Broder siegt über Faeser

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg attestiert Verfassungsministerin Faeser einen Grundrechtseingriff zu Lasten von Henryk M. Broder. Das Innenministerium wurde mit gerichtlicher Hilfe gezwungen, diesen Rechtsbruch und die Verletzung der Persönlichkeitsrechte zu beenden.

In dem Bericht des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit „Muslimfeindlichkeit – Eine deutsche Bilanz 2023“, den Innenministerin Nancy Faeser herausgegeben und auf der Website ihres Ministeriums veröffentlicht hat, wurde über den Publizisten und Achgut.com-Herausgeber Henryk M. Broder folgende Passage veröffentlicht:

So machte sich beispielsweise der Autor des Artikels ‚Im Mauseloch der Angst‘ (Broder 2010) für eine uneingeschränkte Anwendung der Meinungsfreiheit stark, während er Aufrufe zur Deeskalation und Rücksichtnahme offen verhöhnte und Muslim*innen pauschal als unwissende, ehrversessene, blutrünstige Horden dämonisierte“.

Tatsächlich geschrieben hatte Henryk M. Broder, so berichtet Michael Hanfeld am 04. Februar 2023 in der FAZ („Broder siegt gegen Innenministerium“) „über die weltweiten gewalttätigen Unruhen nach dem Erscheinen des Romans ‚Die Satanischen Verse‘ von Salman Rushdie und später der Mohammed-Karikaturen in der dänischen Zeitung Jyllands-Posten. Er zählte die Fatwa gegen Rushdie auf, das Kopfgeld, Anschläge auf Verleger und Übersetzer, bei denen Rushdies japanischer Übersetzer Hitoshi Igarashi ums Leben kam. ,Millionen von Muslimen in aller Welt, die keine Zeile des Buches gelesen und den Namen noch nie gehört hatten, wollten das Todesurteil gegen den Autor vollstreckt sehen, je schneller, desto besser, um mit seinem Blut die beschmutzte Ehre des Propheten wieder reinzuwaschen‘, hieß es in dem Text.“

Nachdem das Innenministerium auf unsere Abmahnung nicht einlenkte und das Verwaltungsgericht Berlin den Erlass einer einstweiligen Anordnung ablehnte, hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg auf Antrag von Henryk M. Broder die einstweilige Anordnung gegen das Bundesinnenministerium (BMI) erlassen (OVG 9 S 20/23). Die Entscheidung erging am 31. Januar, Freitag ging der Bericht beim BMI offline. In dem Beschluss heißt es:

„Jedenfalls dem unmittelbar an die Grundrechte gebundenen Staat verbietet es das allgemeine Persönlichkeitsrecht darüber hinaus aber auch, sich ohne rechtfertigenden Grund herabsetzend über einen Bürger zu äußern, etwa eine von diesem vertretene Meinung abschätzig zu kommentieren… Die entsprechenden Paraphrasierungen und Einordnungen sind von der Antragsgegnerin [der Bundesrepublik Deutschland] im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens selbst als polemisch überspitzter Satz und als bewusst zugespitzte Meinungsäußerungen bezeichnet worden, und zwar zu Recht. Mit der vom Antragsteller [Broder] gerügten Passage wird nicht nüchtern dargestellt und analysiert, sondern in einer Weise paraphrasiert und bewertet, die die Grenze zur Überzeichnung überschreitet und geeignet ist, den Antragsteller herabzusetzen... Darin liegt ohne weiteres das stillschweigende Anerkenntnis, dass die Bundesrepublik die vom Antragsteller gerügte Passage in einer eigenen amtlichen Äußerung so nicht hätte verwenden dürfen. Das ist zu unterstreichen… Der allgemein anerkannte öffentlich-rechtliche Anspruch auf Unterlassung einer Äußerung setzt voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen… erfolgt ist… Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der Veröffentlichung des Berichts mit der beanstandeten Passage ohne hinreichende inhaltliche Distanzierung vor.“

Der Beschluss ist unanfechtbar.

In der FAZ werde ich wie folgt zitiert: Das Oberverwaltungsgericht, sagte Steinhöfel auf Anfrage der F.A.Z., „attestiert Verfassungsministerin Faeser einen Grundrechtseingriff zu Lasten eines renommierten Journalisten. Das Innenministerium wurde mit gerichtlicher Hilfe gezwungen, diesen Rechtsbruch und die Verletzung der Persönlichkeitsrechte von Herrn Broder zu beenden“. Welches Verständnis von Presse- und Meinungsfreiheit die Bundesregierung habe, so Steinhöfel weiter, „zeigt auch, dass das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wegen einer Meinungsäußerung gegen den Journalisten Julian Reichelt prozessiert, gleichlautende Äußerungen des ZDF aber nicht angreift. Die Causa Reichelt beschäftigt derzeit das Bundesverfassungsgericht.“ Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtet hier.

Wir danken allen Spendern von „Meinungsfreiheit im Netz“, ohne die dieses Verfahren nicht möglich gewesen wäre.

