Volker Seitz / 06.02.2024 / 13:00 / 14 / Seite ausdrucken

Afrikas alte Männer

Politische Macht wird von afrikanischen Langzeitherrschern als persönlicher Besitz angesehen. Etliche Autokraten klammern sich deshalb schon seit Jahrzehnten an ihre Sessel.

Seit langem frage ich mich, weshalb afrikanische Staaten nicht mit dem Rest der Welt Schritt halten. Kaum eine afrikanische Regierung hat es vermocht, die Bürger effizient, ohne Korruption und Vetternwirtschaft, mit staatlichen Dienstleistungen zu versorgen. Mit Recht wird von Beobachtern auf die ausufernde Korruption hingewiesen. 

Allerdings könnte auch der teilweise jahrzehntelange Machterhalt und das hohe Alter einiger afrikanischer Herrscher, die sich für unfehlbar halten, Auswirkungen auf die Qualität der Staatsführung haben. 

Politische Absichtserklärungen, die nur auf dem Papier einen guten Eindruck machen, helfen nicht weiter. Politische Macht wird von den Langzeitherrschern als persönlicher Besitz angesehen. Der „starke Mann“ steht über dem Gesetz. Dass sich Präsidenten so lange an der Macht halten können, liegt auch an den Schwächen der Institutionen und nicht zuletzt an der Entwicklungshilfe-Industrie.

Beispiel: Paul Biya, Präsident von Kamerun (Foto oben), sitzt seit 1982 an den Schalthebeln der Macht. Er hat ein informelles System von Personenbeziehungen aufgebaut, das der Machtausübung dient. Dabei nicht ganz unwichtig: Die EU hat – auch im Namen der Entwicklungszusammenarbeit (!) – das letzte Wahlergebnis 2022 in Kamerun als „freie und faire“ Wahl mit ein „paar Unregelmäßigkeiten“ hingenommen. So wird die Wieder„wahl“ des bald 91-jährigen Autokraten alten Stils als Garant von Stabilität verkauft.

Altersschwäche-Anfall am Rednerpult

Anders in Botswana. Dort hat sich ein regelmäßiger Machtwechsel auf die Entwicklung des Landes positiv ausgewirkt. Nur sehr wenige Staaten wie Botswana, Ruanda, Mauritius, Seychellen, Kapverden haben das Armutsniveau senken können. Die Zahl der gefestigten Demokratien ist überschaubar. In Staaten, wo sich demokratische und autoritäre Tendenzen vermischen, ist die Schere zwischen Arm und Reich – wenn es keine Entwicklungsorientierung gibt – sehr stark auseinandergegangen.

Bezeichnenderweise liegt das Durchschnittsalter der Staats- und Regierungschefs der zehn am weitesten entwickelten Länder der Welt mit politischem Generationenwandel bei 52 Jahren.

Nachlese: Der neue Präsident von Liberia, Joseph Boakai, konnte seine Rede während seiner Amtseinführung nicht beenden und musste vom Podium weggetragen werden. Der 79-jährige Boakai konnte vermutlich aus Altersschwäche seine Rede nicht fortsetzen, berichtete die BBC am 23. Januar 2024. 

 

Volker Seitz, Botschafter a.D., ist Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“, dtv, 11. Auflage 2021

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Leserpost

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Wolfgang Kolb / 06.02.2024

Lieber Herr Seitz, Vielen Dank fuer den informativen Beitrag auf der Achse! Ich freue mich immer wieder, Ihre Zusammenfassungen und Analysen zu lesen, spricht doch hier ein Kenner der Materie. Leider lesen zu wenig NGOs und Beamte mit.

W. Renner / 06.02.2024

Der 81 jährige Stammesführer aus dem Weissen Tipi verwechselte kürzlich auf einerWahlkampfveranstaltung Präsident Macron mit Mitterand und ordnete diesen zunächst als Deutschen Präsidenten ein. Jungunternehmer, er hat politisch auch Wurzeln of Color.

