Marcus Ermler / 01.10.2021 / 06:04 / Foto: Imago / 127 / Seite ausdrucken

Bruder Helge predigt weiter im Bundestag

Die Islamismusexpertin Sigrid Herrmann-Marschall schrieb vor zwei Jahren bei den Ruhrbaronen über die sozialdemokratische Praxis in Bezug auf den politischen Islam, dass „Muslimbrüdern und anderen Islamisten Orden verliehen, ihren Strukturen Preise für Integration zuerkannt“ würden und sich sogar „SPD-Oberbürgermeister vor Muslimbruderorganisationen“ stellten. Ein wesentlicher Grund hierfür nach Herrmann-Marschall ist, dass die SPD „Vielfalt wollte“ und dabei „Kollektive […] und auch Individuen […] als ‚bunt‘ gelabelt [habe], auch wenn sie in ihren tatsächlichen Haltungen und Handlungen autoritäre und fundamentalistische Züge tragen.“

Eine besonders schillernde Persönlichkeit im Islamismus-Komplex der deutschen Sozialdemokratie ist der Wuppertaler SPD-Politiker Helge Lindh, der bei der Bundestagswahl erneut seinen Wahlkreis „Wuppertal I“ gewonnen hat. Die SPD-Parteizeitung Vorwärts schrieb Lindh erst unlängst anerkennend zu, „die meisten Reden aller SPD-Bundestagsabgeordneten in den vergangenen vier Jahren gehalten“ zu haben und mit diesen „für die Demokratie [zu] streite[n]“.

Hierbei trat Lindh regelmäßig mit pointierten Reden gegen die „Alternative für Deutschland“ in Erscheinung. Aufgrund seines politischen Engagements „insbesondere für Muslima und Muslime“ sei er Zielscheibe von Rechtsextremen, so Lindh gegenüber der Wuppertaler Rundschau im Oktober 2020. 

Abseits des parlamentarischen Betriebs indes hat Lindh wenig Berührungsängste, mit türkischen Rechtsextremen und Islamisten jedweder Couleur aufzutreten. Der Islamwissenschaftler Ahmad A. Omeirate, der viele dieser Verbindungen Lindhs ins islamistische Milieu dokumentierte und öffentlich machte, wurde in einem Kommentar im Februar 2021 dann auch recht deutlich. 

Verbindungen zu Islamisten und Rechtsextremen

Omeirate warf Lindh vor, sich „für die Interessen von islamischen Verbände wie DITIB, ATIB oder ZMD“ einzusetzen, die schließlich eine dezidierte „Nähe zu islamistischen und rechtsextremen Ideologien haben“ würden. 

Und diese von Omeirate angeführten Verbände haben es in sich. Deutschlands größter Muslimverband DITIB wird von Kritikern als verlängerter Arm des türkischen Staates und heute insbesondere dessen Präsidenten Erdoğan gesehen.

Die ATIB hingegen ist ein nationalistisch-islamistischer Kulturverein, der laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion vom Mai 2016 „eine hundertprozentige Abspaltung der Föderation der türkischen Idealistenvereine in Deutschland – ADÜTDF“ sei; ADÜTDF ist gemäß dem Bundesamt für Verfassungsschutz der größte Dachverband der rechtsextremen „Grauen Wölfe“ in Deutschland. 

Eines der Gründungsmitglieder des „Zentralrats des Muslime in Deutschland“ (kurz ZMD) war dann pikanterweise die ATIB selbst, womit der ZMD so mittelbar auch eine Nähe zu den „Grauen Wölfen“ aufweist.

Helge Lindh im Gespräch mit Erdoğans Propagandasender

Und tatsächlich: Lindhs Verbindungen zu Organisationen und Einzelpersonen mit einer „Nähe zu islamistischen und rechtsextremen Ideologien“ sind vielfältig. So war Lindh beispielsweise im April 2020 zu Gast in einer ATIB-Gemeinde in Wuppertal, wie es ein Video der Wuppertaler Moschee selbst zeigt. 

Im Juni 2020 diskutierte Lindh mit einem Imam einer Moschee der islamistischen Bewegung „Millî Görüş“(vergleiche hier), die das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen – dem Bundesland, in dem Lindhs Wuppertaler Wahlkreis liegt – selbst als dem Islamismus zugehörig, antisemitisch und verfassungsfeindlich kategorisiert. 

Die muslimische Rechtsanwältin und Frauenrechtlerin Seyran Ateş wies im Februar 2021 darauf hin, dass Lindh einem „Magazin der vom Verfassungsschutz beobachteten Milli[ ]Görüs-Bewegung ein ausführliches Interview“ gegeben habe. Im selben Monat stand Lindh darüber hinaus Erdoğans Haus- und Propagandasender „TRT Deutsch“ in einem ausführlichen Gespräch Rede und Antwort.

Und erst im Juli dieses Jahres diskutierte Lindh mit dem österreichischen Politikwissenschaftler Farid Hafez, der brisanterweise auf Beschluss des EU-Parlaments seit Ende April 2021 keine EU-Mittel mehr bekommen soll, da er „eng mit der Muslimbruderschaft und der türkischen Regierung verbunden ist“.

