Claudio Casula / 03.03.2023 / 12:00 / Foto: Pixabay / 112 / Seite ausdrucken

Bundeswehr: Warten auf richtiges Militär

Der neue Bundesminister der Verteidigung bescheinigt der Bundeswehr, „nicht verteidigungsfähig“ zu sein. Dass die Streitkräfte vor die Hunde gehen, ist allerdings keine Neuigkeit. Drei Frauen im Amt haben den Niedergang über ein Jahrzehnt beschleunigt.

Gut, der Vorwurf, die deutschen Streitkräfte seien nur „bedingt abwehrbereit“, ist nicht neu. Schon in den 70er Jahren kursierte der Spruch: Die Bundeswehr ist dafür da, den Feind an der Grenze so lange aufzuhalten, bis richtiges Militär kommt. Mitte der 80er, während seiner Wehrdienstzeit, durfte sich der Autor selbst davon überzeugen, dass es mit dem Zustand der Armee nicht allzu weit her war. 2011 erzählte er hier bei Achgut vom Start des leicht skurrilen Freiwilligendienstes – viele naive Möchtegern-Rekruten, die damals Kasernenluft schnuppern wollten, kündigten schon wenige Tage nach der Ankunft, unter anderem wegen „Problemen mit dem Umgang in der Kaserne“. Klar, ein herzhaftes „Abstand zum Vordermann genau 80 Zentimeter! 81 ist Fahnenflucht, 79 ist schwul!“ wurde wohl schon vor zehn Jahren als Mikroaggression empfunden, heute bekäme der Uffz wegen homophoben Verhaltens richtig eins reingebraten.

Wobei: Das war noch in der Zeit, bevor Ursula von der Leyen Ende 2013, also vor knapp zehn Jahren, als erste Frau das Verteidigungsministerium übernahm und das Amt so ausfüllte, als sei sie „eine gute Hausfrau, die ihre Kinder versorgt“, wie der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, es bereits 2014 ausdrückte. „Viel mehr als mit einer Kindertagesstätte wäre der Familie eines Soldaten geholfen, wenn sie wüsste, dass alles für seine Sicherheit im Einsatz getan wird.“, sagte Kujat damals der Süddeutschen Zeitung. Das Material der Bundeswehr veralte aber immer mehr, „hier müsste dringend gehandelt werden“. Gehandelt wurde dann schon, allerdings ganz anders als im Sinne Kujats. Von der Leyens Priorität war, die Bundeswehr zu einem „attraktiven Arbeitgeber“ zu machen.

Es zieht einem heute noch die Schuhe aus, wenn man rekapituliert, was diese Frau anpeilte: Zur Vereinbarkeit von Familie und Dienst wollte sie den Bedarf an Kinderbetreuungsmöglichkeiten decken, bei Bedarf sollten jedes Jahr „bis zu 22 Großtagespflegen realisiert werden“. Dann: flexibleres Arbeiten. Soldaten und Beamte sollten künftig bei hoher Arbeitsbelastung auf einem Langzeitarbeitskonto Zeitguthaben ansparen können („Waffen reinigen? Tut mir leid, da kann ich nicht, hab noch zwei Tage gut!"). Auch das „Führen in Teilzeit“ wollte sie fördern. Ist aus den Reichsteilzeitführern eigentlich etwas geworden?

Flachbildschirm-TV und Mini-Kühlschränke in der Stube

Reden wir nicht von der anvisierten Ausstattung der traditionell kargen Unterkünfte unter anderem mit Flachbildschirm-Fernsehern und Mini-Kühlschränken. Außerdem sollte die bislang eher an Umkleidekabinen erinnernde Beleuchtung „wohnlicher“ werden. Nein, das ist nicht auf dem Mist des Autors gewachsen, das gehörte alles zur Prio von der Leyens, die sich auch einen anderen Umgangston in der Truppe wünschte – und dass sich Soldaten auf ihren Stuben wohlfühlen.