Gerhard Schmidt / 06.02.2024

Wir könnten den nigerianischen Stammesfürsten ja auch ‘ne Rechnung für die jetzt wieder privaten “Benin-Bronzen”  schicken, verbunden mit der launigen Aufforderung “Oba, zahlen!” Ha, der ist gut, oder?

Ralf Pöhling / 06.02.2024

Alte SCHWARZE Männer? Irgendwas scheint an der linken Deutung, dass alte WEIßE Männer an allem Schuld sein soll, nicht so ganz zu stimmen.

Klaus Keller / 06.02.2024

Die lange Amtszeit sorgt für geringere Pensionslasten. Wir finanzieren zahlreiche ehemalige Bundeskanzler und Präsidenten. Der regelmäßige Austausch aller Staatsekretäre und politischer Beamter macht die Sache auch nicht billiger und ganz wichtig: Im Vergleich zu vielen Ländern Afrikas befindet sich Deutschland aktuell eher auf dem absteigenden Ast. Es soll viele von Deutschland enttäuschte Migranten geben, die auf finanziell gut ausgestattete Remigrationsprogramme hoffen.

gerhard giesemann / 06.02.2024

Das alles mit unserem Geld. Es wäre weit billiger für uns, wenn wir uns da raushielten. Dann können sie uns auch nicht am Schädel ... , von wegen “white supremacy”. Lektüre: “Dead Aid”, von Dambisa Moyo. Alles bekannt seit jeher, aber es nützt wohl nichts. Wir sollten nicht mit unserem Geld protzen. Dazu ist es denn doch zu sauer verdient. Der Verständige stellt seine Aktivitäten weitgehend ein, basta. Es sei denn, gegen Vorauszahlung ... .

Rainer Niersberger / 06.02.2024

@S.Buch : Das kann man so sehen, zumindest was den Versuch betrifft, diesen Ethnien bzw Kulturen “westliche Werte” beizubringen. Selbstverständlich vergeblich. Ohne die Strukturen und das Vorgehen von Kolonialmaechten, idealerweise solchen wie das winzige Sch’land oder deutlich groesser die Briten, wird da wenig selbst im zivilisatorischen Bereich zu machen sein. Die Herren in den Laendern sind sehr wenig an einer grundsaetzlichen Aenderung der fuer sie insgesamt günstigen Verhaeltnisse interessiert, die machtlosen Damen nur teilweise. Leider sind wir auf diverse Art und Weise nicht ganz unbeteiligt. Wirtschaftlich nicht und qua Migration auch nicht. Die Demographie verheißt gerade fuer die Afrika nichts Gutes. Wenn sich 500 Mio auf den Weg machen, stellen sich noch mehr Fragen als heute bereits. Ohne grundsaetzliche Aenderungen wird es fuerchte ich beim Zuwachs vor allem in den Problemlaendern bleiben. Zumindest sollte man die sogen “Entwicklungshilfe” einstellen. Aber die erfolgt ja entgegen ihrem Namen, bekanntermaßen andere Ziele. Entwickelt wird da nichts. Soll nicht und geht auch nicht.  Insweit ist das, was da in Afrika passiert, nicht ganz uninteressant, auch fuer uns.  Vor allem waere ein realistischer Blick auf Ethnien und Kulturen sowie Genetik angebracht, ohne sich des idiotischen Vorwurf des Rassismus bezichtigen lassen zu muessen.

Fred Burig / 06.02.2024

@S.Buch:”... Oder sollten wir uns zuvorderst darum kümmern, dass es bei uns mit einem sozialistischen Parteienkartell, das vorgibt, den Anspruch auf die einzig wahre Politik zu haben, defacto nicht auf dasselbe hinausläuft?....” Genau meine Rede! Erst mal die eigene Bude richtig ausmisten, bevor man auf Andere zeigt! MfG

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