Foto: Imago/Montage Achgut.com

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Mathias Rudek / 05.02.2024

Glückwünsche auch meinerseits. Broder und Steinhöfel bilden die Phalanx bürgerlicher Hoffnungen.

Wilfried Cremer / 05.02.2024

hi, realiter die abschätzige Tour gefahren ist das Faeser-Amt und namentlich Frau Klingeling! Das Unterschieben der Vokabel “Horde” geht im Übrigen noch weiter, nämlich stramm in Richtung blanke Hetze. Auch wenn bspw. Gruppen, die ihr “From the river to the sea” ertönen lassen, schwer mit netten Adjektiven zu belegen sind, Herr Broder weiß sich zu beherrschen, ganz im Gegensatz zu Ihnen, Tante Antifa! (Well done, Herr Steinhöfel!)

K.Schönfeld / 05.02.2024

Zu S. Buch Demnächst wird also gegen ChatGPT gehetzt und demonstriert.

Konrad Goecke / 05.02.2024

In einem demokratischen Rechtsstaat, in dem die Machtkontrolle funktioniert, müsste Faeser zurückgetreten, Eine echte Demokratin würde dies sogar aus eigenem Antrieb tun.

john.kelsh / 05.02.2024

Man könnte fast glauben, dass unsere Justiz noch funktioniert. Das eigentlich Schlimme ist aber, dass es leider Menschen gibt, die andere Menschen diffamieren. Und dann muss es ein Gericht gerade rücken. Wo bleibt nur der Anstand?

Thomas Szabó / 05.02.2024

Muslime in 1 Topf Teil 1: Ich kann die Affäre nicht ganz nachvollziehen. Herr Broder beschreibt eine allgemeine, weltweit verbreitete Geisteshaltung unter Muslimen. Herr Broder beschreibt eine Realität. Der Bericht über Muslimfeindlichkeit legt Herrn Broder eine allgemeine, pauschale Charakterisierung der Muslime in den Mund, die der von Herrn Broder beschriebenen Realität sehr nahe kommt. Herr Broder meint die Grenze zur Überzeichnung sei überschritten worden und das Nanny-Ministerium hätte kein Recht dazu. Formaljuristisch mag er damit Recht haben. Ich frage mich aber, ob es nicht sinnvoller wäre, die beschriebene, allgemeine Charakterisierung der Muslime als eine Realität anerkennen zu lassen? Sind die Muslime der Welt im allgemeinen nicht eine “unwissende, ehrversessene, blutrünstige Horde” oder Herde? Salman Rushdie, Jyllands-Posten, 7 Oktober: Betrachten wir das Verhalten der Muslime weltweit: Unwissend? Ehrversessen? Blutrünstig? Trifft etwa das Gegenteil dieser Charakteristika zu? Etwa wissensdurstig, gebildet, sachlich, intellektuell, intelligent? Etwa selbstkritisch, ehrlich, bescheiden, gerecht, einfühlsam? Etwa sanftmütig, friedfertig, liebevoll, human?

S.Buch / 05.02.2024

Ich habe ChatGPT mal “Woran erkennt man, dass man in einem Unrechtsstaat lebt?” gefragt. Die Antwort: “Ein Unrechtsstaat zeichnet sich oft durch verschiedene Merkmale aus, die auf systematische Verletzungen von Bürgerrechten und Rechtsstaatlichkeit hindeuten können: 1. Einschränkung der Meinungsfreiheit: Bürger können ihre Meinungen nicht frei äußern, kritische Stimmen werden unterdrückt, und Medien sind stark kontrolliert oder zensiert. 2. Mangelnde Rechtsstaatlichkeit: Die Justiz ist nicht unabhängig und unterliegt politischem Einfluss. Rechtswidrige Handlungen seitens der Regierung oder ihrer Vertreter werden nicht angemessen geahndet. 3. Willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen: Menschen können ohne gerechtfertigten Grund verhaftet und ohne fairen Prozess eingesperrt werden. Politische Gegner und Dissidenten sind besonders gefährdet. 4. Einschränkung der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit: Bürger dürfen sich nicht frei organisieren oder friedlich versammeln, um ihre Interessen zu vertreten. 5. Ungleichheit vor dem Gesetz: Bestimmte Gruppen werden systematisch benachteiligt oder bevorzugt behandelt, je nach politischer Ausrichtung, Ethnie, Religion oder sozialem Status. 6. Übermäßige staatliche Überwachung: Die Regierung überwacht die Bürger in einem Ausmaß, das die Privatsphäre und individuelle Freiheiten erheblich einschränkt. 7. Korruption und Misswirtschaft: Die Regierung und ihre Vertreter missbrauchen ihre Macht zum persönlichen Vorteil und setzen sich über Gesetze und ethische Standards hinweg. Wenn mehrere dieser Merkmale in einem Land vorhanden sind und eine langanhaltende Tendenz zeigen, könnte dies darauf hinweisen, dass es sich um einen Unrechtsstaat handelt. +++++++++++++++++++++++++++++ Punkt zwei, also die Justiz, ist noch wackelig mit Tendenz zum Unrechtsstaat.

Horst Kruse / 05.02.2024

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