Dushan Wegner, Gastautor / 13.04.2019 / 12:00 / Foto: Dushan Wegner / 55 / Seite ausdrucken

Bundestagsvize: Führen sie die AfD vor oder sich selbst?

Eine Partei, deren Politiker schon mal den Nationalsozialismus verharmlosen, zu Gewalt gegen Andersdenkende aufrufen und dann wieder etwas zu eng mit Putin tanzen, eine Partei, die ganz ganz offen in totalitären und demokratisch fragwürdigen Mustern denkt, die nur unbefriedigend zwischen Business und Politik trennt, die, wenn es ihr notwendig erscheint, eine "Politik ohne Skrupel" (und wenig Respekt vor Menschenrecht) betreibt, eine Partei, deren Leute immer wieder mit Nähe zum Antisemitismus auffallen, dass so eine Partei im Bundestag sitzt, das ist wahrlich widerlich, und doch haben 20,5 Prozent der Wähler 2017 die SPD gewählt, und damit sitzt die SPD eben im Bundestag.

Dass die SPD im Bundestag ist, das kann man gut finden (wenn man daran verdient) oder man kann es schlecht finden (wenn das Demokratengewissen in einem noch nicht ganz erloschen ist), man kann und sollte aber nicht die Tatsache leugnen, dass dem so ist.

Sicher, ich hätte mir gewünscht, dass die SPD jemand anderen als den nicht eben ruhmreich aus der Edathy-Affäre hervorgegangen Thomas Oppermann für das Amt des Bundestags-Vizepräsidenten aufgestellt hätte – aber gut, die vollständig neutralen Wikipedia-Autoren wissen über ihn zu berichten: "Oppermann ist passionierter Fußballspieler und Wanderer. Außerdem ist er begeisterter Leser", und wer "begeisterter Leser" ist, der kann kein schlechter Mensch sein, selbst wenn er auf ganz rätselhaft schweigende Weise beim Bundeskriminalamt anruft (was wir ihm natürlich alle genau so glauben) und dazu noch einer sehr umstrittenen Partei angehört.

Laut Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages steht jeder Fraktion ein Vizepräsident zu, also auch einer Schattenpflanze wie der SPD.

Seit die AfD im Bundestag sitzt, versucht die AfD das ihr zustehende Amt eines Bundestags-Vizepräsidenten zu besetzen – ebenso lange wird es ihr verwehrt (siehe auch: "Ist Höcke allein (noch) ein Grund, die AfD nicht zu wählen?").

Kein plötzlich erwachtes demokratisches Gewissen zu erwarten

Die AfD will nun so oft wie technisch möglich einen Kandidaten aufstellen und über diesen abstimmen lassen. Die Fronten sind fürs Erste verhärtet. Die AfD wird einen Kandidaten aufstellen, die Lupenreinen werden gegen sie oder ihn stimmen.

In dieser Woche war im ersten Wahlgang der AfD-Abgeordnete Gerold Otten dran. 210 stimmten für ihn, 393 stimmten gegen ihn, 31 enthielten sich – er wird es wohl noch zweimal versuchen, dann ist der nächste Kandidat dran (siehe welt.de, 11.4.2019).

Politiker, die Zensurgesetze einführen, die allzu freundlich zu Putin oder iranischen Mullahs sind, Politiker, die den US-Präsidenten beschimpfen und als Partei ungeniert Anteile an Medienunternehmen halten, von diesen Leuten ist kein plötzlich erwachtes demokratisches Gewissen zu erwarten, doch man fragt sich schon: Was meinen die, dass passieren wird?

Erwarten die Lupenreinen wirklich, dass die AfD an diesem Punkt aufgibt? Was denken die, dass passieren wird? – Ich darf die rhetorische Frage gleich beantworten: Gerade eben erst habe ich selbst festgestellt, dass die generelle Abwesenheit eines nachvollziehbaren Plans das Markenzeichen "moralisch guter" Politik ist (siehe auch: »Deutschland, was ist der Plan?!«).

Es ist wohl strategisch richtig, dass die AfD nun bei jeder Gelegenheit einen Kandidaten aufstellen und über diesen abstimmen lassen will (siehe welt.de, 4.4.2019).

Die AfD biete sich als Alternative dann, und dass sie anders ist, das werden auch und gerade ihre Feinde nicht bestreiten. Es liegt am Wähler, zu bewerten, ob die AfD eine bessere Alternative ist. Nur eines lässt sich nicht glaubwürdig tun: Man kann nicht einen SPD-Politiker zum Parlamentsvize wählen, und dann einen AfD-Politiker aus angeblich "moralischen" Gründen ablehnen.

Indem die AfD nun regelmäßig einen Kandidaten aufstellt, zieht sie wichtige Linien nach – und die Mehrheit der übrigen Parteien hilft ihr dabei.

Wir dürfen sagen, was wir zur demokratischen Horrorvorstellung bei der Abstimmung über den Migrationspakt sagten: Es herrscht Klarheit, wenigstens das.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf dushanwegner.com.

 

Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht.

Foto: Dushan Wegner

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von Kullmann / 13.04.2019

Die Altparteien wollen bei den Vize-Wahlen die Neupartei verhindern. Lächerlich, die ist schon drin im Bundestag. Sie wollen 6 Millionen Wähler der Teilhabe an der Kontrolle ihrer Abgeordneten im Bundestag berauben. Lächerlich, Dushan Wegner hat das mit diesem Artikel bewiesen. Sie wollen die letztlich integeren Abgeordneten der verhassten Partei auch persönlich hassen, trotz der Handreichung dieser bei ihrer persönlichen Vorstellung. Lächerlich, Kindergartenniveau. Diese Abgeordneten der Allparteien (Allmächtigen) tragen bei diesen Vize-Wahlen ihre Unabhängigkeit wie eine Monstranz vor sich her. Lächerlich, ihre sonstigen politischen Entscheidungen über den Fraktionszwang zeigt sie als parteiabhängige kleine Wichte. Das ist nicht lächerlich in einer Demokratie!