Verteidigung einer Islamistin

Als der Leiter der Kultur- und Kommunikationsabteilung im Auswärtigen Amt, Andreas Görgen, die Islamistin und heutige Generalsekretärin des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Nurhan Soykan, im Sommer 2020 zu einer Beraterin für ein Fachreferat berufen wollte, stellte sich Lindh, nach Bericht des Berliner Tagesspiegel, hinter diese Entscheidung und erwiderte Kritikern: „Wer Nurhan Soykan so scharf angreift, greift auch ihren Verband und die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit islamischen Verbänden grundlegend an.“

Was Lindh seinerzeit verschwieg: Die Islamistin Soykan verteidigte den vom iranischen Regime unterstützten antisemitischen Al-Quds-Tag, bei dem bekanntlich lautstark die Auslöschung Israels gefordert wird. Rabbi Abraham Cooper, der stellvertretende Direktor des Simon Wiesenthal Centers, kritisierte diese Entscheidung gegenüber der Jerusalem Post, da Soykan in dieser staatlichen Funktion „mehr antisemitische Al-Quds-Märsche fördern und den Hass auf den jüdischen Staat rechtfertigen“ könne, so Rabbi Cooper.

Bedenklich an diesem von Lindh gepflegten sozialdemokratischen Islamismus-Komplex ist so schlussendlich, dass die hier dokumentierten Verbindungen zu islamistischen Vorfeldorganisationen von Erdoğan, Millî Görüş oder der Mullahs beziehungsweise zu türkischen Rechtsextremen wie der ATIB sich im Umfeld der staatstragenden Partei Deutschlands zeigen, die bald sogar den Bundeskanzler stellen könnte. 

„Wer mit Faschisten paktiert, darf in diesem Land keine Verantwortung tragen“, verkündete die SPD im Februar 2020 anlässlich der von der Thüringer Höcke-AfD unterstützenden Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten noch lautstark. Welche Wertigkeit dieser Aussage zukommt beziehungsweise welche Wahrhaftigkeit ihr innewohnt, wenn man sich die hier skizzierten islamistischen wie auch rechtsextremen Kontakte des SPD-Genossen Helge Lindh vergegenwärtigt, mögen die Leser selbst entscheiden.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Analyse „Was ein sozialdemokratischer Bundeskanzler für den politischen Islam bedeuten würde“, die zuerst bei Audiatur-Online erschien.

Foto: Imago

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Thomas Mueller / 01.10.2021

Bei aller berechtigten Kritik auch mal von mir etwas Kritisches. Sie dürfen Herrn Lindh nicht durch so ein Foto herabwürdigen. Darauf sieht er ja aus wie eine Witzfigur!

Arno Josef / 01.10.2021

Dass Herr Lindh wieder gewählt wurde, zeigt doch nur, welches Klientel sich in Wuppertal I vereinigt hat. Vielleicht mag das aus der Sicht der Achgut Leser total merkwürdig sein, gehört aber zur Demokratie. Es sagt im Übrigen noch mehr über das Klientel in Wuppertal aus, die entweder damit einverstanden sind, wie Herr Lindh arbeitet oder auch schlicht einen roten Pfosten wählen würden, wenn der Kandidat wäre, weil sie immer rote Pfosten gewählt haben. Über schwarze, grüne oder gelbe Pfosten kann man im Übrigen ähnliches sagen. Auch sagt man Herrn Laschet eine gewisse Nähe zu radikalen Kreisen aus dem islamischen und türkischen Umfeld nach. Und alles was vom Bundesverfassungsgericht nicht ausdrücklich verboten wurde, ist erlaubt - zumindest war das mal zu Zeiten richtig, als das Verfassungsgericht nicht der Spielball aktueller Tagespolitik und des Mainstreams war und primär von praktizierenden Juristen und nicht von Politikern besetzt wurde

Peter Zinga / 01.10.2021

Helge Lindh un Karl Lauerbach hoch gewonnen- braucht mann mehr über Deutschland zu diskutieren?!

Dieter Kief / 01.10.2021

Helge Lindh hat da offenbar eine Hausmacht aufgebaut. Das ist in Wuppertal gut fürs Direktmandat. - Noch was: Diese Dinge zeigen, dass der Netzwerker Helge Lindh gewöhnlich unterschätzt wird. Wo die AfD im Vergleich zu Helge Lindh schwächelt, das ist beim Kampf um islamische Stimmen. Das ist ein Fehler, denn die werden mehr, während die der Alten im Osten - zusehends - abnehmen…

E. Sommer / 01.10.2021

Mir schwindet das Mitleid mit den Deutschen in zunehmendem Maße, alleine durch den Umstand, dass sie solchen Karikaturen, durch ihre Stimme, Macht verleihen.

Dirk Jäckel / 01.10.2021

Die regressive, im Grunde müffelnd reaktionäre “Linke” erkennt man in erster Linie daran, dass sie hinsichtlich Religionskritik genau das Gegenteil dessen tut, was die klassische Linke tat.  Dass man gern mal Verständnis hat für alle möglichen Formen von Faschismus, wenn sie den Stempel “Religion” tragen. Die Grünen haben wenigstens noch einen Özdemir, der sich zuweilen dezidiert religionskritisch äußert und so ein Gegengewicht bildet zu dieser studienabgebrochenen peinlichen Predigerin G.E. In der SPD jedoch wurde den Laizisten sogar verboten, einen Arbeitskreis zu bilden. Bei aller Sympathie für manch “kleines” Mitglied:  Ein an der Spitze durch und durch verkommenen Haufen.

Peter Groepper / 01.10.2021

Sind dem Aussehen denn wirklich gar keine Grenzen gesetzt?

Detlef Rogge / 01.10.2021

Immer auf den braven Helge rumhacken. Könnte es nicht mal einen Artikel geben, der den Menschen zeigt, also “Helge Lindt ganz privat?” Da weiß man nämlich kaum was drüber. Und dann immer die unvorteilhaften Fotos, es muß doch auch schönere geben.

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