Volker Seitz / 24.05.2024 / 06:15 / Foto: Pixabay / 70 / Seite ausdrucken

Bundesregierung: Neokolonialer Totalschaden in Afrika

Die Bundesregierung ist in Sachen "Elefantenaffäre" offenbar entschlossen, gegenüber afrikanischen Staaten wie Botswana weiterhin Porzellan zu zerschlagen. Die neusten deplazierten Reaktionen auf Kritik werden sich rächen.

Botswana schätzt deutsche Belehrung und moralische Deutungshoheit nicht. Der Präsident von Botswana, Mokgweetsi Masisi, wehrt sich schlagfertig gegen deutsche Politiker, die ihm erklären, wie das Leben in seinem Land zu funktionieren hat. Er hat deshalb den – nicht ganz ernst gemeinten – Vorschlag gemacht, Deutschland 20.000 Elefanten zu schenken, weil Umweltministerin Lemke (Grüne), sich für die Verschärfung des EU-Rechts einsetzt, um die Einfuhr von Jagdtrophäen zu reduzieren oder gar zu verbieten. Das empfinden die Botswaner (übrigens auch die Namibier) als „einseitiges, widerrechtliches und neokolonialistisches Verhalten". Die Bundesumweltministerin Steffi Lemke unternimmt weiterhin keinen Versuch, den entstandenen Schaden zu glätten. 

Im Gegenteil, bei „Markus Lanz“ am 16. Mai 2024 agierte sie so hilflos, dass Berlins Kultursenator Joe Chialo (er stammt aus Tansania) ihr "ideologischen Export" von Ideen aus Berlin vorwerfen konnte. Es werde „eine Ansage in Richtung Afrika gemacht, ohne zu bedenken, was das in diesem Ökosystem wie in Botswana auslöst.“

Seit Jahren leidet Botswana unter einer massiven Überpopulation von Elefanten. Das Land kann nicht weiter hinnehmen, dass durch die Tiere Dörfer und Ernten vernichtet werden. Elefanten fressen um die 100 Kilogramm am Tag und zerstören damit auch ihren eigenen Lebensraum. Bis zu 300 Lizenzen für den Abschuss vergibt das Land jährlich, nimmt damit etwa 3 Millionen Dollar ein, wovon 50 Gemeinden profitieren. In Botswana – fast die Hälfte des Landes ist zu Nationalparks erklärt – gibt es seit Jahren mit großer Expertise aufgebaute Artenschutzprogramme, dazu gehört auch die kontrollierte Jagd. Viel Lärm um wenige Jagdtrophäen: Im Jahr 2023 seien, so Pro Wildlife, 569 Jagdtrophäen aus verschiedenen Ländern nach Deutschland eingeführt worden.

Bedauerliche Brüskierung

Irritierend finde ich die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU, Drucksache 20/11418, vom 15.05.2024. „Umgang des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz mit Staaten des südlichen Afrikas beim Artenschutz."

Vor dem Hintergrund der bestehenden ernsten Verstimmung finde ich Andeutungen zu „Unterstützungsleistungen“ und „Dass gerade bei komplexen Themen bisweilen von Regierungen unterschiedliche Positionen vertreten werden, ist nicht ungewöhnlich und auch in den innenpolitischen Kontext des jeweiligen Landes einzuordnen“ bemerkenswert taktlos.

Soweit ich weiß, gibt es in dieser Frage keinen innenpolitischen Dissens in Botswana. Eine solche unüberlegte Ausdrucksweise löst keinen Konflikt, im Gegenteil, die Regierung und ihr Präsident werden angegriffen. Man soll sich nicht täuschen, diese deplatzierte Reaktion bricht ein Tabu im Verhältnis zu einem afrikanischen Staat und wird auch von anderen betroffenen Staaten, z.B. Namibia, sehr genau verfolgt. Das wird langfristige Auswirkungen für unsere Afrikapolitik haben.