B.Kröger / 13.04.2019

Im Bundestag sitzt mehrheitlich eine Einheitskoalition von CDU/CSU, der Linken, der SPD, der Grünen und der FDP.  Man könnte auch von einem politischen Kartell sprechen.

Gerhard Rachor / 13.04.2019

Alfred Tetzlaff meinte zur SPD: Sozis sind an sich nicht dumm. Sie haben nur sehr viel Pech beim Denken! 1969 sagte Willy Brandt in seiner ersten Rede als Kanzler vor dem Deutschen Bundestag: Wir wollen mehr Demokratie wagen. Ich frage mich inzwischen jeden Tag, schauen die eigentlich manchmal nach, ob Willy in seinem Grab rotiert?

Ewald Grube / 13.04.2019

In der DDR durfte ich als Jahrgangsbester unserer beiden Abschlußklassen kein Abitur machen, wegen “meiner Einstellung zu unserem Staat”. Jetzt ist eine Person Bundestagsvize, die in eben dieser DDR 1983 SED Mitglied wurde, Pionierleiterin war, an der Parteihochschule Karl Marx studierte und Mitarbeiterin im Zentralrat der FDJ war. Genau diese Frau wurde von der Mehrheit der Abgeordneten des Bundestages alsVizepräsidentin des Bundestages gewählt. Jetzt muß ich dabei zusehen, wie politisch nicht derart vorbelasteten Abgeordneten jener Partei, welche ich gewählt habe, genau dieser Bundestagsvizepräsident vorenthalten wird. Was soll ich jetzt von dieser “tollen” Demokratie halten?

Petra Wilhelmi / 13.04.2019

Hier im Land wir IMMER mit zweierlei Maß gemessen. Auf der einen Seite die Gutmenschen, die meinen, sie wären der Gipfel der menschlichen Entwicklung, und auf der anderen Seite die, deren Hirn noch arbeitet und aus deren Mund keine Textbausteine fallen, die nachfragen, wer das alles bezahlen soll, diejenigen, die noch mit beiden Beinen auf den Boden stehen und die eben - wenn man “Glück” hat -  nur Rechspopulisten genannt und bösartiger als Nazis oder Rechtsextremisten beschimpft werden. Die Altparteien wähnen sich - jedenfalls offiziell - auf der Seite der Gutmenschen und Demokraten, die anderen sind der Abfall, deren Rechte man einfach einkassieren kann. Das gilt übrigens auch für die Justiz. Die AfD hat Anrecht auf einen Bundestagsvize und die Altparteien, die meinen den Gipfel der Demokraten darzustellen, verweigern dieses demokratische Recht der AfD. So wird nicht die AfD vorgeführt, sondern die, die meinen, Demokraten zu sein, führen sich selbst vor in ihrer ganzen geistigen Erbärmlichkeit; und sie zeigen, dass wir in keinem demokratischen Staat mehr leben. Das Politbüro der SED hätte nicht anders gehandelt. Was die AfD versäumt, ist, lautstark den Altparteien ihr undemokratisches Spiel vor Augen zu halten, mal aufzulisten, wie Bundestagsvize zur Demokratie und zum GG stehen, irgendetwas in dieser Richtung, was bis zu den Menschen gelangt, die unzufrieden mit der Politik hier im Lande sind. Was die AfD von den Grünlinken lernen könnte - Strategie und Taktik. Das fehlt in dieser Partei. Jeder mag das anders sehen, aber bei mir, trotz laufender Kanidatenaufstellung, kommt an, dass sie sich ducken. Man stellt einen Kandidaten auf, dann den nächsten, trifft Absprachen mit den Altparteien, die die nicht einhalten. Und warum sollten die auch Absprachen einhalten. Sie fühlen sich doch als Oberdemokraten, die einen heiligen Krieg gegen die Auferstehung des 3. Reichen führen, obwohl sie nur die Marionetten der Grauen Eminenzen im Hintergrund sind.

Dr. Gerhard Giesemann / 13.04.2019

… dabei soll der Wähler den Poly-Tickern sagen, was sie zu tun haben in seinem Auftrag – DAS ist Demokratie. Zur Zeit wird die Demokratie demo-liert zur Demolatur. Von den Poly … . Wir singen mit Georg Kreisler: “ es gibt Prak-Ticker, Ko-Micker…, doch was für Ticker sind die Poly-Ticker, eines Tages gibt’s die ganz bestimmt nicht mehr … .“ Aber wenn der Wähler kein klares Signal gibt, dann tickern die eben, wie sie wollen.

Martin Landner / 13.04.2019

Wieso liest man solche Artikel eigentlich nicht in der Welt?

P.Steigert / 13.04.2019

Die AfD hat Probleme, wenn sie nur versucht, sich in das bestehende System einzugliedern. Dieses System ist verseucht und versaut.  Einen Staat, den sich die Alt-Parteien zur Beute gemacht haben, soll keine man Ehre erweisen, sondern ruhig kräftig lächerlich machen. Viel zu brav ist die AfD noch gegenüber den Parteienpropganda-Sendern. Gab es nicht einmal das Ziel, einen eigenen Newsroom aufzubauen? Warum kriegt die AfD das nicht hin?

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