wurde einfach beschlagnahmt wurde. Polizisten werden auf unser GG vereidigt. Das macht mir Angst!

Thomas Schmied / 13.05.2020

@Reinhart Max Nein, der Bericht wird vermutlich nichts bewegen. Bewegen kann nur Macht etwas. Corona hat Merkel so mächtig gemacht, wie seit Jahren nicht mehr. Macht kann im Zweifel auch Ratio schlagen. Das mit dem “Aluhut” ist schon längst argumentative Todschlagwaffe gegen alles geworden, was irgendwie skeptisch gegenüber der herrschenden Meinung ist. Da die herrschende Meinung häufig auch von Herrschenden beeinflußt wird, setzt man den Aluhut auch gerne denen auf, die den Herrschenden nicht genehm sind. Deshalb mag ich den Begriff “Aluhut” nicht mehr. Ich glaube nicht daran, dass man uns mit irgendwelchen Strahlen unser Gehirn manipulieren will. Deshalb trage ich auch keinen Aluhut. Ich bin allerdings nicht mehr ganz sicher, dass mit dem anhaltenden “Lockdown”, mit der eisernen Weiterführung der Lähmung des Landes nur gesundheitliche und nicht auch politische Ziele verfolgt werden. Die Art und Weise, wie Medien und herrschende Politik mit Kritik umgehen und wie aggressiv sie eine notwendige offene Diskussionen unterbinden, ist mir längst viel zu extrem geworden. Wenn man mir dafür spöttisch den “Aluhut” aufsetzt, dann trage ich den mit Würde.

Wirsam, Dietmar / 13.05.2020

Herr Prof.Dr. Drosten hat sich schon 2009/2010 bei der Schweinegrippe als falscher Prophet erwiesen. Er prophezeite Millionen von Erkrankten und 35000 Todesfälle. Tatsächlich waren es ca. 250 Todesfälle und ca. 220000 Erkrankte. Im alten Israel hatten falsche Propheten eine sehr schlechte Lebenserwartung. Verglichen mit damals wäre er schon nicht mehr unter uns. Trotzdem ist er noch Regierungsberater. Da fragt man sich doch nur, wie kann das sein ? Mit freundlichen Grüßen

Frances Johnson / 13.05.2020

Eine Übung im September: “On the afternoon of September 18 last year, the customs office at Wuhan Tianhe airport received an emergency message that a passenger on an incoming flight was unwell and distressed with breathing difficulties. Staff at the glistening modern airport rushed into emergency mode, donning protective masks as managers unleashed their action plans. Soon afterwards, ‘the Wuhan First Aid Centre reported that the transfer case had been clinically diagnosed as a novel type of coronavirus’, according to a journalist from a state media agency. This was, the agency reported, a drill to test responses in advance of the World Military Games, which were being held the following month with 10,000 competitors due in the fast-growing city in central China. Officials passed with flying colours.Yet what a strange coincidence they picked that particular exercise, given what was soon to unfold in Wuhan as birthplace of a global pandemic. As one person later asked on social media: ‘Why did they choose a new coronavirus to drill?’ Now this question has become all the more pertinent with last week’s revelation that French athletes think they caught Covid-19 while competing in those games. Several fell ill with bad flu-like symptoms during the event, which took place over nine days from October 18. ‘A lot of athletes at the World Military Games were very ill,’ said Elodie Clouvel, a world champion modern pentathlete. DM, couk

J. Schad / 13.05.2020

Die Überschrift ist falsch. Es muss heißen:  //Seehofer im Merkel-Bunker //.

A. Ostrovsky / 13.05.2020

@rolf rettberg Ich meine, Sie hätten die Wahl, de Bedeutung von Großbuchstaben zu beachten oder eben wenigstens klar formulierte Sätze unter richtiger Verwendung von Satzzeichen zu schreiben. Machen Sie es wie Marx, der könnte beides richtig. Aber alles missachten sollten Sie nicht. Ich habe jedenfalls Ihre Gedanken nicht verstehen können. Schade, vielleicht wäre es interessant gewesen.

Ralf Pöhling / 13.05.2020

Was da im letzten Abschnitt steht und besonders im drittletzten Absatz, kann man auf den gesamten Altparteienapparat übertragen: Wenn von Schwarz über Gelb, Grün und Rot bis Tiefrot (also von Mitte bis stramm links) alle Parteien auf nahezu einer Wellenlänge ticken, am selben Strang in die selbe Richtung ziehen und das Schiff Deutschland in schweres Fahrwasser steuern, bleibt nur noch die Korrektur über Blau bzw. rechts. Die Bunkermentalität der Altparteien ist der Grund für die Existenz der AFD. Die AFD ist das einzige echte Gegengewicht, die einzige echte Opposition. Ohne Opposition gibt es keine Demokratie. Die AFD stellt über den rechten Rand die Demokratie wieder her. Und genau uns wirft man vor, wir wären Antidemokraten. Das nenne ich Tunnelblick und totale geistige Vernebelung.

Karla Kuhn / 13.05.2020

Horst Hauptmann, “Politiker, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben und Behörden, die ihre Aufgabe nicht mehr wahrnehmen sondern nur Befehle von oben abnicken, ruinieren unser Land. ” Vor einiger Zeit habe ich auf youtube ein Interview von Tichy und Marc Friedrichs gesehen/angehört. Dort wurde u. a. von Herrn Tichy gefragt,  (in etwa) warum es immer weniger kompetentes Personal (Mitarbeiter Politiker) gibt. Friedrichs Antwort (in etwa) wenn oben an der Spitze…... , dann zieht INKOMPETENZ INKOMPETENZ an.  GENAU SO ist es !

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