Fünf Jahre gingen verloren, während von der Leyen als Mutter Teresa der Truppe Projekte anging, die mit Militärischem nur am Rande zu tun hatten. Da nimmt es nicht wunder, dass sie die Berichte zur materiellen Einsatzbereitschaft zunächst als geheim einstufte; auch Christine Lambrecht, die als erstes verkündete, die Bundeswehr brauche dringend mehr weibliche Generale, es aber selbst nicht einmal für nötig hielt, sich die Dienstgrade der Bundeswehr draufzuschaffen, wollte das brisante Material dem Parlament wohl lieber vorenthalten. Dabei sind die Missstände seit langem bekannt: Panzer, die nicht fahren, Flugzeuge, die nicht fliegen, U-Boote, die nicht tauchen, Munition für zwei Tage.

Weil drei ungediente Verteidigungsministerinnen hintereinander (von der Leyen, Kramp-Karrenbauer, Lambrecht) sich vorrangig um Kitas und vermeintliche rechtsextreme Umtriebe kümmerten und schon mal 650.000 Euro für einen „Trageversuch“ vor der Beschaffung von Umstandsuniformen für Schwangere ausgaben, statt sich einfach ein Beispiel an anderen Armeen zu nehmen, stellte Heeresinspekteur Alfons Mais vor einem Jahr fest: „Die Bundeswehr, das Heer, das ich führen darf, steht mehr oder weniger blank da.“

Wo sind die vielen Milliarden hin?

Anfang dieser Woche sagte nun der neue Mann im Amt, Boris Pistorius, in der SPD-Fraktionssitzung:

„Wir haben keine Streitkräfte, die verteidigungsfähig sind, also verteidigungsfähig gegenüber einem offensiven brutal geführten Angriffskrieg.“ 

Sondern nur verteidigungsfähig, wenn uns die Schweizergarde attackiert. Wenn überhaupt. Zu Deutschlands Rolle in der NATO sagte Pistorius:

„Wir müssen unsere Bündnisverpflichtungen erfüllen, wieder erfüllen. Wir haben es nicht getan in der Vergangenheit.“

Da stellt sich doch die Frage, wofür seit Jahrzehnten hunderte Milliarden in den Wehrhaushalt gesteckt wurden. Dessen Etat betrug im Jahr 2014 noch 32,4 Milliarden Euro, drei Jahre später 37 Milliarden, im Jahr 2019 schon 43,2 Milliarden und 2021 bereits 46,9 Milliarden, bevor er 2022 erstmals die 50 Milliarden überschritt. 

Recht hat Pistorius mit der Feststellung, dass wir unseren Bündnisverpflichtungen nicht nachkommen. Im Jahr 2020 lag Deutschland beim Anteil der Verteidigungsausgaben an den Gesamtausgaben des Staates mit 2,2 Prozent unter dem Durchschnitt der Europäischen Union – zum Vergleich: die NATO-Partner Frankreich (3,1 Prozent), Großbritannien (4,1 Prozent) und die USA (8,8 Prozent) wenden deutlich mehr auf.

Es liegt also eine Menge Arbeit vor dem Minister. Ob er seinen markigen Worten auch Taten folgen lässt, wird genau zu beobachten sein. Ebenso, wohin die versprochenen 100 Milliarden als „Sondervermögen“ deklarierten Schulden-Euro fließen. Um es klar zu sagen: Wenn ein Militär nicht in der Lage ist, seine ureigenste Aufgabe, nämlich die Sicherstellung der Landesverteidigung, zu erfüllen, kann man den Laden auch ganz auflösen und aus den Kasernen Wohngebiete machen, wie es dem ehemaligen Standort des Autors widerfuhr. Vielleicht lässt man ja dann die Senioren dort einziehen, die jetzt zugunsten von Flüchtlingen aus den Heimen geworfen werden.

 

Claudio Casula arbeitet als Autor, Redakteur und Lektor bei der Achse des Guten.

Foto: Pixabay

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Johannes S. Herbst / 03.03.2023