Solche unterschwelligen Drohungen sollte man sich sparen. Botswana bekommt keine der erwähnten “Unterstützungsleistungen“. Das Land ist seit jeher eine echte Demokratie und kann deshalb auf deutsche Samariterdienste bzw. bilaterale Entwicklungs“hilfe“ verzichten. Botswana ist ein „Upper Middle Income Country“. 

Deutsche Politiker wären gut beraten, wenn sie sich aus Angelegenheiten anderer Staaten heraushalten, zumal wenn sie das Land noch nie besucht haben. 

 

Volker Seitz, ist Botschafter a.D. und Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“, dtv, 2021 (11. aktualisierte Auflage)

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Julius Finster / 24.05.2024

Ideologie und Autokratie heisst auch: Erst schädigen/beschädigen und dann abhängig machen. Abhängigkeit schafft Macht. Solch eine ist aber nicht von Dauer, wenn der Intellekt nicht trägt.

Karsten Dörre / 24.05.2024

“Deutsche Politiker wären gut beraten, wenn sie sich aus Angelegenheiten anderer Staaten heraushalten, zumal wenn sie das Land noch nie besucht haben.” - Grüne Politiker müssen den Erdball, die Menschheit. Da sind uneinsichtige Buschleute lediglich kleiner Kollateralschaden auf dem Weg in das Armutsparadies auf Erden.

B. Zorell / 24.05.2024

Ich frage mich immer, wie die Afrikaner dieses Geschäft bisher gehandhabt haben. Oder sind dort massenhaft Scheißhügel oder tritt man dort immer in die Sche…..

HarryBohne / 24.05.2024

Herr Seitz, bitte keine Reisetipps, sonst ist die Baebock morgen mit der Flugbereitschaft unterwegs nach Botswana, um Elefanten zu zählen!

W. Renner / 24.05.2024

Drucksache „Umgang des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz mit Staaten des südlichen Afrikas beim Artenschutz.“ Muss mal den Masisi fragen, ob es im dortigen Parlament aufheize entsprechende Drucksache zum Umgang mit deutschen Politschwachmaten gibt? Oder ob es nicht pragmatischer wäre, weitere Jagdlizenzen zu vergeben?

Thomas Szabó / 24.05.2024

Ich entschuldige mich immer sofort, wenn ich auf einen Fehler aufmerksam gemacht werde. So kann man mir nie etwas anhaben. Teuflisch, nicht? Auf so intelligente Ideen kommt Frau Lemke gar nicht.

Peter Gallert / 24.05.2024

@Gerd Maar: Naja, die Abschussgebuehr allein kostet (in Namibia) so um die 20.000 US$. Kommt vor allem auf die Tierart an; ein Loewe kann eine halbe Million bringen. Dazu Waffen- und Munitionstransaktionen, Mietwagen, Praeparatorendienste, Ausfuhrgenehmigungen, Kuriere… da haengt eine ganze Industrie dran. Vor allem aber sind Jagdtouristen Super-Luxus-Touristen, die einen Haufen Geld ins Land bringen. Ein Jagdfarmbetreiber hat mir gegenueber durchblicken lassen, dass zwei Jagdbesuche im Jahr die gesamte Farm tragen. 570 Trophaeen sind nach dieser Rechnung fast 300 Farmen, mithin 6.000 Arbeitsplaetze. Das ist nicht nichts. Der Jagdtourist will aber die Trophaee haben, ohne die kommt er nicht.

Thomas Szabó / 24.05.2024

Wenn die Umweltministerin nur um eine Spur weniger dumm wäre, dann hätte sie sich sofort für ihren unbedachten Vorschlag entschuldigt. Das hätte man ihr auch in Botswana positiv als Kritikfähigkeit ausgelegt. Aber auf so abwegige Ideen wie Kritik einzustecken, Fehler einzugestehen oder sich gar zu entschuldigen, kommen die Grünen Kulturimperialisten gar nicht!

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