Das Problem der mangelnden Wehrfähigkeit betrifft nicht nur die Bundeswehr, sondern alle europäische Staaten bis vielleicht auf Polen. Man hat sich auf den Schutz der USA verlassen und oft die Gelder für High-Tech-Spielereien ausgegeben, die oft nicht mal auf dem Truppenübungsplatz funktionieren. Doch auch um die USA steht es nicht gut. So hat sie zur Zeit auch wegen mangelhafter Personalaquirierung nur 450.000 Soldaten parat. Aus US-Kreisen hört man, dass die USA zur Zeit gerade mal 50.000 Mann (m/w/d) für einen Kampfeinsatz bereit hat, weil die über 1000 Standorte weltweit ja auch besetzt sein müssen. Dass die Abrams Panzer nicht für die Ukraine taugen, hieß es ja erst kürzlich aus dem US Verteidigungsministerium. Diese Panzer stellen, wie so viele andere US Waffensysteme auch, einen Nachschub- und Wartungsablbtraum dar, der nicht in einem langen Einsatz mit einem starken Gegner lösbar ist. Bleibt die Frage offen, ob es Pistorius gelingt, unter diesen Umständen die Bundeswehr derart umzustrukturieren, dass sie alleine für eine wirkungsvolle Abwehr im Verteidigungsfall sorgen kann. Wenn, dann dauert das eher Jahrzehnte als Jahre.

H.Wess / 03.03.2023

@Ralf Pöhling; bekommen wir (Volkssoldaten*Innen) zu unseren Waffen auch ausreichend FFP2 Masken? Frage für einen Freund.

Kai Heier / 03.03.2023

Gibt es nicht ein Gesetz das so etwas(herbeiführung der Wehrlosigkeit)unter Strafe stellt?

Rolf Wächter / 03.03.2023

Unser Führer müßte sich heute korrigieren: “Seit 5:45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen” wäre nicht mehr möglich. Evt ab 10 Uhr, danach um 12 Uhr Mittagspause und Nachschminken. Gegen 16 Uhr hört die Schießerei auf, wegen zu hoher Arbeitsbelastung und Arbeitszeitregelung.

giesemann gerhard / 03.03.2023

@Moritz R.: Der Russe ist nicht “mittelbrutal”. Und Krieg ist kein Gesellschaftsspiel. Schon gewusst?

giesemann gerhard / 03.03.2023

@Wilfried G.: Als Donald Trump ein paar Truppen aus DE abziehen wollte, haben alle gejammert und geweint: Wer schützt uns nun vorm Russen? Überlegen Sie mal, von wem Sie lieber besetzt sein wollen, vom Russ’ oder vom Ami. Die Brits und die Franzosen haben den Deutschen auch sehr gut getan, dem dummen Pack. Das Land mit den meisten direkten Nachbarn weltweit, mit einem indirekten Nachbarn, der sich gewaschen hat, tut gut daran, wenn es gut besetzt ist. DAS wenigstens hätten die Deutschen ab 1945 lernen sollen, die Dummficks. Die mit Abstand meisten Truppen aber haben wir als Moslems hier, schon gemerkt? Mehrere Armeen, da kommt der Ami nicht mit. Sagen Sie’s mal dem Steimle, bei Gelegenheit.

Marko Buchholz / 03.03.2023

Meine Erinnerungen an meine W15 Zeit 1983/1984 ist einerseits der derbe Umgangston selbst von Offizieren, der unter aller Kanone war. Damit sollte wohl das wahre Dilemma der Truppe kaschiert werden. Unter den W15 haben wir immer von Blechbüchsenarmee gesprochen.

Hans-Joachim Gille / 03.03.2023

100 Jahre Frauenwahlrecht waren eine einzige Pleite. Warum? Frauen wählen mit dem Uterus. Frauen wählen auch Frauen, wie Merkel, die im brutalen Kampf um die besten männlichen Gene keine Gefahr darstellen. Es existieren weder feministische Konzerne, noch feministische Vereine, noch feministische Sportligen. Frauen kriegen ohne Männer nix auf die Reihe. Nicht umsonst hat man Frauen 10tsde von Jahren an den Herd gekettet & die Kinder großziehen lassen. Quoten-Regelung heißt nichts anderes, als daß die Männer die Arbeit mit machen & die Entscheidungen treffen müssen, zu denen Frauen nicht in der Lage sind. Frauen in der Politik sind der Untergang des Abendlandes. Frauen, wie Sahra Wagenknecht oder Alice Weidel, die zu mehr in der Lage sind, als nur ihren eigenen Namen zu schreiben, bestätigen die Regel. Solche Ausnahmen gab es immer mal hier & da. Umso früher wir das Frauenwahlrecht wieder abschaffen, umso besser für unser Land. Eine 3%-Quote für Frauen in der Politik reicht aus, um die wenigen, die was taugen, einzubringen.

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